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Clearing Und Settlement Im Wandel - Eine Perspektive Für Den Europäischen Wertpapierhandel

Clearing und Settlement im Wandel - Eine Perspektive für den europäischen Wertpapierhandel

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    - 1 - Clearing und Settlement im Wandel – Eine Perspektive für den europäischen Wertpapierhandel   Erscheint in Zeitschrift für die gesamte Kreditwirtschaft , Fritz Knapp Verlag –Herbst 2002Dr. Christoph LattemannDipl.-Oec. Dirk Neumann, M.A.  Universität Karlsruhe (TH),Lehrstuhl für Informationsbetriebswirtschaftslehrechristoph.lattemann ?dirk.neumann @iw.uni-karlsruhe.deEnglerstrasse 14D-76131 Karlsruhe Abstract   Zur Nutzung der existierenden Netzeffekte in der Abwicklung von Finanztransaktionen,insbesondere vor dem Hintergrund der Notwendigkeit zur Durchsetzung von Stan-dards, wird der Aufbau von Netzwerken immer wichtiger. Somit wird die Gestaltung vonBeziehungskonfigurationen im europäischen Clearing und Settlement zu einer wesent-lichen Herausforderung. Diese Beziehungen müssen zu einer Kombination ausKunden-, Partner- und internen Netzen gestaltet werden.Dieser Artikel untersucht und bewertet die bestehende europäische Clearing- und Sett-lementlandschaft vor dem Hintergrund der „Net-Economy“ hinsichtlich technischer,rechtlicher und geschäftspolitischer Aspekte. Daraus ableitend werden Maßnahmenaufgezeigt, die eine Konsolidierung im europäischen Abwicklungssektor erleichtern und damit zu einer ökonomisch und politisch ausgewogenen Strukturen beitragen. Schlüsselworte   Clearing, Settlement, Transaktionskosten, Wertpapierabwicklung, Central Counterpar-ty,    - 2 - Clearing und Settlement im Wandel – Eine Perspektive für den europäischenWertpapierhandel 1   1 Einleitung Verschiedene Entwicklungsströme im Bereich Informationstechnologie (IT) zie-len darauf ab, die Kosten für Transaktionen an den Finanzmärkten zu senken:Seit Ende der 80er Jahre lassen sich drei stilisierte IT Wellen im Wertpapier-handel identifizieren, die zur Senkung von Transaktionskosten geführt haben.Dies ist zum ersten die Implementierung von integrierten Computerbörsen, bzw.elektronischen Handelsplattformen, zum zweiten die Entwicklung innovativer Orderrouting-Systeme durch Online-Broker und zum dritten das Auftreten Alter-nativer Handelssysteme.Dieser Artikel beschäftigt sich mit einer weiteren Welle in der Kette der Wertpa-piertransaktionen: Der umfassende Wandel der Abwicklungsstrukturen in Euro-pa. Dazu wird in Kapitel 2 die aktuelle Struktur der Clearing- und Settlement(C&S)-Landschaft in Europa dargestellt. Kapitel 3 beschreibt die Abhängigkeitder Qualität der C&S-Strukturen von organisatorischen, rechtlich-regulatorischen, institutionellen und technischen Ausgestaltungen. In Kapitel 4werden potentielle Entwicklungen zur effizienten Strukturierung einer europäi-schen C&S-Landschaft hinsichtlich institutioneller und technischer  Gestaltungabgeleitet. Abschließend werden in Kapitel 5 die Strategien der herrschendenC&S-Unternehmen in Europa beleuchtet und ein Ausblick auf mögliche zukünf-tige Entwicklungen gegeben. 2 Die europäische Clearing- und Settlementlandschaft 2.1 Grundlegende Begriffsdefinitionen Mit dem Wertpapierhandel geht die Verrechnung der Aufträge, die Lieferung der Effekten und deren Aufbewahrung einher. Diesbezüglich gewährleisten Zentral-verwahrer eine einfache, sichere, schnelle und kostengünstige Abwicklung von 1 Im folgenden Artikel für EU-Europa abgestellt.    - 3 - Transaktionen auf Basis von Buchungsvorgängen, zumeist ohne physischeBewegungen. Die Hauptaufgaben in der Abwicklung (C&S) umfassen:(1) die Verwahrung von Wertpapieren , wobei die Ausgestaltung der Wertpa-pierverwahrung maßgeblich durch die Gestaltungsform der einzelnen Wert-papiere bestimmt wird, die wiederum länderspezifische Ausprägungen auf-weisen,(2) das Settlement  , die Eigentumsübertragung und somit der Vorgang des Ab-schlusses, bzw. der Erfüllung des Vertrages zwischen den Kontrahentenund(3) das Clearing  , die Verrechnung von Wertpapieren. 2.2 Historische Entwicklung im europäischen Clearing und Settlement Seit dem 19. Jahrhundert etablierte sich in jedem bedeutenden europäischenLand mindestens eine Abwicklungsinstitution. Diese zersplitterte Struktur hatsich zum großen Teil bis in die heutige Zeit erhalten. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen national-rechtlichen Rahmenbedingungen empfehlen nochheute einige internationale Verbände, wie die Internationale Vereinigung der Börsen (FIBV) oder die „Group of 30“, dass in jedem Land mit einer oder meh-reren Börsen ein Zentralverwahrer (Central Securities Depository - CSD) einge-richtet sein solle.Heute existieren in Europa 20 C&S-Institutionen mit fast ebenso vielen nationa-len CSD´s. Hinzu kommt, dass für die Abwicklung von grenz- und systemüber-schreitenden Transaktionen in Europa vier verschiedene Kanäle genutzt wer-den (CPSS 2001, S. 49), was die Abwicklung von grenzüberschreitendenTransaktionen zunehmend kompliziert, teuer und unsicher macht:(1) Die direkte und unmittelbare Abwicklung über ein Settlementsystem,(2) die Nutzung eines „Local Agent“,(3) die Abwicklung über einen „Global Custodian“ oder (4) über die ICSD´s (Internationale CSD´s - Clearstream und Euroclear).Tabelle 1 listet die existierenden europäischen Abwicklungsinstitutionen (Spalte1) und deren Wertpapierarten (Spalte 3) - korrespondierend zum Marktplatz -(Spalte 2) auf. Es zeigt sich, dass fast jedes europäische Land seine eigeneBörse (Spalte 4) und affiliiertes CSD (Spalte 5) besitzt.    - 4 - C&S Institut LandWert-papiereBörsen (SE=Stock Exchange)  CSD (Zentral-verwahrer)CCP- (Zentraler Kontrahent)SettlementMode ADECH Griechenland F/O Athens SE Nationaler CSD T+1 Athens SE –CSDGriechenland A/R Athens SE Nationaler CSD T+3Clearnet (Euroc-lear)NiederlandeBelgienFrankreich A/R/F/OEuronext = Amsterdam SEBrussels SEParis SE, Matif Euroclear (NE-CIGEF, CIK)ClearnetT+ 1 (F,O)T+3 (A,R)Clearstream Deutschland A/R Frankfurt SE Clearstream Geplant in 2002T+2 (A),T+3 (R)CrestCOIrlandEngland A/R/OIrish SELondon SECREST LCH für die LSET+1 (R)T+3 (A)T+5 (O)Eurex Clearing Deutschland (F,O)Eurex,Helsinki Ex-changeClearstream Eurex ClearingT+1(F,O)T+2 -T+4(A)Intern. ClearingSystemsLuxemburg (A,R)LuxembourgSE- T+3London ClearingHouseEngland (F,O)LIFFELME, IPE- LCH T+1Monte Titoli Italien (A,R) Borsa Italiana Monte Titoli T+3OeKB Österreich (A,R) Vienna SE OeKB - T+3ÖTOB Clearing Österreich (F,O) Vienna SE T+1RepoClear (LCH)Frankreich (Re)EuropeanSoverign Debt,OTC RepoRepoClear (LCH)T+1SCLV Spanien (A,R,F,O)Madrid, BilbaoBarcelona SESCLT+3 (A,R)T+1 (F,O)Interbolsa Portugal (A,R) Lisbon CENTRAL T+3SIS SegaInter-settleSchweiz (A,R) SWX (Zürich) SISüber Euronextfür Virt-XT+3The FinnishCSD Ltd.Finnland (A,R) Helsinki SEThe FinnishCSD LtdProjekt: NCCP T+3Swedish, nor-wegian and den-ish VPSDänemarkNorwegenSchweden(A,R,F,O)(A,R)(A,R)Kopenhagen,Oslo,Stockholm SEVP (SECUR)Geplant imRahmen der NOREXT+3 (A)T+2 (R)T+0 (O,F)Norwegian-F&OClearingHouse (NOS)Norwegen (F,O) Oslo SENorwegian Reg-istry of Securi-ties(VPS)Geplant imRahmen der NOREXT+1 Tab. 1: Existierende europäische Clearinghäuser (F= Futures, O= Options, Re= Repos, A= Aktien, R= Renten) Tabelle 1 deckt zwei Aspekte auf. Zum einen gibt es keine einheitlichen Rege-lungen über Abwicklungsmodalitäten (Spalte 7). Die Abwicklung an Börsen fin-det in einem Zeitraum von 0 Tagen (T+0 - Same Day Settlement) bis hin zu fünf Tagen (T+5) statt. 2 Zum anderen zeigt Tabelle 1, dass der europäische Abwick-lungssektor weit entfernt von der Etablierung eines gemeinsamen europäischenCentral Counterparties (CCP) ist, wie sie das European Security Forum (ESF)und andere internationale Einrichtungen vorschlagen (Zeile 6). 2 Nicht standardisierten Güter, wie zum Beispiel Investmentfonds werden sogar zum Teil nochheute mit T+30 (Frankreich) angewickelt.    - 5 -  Abwicklungs-institutionTransakti-onsvolu-men in2000 inMio. Assetsin Mrd. €%- Anteilin Eu-ropaOperation Costs 3  in Mrd. €(Operation Costs/Transaktionen)BeteiligungsverhältnisseEuroclear plc 145 7.424 31 %Ca. 420(EUR 2,9)83,33 % Euroclear 16,67% Sicovam AG mit über 1500 Aktio-närenClearstream 153 7.420 31 %Ca. 420(EUR 2,75)100% Deutsche Börse AG (selbst börsenno-tiert)The SettlementNetwork88 4.000 16 %Ca. 140(EUR 1,6)SIS und CrestCo AG mit je über 100 AktionärenRestliches Europa(Werte aus 1999 4 )62,6 5.382 22 % Tab. 2: Kooperationen und Umsätze in der europäischen Wertpapierabwicklung Drei Faktoren haben zu einem starken Konkurrenzdruck im europäischen Ab-wicklungssektor geführt:(1) Mit der  Einführung des Euro ist eine zunehmende Homogenisierung der Wertpapiermärkte im Euroraum einhergegangen.(2) Die Bestrebungen zur  Harmonisierung der Rechtsgrundlagen auf europäi-scher Ebene werden durch das vierte Finanzmarktförderungsgesetz, das„Forum of European Security Commission“ (FESCO) 5 der European CentralSecurities Depositories Association (ECSDA) und dem „Financial Services Action Plan“ (FSAP) 6 unterstützt.(3) Neue Technologien bieten die Möglichkeit zur Integration heterogener (Le-gacy-)Systeme.Dieser zunehmende Druck zur Konsolidierung führte in den Jahren 99/00 zueiner Reihe von Fusionen (z.B. Deutsche Börse Clearing und Cedel In-ternational) und Kooperationen (z.B. SIS und CrestCO) unter den europäischenC&S-Institutionen. Mit diesen Kooperationen haben sich die bis dato vier größ-ten Anbieter für C&S-Dienstleistungen (CrestCo, Clearstream, Deutsche BörseClearing, Euroclear) eine entscheidende Position für die weitere Aufteilung desMarktes gesichert. Mittlerweile werden mehr als 75% des europäischen Abwick-  3 Vgl. The Settlement Network [2000] 4  Amman [2000, S. 8]   5 Die FESCO versucht Standards auszuarbeiten, die den mit den EU-Richtlinien geschaffenenRechtsrahmen ergänzen soll. Das „Memorandum of Understanding“ schafft allgemeine Rah-menvorschriften für die Zusammenarbeit und Kommunikation unter den FESCO Mitgliedern. 6  Aktionsplan der Europäischen Kommission zur Verbesserung des Binnenmarktes für Finanz-dienstleistungen, der auch Aufsichtsvorschriften und die Überwachung der Finanzmärkte be-handelt.