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Archäologie der Langobarden Seminar aus Archäologie des Mittelalters LV-Nummer 644015 Universität Innsbruck Institut für Archäologien ao. Univ. Prof. Dr. Harald Stadler Wintersemester 2008/2009 Der Domschatz von Monza Vorgelegt von: Florian Messner Matrikelnummer: 0516669 Studienkennzahl C 033 601 [email protected] Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 3 2. Theodelinde und die Katholisierung der Langobarden 4 2. Der Dom von Monza und das Grab der Theodelinde 5 2.1. Fundstücke aus dem Grab 6 3. Der Domschatz von Monza 9 3.1. Das Evangeliar 9 3.2. Das Pektoralkreuz 11 3.3. Die Krone der Theodelinde 13 3.4. Pilgerfläschchen 14 3.4.1. Aus Metall 14 3.4.2. Aus Glas 16 3.5. Die Hennengruppe 17 3.6. Die Krone und das Kreuz von Agilulf 19 3.7. Die Eiserne Krone 22 3.7.1. Die Krone in kunstgeschichtlicher Hinsicht 22 3.7.2. Die religiöse Bedeutung 26 4. Resümee 28 5. Literaturverzeichnis 29 5.1. Quellen 30 5.2. Internetadressen 30 1. Einleitung Der Domschatz von Monza birgt nicht nur einen Schatz von kunsthistorischem Interesse, sondern ist auch für die Archäologie von großer Bedeutung. Auf den ersten Blick bestechen natürlich die vielen Gegenstände aus Gold, Silber und Edelsteinen, seine Bedeutung für die Mentalität des Frühmittelalters ist aber vielleicht noch interessanter. Denn genau aus dieser Zeit gibt es sehr wenige schriftliche Quelle, die Licht ins Dunkel der Geschichte bringen könnten. Auch Paulus Diaconus, der berühmteste langobardische Historiker, schrieb seine Historia Langobardorum" über 150 Jahre nach Theodelindes Tod. Mit Theodelinde, der Königin der Langobarden, ist der Schatz eng verbunden, aber nicht nur mit ihr alleine, denn die Bestandteile des Schatzes reichen von der Antike bis ins Spätmittelalter. Immer wieder kamen Stücke zum Domschatz hinzu oder verschwanden im Dunkel. Besonders schlimm auf den Schatz wirkte sich die Eroberung Italiens durch Napoleon Bonaparte in den 1790er Jahren aus. Die Franzosen brachten den Schatz nämlich nach Paris, wo Teile von ihm beschädigt wurden oder für immer verschwanden. Zum Glück schrieb A. F. Frisi Ende des 18. Jahrhunderts eine Chronik über die Geschichte Monzas, worin er auch den Domschatz beschrieb und Stiche von ihm präsentierte. Durch seine Zeichnungen kann man auf die ursprünglichen Ausmaße des Schatzes schließen. Der bekannteste Teil des Schatzes ist sicherlich die Eiserne Krone, jene Kopfzier, mit der die offiziellen Könige Italiens gekrönt wurden. Nicht nur wegen dieser politischen Bedeutung, sondern auch ob ihrer sakralen Relevanz soll dieser Krone ein eigenes Kapitel gewidmet sein. Um den Schatz auch historisch einordnen zu können, werde ich auch auf den historischen Kontext um Königin Theodolinde und die Katholisierung der Langobarden eingehen. Da die Bestandteile des Schatzes ja aus verschiedenen Zeitepochen stammen, werde ich mich auf jene Teile konzentrieren, die mit Theodelinde, der Begründerin des Domschatzes, in Verbindung gebracht werden. Zur Literatur: Im Jahr 1966 erschien das Werk Die Eiserne Krone der Lombardei und der langobardische Königsschatz" von Magda von Barany- Oberschall, das heute zwar bereits etwas alt ist, aber immer noch eines der Standardwerke über den Domschatz darstellt. 1998 gab die Gesellschaft für Studien in Monza (Società di Studi Monzesi, künftig mit SSM abgekürzt) ein umfangreiches Werk ( La Corona Ferrea nell' Europa degli Imperi" – Übersetzung: Die Eiserne Krone im Europa der Kaiserreiche") heraus, das den aktuellen Forschungsstand zum Domschatz repräsentiert. 2. Theodelinde und die Katholisierung der Langobarden Theodelinde, weiters bekannt als Theodolinde, Theodelind und vereinzelt auch als Theidlindis, Theodelinda oder Theolinde erwähnt[1], war die Tochter des bajuwarischen Herzogs Garibald und seiner Gemahlin Walderade. Diese war wiederum die Tochter des Langobardenkönigs Wacho.[2] Als es galt die Hochzeit des langobardischen Königs Authari zu arrangieren, fiel dessen Wahl auf die bajuwarische Prinzessin. Dies geschah sicherlich nicht nur wegen ihrer Schönheit sondern auch um sich der Treue der Bajuwaren zu versichern, da sie ja die nördlichen Nachbarn der Langobarden waren. Dieses Ehebündnis richtete sich vor allem gegen die Franken, deren Einfluss in Norditalien bereits deutlich zu spüren war. Es gab nur einen kleinen Fehler in dieser Heiratspolitik: Die Bajuwaren, und somit auch Theodelinde, waren Anhänger des Katholizismus, während die Langobarden dem Arianismus angehörten.[3] Die Arianer folgten den Lehren von Arius (ca. 280 – 336). Dessen Lehre unterschied sich in mehreren Punkten vom katholischen Glauben, die wichtigsten sind folgende drei: 1. Der Vater alleine ist Gott, es existiert also keine Dreifaltigkeit; 2. Gott erschuf die Welt nicht selbst, sondern durch einen von ihm geschaffenen Mittler (Logos); 3. Der Sohn ist die erste Schöpfung des Vaters, der Sohn ist daher nicht ewig, nicht allwissend und –mächtig.[4] Diese Punkte führten zu heftigen Auseinandersetzungen mit dem Bischof von Rom, die noch Jahrhunderte nach Arius' Tod tobten. Da eine kirchenrechtliche Trauung somit nicht möglich war, lebten die beiden nach einer festlichen Ehe-Schließung" am 15. Mai 589[5], in einer Art Konkubinat zusammen. Doch Authari starb überraschend am 5. September 590, kaum ein Jahr nach der Hochzeit. Die Theorie eines Giftmordes, an dem auch Theodelinde und ihr zukünftiger Gemahl beteiligt waren, taucht immer wieder auf, so begründet dies Priester auch mit der raschen Wiederverheiratung der Königin.[6] Denn nur zwei Monate später, im November 590, heiratete Theodelinde Agilulf, den Herzog von Turin. Mit ihm hatte sie zwei Kinder, den Thronfolger Adaloald und dessen Schwester Gundeperga. Agilulf herrschte bis zu seinem Tod 615 fast zwanzig Jahre lang als König und er wurde in dieser Zeit von Theodelinde mehr oder weniger stark beeinflusst.[7] So veranlasste sie den König zur Rückgabe konfiszierter Kirchengüter und der Rehabilitierung katholischer Bischöfe, wie Paulus Diaconus schreibt.[8] In Monza ließ Theodelinde den bestehenden gotischen Palast zur Sommerresidenz der langobardischen Könige ausbauen und mit wunderbaren Fresken ausschmücken, die heute leider nicht mehr erhalten sind.[9] Paulus Diaconus beschreibt diese Fresken detailliert, die laut ihm unter anderem die Kleidung und die Haartracht jener Zeit zeigten.[10] Außerdem entstand unter Theodelindes Herrschaft auch eine Basilika in Monza, die sie dem heiligen Johannes dem Täufer weihte. Sie legte auch den Grundstein für den zukünftigen Domschatz, indem sie den Dom mit zahlreichen Objekten aus Edelmetall beschenkte ( […] dedicavit multisque ornamentis auri argentique decoravit […]").[11] Zu ihrer Förderung des Katholizismus gehörte auch die Schenkung eines großen Gebietes an den irischen Missionar Columban, der darauf das Kloster Bobbio gründete, ein späteres Zentrum des Geistes und der Wirtschaft im Langobardenreich.[12] Theodelindes Sohn Adaloald wurde der erste Langobardische König und regierte von 616 bis 626. Seine pro-katholische Religionspolitik stieß aber auf starken Widerstand bei den arianischen Herzögen, die ihn sowieso aus dem Weg räumen wollten um ihre Macht auszubauen. So erklärten sie Adaloald schließlich für verrückt und setzten ihn ab.[13] Als Theodelinde 627 starb, setzte man sie, neben ihrem Gatten Agilulf, in der von ihr gegründeten Basilika in Monza in vollem Ornat und mit zahlreichen Grabbeigaben bei.[14] Die Funde aus dem Sarg der Königin werden unter 2.1. genauer aufgezeigt. Die Langobarden vollzogen unter Theodelinde noch nicht den vollständigen Wechsel zum Katholizismus. Allerdings legte die Königin in dieser Hinsicht mit ihren Schenkungen, der Beeinflussung der Politik ihrer Gatten und dem fast schon freundlichen Verhältnis zum Papst in Rom die Basis für den zukünftigen Religionswechsel. 2. Der Dom von Monza und das Grab der Theodelinde Der heutige Dom von Monza wurde im frühen 14. Jahrhundert neu errichtet und ist, ähnlich wie der Dom von Mailand, ein Meisterwerk der italienischen Spätgotik. Von der Basilika des heiligen Johannes, die Theodolinde errichten ließ und von ihrem Palast gibt es keine gesicherten Überreste mehr. In einer Grabungskampagne 1988 im Dom konnte man eine Altarbasis und zwei Marmorplatten entdecken, die vom Presbyterium und vom Altar stammten. Da die beiden Platten um 600 datieren, könnten sie möglicherweise zu Theodelindes Kirche gehört haben.[15] Im Zuge des Neubaues des Doms exhumierte man im Jahre 1308 die sterblichen Überreste von Theodelinde und Agilulf und bettete sie zusammen in einen Sarkophag aus Marmor um (Abb. 1[16]), der mit vier Miniatursäulen auf einem Postament steht. Auf diesem Postament befindet sich zusätzlich eine erläuternde Marmortafel. Heute befindet sich der Sarkophag hinter dem Altar der Theodelindenkapelle.[17] Die Datierung des Sarges ist sehr umstritten, die Ansätze reichen vom 6. bis ins 14. Jahrhundert.[18] Königin Theodelinde wurde in vollem Ornat in der sogenannten Theodelindenkapelle", einer Kapelle in der Nähe des Hauptchores begraben. Das Grab, das in einer Grabung 1989 wieder geöffnet wurde, befindet sich unter dem Fußboden und erscheint relativ schlicht.[19] Am Boden der rechteckigen Vertiefung erkennt man bereits die Erde des Bodens. Die Innenseiten des Grabes sind mit roten getatzten lateinischen Kreuzen ausgemalt und auch rot umrahmt sind. Auf den Breitseiten sind je zwei schmälere Kreuzfelder aufgemalt, auf den Längsseiten hingegen jeweils drei gestreckte Felder. 2.1. Fundstücke aus dem Grab Mit dem Grab der Theodelinde gibt es gewisse Schwierigkeiten, denn, wie oben bereits erwähnt, wurde das ursprüngliche Grab 1308 geöffnet. Der Legende nach kamen dabei einige Objekte zum Vorschein, die man nicht in den neuen Sarkophag legte, sondern dem Domschatz einverleibte. Bei diesen Stücken soll es sich um die Hennengruppe (siehe 3.5.), einen Kamm und einen Fächer handeln.[20] Die ewige Ruhestätte" des Königspaares war aber schon vorher, und auch nachher nicht, ungestört geblieben. Bierbrauer listet zahlreiche belegte Öffnungen des Grabes auf, bei denen immer wieder Beigaben verschwanden:[21] - Bereits das ursprüngliche Grab unter dem Fußboden wurde mehrmals geöffnet. - Während der Umbettung 1308. - Kardinal Federico Borromeo (1564 – 1631) öffnete das Grab offensichtlich heimlich in einer Nacht. - In den 1840er Jahren entwendeten Arbeiter Knochen, Holz und Goldbrokat aus dem Sarg. - 1941 wurde der Sarg offiziell geöffnet und dessen restlicher Inhalt dokumentiert. Bei der letzten erwähnten Öffnung fand man folgende Gegenstände: Eine Lanzenspitze, ein kleiner halbzylindrischer Beschlag aus Gold im Tierstil II mit Niello- und Almandineinlagen (Barany-Oberschall sieht im Tierornament Parallelen zu den langobardischen Goldblattkreuzen[22]), 11,8 Gramm Goldfäden, die wohl von einem Kleidungsstück stammten, zwei rechteckige Goldplättchen, ein Röhrchen, ein rechtwinkliger goldener Beschlag mit 6 Nieten, acht goldene Nieten und 17 Münzen aus dem 12. und 13. Jahrhundert.[23] Abbildung 2 (links): Die Fundstücke nach dem Museumsführer von Monza aus dem Jahr 1956[24] Abbildung 3 (rechts): Die Fundstücke nach Cassanelli[25] Bierbrauer spricht von zehn Nieten und erwähnt zusätzlich auch noch einen einzelnen Zahn eines jugendlichen Individuums, der sich zwischen pulverisierten menschlichen Knochen befand.[26] In einem recht obskuren deutschen Museumsführer aus dem Jahr 1956 über den Domschatz gibt es ein undeutliches schwarz-weiß Bild (siehe Abb. 2), in dem ein zylindrisches Objekt als mögliches Szepter bezeichnet wird.[27] Dies erscheint etwas seltsam, da weder Barany-Oberschall, noch Cassanelli, noch Bierbrauer so ein Objekt überhaupt erwähnen. Bedingt durch die Öffnung im Spätmittelalter kann man nicht mit Sicherheit sagen, ob tatsächlich alle genannten Stücke tatsächlich mit Theodelinde begraben wurden. Bestes Beispiel hierfür sind wohl die Münzen aus dem Spätmittelalter. Dass man nun Münzen in einem Sarkophag verliert, halte ich für unwahrscheinlich, eher hat sie jemand bewusst hineingelegt, um sich zu verewigen. Ein Vergleichsbeispiel könnten hier die zahlreichen Deposite in Kirchturmkugeln sein. Zu Kamm und Fächer: Der Kamm besteht aus Elfenbein, Silber, Edelsteinen in Kassettenfassung und ist kunstvoll verziert. Die rechteckigen Ausmaße des Kammes betragen 23 x 6,8 cm. Der Fächer ist 40 cm lang, wobei 13,5 cm auf das Schutzgehäuse entfallen, das mit Palmetten verziert ist und aus Gold und Silber besteht.[28] Der eigentliche Fächer befindet sich in diesem Gehäuse und war ursprünglich purpurgefärbt, mit Gold bemalt und mit einer goldenen Inschrift versehen. Die Inschrift Ulfed" ist laut Bierbrauer möglicherweise einer Schwester Theodelindes zuzuordnen.[29] Abbildung 4: Der Kamm der Theodelinde[30] Abbildung 5: Der Fächer[31] Über die Datierung des Kammes und des Fächers gehen die Meinungen auseinander. Conti datiert den Kamm ins 6. und den Fächer etwa ins 7. Jahrhundert.[32] Bierbrauer hingegen bringt beide Objekte mit der Hofschule" König Berengars I. (reg. 888 – 924) in Verbindung. Der ursprüngliche Fächer datiert nach ihm aber auch um 600.[33] Die Frage der Datierung ist in diesem Fall deshalb so wichtig, weil sie darüber Auskunft geben kann, ob die Objekte auch tatsächlich mit Theodelinde begraben wurden, oder erst später irgendwie dazukamen. 3. Der Domschatz von Monza Der Domschatz dieser Stadt, der heutzutage in einem Museum beim Dom ausgestellt ist, besteht aus zahlreichen Objekten aus verschiedensten Epochen. Um einen roten Faden zu erhalten beginne ich mit den Objekten, die zweifelsfrei Theodelinde und ihrer Umgebung zugeordnet werden können. 3.1. Das Evangeliar Dieser extravagante Buchdeckel" ist das einzige Stück des gesamten Schatzes, das sich zweifelsfrei Theodelinde zuordnen lässt, denn in der Inschrift wird ihr Name erwähnt: DE DONIS DI OFFERIT / THEODELENDA REG / GLORIOSISSEMA / SCO IOHANNI BAPT / IN BASELICA / QUAM IPSA FUND / IN MODICIA / PROPE PAL SUUM".[34] Die Übersetzung lautet in etwa: Von den Gaben Gottes, widmet die glorreiche Königin Theodelinde es [das Evangeliar] dem heiligen Johannes dem Täufer in der Kirche, die sie selbst in Monza in der Nähe ihres Palastes gegründet hat." Diese Inschrift wurde jeweils in vier, ursprünglich mit Niello ausgefüllten, Streifen in den vier Eckflächen der Vorder- und der Rückseite, nachträglich angebracht.[35] Durch die Inschrift erhält man nicht nur den Hinweis, dass dieses Evangeliar tatsächlich Theodelinde gehörte, sondern auch, dass sie die Basilika erbauen ließ und das neben ihrem Palast. Da der Palast nicht erhalten ist, ist die Inschrift ein vager Anhaltspunkt für dessen ehemalige Position. Abbildung 6: Die Vorder- (links) und die Rückseite (rechts) des Evangeliars, aus: SSM 1998, Teil 1, S. 190f. Bei diesem Evangeliar handelt es sich wohlgemerkt nur" um die Schutzhülle eines Evangeliums, dieses selbst hat sich nicht erhalten. Die Deckel messen 34 x 26 cm und bestehen aus Gold über einem Kern aus Nussbaumholz.[36] In der Mitte der beiden Deckel befindet sich jeweils ein byzantinisches Gemmenkreuz mit einem zentralen großen Edelstein. Die getatzten Kreuze sind mit der gleichen Anzahl, symmetrischen Anordnung und Anbringung (Kassettenfassung) von Edelsteinen geschmückt gewesen und zwar jeweils 24 auf den Querbalken, 30 auf den Längsbalken und ein zentraler hellblauer Stein. Insgesamt also jeweils 55[37]. Es fällt aber auf, dass verschiedenste Edelsteinarten verwendet und scheinbar willkürlich, aber dafür symmetrisch, angeordnet wurden. An den Rändern der Deckel zieht sich auf allen Seiten eine Bordüre aus Granaten in Zelleneinlage mit Zirkelschlagtechnik. Die Granate sind in jeweils 92 Kreisen pro Deckel angeordnet, in denen sich eine Raute und, darin liegend, ein Quadrat befindet. Zahlreiche Granateinlagen sind allerdings heraus gebrochen. In den, durch die Kreuze bedingten, vier Ecken der Deckel sind jeweils eine ovale Kamee und ein gammaförmiges (Γ) Zierrat angebracht, das wohl auf ein byzantinisches Trachtenbestandteil zurückgeht. Die acht Kameen sind nur scheinbar identisch, sechs bestehen aus Karneol und Achat und stammen aus der Antike. Sie zeigen römische Frauen und Männer, ein Mann besitzt einen Helm und mehrere Personen haben einen Kranz auf dem Kopf.[38] Meiner Meinung nach, könnte es sich hierbei um römische Kaiser oder Adelige handeln. Zwei Kameen, jeweils eine auf der Vorder- und eine auf der Rückseite, heben sich durch ihre schwarze Farbe von den anderen ab. Sie stellen Jesus und Maria dar, welche im Zuge einer Restaurierung 1773 anstelle zweier Fehlstellen angebracht wurden.[39] Die Datierung des Evangeliar erfolgt ziemlich sicher um 600. Das Evangeliar dürfte eine Arbeit aus Rom und von Papst Gregor an Königin Theodelinde geschenkt worden sein.[40] 3.2. Das Pektoralkreuz Menghin und Wikipedia Italien sprechen dieses Kreuz als Theodelinde- Kreuz[41] und Barany-Oberschall als Brustkreuz des heiligen Gregorius[42] an. Gemeint ist auf jeden Fall ein relativ kleines Objekt (7,5 cm hoch und 6,5 cm breit), das ein Behältnis für eine Reliquie des heiligen Kreuzes (Staurothek) in Kreuzform darstellt.[43] Das äußere gleicharmige griechische Kreuz besteht aus Gold, ist mit goldenem Perlendraht verziert und am oberen Kreuzbalken befindet sich ein Haken, um das Kreuz an einer Kette zu befestigen. Es beinhaltet das innere Kreuz, ebenfalls aus Gold, das durch eine dicke einteilige Bergkristallplatte in Kreuzform geschützt wird. Die Kreuzbalken des inneren Kreuzes verbreitern sich nach außen leicht. und das Kreuz scheint schief im äußeren Schutzkreuz zu liegen.[44] Auf dem inneren Kreuz ist der gekreuzigte Christus in Niellotechnik dargestellt: Oberhalb des dargestellten Kreuzes befinden sich die Symbole für Sonne und Mond, darunter eine Tafel mit dem Christusmonogramm ICX und an den seitlichen Kreuzarmen sind Johannes und Maria dargestellt. Dazu passt auch die griechische Inschrift Siehe dein Sohn – Siehe deine Mutter".[45] Das bärtige Haupt Christi ist leicht seitlich geneigt und wird von einem Kreuznimbus eingerahmt. Jesus steht auf einem Schemel und seine Arme sind, historisch korrekt, durch die Handflächen an das Kreuz genagelt.[46] Abbildung 7: Das Pektoralkreuz, aus: Wikipedia Italien: http://it.wikipedia.org/wiki/File:Croce_di_teodolinda_in_cristallo,_monza.jp g Dieses kleine Kreuz ist sowohl kunstgeschichtlich, als auch historisch bedeutend, denn durch eine in der Schatzkammer von Monza erhaltene Urkunde, wird belegt, dass Papst Gregor I., genannt der Große, dieses Kreuz Theodelinde, anlässlich der Taufe ihres Sohnes Adaloald, schenkte. Die entsprechende Passage lautet folgendermaßen: Filio nostro Adaloaldo Regi trasmittere phylacteria curavimus idest crucem cum ligno Sanctae Crucis." Übersetzung: Wir senden unserem Sohn, dem König Adaloald, dieses Phylacteria [Brustkreuz], nämlich das Kreuz mit dem Holz vom heiligen Kreuz".[47] Durch diese Urkunde besitzt man einen terminus ante quem, wonach das Kreuz spätesten 603 entstanden sein kann. Wahrscheinlich stammt das innere Kreuz aus der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts, während das Schutzkreuz etwas später entstand und eine römische Arbeit anlässlich der Schenkung sein dürfte.[48] Der Entstehungsort des inneren Kreuz wird aufgrund der griechischen Inschrift und der Ikonographie im syrisch-byzantinischen Raum vermutet. Zu dieser Zeit gab es dort eine regelrechte Tourismusindustrie" die viele solcher Pilgerkreuze herstellte, wovon aber nur mehr einige erhalten sind.[49] 3.3. Die Krone der Theodelinde Diese Krone aus dem Domschatz wird traditionell Theodelinde zugeordnet, obwohl es keine stichhaltigen Beweise dafür gibt, dass sie ihr tatsächlich gehörte. Die Krone selbst besteht aus einem goldenen Reif mit einer Höhe von 4,9 cm und einem Durchmesser von 18,8 cm. Der Reif war ursprünglich mit 180 Edelsteinen in fünf Reihen übereinander geschmückt, wobei jeweils die oberste (1) und unterste (5), sowie die zweite von oben (2) als auch von unten (5) identisch sind. (siehe Abbildung 8) Die Reihen 1 und 5 bestehen heute aus Email, da die ursprünglichen Juwelen wahrscheinlich in napoleonischer Zeit geraubt wurden.[50] Barany-Oberschall dagegen spricht von Perlmuttplatten, die man als Ersatz einsetzte.[51] Elze hingegen versucht zu beweisen, dass die Krone nicht in napoleonischer Zeit verunstaltet worden sein konnte, sondern wenn überhaupt, dann bereits vor 1717. Als Beweis führt er die Abrollungszeichnung der Krone in einem Codex der Österreichischen Nationalbibliothek[52] an, auf der bereits die weißen Email/Perlmutterplatten zu erkennen sind und wo die Krone genauso aussieht wie heute. Ein Austausch der Steine muss also, wenn überhaupt, schon vor 1717 passiert sein.[53] Mit runden kleinen Steinkorallen sind die Reihen 2 und 4 ausgestattet, sie umrahmen die mittlere Edelsteinreihe. Hier wechseln sich aufgestellte quadratische Saphire mit runden schwarzen Edelsteinen regelmäßig ab.[54] Am oberen und unteren Rand befindet sich zuäußerst noch jeweils ein umlaufender goldener Perlendraht, der heutzutage zahlreiche Fehlstellen aufweist. Ursprünglich gehörte zur Theodelindenkrone noch ein angehängtes Kreuz, das zumindest im 18. Jahrhundert noch vorhanden war, denn aus dieser Zeit stammen einige Zeichnungen von A. F. Frisi, die auch diese Krone mit dem dazugehörigen Kreuz darstellen. Beim Kreuz handelte es sich, ähnlich den Kreuzen auf dem Evangeliar, um ein gleicharmiges getatztes Gemmenkreuz.[55] Dies könnte meiner, Meinung nach auch für ein ähnliches Alter der Objekte sprechen, allerdings sind die Stiche Frisis nicht immer zuverlässig, was Vergleiche mit noch existierenden Teilen des Domschatzes zeigen. Am oberen Rand der Krone existieren drei Löcher in regelmäßigem Abstand, die wohl zum Aufhängen der Krone dienten, am unteren Rand befinden sich hingegen zwölf Löcher. Laut Barany-Oberschall und Bierbrauer könnten von diesen Löchern, die Buchstaben des Namens THEODELINDA, neben einem Loch für die Anbringung des Hängekreuzes, an kleinen Kettchen herabgehangen sein. Es gibt ein ähnliches Beispiel im Falle der Krone des Recceswinthus' (König der Westgoten) aus dem 7. Jahrhundert, wo tatsächlich dieser Name mit Kettchen an der Krone befestigt ist.[56] In Vergleichen mit der bereits genannten Recceswinthus-Krone und dem spätrömischen Dekorationsschema geht Barany-Oberschall von einer Entstehung der Theodelindenkrone Anfang des 7. Jahrhunderts in Norditalien aus.[57] Abbildung 8: Die Krone der Theodelinde, aus: SSM 1998, Teil 1, S. 189. 3.4. Pilgerfläschchen 3.4.1. Aus Metall Äußerlich unscheinbar, aber durch ihren Reliefschmuck und ihre Geschichte von einem hohen kulturgeschichtlichen Wert, sind 16 Ampullen aus Zinn und Blei. Die Metallampullen sind feldflaschenförmig und eher klein, mit einem Durchmesser zwischen vier und sieben Zentimetern. Sie besitzen alle einen trichterförmigen Hals, auf dem, unter einer Blätterarkade, ein stehendes Kreuz abgebildet ist. Bei manchen Flaschen ist dieser Hals allerdings abgebrochen. Am Hals befinden sich jeweils zwei Ösen, an denen die Flaschen mit Ketten um den Hals gehängt werden konnten. Sie dienten nämlich ursprünglich dazu, Öl zu bewahren, das Pilger aus Jerusalem mit nach Hause nahmen. Schon Ende des 5. Jahrhunderts gab es im Heiligen Land eine Souvenirindustrie" für die Pilger, in der unter anderem solche Fläschchen in Massen produziert wurden. Allerdings haben sich nur wenige davon bis heute erhalten, in größeren Ansammlungen überhaupt nur in Monza (16 Fläschchen) und im Kloster Bobbio (20).[58] Bekanntlich lag auch Bobbio im Herrschaftsbereich der Langobarden, ob dies reiner Zufall ist, oder Ausdruck ihrer Religiosität bleibt dahingestellt. Das Besondere an den Flaschen sind aber die detaillierten Reliefdarstellungen und deren Inschriften auf Griechisch. Die am häufigsten verwendeten Motive sind die Anbetung durch die heiligen Drei Könige, die Kreuzigung, die Auferstehung und die Himmelfahrt Jesu. Die Art der Anbringung der Abbildungen ist aber nicht genormt, teilweise befindet jeweils eine Szene auf Vorder- und Rückseite, es gibt aber auch Flaschen bei denen zum Beispiel Kreuzigung und Auferstehung übereinander angeordnet sind.[59] Beispielhaft möchte ich hier drei der Reliefmotive genauer beschreiben: Die Anbetung der Drei Könige (siehe Abbildung 9 links) wird von einer mittig thronenden Maria bestimmt, die Christus auf ihrem Schoß hält. Beide sind in Frontalansicht und mit Heiligenscheinen dargestellt, wobei aber nur Jesus einen Kreuznimbus trägt. Zur Rechten der beiden befinden sich die Drei Könige die demütig, gekennzeichnet durch ihre kniende Haltung, ihre Gaben überreichen. Zur Linken der Madonna befinden sich drei Hirten, die lebhaft auf den Stern zeigen, der sich oberhalb Marias befindet und von zwei Engeln flankiert wird. Grabar, auf den sich Barany-Oberschall hier stützt, spricht von zwei weiblichen Siegesgöttinnen"[60] Dem kann ich mich aber nicht anschließen, da ich in den Figuren männliche" Engel mit Flügeln und Nimben sehe. Die Kreuzigung (siehe Abbildung 9 rechts) ist in diesem Fall nicht kanonisch abgebildet, sondern in einer eher ungewohnten Version. Der auffälligste Unterschied besteht darin, dass Jesus nicht am Kreuz hängt, sondern sein Portrait darüber schwebt. Jesus ist hier, ähnlich wie auf dem Theodelinde-Kreuz, bärtig, mit langen Haaren und mit einem Kreuznimbus dargestellt. Das Kreuz selbst steht auf einem kleinen Hügel und ist palmbaumartig. Links vom Kreuz hängt der gerechte Schächer, der daran erkennbar ist, dass er zu Jesus hinschaut, während rechts der Böse sein Haupt abwendet. Beide Verbrecher sind nur mit einem Lendenschurz bekleidet. Zu beiden Seiten des Kreuzes kniet jeweils eine Person, wobei es sich nicht um Maria und Johannes handeln kann, da die Personen keine Nimben besitzen. Maria und Johannes befinden sich neben den Schächern, am Rand der Darstellung. Auf dem unteren Abschnitt dieses Reliefs ist die Auferstehung zu erkennen. Hierbei gruppieren sich drei Gestalten um ein Gebäude, links zwei Frauen (Maria und Maria Magdalena) und rechts ein Engel, der mit der Hand auf das griechische Wort ANECTH deutet, das zentral über dem Gebäude angebracht ist. ANECTH heißt soviel wie abwesend", was in diesem Falle bedeutet, dass Christus bereits auferstanden ist und auf diesem Bild nicht mehr anwesend ist. Das Gebäude, das auf anderen Fläschchen auch etwas anders dargestellt wird, war ein reales Heiligtum ( Rotunda"), das Kaiser Konstantin der Große über dem Grab Jesu errichten ließ. Dieses Gebäude ist heute aber nicht mehr vorhanden, sodass die Reliefs der Pilgerfläschchen einige der wenigen Hinweise dafür liefern.[61] Abbildung 9: Pilgerflaschen aus Metall, links die Anbetung, rechts die Kreuzigung und Auferstehung, aus: Barany-Oberschall 1966, Abb. 28. 3.4.2. Aus Glas Der Domschatz enthält auch noch 26 kleine, mit Öl gefüllten, Glasfläschchen. Pilger hatten diese Öle Lampen entnommen, die über den Gräbern von Märtyrern in Rom brannten. Jedes Fläschchen ist mit einem Pergamentstreifen versehen, der den Namen des jeweiligen Märtyrers beinhaltet. Zu diesen Glasampullen gehört noch eine Urkunde auf Papyrus (die sogenannte Notula"), in der alle Fläschchen mitsamt Inhalt aufgelistet werden. Bierbrauer spricht davon, dass die Notula die Namen von 67 Märtyrern auflistet und es daher ursprünglich wohl auch 67 Ampullen gewesen sein müssen.[62] Heute sind allerdings nur mehr 26 Stück erhalten. Diese Urkunde enthält aber auch einen deutlichen Hinweis auf die Datierung um 600, nämlich folgende, bereits übersetze Inschrift: Diese Öle hat, zur Zeit des Herrn Papstes Gregor, der unwürdige Sünder Johannes der Frau Königin Theodelinde aus Rom gebracht".[63] Durch diesen Papyrus haben wir also eine bewiesene Verbindung zwischen Gregor und Theodelinde und somit auch den Beweis, dass die Königin anscheinend tatsächlich so fromm war, wie Paulus Diaconus öfters erwähnt. 3.5. Die Hennengruppe Diese Gruppe ist wohl das merkwürdigste Stück des Domschatzes. Es handelt sich hier um die plastische Darstellung einer Henne und ihrer sieben Küken (Abb. 10[64]). Die Vögel stehen auf einer runden Platte mit einem Durchmesser von 46 cm und picken Körner auf. Die Henne ist 26,5 cm hoch und besteht, wie auch die Küken, aus vergoldetem Silber und Granate in den Augen. Laut Barany- Oberschall ist die Henne sehr naturalistisch, während die Küken eher schematisch und oberflächlicher gestaltet zu sein scheinen. Letzteres könnte auf eine Restaurierung zurückzuführen sein, denn in einem Bericht aus dem Jahre 1275 wird ein Küken als beschädigt ( Gallina cum pullicinis VII de quibus unus est fractus.") beschrieben.[65] Es könnte also sein, dass das Domkapitel damals ein, wenn nicht sogar alle Küken, durch neue Plastiken ersetzen ließ, allerdings lassen sich rein optisch keine größeren Unterschiede zwischen den Küken erkennen. Der Legende nach soll die Gruppe im Sarkophag Theodelindes bei deren Umbettung 1308 gefunden worden sein, was aber keinesfalls als gesichert gelten darf.[66] Sollte diese Annahmen aber zutreffend sein, spräche dies für eine Entstehung der Gruppe spätestens zur Zeit der Königin. Meiner Meinung nach, ist die Behauptung der Legende, dass die Hühnergruppe im Jahr 1308 entdeckt wurde nicht haltbar. Die Hennengruppe muss bereits vor 1308 bekannt gewesen sein, denn sie kommt, wie in obigem Absatz erwähnt, bereits in einer Urkunde von 1275 vor. Es kann natürlich auch sein, dass die Gruppe bei einer früheren Öffnung des Grabes von Theodelinde entnommen worden war. Die Datierung dieses Stückes bereitet gewisse Schwierigkeiten, denn laut Bierbrauer mangelt es an Vergleichsbeispielen, die eine Einordnung der Gruppe erleichtern würde. Während Bierbrauer die Plastik grob um 600 datiert, legt sich Barany-Oberschall nicht fest, sondern zählt mehrere Meinungen auf, die vom 7. bis ins 12. Jahrhundert reichen.[67] Auch die Symbolik, die sich hinter dieser Gruppe verbirgt, ist nicht eindeutig ergründbar. Es gibt hierzu verschiedenste Theorien, wobei ich die wichtigsten aufzählen möchte: - Die Henne und ihre Küken stellen Königin Theodelinde und die sieben langobardischen Provinzen dar. - Die Hühnergruppe steht für die Basilika von Monza (quasi als mater ecclesiae") und deren Tochterkirchen. Dazu passt auch ein Zitat aus dem Matthäus-Evangelium (Mt. 23,37), wo sich Jesus mit einer Henne vergleicht, die ihre Küken beschützt. - Die Henne könnte aus der germanischen Tradition heraus als Fruchtbarkeitssymbol oder als Symbol für neu entstehendes Leben gedeutet werden. - Die Gruppe könnte allerdings, auch ganz banal, als monumentaler Tafelaufsatz genutzt worden sein.[68] Für eine geistliche Deutung könnte ein ähnlicher Fall bezüglich der Symbolik sprechen, nämlich der der heiligen Begga ( 694 oder 695). Sie war die Mutter Pippins des Mittleren, des Ahnherren der Karolinger, gründete das Kloster Andenne an der Maas und gilt, der Legende nach, als Begründerin des Beginenwesens.[69] Begga wird traditionell mit einer Henne und sieben Küken dargestellt, da sie, nach einer Pilgerreise nach Rom, sieben Kapellen errichten ließ.[70] Mit knapp hundert Jahren Unterschied wäre die heilige Begga auch zeitlich nicht allzu weit von der Datierung der Hennengruppe entfernt. Jedenfalls war die Gruppe bereits im Spätmittelalter so populär, dass sie in der Hauptportallünette des neuen Domes (Anfang des 14. Jahrhunderts) in Stein gehauen wurde.[71] Bei diesem Relief ist aber bemerkenswert, dass die Küken nicht, wie bei der Plastik, rund um die zentrale Henne angeordnet sind, sondern auf einer Seite der Rundplatte angebracht sind. Dies könnte vielleicht auf eine perspektivische Schwierigkeit der Unterbringung der sieben Küken zurückzuführen sein. 3.6. Die Krone und das Kreuz von Agilulf Die Krone Agilulfs war wohl die prächtigste der Kronen des Schatzes, allerdings ist von ihr nur mehr das prunkvolle Anhängekreuz erhalten. Im Jahr 1797 beschlagnahmten die Franzosen nämlich große Teile des Domschatzes, unter anderem die Krone von Agilulf, und brachten sie nach Paris. Hier verliert sich die Spur der Krone, da sie zusammen mit anderen Objekten im Februar 1804 aus einer Ausstellung im Antikenkabinett der Nationalbibliothek gestohlen. Nachdem man die Diebe in Holland festgenommen hatte, war es aber bereits zu spät und die Agilulfkrone eingeschmolzen.[72] Zum Glück ist uns die Krone, zumindest in Form eines Stiches, in der Chronik Frisis in ihrer Gestalt überliefert. Es handelte sich um eine figurale Reliefkrone, mit einem Umfang von 70 cm, einem Durchmesser von 22 cm und einer Höhe von 8 cm[73]; sie war also deutlich größer als die Theodelindenkrone oder die Eiserne Krone. Entlang der Krone befinden sich Arkaden, die durch gedrehte Säulen und Lorbeerzweige gebildet werden. Unter diesen Arkaden befindet sich jeweils eine Person, zentral auf der Vorderseite ist dies Christus (gekennzeichnet durch einen Kreuznimbus) mit einem Buch in der Hand, auf dem man die Buchstaben Λ und ω erkennen kann.[74] Bei diesen beiden Buchstaben fällt auf, dass das Alpha ein Groß- und das Omega ein Kleinbuchstabe ist. Welche Bedeutung dahintersteckt, kann ich aber nicht sagen. In den Arkaden zur Linken und zur Rechten Jesu befindet sich je ein Engel, die durch ihre Flügel identifizierbar sind. In den weiteren Arkaden folgen die zwölf Apostel, insgesamt gibt es so 15 Bogenfelder, die rings um die Krone laufen. Über den Arkaden verläuft noch eine Reihe Edelsteine mit abwechselnd runden und länglich-ovalen Steinen.[75] Am unteren Rand der Krone ist folgende Inschrift angebracht (Übersetzung): Agilulf, von Gottes Gnaden glorreicher König von ganz Italien, schenkt [die Krone] dem heiligen Johannes dem Täufer in der Kirche zu Monza".[76] Diese Inschrift lässt an eine Funktion der Krone als Weihekrone und nicht als herrschaftliche Kopfzier denken. Die Datierung der Krone ist äußerst umstritten, so vertraten u. a. Reinhard Elze und Percy Ernst Schramm die Meinung, dass die Krone eine Fälschung des 12. Jahrhunderts sei. Eines ihrer Hauptargumente besteht in einer textkritischen Auslegung der Inschrift: Der Begriff König von ganz Italien – rex totius Italiae" ist erst unter Ludwig dem Frommen (Kaiser 814 – 840) erstmals belegt, also über 200 Jahre nach Agilulf. Elze und Schramm bringen die Krone mit einer Erwähnung Kaiser Friedrichs I. Barbarossa aus dem Jahr 1159 in Verbindung, in der der Herrscher Monza Privilegien einräumte, da die Stadt der Krönungsort seiner Vorfahren" war. Um diese Privilegien zu unterstützen, fertigten die Monzeser eine falsche Krone an, um sich König Agilulf zu berufen. So zumindest die Meinung von Elze und Schramm.[77] Elze widerlegt sich aber in seinem Werk von 1974 selbst, indem er nun plötzlich die Meinung vertritt, dass er die Frage der Echtheit bejahe".[78] Da aber alle diese Spekulationen auf mehreren voneinander abweichenden Zeichnungen aus dem 18. Jahrhundert basieren, deren Authentizität zumal nicht absolut sicher ist, darf man sie wohl nicht allzu hoch bewerten. Abbildung 11 (links): Die Krone von Agilulf nach einem Stich von A. F. Frisi[79] Abbildung 12 (rechts): Das Agilulfskreuz[80] Anders verhält es sich mit dem zugeschriebenen Kreuz, dieses wird traditionell als Agilulf-Kreuz bezeichnet. Allein durch die Stiche Frisis, die in diesem Fall unzuverlässig sind, kann man das Kreuz aber weder der Theodelinden-, noch der Agilulf-Krone eindeutig zuordnen.[81] Beim Agilulf-Kreuz" handelt es sich um ein lateinisches Kreuz, dessen Arme sich nach außen etwas verbreiten (Maße: 22,5 cm hoch und 15 cm breit). Das Kreuz besteht aus reinem Gold und ist mit Edelsteinen geschmückt.[82] In der Mitte ist ein rechteckiger großer Edelstein mittels Klauenfassung befestigt und von zwei Perlenkreisen umgeben. Am Ende der Kreuzarmee befindet sich je ein runder Edelstein, der ebenfalls mit Klauenfassung und Perlenkreis ausgestattet ist. Auf den Kreuzarmen befinden sich noch zusätzlich in Kassettenfassung angebrachte Perlen und rechteckige bzw. ovale Edelsteine. Am unteren und an den beiden waagrechten Kreuzarmen hängen jeweils zwei Goldkugeln, die an Ketten befestigt sind.[83] Auf dem Stich von Frisi kann man am unteren Arm aber drei Anhänger erkennen, die mittlere Kette ging anscheinend verloren, vielleicht auch während der Überführung nach Frankreich.[84] Laut Barany-Oberschall stammt das Kreuz mit Sicherheit aus dem frühen 7. Jahrhundert.[85] Auch Elze datiert das Kreuz in seinem jüngeren Werk anhand der Inschrift ebenfalls an den Anfang des 7. Jahrhunderts.[86] Da das Kreuz ja anscheinend so exakt datierbar ist und zur (verschollenen) Krone gehört, ist eine Datierung der Krone ins 12. Jahrhundert, wie sie von Schramm vertreten wird, wohl nicht haltbar. Es sei denn, das Kreuz gehörte ursprünglich zu einer anderen Krone ohne Inschrift und wurde erst später an die Agilulfkrone angehängt. Abbildung 13: Die Eiserne Krone [mit Bearbeitung durch den Autor], aus: SSM 1998, Teil 1, S. X. 3.7. Die Eiserne Krone Die Eiserne Krone ist nicht nur materiell von hohem historischem und kunstgeschichtlichem Wert, sondern ist, wegen des eingearbeiteten Kreuzigungsnagel, auch ein Objekt religiöser Bedeutung. 3.7.1. Die Krone in kunstgeschichtlicher Hinsicht Bei Betrachtung der Krone fallen einem schnell die kleinen Ausmaße des Kopfschmuckes ins Auge: Der goldene Reif hat einen Durchmesser, der zwischen 16,5 und 17,2 cm schwankt und einen Umfang von 48 cm, die Höhe beträgt etwa 5,4 cm. Die Krone ist kein voller Reifen, wie z.B. die Theodelindenkrone, sondern besteht aus sechs einzelnen Platten, die durch Scharniere verbunden sind. Innen befindet sich noch ein zwei Zentimeter schmaler flachgehämmerter Eisenring.[87] Die Platten sind eine nähere Untersuchung durchaus wert: Jede Platte ist leicht bogig, acht Zentimeter breit und fünf hoch. Die Dekoration ist auf allen Platten die gleiche, nämlich eine kreuzförmige Ordnung aus Rosetten mit einem schmalen Randstreifen. Die Rosetten gruppieren sich um einen zentralen Edelstein in Kassettenfassung, haben jeweils sieben Blütenblätter und sind in Treibarbeit gefertigt. In den Zwickeln dieser Kreuzform sind Plättchen in Palmettenform durch Krallen befestigt. Die Zwischenräume wurden in Zellenschmelztechnik mit verschiedenfarbigem Email aufgefüllt.[88] Die Blätter in Herzform und die Beere am Ende der Palmette bestehen aus weißem, die seitlichen Beeren aus blauem (mit einigen braunen Ausnahmen) und der Hintergrund aus grünem Email. Das weiße und blaue Email ist opak, während das grüne durchsichtig ist und den Blick auf den Grund aus Gold zulässt. Durch die zweimalige Verwendung einer kreuzförmigen Symmetrie (siehe Abbildung 13 auf der vorigen Seite), ist ein sakraler Aspekt der Krone nicht von der Hand zu weisen. Die Seitenstreifen bestehen aus drei übereinander angeordneten Edelsteinen in Kassettenfassung, wobei auf den verschiedenen Platten nicht immer die gleichen Arten vorkommen. In der Tradition sieht man die Steine als Rubine, Saphire und Amethyste an.[89] Bei einer genaueren Betrachtung hat man aber festgestellt, dass es sich in Wirklichkeit um verschiedenste Edelsteinarten handelt, etwa Granate, Korindonen, Amethystquarze oder sogar einfache Glaspasten.[90] Nur auf einer Platte gibt es die Ausnahme eines einzelnen Edelsteines in der Mitte, während statt der beiden anderen Steine siebenblättrige Rosetten angebracht sind (siehe Platte 1 in Abbildung 14). An den seitlichen Rändern der Platten sind zusätzlich kräftige goldene Perlenstäbe appliziert, während oben und unten an den Platten feinere Perlendrähte vorhanden sind. Am oberen Rand der Krone befinden sich, ähnlich der Theodelindenkrone, drei Löcher und am unteren Rand sind 54 Löcher paarweise angeordnet. Barany-Oberschall zählt seltsamerweise nur 48 Löcher[91], obwohl die Löcher deutlich erkennbar sind (siehe Bild unten). Abbildung 14: Umzeichnung der abgerollten Krone [mit Bearbeitung durch den Autor], oben: Außenansicht, Mitte: Draufsicht, unten: Innenansicht, aus: SSM Teil 2, S. 4. Wie gesagt, besteht die Krone aus sechs Platten mit nahezu identischer Dekoration. Allerdings sind diese Platten nicht einheitlich aneinander gereiht, sondern in zwei Fällen stoßen, wie man auf Abbildung 14 sieht, zwei gleiche Plattenstellen zusammen: Einmal zwei Seiten- und einmal zwei Hauptfelder. Dieser Umstand war und ist auch heute noch Anlass für unterschiedlichste Deutungsversuche der gesamten Krone, die bisher aber keine absolut gesicherten Erkenntnisse hervorbringen konnten. Armreifentheorie: Einer, inzwischen nicht mehr aktuellen, Theorie zufolge, besteht die Krone aus zwei antiken Armreifen, die zusammengesetzt wurden. Das wären aber etwas unhandliche, fast dreieckige Armreifen gewesen. Dafür spräche aber die Tatsache, dass die Platten der Krone spiegelverkehrt angeordnet sind: In der obigen Abbildung erkennt man, dass bei den Platten 1 – 3 die Seitenfelder auf der linken Seite sind, während sie auf den Platten 4 – 6 rechts zu finden sind.[92] Theorie der fehlenden Teil: Diese Theorie geht davon aus, dass die Krone ursprünglich größer war und dass ein bis zwei Segmente der ursprünglichen Krone fehlen. Barany-Oberschall gibt folgende Erklärung von Angelo Lipinsky wieder: Die Eiserne Krone war demnach einstmals eine byzantinische Krone und gehörte dem oströmischen Kaiser. Als dieser die Krone dem Westgoten Theoderich zusandte, um dessen Königsherrschaft in Italien zu legitimieren, ließ der Kaiser vorher das Stirnjuwel (und eventuell auch das auf der Rückseite) entfernen, damit es zu keiner Identifikation Byzanz – Westgoten kommen konnte.[93] In diesem Streit wird es wohl keine endgültige Lösung geben und es werden immer wieder neue Theorien auftauchen. Dazu passt ein Zitat von Barany- Oberschall, wo sie treffend notiert: Der Phantasie des Forschers ist in dieser Hinsicht keine Grenze gesetzt".[94] Ebenso unklar wie die Geschichte der Eisernen Krone ist ihre Datierung. Die Vorschläge reichen vom 4. Jahrhundert bis ins Hochmittelalter. Viele dieser Spekulationen sind nach den naturwissenschaftlichen Untersuchungen der Società di Studi Monzesi aber obsolet geworden. Der zweite Teil des Werkes La Corona Ferrea nell' Europa degli Imperi" ist ganz den naturwissenschaftlichen Untersuchungen gewidmet, mit denen man die Eiserne Krone genauestens unter die Lupe genommen hat. Neben Thermolumineszenz- und spektroskopischen Methoden war auch eine Datierung mittels Radiokarbonmethode möglich. Unter einigen Emailschmelzen hatte man nämlich einige Körner erdigen Stuckes, der auch Spuren von Wachs aufwies, entdeckt und der war mit dieser Analysenmethode datierbar. Es wurden drei Messungen von verschiedenen Platten vorgenommen, die als Mittelwert der Datierung das Jahr 786 ergaben. Auffallend war aber, dass die braunen Beeren in Zellenschmelztechnik (siehe Abbildung 13, Mittelfeld, Palmette rechts unten) älter zu sein scheinen. Denn sie datierte man mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% zwischen 415 und 631, mit 68% zwischen 445 und 565.[95] Durch andere Messungen sind noch einige Ausbesserungen in späterer Zeit nachzuweisen.[96] Zusammenfassend kann man somit zur Datierung sagen, dass die Eiserne Krone wahrscheinlich eine Zimelie aus der Spätantike ist, ihre Endgestaltung wohl in karolingischer Zeit erhielt und im Laufe der Zeit noch einige kleine Ausbesserungen erfuhr. Bedingt durch die Kleinheit der Krone (17 cm Durchmesser), war es unmöglich sie, wie normalgroße Kronen, um den Kopf zu tragen. Eine Möglichkeit bestand jedoch darin, sie hoch auf dem Kopf, in Kombination mit anderem Kopfschmuck, zu tragen. Auf den beiden unteren Bildern sieht man zwei, mit der Eisernen Krone, gekrönte Herrscher Italiens. Links Napoleon I. mit der Krone um den Kopf (gekrönt 1805), was sicherlich auf künstlerische Freiheit zurückzuführen ist. Die rechte Abbildung zeigt ein Portrait Kaiser Ferdinands I. (gekrönt 1838), das die Eiserne Krone realistischer als Kopfstück eines größeren Gebildes zeigt. Eine andere Möglichkeit wäre die reine Verwendung als Weihekrone, wobei die geringe Größe nicht störend gewesen wäre. Die Größe könnte aber auch für eine Frauenkrone sprechen, wobei die unteren Löcher dann als Halterung für einen Schleier gedient hätten.[97] Abbildung 15: Napoleon Bonaparte (links) und Ferdinand I. mit der Eisernen Krone, aus: Barany-Oberschall, Abb. 14 und 15. Ein sehr interessantes, wenn auch nicht unproblematisches Vergleichsbeispiel mit der Eisernen Krone ist eine Krone aus Kasan, die der aus Monza fast bis aufs Haar gleicht. Die Krone wurde um 1730 in Kasan, der Hauptstadt der heutigen russischen Republik Tatarstan, entdeckt. Leider verschwand sie bald darauf in der Eremitage von Sankt Petersburg. Vorher war die Krone allerdings zeichnerisch festgehalten worden und diese Abbildung ist verblüffend: Bis auf den eisernen Reifen und der Tatsache, dass die Krone von Kasan möglicherweise ein einheitlicher Reif war, ist sie mit der Eisernen Krone nahezu identisch.[98] Doch das alleine ist nicht das Außergewöhnliche, sondern die Entfernung zwischen Monza und Kasan: In Luftlinie über 3.000 Kilometer! Die Fragen warum, wann und auf welchem Wege die Krone nach Kasan gekommen ist, konnten bis heute nicht überzeugend beantwortet werden. Abbildung 16: Die Krone von Kasan, aus: Barany-Oberschall, Abb. 6. 3.7.2. Die religiöse Bedeutung Bei einer genauen Betrachtung der Eisernen Krone erkennt man einen unscheinbaren flachen Eisenring auf der Innenseite des Reifs, der etwa zwei Zentimeter breit ist und mit mehreren Nägeln festgemacht ist. An und für sich erscheint dieser Bestandteil der Krone als nichts Besonderes; Mit diesem Eisenring hängt aber nicht nur der Name der Eisernen Krone" zusammen, sondern auch die Verehrung der Kopfzier als Reliquie. Heute gilt dieser eiserne Ring als ein umgeschmiedeter Nagel, mit dem Jesus Christus ans Kreuz geschlagen wurde. Doch diese religiöse Deutung scheint nicht langobardischen Ursprungs zu stammen, sondern kam erst im Lauf der Neuzeit auf. Folgende Legende rankt sich bis heute um ihre Entstehung, die erstmals 1717 (also erst relativ spät) von Justus Fontanini schriftlich festgehalten wurde:[99] Kaiserin Helena, die Mutter Konstantin des Großen, unternahm in religiöser Inbrunst Ausgrabungen auf Golgatha. Hier entdeckte sie das Heilige Kreuz, an das Jesus geschlagen worden war und nahm es mit nach Konstantinopel. Einige der Kreuznägel ließ sie umschmieden und einer wurde zu einem Diadem, das sie Konstantin schenkte. Nach dessen Tod verblieb es im Besitz der oströmischen Kaiser. Ende des 6. Jahrhunderts besuchte Papst Gregor der Große den Kaiser und dabei erhielt er mehrere Reliquien, die er mit nach Rom nahm.[100] Bis hierher dürfte die Geschichte historisch wohl korrekt sein. Allerdings gibt es keinen Hinweis, dass das Diadem Konstantins mit dem Nagel auch den Besitzer wechselte und dass Papst Gregor die Krone dann Theodelinde schenkte. So will es nämlich, seit Fontanini, die Herkunftslegende. Diese Legende hat zahlreiche Lücken, die eine Verifizierung erschweren. So erscheint es doch merkwürdig, dass Paulus Diaconus kein Wort über diese Reliquie verliert, die sich angeblich im Besitze Theodelindes befand, obwohl dieses Stück sicherlich von einem enormen Prestige gewesen wäre. Auch in den hoch- und spätmittelalterlichen Inventaren findet man nichts über eine religiöse Verbindung zwischen dem Ring und dem Kreuzesnagel. Auch von der Krönung Kaiser Karls V. zum König von Italien im Jahr 1530 ist nichts Dementsprechendes bekannt. Erst aus dem späten 16. Jahrhundert stammen erste Hinweise, so wird im Inventar von 1590 folgendes erwähnt: …ein eiserner Reif, von dem man sagt, er sei aus einem Nagel vom Kreuze des Herrn konstruiert".[101] Nun ging es mit der vermeintlichen Reliquie aber schnell bergauf, denn unter anderem wegen der Predigten des heiligen Carl Borromäus, entwickelte sich Monza zu einem Wallfahrtsort für Pilger. Die Erkenntnis, dass der Eisenreif nicht mit dem Kreuzesnagel identisch sein muss, sorgte für hitzige Diskussionen, wobei es aber auch wissenschaftlich fundierte Gegenstimmen gab. So verfasste zum Beispiel L. A. Muratori bereits 1698 ein Werk, in dem er die Echtheit der Reliquie stark bezweifelte.[102] Die katholische Kirche zog, nach langwierigen Untersuchungen, einen Schlussstrich unter diesen Streitereien, in dem die römische Ritenkongregation im Jahr 1717 die öffentliche Verehrung der Krone als Reliquie, die nunmehr offiziell einen Nagel vom Kreuz Jesu enthielt, zuließ.[103] Die Verehrung der Eisernen Krone hält bis heute an. 4. Resümee Eine Aussage von Magda von Barany-Oberschall über Theodelinde, die Königin der Langobarden, passt hervorragend in den Kontext Schatz – Königin – Katholizismus: Laut Oberschall war Theodelinde die seelische Tochter" Papst Gregors.[104] Genau dieser Beziehung verdankt der Nachwelt womöglich nicht nur ein katholisches Italien, sondern auch die Grundlage für einen der bedeutendsten Schätze des frühen Mittelalters. Die Bestandteile des Schatzes könnten sich aber kaum mehr in ihrer Datierung und ihrer Authentizität unterscheiden. Die Teile die in dieser Arbeit erwähnt wurden, sind nur ein kleiner Bestandteil des Domschatzes, dessen Elemente von der Antike bis weit in die Neuzeit reichen. Besonders den zwei bzw. drei Kronen kommt eine Bedeutung zu, die nicht nur auf ihrem materiellen Wert beruht. Man kann davon ausgehen, dass zumindest die Kronen von Theodelinde und Agilulf bereits von Anfang an als Weihekronen gedacht waren und nicht als Herrschaftssymbole. Denn bei den Langobarden ist erst bei König Liutprand (reg. 712 – 744) belegt, dass er eine Krone als Herrschaftszeichen verwendet hat.[105] Die Eiserne Krone könnte also durchaus schon als Machtsymbol gedient haben, allerdings umgibt den berühmtesten Teil des Schatzes eine hartnäckige Legende, die erst in letzter Zeit immer mehr hinterfragt wird. Über die Echtheit der Kreuznagelreliquie mag man streiten, es bleibt aber die Frage, wieso ein einfacher, materiell wertloser, eiserner Ring eine Krone aus purem Gold zusammenhält. Auch weisen die zusätzlichen funktionslosen Löcher des Rings auf eine Zweitverwendung des Ringes hin. Ob es nun tatsächlich ein Nagel vom Kreuze Christi ist, oder nicht, auf jeden Fall muss dieser Ring mit Absicht angebracht worden sein, auch wenn der Sinn dahinter die Fachwelt bis zum heutigen Tag nicht zur Ruhe kommen lässt. Der Domschatz von Monza hat bis heute eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Immer wieder war der Schatz vom Monzeser Domkapitel verpfändet oder Teile von ihm verkauft worden. Aber auch noch in seiner heutigen Form ist der Schatz ein einmaliges Zeugnis der Kunstfertigkeit in den finsteren Zeiten des frühen Mittelalters. 5. Literaturverzeichnis - Ohne Autor, Die Basilika und der Schatz von dem heiligen Johannes dem Täufer in Monza (Monza 1956). - M. Barany-Oberschall, Die Eiserne Krone der Lombardei und der langobardische Königsschatz. Die Kronen des Hauses Österreich IV (Wien 1966). - V. Bierbrauer, Monza. In: H. Beck, D. Geuenich, H. Steuer (Hg.), Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Band 20 (Berlin, New York 2002²), S. 211 – 216. - R. Conti, La corona, il tesoro, Teodelinda attraverso sette secoli d'arte nel Duomo di Monza. In: Società di Studi Monzesi (Hg.), La Corona Ferrea nell' Europa degli Imperi. Band 2 Alla scoperta del prezioso oggetto. Teil 1 arte e culto (Monza 1998), S. 145 – 186. - V. E. Elbern, Die Eiserne Krone" von Monza. Gegenstand und Technik, in: Società di Studi Monzesi (Hg.), La Corona Ferrea nell' Europa degli Imperi. Band 2 Alla scoperta del prezioso oggetto. Teil 1 arte e culto (Monza 1998), S. 3 – 14. - R. Elze, Die Agilulfkrone des Schatzes von Monza. In: H. Beumann (Hg.), Historische Forschungen für Walter Schlesinger (Köln, Wien 1974), S. 348 – 357. - T. Mannoni, Dati cronologici ricavabili dalle analisi scientifiche. In: Società di Studi Monzesi (Hg.), La Corona Ferrea nell' Europa degli Imperi. Band 2 Alla scoperta del prezioso oggetto, Teil 2 scienza e tecnica (Monza 1998), S. 61 – 68. - W. Menghin, Die Langobarden. Geschichte und Archäologie (Stuttgart 1985). - K. Priester, Geschichte der Langobarden. Gesellschaft – Kultur – Alltagsleben (Stuttgart 2004). - Th. Rainer, Das Buch und die vier Ecken der Welt. Von der Hülle der Thorarolle zu Deckel des Evangeliencodex, phil. Diss. MS (Innsbruck 2007). - Società di Studi Monzesi (Hg.), La Corona Ferrea nell' Europa degli Imperi. Band 2 Alla scoperta del prezioso oggetto. Teil 1 arte e culto (Monza 1998). - Società di Studi Monzesi (Hg.), La Corona Ferrea nell' Europa degli Imperi. Band 2 Alla scoperta del prezioso oggetto, Teil 2 scienza e tecnica (Monza 1998). 5.1. Quellen - R. Cassanelli (Hg.), P. Diacono. Storia dei Longobardi. Testo originale e versione italiana (Mailand 1985). - A. F. Frisi, Memorie storiche di Monza e sua Corte (Mailand 1794). 5.2. Internetadressen - Ohne Autor, Begga. In: Ökumenisches Heiligenlexikon, Quelle: http://www.heiligenlexikon.de/BiographienB/Begga.htm, Zugriff: 23. März 2009. - Ohne Autor, Croce di Teodolinda. In: Wikipedia Italien, Quelle: http://it.wikipedia.org/wiki/Croce_di_Teodolinda, Zugriff: 30. März 2009. - Ohne Autor, Theudelinde. In: Wikipedia Deutschland, Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Theudelinde, Zugriff: 19. März 2009. - F. W. Bautz, Arius. In: Biographisches-Bibliographisches Kirchenlexikon, Quelle: http://www.bautz.de/bbkl/a/arius.shtml, Zugriff: 18. März 2009. - J. Hoffmann, Theodolinde. In: Biographisches-Bibliographisches Kirchenlexikon, Quelle: http://www.bbkl.de/t/theodelinde.shtml, Zugriff: 18. März 2009. ----------------------- [1] Ohne Autor, Theudelinde. In: Wikipedia Deutschland, Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Theudelinde, Zugriff: 19. März 2009. [2] W. Menghin, Die Langobarden. Geschichte und Archäologie (Stuttgart 1985). [3] Menghin 1985, S. 109. [4] F. W. Bautz, Arius. In: Biographisches-Bibliographisches Kirchenlexikon, Quelle: http://www.bautz.de/bbkl/a/arius.shtml, Zugriff: 18. März 2009. [5] K. Priester, Geschichte der Langobarden. Gesellschaft – Kultur – Alltagsleben (Stuttgart 2004). [6] Priester 2004, S. 117. [7] Menghin 1985, S. 117f. [8] Paulus Diaconus, IV 6. [9] Priester 2004, S. 57. [10] Paulus Diaconus, IV 22. [11] Paulus Diaconus, IV 21. [12] Priester 2004, S. 109. [13] Menghin 1985, S. 136. [14] Menghin 1985, S. 237. [15] V. Bierbrauer, Monza. In: H. Beck, D. Geuenich, H. Steuer (Hg.), Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Band 20 (Berlin, New York 2002²), S. 211 – 216, hier S. 212. [16] Abbildung aus: R. Conti, La corona, il tesoro, Teodelinda attraverso sette secoli d'arte nel Duomo di Monza. In: Società di Studi Monzesi (Hg.), La Corona Ferrea nell' Europa degli Imperi. Band 2 Alla scoperta del prezioso oggetto. Teil 1 arte e culto (Monza 1998), S. 145 – 186, hier, S. 155. [17] Conti 1998, S. 154ff. [18] Bierbrauer 2002, S. 212. [19] Vgl. Abbildung in: SSM 1998, S. 153. [20] Bierbrauer 2002, S. 214f. [21] Bierbrauer 2002, S. 214. [22] M. Barany-Oberschall, Die Eiserne Krone der Lombardei und der langobardische Königsschatz. Die Kronen des Hauses Österreich IV (Wien 1966), S. 76. [23] R. Cassanelli (Hg.), P. Diacono. Storia dei Longobardi. Testo originale e versione italiana (Mailand 1985), S. 195. [24] Ohne Autor, Die Basilika und der Schatz von dem heiligen Johannes dem Täufer in Monza (Monza 1956), S. 48. [25] Abbildung aus: Cassanelli 1985, S. 195. [26] Bierbrauer 2002, S. 212. [27] Ohne Autor 1956, S. 48. [28] Conti 1998, S. 186. [29] Bierbrauer 2002, S. 215. [30] und 31 beide Abbildungen aus: SSM 1998, Teil 1, S. 192. [31] Conti 1998, S. 186. [32] Bierbrauer 2002, S. 215. [33] Entnommen den Abbildungen des Deckels in: Società di Studi Monzesi 1998, S. 190 und 191. [34] Zitiert nach: Barany-Oberschall 1966, S. 72. [35] Th. Rainer, Das Buch und die vier Ecken der Welt. Von der Hülle der Thorarolle zu Deckel des Evangeliencodex, phil. Diss. MS (Innsbruck 2007), S. 85. [36] Vgl. Abbildung 6. [37] Vgl. Abbildungen 6.. [38] Vgl. Abbildung 6 und Rainer 2007, S. 85f. [39] Rainer 2007, S. 101f. [40] Menghin 1985, S. 119 und Ohne Autor, Croce di Teodolinda. In: Wikipedia Italien, Quelle: http://it.wikipedia.org/wiki/Croce_di_Teodolinda, Zugriff: 30. März 2009. [41] Barany-Oberschall 1966, S. 67. [42] Barany-Oberschall 1966, S. 67. [43] Vgl. Abbildung 7. [44] Barany-Oberschall 1966, S. 68. [45] Vgl. Abbildung 7. [46] Zitiert nach: Barany-Oberschall 1966, S. 68. [47] Bierbrauer 2002. S. 214. [48] Barany-Oberschall 1966, S. 68ff. [49] Bierbrauer 2002, S. 213f. [50] Barany-Oberschall 1966, S. 57. [51] Siehe Abbildung In: ÖNB Codex 6189 (Foscarini 150), S. 386f, zitiert nach: Elze 1974, S. 352f. [52] Elze 1974, S. 353. [53] Barany-Oberschall 1966, S. 57. [54] Bierbrauer 2002, S. 213f. [55] Vgl. Bierbrauer 2002, S. 214, Barany-Oberschall 1966, S. 58 f. und dortige Abb. 3. [56] Barany-Oberschall 1966, S. 59. [57] Barany-Oberschall 1966, S. 81f. [58] Barany-Oberschall 1966, S. 81f. [59] A. Grabar, Ampoules de Terre-Sainte á Monza et Bobbio (Paris 1958), zitiert nach: Barany-Oberschall 1966, S. 84. [60] Barany-Oberschall 1966, S. 88. [61] Bierbrauer 2002, S. 215. [62] Rainer 2007, S. 94f. [63] Abbildung aus: SSM 1998, Teil 1, S. 187. [64] Barany-Oberschall 1966, S. 74f. [65] Vgl. Bierbrauer 2002, S. 214, Barany-Oberschall 1966, S. 75. [66] Vgl. Bierbrauer 2002, S. 214f und Barany-Oberschall 1966, S. 78f. [67] Bierbrauer 2002, S. 215. [68] Ohne Autor, Begga. In: Ökumenisches Heiligenlexikon, Quelle: http://www.heiligenlexikon.de/BiographienB/Begga.htm, Zugriff: 23. März 2009. [69] Barany-Oberschall 1966, S. 78. [70] Vgl. Abbildung in: Conti 1998, S. 148. [71] R. Elze, Die Agilulfkrone des Schatzes von Monza. In: H. Beumann (Hg.), Historische Forschungen für Walter Schlesinger (Köln, Wien 1974), S. 348 – 357, hier S. 348. [72] Barany-Oberschall 1966, S. 60. [73] Vgl. Abbildungen in: Elze 1974, S.352f. [74] Vgl. Abbildungen in: Elze 1974, S.352f. [75] Zitiert nach: Barany-Oberschall 1966, S. 60. [76] Vgl. Barany-Oberschall 1966, S. 61f. [77] Elze 1974, S. 348 [78] Abbildung aus: Barany-Oberschall 1966, Abb. 5. [79] Abbildung aus: Wikipedia Italien, http://it.wikipedia.org/wiki/File:Croce_di_agilulfo,_monza.jpg [80] Bierbrauer 2002, S. 213f. [81] Barany-Oberschall 1966, S. 62f. [82] Vgl. Abbildung in: Conti 1998, S. 188. [83] Vgl. Abbildung 11 und 12. [84] Barany-Oberschall 1966, S. 62. [85] Elze 1974, S. 354. [86] V. E. Elbern, Die Eiserne Krone" von Monza. Gegenstand und Technik, in: Società di Studi Monzesi (Hg.), La Corona Ferrea nell' Europa degli Imperi. Band 2 Alla scoperta del prezioso oggetto. Teil 1 arte e culto (Monza 1998), S. 3 – 14, hier S. 3. [87] Elbern 1998, S. 3. [88] Barany-Oberschall 1966, S. 13. [89] Elbern 1998, S. 3f. [90] Barany-Oberschall 1966, S. 13. [91] Barany-Oberschall, S. 25f. [92] Barany-Oberschall 1966, S. 14f. [93] Zitiert nach: Barany-Oberschall 1966, S. 14. [94] T. Mannoni, Dati cronologici ricavabili dalle analisi scientifiche. I(3DEOUVY"ˆ ŠÞß[95] - % ' > D I M \ — ž Â Õ Ö n: Società di Studi Monzesi (Hg.), La Corona Ferrea nell' Europa degli Imperi. Band 2 Alla scoperta del prezioso oggetto, Teil 2 scienza e tecnica (Monza 1998), S. 61 – 68, hier S. 64f. [96] Mannoni 1998, S. 62f. [97] Barany-Oberschall 1966, S. 18f. [98] Elbern 1998, S. 5. [99] Barany-Oberschall 1966, S. 49f. [100] Barany-Oberschall 1966, S. 45f. [101] Zitiert nach: Barany-Oberschall 1966, S. 48. [102] Barany-Oberschall 1966, S. 47. [103] Elbern 1998, S. 3. [104] Zitiert nach: Barany-Oberschall 1966, S. 46. [105] Bierbrauer 2002, S. 214.