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Jahrbuch Märkisch-Oderland 7, 2000 (Seelow 1999) Eine neue Siedlung der frühen Eisenzeit bei Müncheberg Im Vorfeld des Baus einer Umgehungsstraße für die Bundesstraßen B1 und B5 südlich von Müncheberg wurde durch Prospektionsarbeiten des Brandenburgischen Landesmuseums für Ur- und Frühgeschichte im Auftrag des Straßenbauamtes Frankfurt lader der Fundplatz Müncheberg 14 entdeckt. Die neu entdeckte Siedlung liegt südöstlich von Müncheberg, auf dem als Acker genutzten Südhang einer Anhöhe zwischen der Frankfurter Chaussee (B5) und dem Behlendorfer Weg (Abb. 1). Das Zentrum der Kuppe ist durch den Abbau von Sand und Kies weitgehend zerstört und ist jetzt Wasserwerksgelände. Vom nordwestlich gelegenen Krähenberg ist sie durch eine von einem Graben durchzogene Senke getrennt. Der alte Flurname ist Herzhörner. Die schmalen Baggerschnitte einer Voruntersuchung erbrachten den Nachweis von Siedlungsgruben. Die eigentliche Untersuchung der Siedlung erfolgte im Frühjahr 1999 als baubegleitende Maßnahme auf einer Fläche von ca. 30 m x 105m unter günstigen Voraussetzungen. Nach Abtrag des Pflughorizontes durch die Baufirma fand der eigentliche Baubetrieb zunächst auf anderen Abschnitten der Trasse statt. schaftlichen Nutzung des Geländes seit dem Mittelalter durch Bodenerosion gelöstes und wieder abgelagertes Sediment (H.-R. BORK, 10.4.1999). Vielfach ist unter diesem Mischhorizont noch ein Rest eines älteren Kolluviums vorhanden, das auch abseits der Befunde zahlreiche Scherben urgeschichtlicher Machart und Feuersteinartefakte enthält. Analog zum Befund in Dahmsdorf (BaRK & al. 1998, 102 ff) handelt es sich vermutlich um Bodenmaterial, das bei der Nutzung des Geländes in der frühen Eisenzeit erodiert und akkumuliert wurde. Dieser Horizont wird von einigen Gruben geschnitten, die aber diesem Zeitabschnitt angehören. In der Zeit bis zum Mittelalter erfolgte unter dem Humushorizont der Waldvegetation eine Entkalkung und Verbraunung des eisenzeitlichen Kolluviums, zudem wurde in dieser Schicht eisenhaItiger Ton in wenigen dünnen Bändchen abgelagert, welche auch in die früheisenzeitlichen Gruben hineinreichen (Abb. 2). Bei den Gruben handelt es sich zum Großteil um den unteren Rest von Vorratsgruben, sie haben oft einen Durchmesser von etwas mehr als einem Meter. Derartige Gruben, die bei guten Erhaltungsbedingungen meist noch eine Tiefe von bis zu 1,4 m haben, dienten als Silo, was auf Siedlungen unterschiedlicher Zeitstellung immer wieder nachgewiesen wurde (Abb. 3). Angelegt wurden solche Gruben in Sandböden, in denen Wasser schnell abfließen konnte. Ihre Zweckbestimmung ist durch seltene Funde verkohlter Früchte zu erschließen, die ihre Erhaltung Brandkatastrophen in der Siedlung verdanken (GEBERS 1985, 147). Die Gruben konnten mit Flechtwerk oder im oberen Bereich mit Lehm stabilisiert werden (HERRMANN 1985, 77). Ferner war eine Überdachung notwendig, erhalten blieben die Pfostenspuren der tragenden Konstruktion (BUCK & WETZEL 1966, Abb. 3; NEKUDA 1982, 14). Schüttet man getrocknetes Ge- Bodenaufbau und Befunde Der anstehende Boden besteht fast durchweg aus Sand. Lehm und lehmiger Sand bilden zumeist nur große Flecken. Kiesiger Sand mit vielen Geschieben findet sich am nördlichen Rand der untersuchten Fläche. Unter dem 30 bis 40 cm mächtigen Pflughorizont folgt stellenweise eine Schicht braunen Sandes mit humosen Anteilen, der im Bereich von urgeschichtlichen Befunden auch Material aus den Befunden enthält. Hierbei handelt es sich um den unteren Teil eines überpflügten Kolluviums, d.h. um im Zusammenhang mit der landwirt- 8 Abb. 3 Rekonstruklionsversuch eines jungbronzezeitlichen bis früheisenzeitlichen Vorratsturmes für Getreide. Die Rekonstruktion ist nur für den unteren Bereich durch Grabungsbefunde weitgehend gesichert (GEBERS 1985). r---l o 250m Abb.l Müncheberg 14, Lage der untersuchten Fläche, M 1 :25000, treide in die Silogrube und deckt diese ab, verliert man nur eine 3 bis 5 cm starke Außenschicht des Getreides. Dieses Getreide keimt, verfilzt und schimmelt; setzt aber Wärme frei und entzieht dem Siloinnern Sauerstoff. Schädlinge können in der mit Kohlendioxid gesättigten Atmosphäre nicht leben, sie werden ohnehin durch die eng verfilzte Außenschicht am Eindringen gehindert (MEURERS-BALKE & LÜNING 1990, 91). Als Abfallgruben dienten die Silogruben erst in sekundärer Verwendung. 18.10 I 19,80 I Funde Die Keramik ist, wie bei Siedlungsfunden üblich, stark zerscherbt. Es handelt sich zumeist um Scherben von dickwandigen, außen gerauhten Vorratsgefäßen, die keine Anhaltspunkte für eine Datierung liefern. Die verzierten Gefäße weisen oft mehrere waagerechte Rillen auf, unter denen sich Sparrenbänder aus Rillen anschließen (Abb. 4, 1.4), bzw. zusammen mit kleinen Grübchen das Sparren-Dellen-Motiv bilden (Abb. 4,5). 2 Abb. 2 Müncheberg 14, Gruben: 1 Befund 2,2 Befund 5, Sedimente: 1 Ackerboden; 2 mittelalterliches bis neuzeitliches Kolluvium; 3 - 4 Grubenfüllung; bei Befund 2 ist Sediment 5 das früheisenzeitliche Kolluvium, bei Befund 5 Sediment 6, MI: 40. 9 Mit waagerechten Rillen und darunter anschließenden Girlanden ist die Wandscherbe vom Umbruch eines kleinen Topfes verziert, auf der ein ösenförmiger Henkel angebracht ist (Abb. 4, 3). Es handelt sich um Verzierungsmuster der frühen Eisenzeit, die auf der Lebus-Platte vor allem durch die Göritzer Gruppe (700 bis etwa 300 v. Chr.) repräsentiert wird. Die Funde sind nach den von S. Griesa (1982, 42 f.;1989, Fig. 72) genannten Kriterien der Stufe 1 oder 2 und der Stufe 2 der Göritzer Gruppe zuzuordnen, nur eine mit Rädchenreihen verzierte Scherbe aus Befund 15 ist jünger. Zahlreiche Feuersteinartefakte wurden mit der Keramik in den Gruben und im früheisenzeitlichen Kolluvium gefunden. Es handelt sich um Abschläge, Trümmer und Kerne und wenige Schaber (Abb. 4, 6). Vermutlich stammt der Großteil dieser Steinwerkzeuge aus der frühen Eisenzeit. Steinwerkzeuge waren damals eine geläufige Erscheinung. Ihr Vorkommen zeigt, wie kostbar Metalle noch waren. Allerdings ist nicht auszuschließen, daß auch jungsteinzeitliche Funde dabei sind: ein kleines dicknackiges Feuersteinbeil (Abb. 4,7), ein Scheibenbeil, das partiell überschliffen wurde und die Vorarbeit für eine flächig retuschierte Pfeilspitze. Noch vor die Zeit, in der hierzulande der Ackerbau betrieben wurde, datiert ein Rückenmesserchen (Pfeilbewehrung), das aber auch durch seine patinierte Oberfläche auffällt. Tierknochen sind der Lagerung im Sandboden wegen kaum erhalten; die beiden bestimmbaren Stücke - ein Backenzahn vom Rind aus Befund 6 und das proximale Fragment eines dritten rechten Mittelfußknochens vom Schwein aus Befund 16 - verdienen deshalb Beachtung. halten. Die neu entdeckte Siedlung ist auch deshalb von Interesse, weil sie im Bezug zu bereits bekannten FundsteIlen der späten Bronzezeit und der frühen Eisenzeit zu sehen ist: zu einem 1852 ausgegrabenen früheisenzeitlichen Gräberfeld beim Gut Philippinenhof und 1912 entdeckten Siedlungsspuren der selben Zeitstellung beim Gut Elisenhof am Klaren See (GRIESA 1982, 177) waren 1997 spätbronzezeitliche Siedlungsspuren beim Storchenturm gekommen (BOROFFKA, PETER-RÖCHER & WITTKOPP 1998). Martina Lörler, Brieselang Dr. Stefan Wenzel, Hagen LHeratur: BORK, H.·R., BORK, H., DALCHOW, C., FAUST, B., PIORR, H.-P. & SCHATZ, Th. 1998 : Landschaftsentwicklung in Milleleuropa: Wirkungen des Menschen auf Landschaften. Perthes GeographieKolleg. Gotha und Stullgart. BOROFFKA, M., PETER-RÖCHER, H. & WITTKOPP, B. 1998 : Stadttor, Siedlung, Einzel-grab. Müncheberg, Landkreis MärkischOderland: Straßenbau öffnete ein Fenster zu MittelaHer und Vorgeschichte. In: Ausgrabungen in Berlin und Brandenburg 1997, 121-123. BUCK, D.-W. & WETZEL, G. 1966 : Eine Siedlung der jüngeren Bronzezeit von ZHz, Kr. Brandenburg-Land (Vorbericht). Ausgrabungen und Funde 11(3), 138-141 + Tal. 21 c-d. GEBERS, W. 1985 : Jungbronzezeitliche und eisenzeitliche GetreidevorratshaHung in Rullstorl, Ldkr. Lüneburg - ein Zeugnis urgeschichtlicher Vorratswirtschaft. In: WILHELMI, K. (Hrsg.), Ausgrabungen in Niedersachsen. Archäologische Denkmalpflege 1979-1984. Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen, Beihefl 1. Stuttgart. 146-150. GRIESA, S. 1982: Die GörHzer Gruppe. Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam 16. Berlin. GRIESA, S. 1989:The . GörHzer Gruppe'. Continuity from Ihe Late Bronze Age to Ihe Early Iron Age in GDR I Poland. The area of the Lower and Middle Oder and the LoWer Warta.ln: STIG S0RENSEN, M.L. & THOMAS, R. (eds.), The Bronze Age - lron Age Transition in Europe. Aspects of continuity and change in European societies c. 1200 to 500 B.C. Part ii. British Archaeological Reports, International Series 483 (ii). Oxford. 336-355. (der Text ist deutsch). HERRMANN, J. 1985 : Ackerbau. In: HERRMANN, J. (Hrsg.), Die Slawen in Deutschland. Geschichte und KuHur der slawischen Stämme westlich von Oder und Neiße vom 6. bis 12. Jahrhundert. Veröffentlichungen des Zentralinsmuts für Alte Geschichte und Archäologie der DDR. ßerlin. 68-80. MEURERS-BALKE, J. & LÜNING, J. 1990: Experimente zur frühen Landwirtschaft. Ein Überblick über die Kölner Versuche in den Jahren 1976-1986. In: Experimentelle Archäologie in Deutschland in Deutschland. [Begleitschrift zu einer Ausstellung des Staatlichen Museums für Naturkunde und Vorgeschichte Oldenburg; Bearb. u. Red. M. FANSA, u. Mitarb. v. B. RENKEN u. J. DÖRING). 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