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Gernot Wilhelm, Reinheit Und Heiligkeit. Zur Vorstellungswelt Altanatolischer Ritualistik, In: Leviticus Als Buch, Ed. H.j. Fabry - H.-w. Jüngling, 1999, 197-217g

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F:' Bonner B iblische Beitrügc Herausgcgqben voq Fraok-t othar Hossfeld und Helmut MerHoin Pnofessorcn der Katholiscft-Theologischen Fakultät Bonn Band 119 Jli E--- Heinz-Josef Fabry Hans-Winfried Jiingling (Hg.) Levitikus als Buch PHILO xli E-Reinheit und lleiligkeit Zur Vorstellungswelt altanatolischer Ritualistik Gernot Wilhetm, lYünburg Für eine Untersuchung altanatolischer Reinheits- und Unreinheitsvorstellungen liefern die in t-Iattusa (modern Bosazköy), der Hauptskdt der Hethiter, ausgegrabenen Ritualtexte - und hier wiederum insbesondere die aus südanatolischen und nordsyrische'n Traditionen stanrmanden - eine kaum überschaubare Masse an Informationen. Eine Annäherung an die zentalen Kategorien altanatolischer Rituali- stik und die hinter ihr stehenden vorstellungen erfolgt am bestan [ber einen locus classicus der hethitischen Religionsgeschichte: Im s zl4b des hethitischen Gesetzbuches, dessen älteste Fassung aus dem r6. Jh. v.chr. stammt, heißt es: jemand ,,wenn einen Menschen reinigt, schaIft er auch die Räckstände zum vertrrnnungsplatz. wenn er sie aufjemandes Feld oder Hausgrundstäck schafft, ist es Behexung {alpnzatar); Rechtsfall des Königs... Das verb, das hier verwendet wird, Iautet parhtnu-,,reinigen..,tein Kausativ zu dem Adjektiv parhti-,,rein".2 Die unprüngliche Bedeutung dieses Adjektivs liefert die indogermanische Etymologie *btk-qö- ,,glturzend..,3 eine Bedeutung, die sich noch n parhti-,,Bronze" gehalten hat.a Heth. pa rlwi- haraber auch noch eine weitere Bedeutung, die z.B. in den folgenden Sätzen greifbar wird: uuR.sAG-ai-qz & LÜKüR uddanaza parhti§,,Das cebirge ist frei von Aktivität dcs Feindes" (I/r!iLI 46t23 -24) nu-kan MULü parhtin lwgzpi appan sara ugasi,,wenn du hinter die (von vegeration) freie Anhöhe hinauftommst ..... (KUB 19,37 tI 30-31) ,,Rein" ist hier also aufgefaßt als ,,frei yotr etwas sein". Dieselbe Bedeutung ist auch in rituellem Kontext anzuteffen; ,,r€iu" im sinne von von schmutz.. ,,frei mtlssen z.B. einer Instruktion5 zufolge die Tempelbediensteten sein, die das op- ferbrot backen: ' ' 0HDP fasc.2 (1995) t6g-174. CIID P fasc. 2 (1995) 163-166; Ileitenberg,u-Stämme, 745. § '. Starhe, Stammbildung, 7E mit Anm. 192. ' Starke,l.c. ' [[-tllit uDercctzung: tif mctni. lllr Dupl.;.deutsche üb*seuung: Kühne, Herhitischc Texte, 201-2O4; engtische Anicicnt Ncar Eastcrn Tcxt, 207-2I0; lctzte Beaücitung: §tci, bir dirck_ Go*e, ,:i.r E-- GsRNorWII,HELrrl ,,Femer sollen die, welche die (Opfq-)Brote zubereiten, rein scin. Gebadet und rasiert sollen sie sein, ihr (Körper-?)Haar und ihre Nägol sollon abgeschnitten sein. Reine Kleidcr sollen sie anhabcn. [In unreinern Zustand(?)] sollen sic (die Brole) nicht zubcreiten. (Nur) diq wclche dem sinn und dem Leib der Göncr [wohlgefältig] sind, sollen diese @rote) zuberciten! Die Backstuben, in denen sie sie zubereitcn, sollen gefcgt und besprengt sein. Ferner sollen weder schwein noch Huod zur Tilr des Raumes kommeq wo die Brote gebrochm werdent.. Reinheit ist also zuallemächst Abwesenheit von uDreinheit, und die negative Be_ stimmtheit von Reinheit wird dzuttich in den zahllosen Reinigungsriüer\ deren Technik stets damuf abzielt, unreines von dem zu Reinigenden abanlösen. Dies kanr durcl den elementaren Reinigungsritus des waschens mit wasser gesche_ hen, oder auch durch äußerst komplizierte Manipulationil, z,B. mittels wollfäden.6 Das Bild der alltäglich-Eivialen Tätigkeit des waschens mit wasser, mit dem sichtbarer und konlreter schmutz von Körpern und Kleidem entfernt wird, bestirnmt die vorsüellung von der Entfemung unsichtbarer, aber anscheinend ebenso konkret gedachter Miasmen. solche Miasmen können durch Meineid, Bluttat, Zauberei, Götterzom oder (Kranlüeits-)Därnonen bewirkt werden, Das, was durch Reinigungsriten abgelöst wird, is also etwas, was zwar vielgestaltig in der verursachung, aber doch einheitlich in der Behandhmg ist, insofem als es in jedem Falle um Ablösung geht. wenn man in unserer Begrifflichkeit oft von ,unreinheit, oder ,,unreinheiten* spricht, so korrespondiert dem im Denken der Hethiter kein Abstrakhurq selbst wenn einige wörter, die in diesern Zusammenhang erscheinen, grammatikalisch .- als Abshakta bezeichnet werden wie z.B. arpnaatar,,zauberei* oder papratar ,,Befleckung". Die Bildlicbkei! in der das unreine gedacht wird, greift vielmehr immer wieder auf den Archetyp des subsanäaften, konkreten schmutzes zurück: Es wird ,,abgewischf, odo ,,ausgekämmf, ,,abgeleckt'. oder ,,abgefegf..7 Maa könnte also in Anlehnung an einen aktuellen Terminus von ,,schadstoffen* sprechen.8 6 s. ffaas, Magie, 234b.255a; Textbeispiele: oaen/sotr&k, Ritu8l frr das Königspaar, 17-39; Jakob-Rosr, Ritual der Malli, 2+33 (mit Komm. s. ao r.); co"r"r, yr' g-r.; -D-rzgol, A§lella rituali, 12; deutsche übersetzung: Kümmel, nitoal in hethitischer ,q6r Kümmel, Ersaurinrale, I 12 f. (mit Komm . S.iZq; nit t49, l Zusammenfassend r,rr.- ,' Haas,Maere.249. |lo.E E "f", jl. l/aas, Magic, passim, venrcndet den Begrifl*schadensstoff. (odcr auch,lnreinheitsstotr). 198 hr froÄs-, E_ R-en tHEn UND HuILlcKErr Auf dem soeben dargelegten Hintergrund erklärt sich die Vorschrift des hettritischen GeseEbuches: Bei der Durchftihnrng eines Reinigungsrituals fallen ,,schadstoffe" an, nämlich die substanzen, mit denen das Miasma abgelöst und auf die es übertragen wurde. Diese schadstoffe behalten ihre schädigende wirkung auch nach vollzogener Reinigung sie milssen daher fachgerecht eirtsorgt werden. Das Gesetzbuch schreibt verbrennung vor, doch dürfen sie auch aufeinem eigens dafilr vorgesehe,nen Abfallplatz deponier[ in den Fluß geworfen oder ins ödtand, ins Gebirge oder ins Feindesland geschafft werden, wobei man sich in leEterem Fall gern eines Tieres bedient - eines schafbocl