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Korruptionsbekämpfung Durch Transparente Organisationen Die Unbeabsichtigten Nebenfolgen Eines Populären Konzepts

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Fran Osrecki Korruptionsbekämpfung Organisationen durch transparente Die unbeabsichtigten Nebenfolgen eines populären Konzepts1 Draft paper; do not cite without the permission of the author. Zusammenfassung Korruption und Korruptionsbekämpfung sind zwar gut erforschte Themen in den Sozialwissenschaften, allerdings gibt es wenige Studien, die sich mit den unbeabsichtigten Folgen erfolgreicher Korruptionsbekämpfung in Organisationen auseinandersetzen. Im vorliegenden Beitrag werden hierfür zunächst gegenwärtige Diskussionen um Korruptionsbekämpfung in Organisationen dargestellt. Daran anschließend wird das Konzept der „brauchbaren Illegalität“ vorgestellt um zu erläutern, dass Organisationen auf permanente Umgehungen ihrer formalen Ordnung angewiesen sind, um Anpassungsfähigkeit an eine turbulente Umwelt sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund wird argumentiert, dass gegenwärtige transparenzbasierte Anti-Korruptionsmaßnahmen Gefahr laufen, ein rigides und ineffektives Regelbefolgungssystem in Organisationen zu installieren. Um dies zu illustrieren, wird eine empirische Studie zu transparenzbasierter Korruptionsbekämpfung in der öffentlichen Verwaltung präsentiert und welche Nebenfolgen dies für die betroffenen Organisationen nach sich zog. Der Beitrag schließt mit einigen theoretischen Überlegungen zum Verhältnis von „brauchbarer Illegalität“ und organisationaler Korruption. Einleitung Verglichen mit der langen und intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema Korruption, spielt das Thema Korruptionsbekämpfung eine eher marginale Rolle in den gegenwärtigen Sozialwissenschaften. Vor allem in Bezug auf organisationale Aspekte herrscht gewissermaßen eine Wissenslücke darüber, wie Antikorruptionsprogramme die Strukturen formaler Organisationen verändern. Gerade in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren gab es zwar auch in den Sozialwissenschaften zum Teil heftige Auseinandersetzungen über Sinn und Unsinn von Antikorruptionsprogrammen, doch drehte sich hierbei die Diskussion vor allem um das, was in der Politikwissenschaft als weltweite Ausbreitung eines „Transparenzregimes“ bezeichnet wird. Diese Debatte basierte vor allem auf einer Kritik am „Prinzipal-Agenten-Modell“ von Korruption, entsprechender anreizbasierter Modelle der Korruptionsbekämpfung sowie auf Versuchen, die Popularität dieser speziellen Rahmung von Antikorruption institutionell und ideologiekritisch zu erklären. Daher war der Diskurs um Korruptionsbekämpfung dominiert von ökonomischen und juristischen Debatten einerseits und einer größtenteils politikwissenschaftlichen Kritik andererseits. 1 Beim vorliegenden Beitrag handelt es sich um eine überarbeitete, aktualisierte und übersetzte Version von Osrecki (2015). 1 In diesem Beitrag wird erstens dargestellt, dass all diese Ansätze, obwohl sie zweifelsohne zum Verständnis von Korruptionsbekämpfung beitragen, selten auf organisationale Nebenfolgen solcher Reformmaßnahmen eingehen. Zweitens soll demonstriert werden, dass das Konzept der „brauchbaren Illegalität“ die Möglichkeit bietet, die Diskurse um Antikorruption und Erkenntnisse der Organisationsforschung stärker als bislang auf einander zu beziehen. Dabei ist das zentrale Argument, dass Organisationen permanent auf Verhaltensweisen zurückgreifen, die zwar in illegitimer Weise von formalen Organisationsstrukturen abweichen, aber gerade dadurch ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit steigern. Drittens soll anhand eines empirischen Beispiels dargestellt werden, wie transparenzbasierte Antikorruptionsmaßnahmen, d.h. Maßnahmen zur Steigerung der externen Durchsichtigkeit organisationaler Abläufe‚ brauchbare Illegalität erschwerten und dadurch zu Inflexibilität und, paradoxerweise, Intransparenz organisationalen Verhaltens führten. Der Beitrag schließt mit einigen theoretischen Überlegungen zum Verhältnis von brauchbarer Illegalität und organisationaler Korruption sowie einigen praktischen Vorschlägen für die Praxis der organisationalen Korruptionsbekämpfung. Korruptionsbekämpfung in Organisationen: eine Bestandsaufnahme Gegenwärtige Diskussionen um Korruptionsbekämpfung werden von drei Disziplinen dominiert: Ökonomie, Recht und Politikwissenschaft. Die führende Rolle spielt dabei die Ökonomie, konkreter die so genannte „neue Institutionenökonomie“ und der „PrinzipalAgenten“ Ansatz, der im weitesten Sinne damit im Zusammenhang steht. Ohne hier auf konzeptionelle Details und den aktuellen Forschungsstand dieser Herangehensweise eingehen zu können, kann der Prinzipal-Agenten-Ansatz zusammengefasst werden als Modell zur Erklärung des Verhältnisses zwischen zwei Parteien, wobei eine Partei, der Prinzipal (p), aus welchen Gründen auch immer eine andere Partei, den Agenten (a), damit beauftragt, in ihrem Sinne zu agieren. Der Ansatz bietet sodann Wege, dieses Verhältnis zu modellieren und zwar unter Bedingungen imperfekter Information (p weiß nicht, ob a genau das tut, wofür er oder sie beauftragt wurde) und inkongruenter Interessen zwischen p und a, d.h. dass beide Parteien als in der Regel aus Eigeninteresse handelnd verstanden werden (Laffont u. Martimort, 2002). Einer der ersten Versuche, mit diesem Modell Korruption zu erklären und zu definieren findet sich bei Becker und Stigler (1974), die Korruption als Tauschbeziehung verstehen, in der ein beauftragter Agent seinen Prinzipal zum Zwecke des persönlichen Vorteils hintergeht (dazu auch Banfield, 1975: 587-588; Rose-Ackerman, 1978: 7; Shleifer u. Vishny, 1993). In solchen und ähnlichen Modellen wird korruptes Verhalten in Begriffen des Anreizes verstanden und erklärt: Agenten (z.B. Beamte) werden ihre Prinzipale (die Bürger) hintergehen, wann immer sie können und wann immer das Fehlen effektiver institutioneller Mechanismen ein genaues Beobachten des Verhaltens von Agenten verhindert. Dies ist auch der Hintergrund von Robert Klitgaards (1988) relativ weit verbreiteter Formel zur Erklärung korrupten Verhaltens: Korruption = Monopol + Ermessensspielraum – Rechenschaftspflicht. Daraus folgt, dass Antikorruptionsprogramme auf einem organisationalen Design aufbauen sollten, das Transparenz (d.h. externe Einsehbarkeit), Rechenschaftspflicht und formale Regeltreue betont. Letztlich ist das Ziel von Korruptionsbekämpfung aus dieser Sicht die Anpassung von Agentenverhalten an die tatsächlichen Interessen des Prinzipals. Den Rechtswissenschaften kommt in diesem Ansatz die Aufgabe zu, zu konkretisieren, unter welchen Umständen ein 2 vorliegendes Verhalten als Betrug am Prinzipal zu werten ist und welche rechtlichen Konsequenzen ein solches Verhalten nach sich ziehen soll. In den letzten zwei Jahrzehnten erwies sich diese Fassung der Korruptionsproblematik als überaus erfolgreich, was sich nicht zuletzt daran ablesen lässt, dass internationale Organisationen wie die OECD, die Weltbank, die UNO, der Europarat, Transparency International und viele andere mehr ihre Definitionen und Lösungsvorschläge des Problems Korruption in Begriffen der Prinzipal-Agenten-Modelle kleiden (Jacobi, 2014; Nichols, 1999; Pieth, Low u. Cullen, 2007; Salbu, 2000; Webb, 2005). Diese Entwicklung führte vor allem in der Politikwissenschaft zu einer intensiven Diskussion darüber, ob und wie die Übernahme solcher Modelle durch internationale Organisationen zu einer weltweiten Ausbreitung der Norm der Antikorruption oder des „Transparenzregimes“ geführt hat und inwiefern nationale Policies in dieser Hinsicht konvergieren (Krasner, 1986; McCoy u. Heckel, 2001; Rioseco, 2013; Wolf u. Schmidt-Pfister, 2010). Die Quintessenz dieser Debatte ist, dass die globale Verbreitung der Transparenz- und Antikorruptionsnorm eine unbeabsichtigte Nebenfolge von wirtschaftlicher Liberalisierung, Welthandel und Demokratisierung war und unterschiedliche Akteure dazu bewegte, das bis in die späten 1980er Jahre verwaiste Thema der Korruption verstärkt im politischen Diskurs zu verankern (z.B. Moroff, 2010) — sei es zum Zwecke der Vereinfachung globalen Handelns durch international angeglichene Korruptionsgesetzgebung, sei es zur Aufrechterhaltung institutioneller Legitimität transnationaler Organisationen oder aufgrund des Wunsches diverser NGOs (vorrangig Transparency International), eine Nachfrage nach Antikorruptionsexpertise zu schaffen (z.B. Gephart, 2009: 10ff.; Krastev, 2004). Korruption werde also aktiv von einer entstehenden „Antikorruptionsindustrie“ (Sampson, 2010a) als soziales Problem konstruiert. Der zweite Kritikstrang ist sozialkritischer Art und dekonstruiert die gegenwärtige Welle der Antikorruption als neoliberales Unterfangen, durch das öffentliche Verwaltungen künstlich „verschlankt“ und ihre vermeintlich korruptionsanfälligen Monopolstellungen durch Märkte oder Quasi-Märkte ersetzt werden sollen (Hindess, 2005; Ivanov, 2007). In eine ähnliche Kerbe schlagen poststrukturalistische Ansätze, die den Antikorruptionsdiskurs und seine Proponenten beschuldigen, gewisse Formen der Korruption (wie Bestechung) zu pathologisieren, während sie gleichzeitig Lobbyismus und die Schattenpolitik von Think Tanks als normale Bestandteile des politischen Prozesses nicht als Korruption im engen Sinne fassen und dadurch rechtfertigen (Bratsis, 2003). Aus dieser Sicht male die Antikorruptionsindustrie ein heuchlerisches und naives Bild einer potenziell korruptionsfreien Politik, während die politische Realität in kapitalistischen Gesellschaften strukturell von Privatinteressen durchdrungen sei. Die dritte skeptische Position ist weder akteursbasiert noch dekonstruktionistisch, sondern methodologisch und richtet sich vor allem gegen die so genannten „Korruptionsperzeptionsindizes“, die Staaten anhand des dort wahrgenommenen Ausmaßes von Korruption vergleichen. Kern dieser Kritik ist, dass Korruptionsperzeptionsindizes (wie z.B. der Corruption Perceptions Index, oder CPI, von Transparency International) aus methodologischen Gründen in der einen oder anderen Art das tatsächliche Ausmaß von Korruption verfälschen würden (Galtung, 2006; Jansen, 2005; Johnston, 2001; Sampson, 2010b). Die Kritik an der Ausbreitung der Antikorruptionsnorm und des dahinter liegenden PrinzipalAgenten-Modells hat viele weitere Aspekte, auf die hier nicht im Detail eingegangen werden 3 kann (siehe z.B. Wedel, 2012). Bemerkenswert ist allerdings, dass sich die Kritik an besagtem Ansatz äußerst selten auf unbeabsichtigte Nebenfolgen bezieht, die durch erfolgreich durchgeführte, transparenzbasierte Antikorruptionsmaßnahmen auf der Ebene formaler Organisationen herbeigeführt werden. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass Antikorruptionsmaßnahmen, wenn sie denn überhaupt auf organisationale Aspekte bezogen sind, vor allem dafür kritisiert werden, nicht konsequent genug durchgeführt worden zu sein (z.B. Batory, 2012; Lawson, 2009; Maegher, 2005; Wolf, 2010). Dass aber gerade konsequent durchgeführte Transparenzmaßnahmen zur Korruptionsbekämpfung dysfunktionale Nebenfolgen für die davon betroffenen Organisationen haben können, ist selbst in den Studien kein Thema, die sich auf organisationale Formen von Korruption beziehen (z.B. Ashforth u. Anand, 2003; Ashforth, Gioia, Robinson u. Trevino, 2008; Pinto, Lena u. Pil, 2008). Antikorruptionsmaßnahmen können tatsächlich sehr viele Formen annehmen, die sich nicht direkt auf organisationale Strukturen beziehen: die Verschärfung rechtlicher Standards, die unabhängige Überprüfung öffentlicher Auftragsvergabeverfahren, mediale „Bewusstseinsbildungsmaßnahmen“ oder die Abschaffung staatlicher Monopole (siehe RoseAckerman u. Truex, 2012). Wo sich aber Korruptionsbekämpfung direkt auf die Reform organisationaler Strukturen bezieht, sieht sie in der Regel zwei Maßnahmenbündel vor. Erstens, die Schaffung unabhängiger Kontrollorgane in Form von Antikorruptionsbehörden, die idealerweise mit einem rechtlichen Mandat zur regelmäßigen Überwachung der internen Prozeduren von Bürokratien ausgestattet werden sowie die Schaffung eines rechtlicher Rahmens zur Bestrafung von entsprechenden Vergehen (Rose-Ackerman u. Truex, 2012: 14ff.). Das zweite Maßnahmenbündel wird in der entsprechenden Fachliteratur als „program redesign“ (Rose-Ackerman, 1999) bezeichnet und meint die Reduktion von Anreizen zu korruptem Verhalten, also nicht die Aufdeckung und Bestrafung bereits vollzogener korrupter Transaktionen, sondern die Vermeidung von Korruption noch bevor sie sich entfalten konnte. Im Sinne von Klitgaards (1988) bereits erwähnter Formel, bezieht sich „program redesign“ direkt auf formale Organisationsstrukturen öffentlicher Institutionen und schlägt, neben der Abschaffung öffentlicher Monopole, vor allem die Reduktion von Ermessenspielräumen und die möglichst genaue Regulierung von Entscheidungsprozessen in der öffentlichen Verwaltung2 vor. Kerngedanke dieses Ansatzes ist es also, organisationales Entscheiden durch Überwachungsmechanismen transparent zu machen und, in Folge, öffentliche Verwaltungen zu strenger Regeltreue („Compliance“) zu verpflichten. Um dies zu erreichen, müssen Verwaltungsabläufe so eindeutig und so detailliert wie möglich formuliert werden. Dies zum einen, weil im Sinne des Prinzipal-Agenten-Ansatzes Entscheidungsspielräume unter dem Generalverdacht stehen, zum privaten Vorteil der Agenten ausgenutzt zu werden und zum anderen, weil Antikorruptionsbehörden absolut klare Richtlinien brauchen, um aktiv werden zu können. Diese Form der Regulierungstechnik in öffentlichen Verwaltungen findet weit über die Korruptionsbekämpfung hinaus ihre Anwendung. So wird bisweilen argumentiert, dass 2 Eine alternative, aber weitaus seltener rezipierte Strategie ist Korruptionsbekämpfung mittels so genannter „Integritätssysteme“. Hier wird vorgeschlagen, Korruption nicht nur mittels externer Überwachung und Regeleinhaltung zu bekämpfen, sondern diese Mechanismen mit wertebasierter und ethischer Selbstkontrolle in öffentlichen Verwaltungen zu kombinieren (siehe z.B. Menzel, 2005; Huberts, Anechiarico, Six u. Van der Veer, 2008; Paine, 1994). 4 derartige Formen der „Governance“ v.a. Ausdruck eines schwindenden Vertrauens in professionelle Entscheidungsspielräume sind und dass dieses Vertrauen immer stärker substituiert wird durch ein generalisiertes Vertrauen in externe Kontrolle, Standardisierung und formalisierte Audits (Hood, James, Peters u. Scott, 2005; Hood u. Heald, 2006; Philp, 2009; Pollitt, Girre, Lonsdale, Mul, Summa u. Waerness, 1999; Power, 1997; Rose u. Miller, 1992). Trotz dieser reichhaltigen theoretischen Grundlagen sind empirische Studien über die unbeabsichtigten organisationalen Nebenfolgen gelingender transparenzbasierter Korruptionsbekämpfung äußerst selten. Bevor ein empirischer Fall für diese Konstellation vorgestellt wird, soll im folgenden Abschnitt ein theoretischer Rahmen präsentiert werden, der den Schluss nahelegt, dass gerade gelingende Korruptionsbekämpfung im oben erörterten Sinne die Gefahr birgt, nicht nur korruptes, sondern auch „brauchbar illegales“ Verhalten zu unterbinden — mit paralysierenden Effekten für die betroffenen Organisationen. Transparenz, Regeleinhaltung, Effizienz Einer der interessantesten Aspekte des Nexus aus Transparenz und Regeleinhaltung ist, dass hierbei unterstellt wird, dass diese Art der Korruptionsbekämpfung die Effizienz oder die Legitimität des Verhaltens von Agenten erhöht. So wird zum einen argumentiert, dass Informationsfreigabe und die externe Einsicht in Verwaltungsabläufe sowohl das Vertrauen in als auch die Legitimität von öffentlichen Institutionen steigern (für eine Übersicht über solche Theorien siehe Albu u. Flyverbom, 2013: 9ff.). Hood (2007: 196) nennt dies eine „populistischpartikularistische“ Vision von Transparenz, bei der Bürgern weitreichende Informationsrechte bei der Beobachtung öffentlicher Institutionen zugestanden werden, öffentlichen Institutionen aber in der Beobachtung von Bürgern enge Grenzen gesetzt sind. Die Bürger vertrauen aus dieser Sicht eher Institutionen, bei denen sie wissen „was vor sich geht“. Zum anderen, und eng gekoppelt an das Prinzipal-Agenten-Modell von Korruption, gibt es eine „bürokratische“ oder „Bentham’sche“ Vision von Transparenz (Hood, 2007: 196f.). Hier wird davon ausgegangen, dass sich Agenten eher im Sinne ihres Prinzipals verhalten, wenn man sie permanent beobachtet oder ihnen gegenüber den Anschein permanenter Beobachtung aufrechterhält. Ob nun durch streng formalisierte Arbeitsabläufe, standardisierte Audits, verdeckte Ermittlungen oder Zielvereinbarungsverträge: Die Idee ist, dass die externe Beobachtbarkeit organisationalen Entscheidens Agenten dazu zwingt, die Interessen ihres Prinzipals zu verfolgen und da es das vorrangige Interesse des Prinzipals ist, dass seine Interessen möglichst effizient verfolgt werden, erhöhe die Transparenz organisationalen Entscheidens dessen Effizienz. Transparenz, Regelbefolgung und Effizienz sind aus dieser Sicht also wechselseitig steigerbar (Bennis, Goleman u. O’Toole, 2008; Wehmeier u. Raaz, 2012). Aus dieser Annahme folgen zumindest zwei Konsequenzen, die im vorliegenden Rahmen von Interesse sind. Erstens, eine generelle Skepsis gegenüber Ermessensspielräumen und informalem Verhalten in Organisationen. Da sich beide per Definition schwer beobachten und regulieren lassen, erlaubten sie die Verfolgung von Privatinteressen der Agenten. Was sich an organisationalem Verhalten nicht extern und nach klar festgelegten Kriterien beobachten und bewerten lässt, sei stets anfällig für Korruption. Zweitens, und als Folge dieses Verdachts, neigt der von Prinzipal-Agenten-Modellen beeinflusste Antikorruptionsdiskurs dazu, die Kosten strenger Regelbefolgung und der Einschränkung von Informalität und Ermessensspielräumen zu unterschätzen oder sogar ganz auszublenden. Über kurz oder lang würden Agenten die ihnen 5 zugestandenen Ermessenspielräume und Infomalitäten stets zu ihrem privaten Vorteil ausnutzen. Kleine, zunächst gar nicht korrupte Abweichungen von formalen organisationalen Regeln summieren sich zu immer größeren: „corruption feeds on itself“ (z.B. Elster, 1989: 268ff.). Darum seien die erwartbaren Kosten von Regeleinhaltung und Transparenz (z.B. Verlangsamung von Entscheidungsabläufen, Schaffung von eigenen Compliance-Abteilungen, zusätzliche bürokratische Instanzen etc.) vernachlässigbar im Vergleich zu den langfristigen Kosten, die durch fehlende Überwachung entstehen (Rose-Ackerman u. Truex, 2012: 22f.). Obwohl also der Prinzipal-Agenten-Ansatz im Prinzip ein ökonomisches Anreizmodell ist, das Kosten und Nutzen von Regeltreue abzuwägen erlaubt, wird er im Rahmen des AntiKorruptionsdiskurses zu einem quasi-juristischen Prinzip, das es gar nicht mehr vorsieht danach zu fragen, ob transparenzbasierte Korruptionsbekämpfung nicht manchmal auch höhere Kosten verursachen kann, als unbeobachtetes, informales und formal unreguliertes organisationales Verhalten (Philp, 2009: 51). Dass nun Ermessensspielräume und Informalitäten nicht nur unliebsame Regulierungslücken bilden, sondern zur Effizienz organisationalen Entscheidens beitragen, ist eine theoretisch und empirisch gut belegte Erkenntnis der modernen und klassischen Organisationssoziologie. Ein sehr praktisches Anschauungsbeispiel dafür ist, dass exakt regeltreues Verhalten durch seine formale Umständlichkeit organisationales Entscheiden extrem verlangsamt. Genau deswegen wird regeltreues Verhalten bisweilen als Drohung oder gar als Sabotagetechnik verwendet. Der Alltagsbegriff dafür ist „Dienst nach Vorschrift“ — man arbeitet exakt nach den Regeln, weil man weiß, dass dies die Organisation paralysiert (Collinson u. Ackroyd, 2005; Kühl, 2011: 117). Diese Alltagsplausibilität ist aber auch durch theoretische und empirische Befunde gut abgesichert. So kritisieren weite Teile der Organisationssoziologie rationale bürokratische Organisationsmodelle und argumentieren, dass klare Hierarchien und Zuständigkeiten, klar definierte Prozesse und Ziele und eine durchrationalisierte gesatzte Ordnung lediglich die formale Seite von Organisationen abbilden und durch eine informale Ordnung ergänzt werden, die regelmäßig und in signifikanter Weise von rationalisierten Strukturen abweicht. Für diese Einsicht stehen Ansätze wie die von einer „janus-gesichtigen“ Organisation (Gouldner, 1954), des „organisationalen Paradoxes“ (Selznick, 1948) oder des „organisationalen Dilemmas“ (Blau, 1955) des Kombinieren von formalen und informalen Organisationsstrukturen. Diese Erkenntnisse beziehen sich dabei sowohl auf den industriellen (z.B. Burawoy, 1979; Dalton, 1959; Roethlisberger u. Dickson, 1939), als auch den administrativen Sektor (Blau, 1968; Blau u. Scott, 1962). All diese Ansätze gehen davon aus, dass sich Organisationen trotz präziser Planung nicht von informalen sozialen Beziehungen „reinigen“ lassen und de facto von ihnen abhängen — sie schützen, wie noch zu zeigen ist, Organisationen vor ihrer eigenen Starrheit. Brauchbare Illegalität: Zur Wiederentdeckung eines Konzepts Faktisches Verhalten in Organisationen kann nicht allein durch die formale Ordnung abgebildet werden — informales Verhalten ist ein wichtiger Bestandteil einer jeden Organisation und nicht nur störende Imperfektion der Formalisierung. In einer radikalen Wendung wurde nun argumentiert, dass nicht nur Informalitäten und Ermessensspielräume, also die „Grauzone“ organisationalen Verhaltens aus Organisationen nicht wegzudenken sind, sondern auch klare Verstöße gegen die formale Ordnung. Diese steigern die Anpassungsfähigkeit von Organisationen und können insofern effizient sein. Die erste Ausformulierung dieses Gedankens findet sich bei Bensman und Gerver (1963) und ein Überblick über neuere Studien, die mit 6 ähnlichen Konzepten arbeiten, findet sich z.B. bei Vaughan (1999) oder Greve, Palmer und Pozner (2010). Eine über empirische Evidenzen weit hinausgehende theoretische Aufarbeitung dieses Phänomens schlug Niklas Luhmann in seinem Frühwerk „Funktionen und Folgen formaler Organisation“ (Luhmann, 1964) vor. Wie viele Soziologen dieser Zeit interessierte sich Luhmann für das Konzept der latenten Funktionen, d.h. dafür, dass unintendierte und nicht verbalisierte Folgen von Handlungen zur Umweltanpassung und Stabilisierung sozialer Einheiten beitragen können (siehe dazu auch Merton, 1957: 60ff.). Ein klassisches Beispiel, das bereits zu Beginn des 20 Jahrhunderts von Emile Durkheim und George H. Mead vorgebracht wurde, ist, dass Regelverstöße die positive Funktion haben, eine ansonsten fragmentierte Gemeinschaft in der Verurteilung des abweichenden Aktes moralisch zu einigen und dadurch die normative Basis der Gruppe zu festigen. Luhmann radikalisiert diese Position indem er argumentiert, dass nicht nur die Aufdeckung und gemeinsame Ablehnung eines devianten Aktes positive Funktionen für ein soziales System haben kann, sondern der deviante Akt als solcher. Bezogen auf organisationales Verhalten nennt Luhmann von formalen Regelungen abweichendes, aber für das soziale System produktives Verhalten „brauchbare Illegalität“ (Luhmann, 1964: 304ff.)3. Kerngedanke dabei ist, dass formale Organisationen auf eine Vielzahl von Handlungen angewiesen sind, die sich schwer in formale Regeln transformieren lassen. Rein formale Organisationsabläufe müssen nämlich voll explizierbar, wechselseitig konsistent, rechtlich einwandfrei und zeitlich in hohem Maße stabil gehalten werden. Dies lässt sich mit tatsächlichem organisationalen Verhalten nur in dem Maße zur Deckung bringen, als eine äußerst stabile Umwelt vorausgesetzt werden kann. Wenn nun aber Organisationen mit einer unberechenbaren Umwelt konfrontiert sind, würde solch ein strikt regeltreues Verhalten deren Anpassungsfähigkeit an diverse, inkonsistente und oft wechselnde Ansprüche von Klienten, Kunden oder Konkurrenten in signifikanter Weise reduzieren. Kurzum: Luhmanns Argument ist, dass organisationales Verhalten, das von formalen oder legitimen Vorgaben abweicht, für Organisationen funktional sein kann, wobei sich „Funktionalität“ auf die Anpassungsfähigkeit der Organisation an eine sich permanent und unkontrollierbar verändernde Umwelt bezieht. Dieser Ansatz geht also, und anders als ältere Versionen dieser Theoriefigur, erstens nicht davon aus, dass lediglich die Aufdeckung und gemeinsame Verurteilung von Abweichungen soziale Gruppen stabilisieren, sondern, dass Abweichungen selbst soziale Systeme flexibilisieren. Zweitens ist diese Einsicht, und anders als in vielen moderneren Versionen der Organisationssoziologie (siehe Vaughan, 1999), nicht auf bestimmte Organisationstypen gemünzt. Nicht nur besonders rigide oder hierarchische Organisationen müssen durch brauchbare Illegalität flexibilisiert werden. Stattdessen wird in Luhmanns Perspektive jede Organisation, die auf Konsistenz der formalen Ordnung setzt, früher oder später in Anpassungsdruck an eine unberechenbare Umwelt geraten. Auf dies können Organisationen mit 3 Da Luhmann in diesem Kontext nicht an Regelbrüche im streng juristischen Sinne (d.h. kriminelle Akte), sondern an Verstöße gegen die gesatzte formale Ordnung in Organisationen denkt, ist der Begriff „brauchbare Illegalität“ wohl etwas zu eng gefasst und in dieser Formulierung sogar irreführend. Korrekter wäre es, allgemeiner von „brauchbarer Illegitimität“ oder, im Anschluss an die englischsprachige Fassung, von „funktionaler Devianz“ zu sprechen (für diesen Hinweis danke ich André Kieserling). Für deutschsprachige Auseinandersetzungen mit diesem Konzept siehe Baecker (2004: 88ff.) oder Ortmann (2002: 252ff.). 7 einer Veränderung ihrer formalen Organisationsstruktur reagieren, doch vollzieht sich eine formale Anpassung mitunter so langsam, dass der Auslöser für die Veränderung gar nicht mehr aktuell ist — formale Transformationen passen Organisationen an die Umwelt von gestern an. Demgegenüber ermöglicht brauchbare Illegalität eine latente, d.h. nichtintentionale und unausgesprochene Anpassung an die Umwelt durch stillschweigende Umgehungen der formalen Ordnung, wenn die sich im Lichte neuer Umweltanforderungen als zu rigide erweist. In diesem Sinne hat brauchbare Illegalität nicht notwendiger Weise eine intentionale Struktur, die von Mitarbeitern ersonnen wird, um die Organisation vor ihrer eigenen Rigidität zu bewahren. In diesem Konzept wird also nicht davon ausgegangen, dass Organisationsmitglieder ein aktives oder altruistisches Interesse an der Anpassungsfähigkeit ihrer Organisation haben (wie z.B. bei Courpasson, Dany u. Clegg, 2012). Vielmehr vollziehen sich brauchbar illegale Handlungen in der Regel als stillschweigend tolerierte und eingespielte Routinen, die in erster Linie für Organisationsmitglieder selbst von Nutzen sind und auch, obwohl notwendiger Weise uneingestanden, für die Organisation im Allgemeinen. Brauchbare Illegalität ist somit ein im wahrsten Sinne des Wortes gewöhnlicher Bestandteil organisationalen Verhaltens. Sie zeigt sich in so alltäglichen Phänomenen wie dem „kurzen Dienstweg“, der es erlaubt, Routinefälle schnell zu erledigen, indem von offiziellen Kommunikationswegen abgewichen wird — dies gleichwohl unter Schonung der offiziellen Ordnung mitsamt der Notwendigkeit, im Nachhinein den Schein einer formal korrekten Abwicklung aufrechtzuerhalten (Luhmann, 1964: 190ff., 272ff.). Ein anderes Beispiel ist die geschönte Darstellung der Organisation durch ihre Sprecher (Luhmann, 1964: 108ff.). So kann die eigentliche Funktion eines Pressesprechers nur dann erfüllt werden, wenn gegen die offizielle verstoßen wird: formal dafür bestimmt, mit der Umwelt zu „kommunizieren“, ist dessen eigentliche Funktion die Abschirmung der Organisation gegen Attacken auf ihre Selbstdarstellung. Diese Funktion ist absolut vital für jede Organisation, gleichzeitig jedoch abweichend, da es nicht möglich ist, sie in ihrer Funktion zu formalisieren, d.h. den Pressesprecher offiziell zum Lügen zu verpflichten. Ein letztes Beispiel unter vielen anderen, die sich bei Luhmann finden lassen, ist die so genannte „Grenzrolle“ (Luhmann, 1964: 220ff.). Grenzrollen werden von Personen bekleidet, die innerhalb der Organisationshierarchie einen relativ niedrigen Status haben, aber sehr gut informiert sind über Ansprüche der Umwelt, z.B. über Kundenwünsche oder das Angebot der Konkurrenz. Die Arbeitserfahrung solcher Personen (z.B. Verkäufer) ermöglicht es Organisationen, aufkommende Umweltveränderungen viel schneller zur Kenntnis zu nehmen als über offizielle Kommunikationskanäle, z.B. über offizielle Berichte der dafür formal eigentlich verantwortlichen Marktanalysten. Sich auf Grenzrollen zu verlassen macht Organisationen sensibler für sich rasch ändernde Umweltanforderungen, weicht aber von den formal korrekten Zuständigkeiten und Kommunikationskanälen ab und schränkt damit ihre Gültigkeit bis zu einem Gewissen Grad infrage. Brauchbare Illegalitäten sind aus der Luhmann’schen Perspektive also win-win Situationen: Organisationsmitglieder setzen sich, durchaus auch aus Eigeninteresse, über formale Regeln hinweg und die Organisationsspitze lässt sie stillschweigend gewähren — sei es nun, weil dies Entscheidungsprozesse beschleunigt, das konfliktanfällige Insistieren auf formalen Regelungen zu vermeiden ermöglicht oder die Organisationsspitze davor bewahrt, durch strenge Regelauslegung ihre eigene Bewegungsfreiheit einzuschränken. Aus dieser Perspektive ist transparenzbasierte Korruptionsbekämpfung, d.h. mit dem Mittel der extern überwachten Regeleinhaltung die Interessen des Prinzipals mit den Handlungen des 8 Agenten in Einklang bringen zu wollen, deshalb problematisch, weil dadurch nicht nur deviantes (sprich: korruptes), sondern auch brauchbar illegales Verhalten demotiviert werden kann. Anders ausgedrückt ist das Problem von Antikorruptionsprogrammen, die Prinzipal-AgentenModelle auf organisationales Verhalten anwenden, dass sie dabei nicht zwischen Korruption und brauchbarer Illegalität unterscheiden und jedwedes informale und intransparente Verhalten als potentiell korruptionsanfällig rahmen. Organisationen durch das Transparentmachen ihrer Strukturen und Entscheidungen zu Regelkonformität zu zwingen hat aus dieser Sicht weitreichende unbeabsichtigte Nebenfolgen, die auch aus anderen Perspektiven der Organisationssoziologie gut erforscht sind. So wird bspw. argumentiert, dass das Transparentmachen organisationaler Entscheidungen durch standardisierte Audits dazu führt, dass davon betroffene Organisationen lediglich die von den Auditoren fokussierten Variablen optimieren und Buchhaltungspraktiken einführen, die trotz (oder wegen) ihres Aufwandes die Effizienz organisationalen Entscheidens nicht nachweisbar steigern (Strathern, 2000; Tsoukas, 1997). Solche Transparenztechniken sind also keine neutralen Werkzeuge zur Steigerung der Sichtbarkeit vorgängiger organisationaler Abläufe, sondern haben eine performative Rolle—sie verändern Organisationen, indem sie sie beobachten (Albu u. Flyverbom, 2013; Garsten u. Lindh de Montoya, 2008). Vor allem die britische critical accounting-Bewegung (Power, 1997; Power, 2003) sowie Studien zu neuen Steuerungstechniken in der öffentlichen Verwaltung (Hood, 2007; Hood, 2010; Hood u. Heald, 2006; O’Neill, 2002; O’Neill, 2006) haben nachgewiesen, dass standardisierte Audits, Risikomanagement, Leistungsindikatoren und outputorientierte Verwaltungstechniken zu elaborieren Umgehungsstrategien führen. Klassische Beispiele sind in diesem Kontext das Verschieben heikler Entscheidungen in die schwer beobachtbaren Teile der Organisation, selektive Buchführung, die Manipulation von Leistungskennzahlen und Ähnliches (für einen Überblick siehe Hood, 2007: 202ff.). Das Konzept der brauchbaren Illegalität steht in einem engen Naheverhältnis zu diesen neuen Ansätzen in der Soziologie öffentlicher Verwaltungen. Es fokussiert aber auf Konstellationen, in denen abweichendes Verhalten nicht vornehmlich den abweichenden Individuen nützt, sondern latent auch zur Flexibilisierung und Anpassungsfähigkeit von Organisationen beiträgt — insbesondere unter Bedingungen rigider formaler Strukturen, wie sie von transparenzbasierter Regulierung kreiert werden. Brauchbare Illegalität kann zudem, vice versa, als theoretisches Modell zur Erklärung von Konstellationen herangezogen werden, in denen externe Einsichtigkeit tatsächlich zu individueller Regelkonformität führt, dies aber dysfunktionale Effekte auf Organisationsebene zeitigt. Im folgenden Abschnitt soll nun ein Fall erläutert werden, in welchem, auf den ersten Blick erfolgreiche, transparenzbasierte Korruptionsbekämpfung den Rückgriff auf brauchbar illegales Verhalten erschwerte und welche Folgen sich daraus ergaben. Über die Einschränkung brauchbarer Illegalität Definiert man brauchbare Illegalität als von formalen (oder legitimen) Vorgaben abweichendes Verhalten, das die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität von sozialen Systemen stärkt, können zumindest drei Arten von Nebenfolgen unterschieden werden, die zu erwarten sind, wenn solch ein Verhalten durch Transparenzmaßnahmen erschwert wird. Folgt man Hirschman (1991) und 9 Hood (2007: 202ff.) können unbeabsichtigte Nebenfolgen von Transparenz- und Regeleinhaltungsmaßnahmen als zwecklos, gefährdend oder pervers eingestuft werden. Als zwecklos erweisen sich Transparentmaßnahmen wenn sie rein zeremonieller Natur sind und lediglich unter Selbstdarstellungsaspekten („window-dressing“) implementiert werden. Beispiele wären weisungsgebundene, also nicht frei agierende Compliance-Abteilungen oder Antikorruptionsbehörden (siehe oben), zahnlose Gesetze zur Informationsfreigabe in der öffentlichen Verwaltung usw. Gefährdend sind Transparenzmaßnahmen dann, wenn sie Organisationsstrukturen tatsächlich für externe Beobachter einsehbar machen, dies aber auf Kosten anderer organisationaler Ziele geht. Ein Beispiel ist die oft beschriebene Verlangsamung organisationaler Entscheidungsprozesse durch den Zwang, sich in Beobachtungssituationen strikt an formale Vorgaben zu halten, da informales Verhalten von externen Beobachtern oft als rein eigennützig und daher illegitim betrachtet wird (Pollitt et al., 1999). Ein anderes Beispiel sind durch externe Beobachter verursachte Zweck-Mittel Verschiebungen. Obwohl Transparenzmaßnahmen den Zweck haben, Organisationen effizienter zu machen, hat der organisationale Aufwand, der ihre Implementation mit sich führt, oft selbstzweckhafte Züge bzw. dient anderen Zwecken als der Effizienzsteigerung — v.a. der Legitimationsbeschaffung (Power, 2003). Ein letztes Beispiel für eine Konstellation, in der Transparenz andere wichtige organisationale Ziele in den Hintergrund drängt, ist die Delegitimierung kontext- und fallspezifischen Urteilens. Anstatt sich in kreativer Weise mit komplexen, riskanten und schwer standardisierbaren Fällen auseinanderzusetzen, beginnen extern beobachtete Organisationen eine Kultur des „Ankreuzens von Kästchen“ („box-ticking mentality“) zu übernehmen (O’Neill, 2002; O’Neill, 2006). Die Folgen sind schwache Führungen und eine generelle Angst über Fälle zu entscheiden, die nicht durch formalisierte Protokolle gedeckt sind. Transparenz führe also zu bürokratischer Rigidität. Schließlich können Nebenfolgen von Transparenzmaßnahmen pervers sein, also die genau gegenteiligen Effekte haben, als es eigentlich intendiert war, d.h. zu mehr Intransparenz führen. Solche Effekte sind auch im Bereich der Korruptionsbekämpfung zu erwarten, insofern sie transparenzbasiert ist. Nun sind empirische Studien über die Nebenfolgen erfolgreicher Korruptionsbekämpfung, wie eingangs erwähnt, äußerst selten und dies nicht zuletzt, weil es sich hierbei um ein politisch äußerst brisantes Thema handelt. Wenn man sich zudem für unbeabsichtigte Nebenfolgen von Reformmaßnahmen interessiert, geben betroffene Organisationen ungern direkte Auskunft, da sie (verständlicher Weise) befürchten, dass unbeabsichtigte Folgen als Versagen oder Reformunwille ausgelegt werden. Eine der wenigen Studien über Nebenfolgen erfolgreicher Korruptionsbekämpfung in Organisationen findet sich bei Anechiarico und Jacobs (1996), die in einer mehrjährigen qualitativen Studie die Effekte einer sehr strikten Antikorruptionsstrategie in New York City untersucht haben. Die Autoren beschreiben dabei eine transparenzbasierte Korruptionsbekämpfungspolicy, die sehr radikal und auf den ersten Blick sehr erfolgreich war, weil sie nicht auf sichtbare Kontrollen und standardisierte Audits setzte, sondern auf verdeckte Ermittlungen. Die zentrale Rolle spielte dabei das „Department of Investigations“ (DOI), eine öffentliche Antikorruptionsbehörde, die ursprünglich als städtischer Rechnungshof angedacht war, also die Aufgabe hatte, die finanzielle Gebarung und die organisationalen Strukturen in der städtischen Verwaltung von New York zu überwachen und zu optimieren. Von seiner Gründung in den frühen 1930er Jahren bis in die 1970er Jahre erfüllte das DOI, je nach politischem Klima, diese Kontrollaufgabe mal mehr, mal weniger effizient und streng. 10 Ab den 1970er Jahren, und teils als Antwort auf den Watergate-Skandal, wurde das rechtliche Mandat des DOI aber stetig ausgeweitet und mit weitreichenden exekutiven Vollmachten ausgestattet. Es wurde in eine quasi-Vollzugsbehörde umgewandelt, die nicht länger Buchhalter und Verwaltungsexperten beschäftigte, sondern ihre Mitarbeiter vor allem aus auf organisierte Kriminalität spezialisierten Polizeieinheiten rekrutierte. Von nun bestand die Hauptaufgabe nicht mehr in der Rechnungsprüfung und im Ausarbeiten von Vorschlägen für Verwaltungsreformen, sondern in verdeckten Operationen, im Anwerben von Informanten und in gezielten Abhörmaßnahmen zum Zwecke der Korruptionsbekämpfung in der lokalen Verwaltung der Stadt. Begleitet wurde dieser Umbau vom so genannten „Inspectors-General“ (IG) System (Anechiarico u. Jacobs, 1996: 84ff.). Ursprünglich waren die IGs lokale Verwaltungsbeamte, die die Aufgabe hatten, interne Ermittlungen im Falle von Korruptionsvorwürfen einzuleiten und das DOI über den Verlauf der Ermittlungen zu informieren. Allerdings waren die IGs nicht unabhängig, sondern ihren jeweiligen Abteilungsleitern gegenüber weisungsgebunden. Dies führe dazu, dass die IGs intern kaum je ernsthafte Ermittlungen in Korruptionsfällen durchführten – ein klassischer Fall von „window dressing“. Daher wurde in den späten 1970er Jahren beschlossen, dass die IGs nur noch dem DOI unterstellt werden sollten. Wie angedacht, konnten die IGs von nun an als interne Spione agieren: sie bekamen uneingeschränkten Zugang zu allen Dokumenten ihrer jeweiligen Behörde, sie durften in eigenem Ermessen verdeckte Ermittlungen gegen Kollegen einleiten und es wurde ihnen erlaubt, proaktive Maßnahmen zur Prüfung der Integrität des Mitarbeiterstabes durchzuführen. All dies war möglich, ohne die Leitung der jeweiligen Behörde zu informieren —die IGs durften völlig autonom agieren. Diese organisationalen Maßnahmen wurden von einem breiten rechtlichen Maßnahmenpaket begleitet. Im Falle von bestätigten Korruptionsvorwürfen drohten harte Gefängnisstrafen und Pensionseinbußen (Anechiarico u. Jacobs, 1996: 62), „Whistleblower“‘ wurden rechtlich geschützt und, um Interessenkonflikte bspw. Vergabeverfahren so transparent wie möglich zu machen, mussten öffentlich Bedienstete in umfassender Weise private Einkünfte, persönlichen und familiären Besitz sowie Beteiligungen an Wirtschaftsunternehmen offenlegen. Diese Maßnahmen führten den Autoren zufolge, wie geplant, zu einer „panoptischen“ Organisationsstruktur (Foucault, 1995), in der Beamte permanent das Gefühl haben sollten, beobachtet zu werden, um die Regeltreue ihres Verhalten sicherzustellen. Das IG System machte die Beobachtung gleichzeitig allumfassend und unsichtbar und der rechtliche Rahmen sorgte für ein sehr reales Bedrohungsszenario im Falle von eingeleiteten Korruptionsverfahren. In Folge begannen die städtischen Beamten streng nach den formalen Regeln ihrer jeweiligen Behörden zu spielen, schlicht deswegen, weil man jederzeit unter Beobachtung stehen und jede Form von Informalität als Anbahnung eines korrupten Tausches gewertet werden konnte. Das DOI erwies sich somit als überaus effektive Antikorruptionsbehörde, dies jedoch nur in dem Sinne, dass sich Individuen strenger an formale Regeln hielten. Anechiarico und Jacobs argumentieren aber, dass dies nicht zu messbar weniger Korruption führte. Wohl aber ergaben sich aus dieser strengen Antikorruptionspolicy etliche unbeabsichtigte Nebenfolgen, die die Effizienz der städtischen Verwaltung minderten. Zum einen verlangsamte die strikte Regeleinhaltung Entscheidungsprozesse massiv. Dies vor allem deshalb, weil die oben erörterten „kurzen Dienstwege“ nicht mehr beschritten wurden. Sogar banale Routineangelegenheiten erforderten mehrere formale Genehmigungen und formale Prüfprozesse, um jede Möglichkeit von privater Vorteilnahme, Nepotismus oder Betrug 11 im Keime zu ersticken (Anechiarico u. Jacobs, 1996: 175ff.). Weder eingeübte Intuition, noch Ermessenspielräume wurden geduldet. Diese Art der Regulierung erzeugte ein Klima der Angst und ängstlicher Absicherung, das jede Art von nichtstandardisierter Entscheidung demotivierte. Kurzum: der „Dienst nach Vorschrift“ verwandelte sich von einem Streikinstrument zum Organisationsalltag. Zweitens führte dieses System zu einem Phänomen, das die Autoren „inadequate authority“, also „unzureichende Führung“, nennen (Anechiarico u. Jacobs, 1996: 177). Dies bedeutet, dass die diversen Überwachungsorgane in New York von Behördenleitungen formale Genehmigungen auch für relativ alltägliche Entscheidungen verlangten, was zu einem Machtverlust der lokalen Leitungen und einer starken Zentralisierung des Verwaltungsapparates führte. Die Macht der IGs, kombiniert mit einem umfassenden Schutz interner Informanten, ließ auf lokaler Ebene konkurrierende Machtebenen entstehen, die es zunehmend unklar werden ließen, wer bei strategischen Entscheidungen eigentlich das letzte Wort hatte: das DOI, die IGs oder die Behördenleitungen. Dies unterminierte im Endeffekt die Autorität und Autonomie der Behördenleitungen zugunsten der zentralen Überwachungsorgane und führte zu einer sehr defensiven Verwaltungspraxis. Statt sich flexibel und kreativ mit unvorhergesehenen Fällen zu beschäftigen, wurden die zeitlichen Ressourcen des mittleren und oberen Verwaltungspersonals durch die zeremonielle Zurschaustellung der eigenen Regeltreue gebunden. Statt fallspezifisch zu entscheiden wurde es zur obersten Maxime, Entscheidungen so vorzubereiten, dass sie nicht als Abweichung von der formalen Struktur und als korrupt erscheinen konnten. In dieser Konstellation war es rational, widerwillig obsolete Regeln zu befolgen. Die Autoren beschreiben hier im Grunde das oben vorgestellte Szenario der Zweck-Mittel Verschiebung als Nebenfolge von Transparenzmaßnahmen: statt die lokale städtische Verwaltung zu rationalisieren, führte die Einschränkung von Ermessenspielräumen und die strenge Regeleinhaltungspflicht zu aufwendiger Überbürokratisierung: Der Beobachtungsprozess wurde zu einem Selbstzweck. Drittens führte die panoptische Organisationsstruktur zu „adverser Selektion“ im Mitarbeiterstab (Anechiarico u. Jacobs, 1996: 181ff.). Da in Prinzipal-Agenten-Modellen organisationalen Verhaltens korruptionsfreie Verwaltungen mit einem Minimum an Informalität und Ermessensspielräumen auskommen sollten, sind die dort tätigen Personen im Idealfall lediglich ausführende Kräfte des Willens des Prinzipals. Die Umsetzung dieses Prinzips in New York führte nun dazu, dass insbesondere die gut ausgebildeten Kräfte die öffentliche Verwaltung verließen, die ihnen immer weniger die Möglichkeit bot, außerhalb des vorgefertigten formalen Rahmens neue und kreative Lösungen zu finden und im eigentlichen Sinne als „Professionelle“ zu agieren. Gerade die gut ausgebildeten Beamten fühlten sich entweder als Zahnräder in einer rigiden Maschinerie und / oder wie potentiell Kriminelle behandelt. Immer mehr von ihnen verließen in Folge die öffentliche Verwaltung und fanden Jobs im semi-staatlichen Sektor (z.B. bei NGOs, Think Tanks usw.). Die städtische Verwaltung blieb somit auf Personal angewiesen, das nirgendwo sonst Arbeit finden konnte. All diese Fälle lassen sich im oben erörterten Sinne als gefährdende Nebenfolgen von Transparenzmaßnahmen einstufen. Nun gab es im New Yorker Fall aber auch perverse Effekte von Antikorruptionsmaßnahmen. So beschreiben die Autoren, dass Verwaltungsbeamte aus Furcht vor Abhörmaßnahmen auch dienstliche Gespräche vermehrt von Münztelefonen aus führten (Anechiarico u. Jacobs, 1996: 89ff.). Interessant dabei ist, dass dies nicht getan wurde, um korrupte oder sonstwie illegitime Transaktionen anzubahnen, sondern um Aufgaben so schnell wie möglich zu erledigen und um zu vermeiden, ins Visier des DOI zu geraten. Entscheidungen mussten also, um überhaupt in effizienter Weise getroffen werden zu können, 12 ins Unsichtbare und Intransparente verschoben werden, um nicht unwissentlich formale Vorgaben zu brechen und um den „kurzen Dienstweg“ beschreiten zu können. Mit anderen Worten: Transparenzmaßnahmen beförderten Intransparenz. Brauchbare Illegalität und organisationale Korruption Zusammenfassend lässt sich für den New Yorker Fall sagen, dass die beschriebenen Antikorruptionsmaßnahmen die erwartbaren gefährdenden und perversen Nebenfolgen von Transparenztechnologien verursachten. Dies deshalb, weil die Kosten für abweichendes Verhalten so hoch waren, dass es sogar in den Fällen vermieden wurde, in denen es sich positiv auf die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der betroffenen Organisationen ausgewirkt hätte. Illegalität wurde vermieden, auch wenn sie brauchbar gewesen wäre. Das Konzept der brauchbaren Illegalität zeigt somit die Grenzen transparenzbasierter Korruptionsbekämpfung und generell von Organisationsmodellen auf, die formales und tatsächliches Verhalten in Organisationen zur Deckung bringen wollen. Allerdings führt gerade der empirische Fall vor Augen, dass von solchen Maßnahmen betroffene Organisationen nicht einfach zu funktionieren aufhören, wenn informales Verhalten erschwert wird. Denn solange Organisationen nicht nur an ihrer Transparenz arbeiten, sondern auch Entscheidungen treffen müssen, ist ihr Personal darauf angewiesen, Auswege aus der transparenzinduzierten Rigidität zu finden. Das Münztelefonbeispiel von Anechiarico und Jacobs lässt vermuten, dass unter Bedingungen eines generellen Vertrauensverlustes in Ermessensspielräume, dieses Vertrauen in kleinen, geschlossenen Gruppen Gleichgesinnter gesucht wird, die sich gegenseitig im Falle der Umgehung formaler Bestimmungen decken (dazu auch Dalton, 1959; Tichy, 1973). Dies wird umso dringlicher, je strenger die formalen Bestimmungen eingehalten werden müssen. Somit ist eine Hypothese, dass von strengen Transparenzmaßnahmen betroffene Organisationen gleichzeitig sehr transparent und sehr intransparent werden, zumindest solange von ihnen erwartet wird, dass sie neben Transparenz auch die Effizienz ihrer Entscheidungsprozesse sicherstellen sollen. In diesem Sinne sind perverse Nebenfolgen von Transparenz, in dem Fall die intransparente Entscheidungsfindung, nicht unbedingt als rein negativ zu bewerten. Im Endeffekt reflexibilsieren sie Organisationen, die durch den Zwang zur strikten Regeleinhaltung rigide geworden sind. Perverse Nebenfolgen im Sinne von Hood (2007) können somit als Gegenmittel zu gefährdenden Nebenfolgen von organisationaler Transparenz verstanden werden. Reflexibilisierung durch Intransparenz ist jedoch eine riskante Angelegenheit. Wenn Transparenztechnologien Organisationsmitglieder in geschlossene, zunächst brauchbar illegal handelnde Cliquen drängen, wächst auch das Potential für ganz gewöhnliche Korruption, d.h. für Illegalität zu rein persönlichem Vorteil. Im Münztelefonbeispiel umschifften die Mitarbeiter formale Vorgaben, um ihre Arbeit effizient zu erledigen und um Überwachung und Beschuldigungen seitens des DOI zu vermeiden. Aber formale Vorgaben können offenkundig auch aus psychologischen Gründen wie Frustration umgangen werden und dies ohne in irgendeiner Weise latent zur Flexibilisierung der Organisation beizutragen. So machen immer mehr empirische und experimentelle Studien darauf aufmerksam, dass wenn Kontrollmechanismen durch obsessive Überwachung Individuen zu Regelbrüchen zwingen, diese Individuen mit der Zeit eine deviante Identität annehmen; sie sehen sich selbst und handeln vermehrt als Abweichler und handeln dementsprechend (Greve et al., 2010: 81) 13 Es kann also erwartet werden, dass Überwachungsorgane, wie die IGs im Fall von New York, brauchbare Illegalität in Korruption verwandeln können, also in ein abweichendes Verhalten, von dem lediglich die Abweichenden selbst, nicht aber die sie beheimatenden Organisationen profitieren. Dies ist umso wahrscheinlicher, je übergriffiger die entsprechenden Überwachungsmaßnahmen sind. Eine solche Übergriffigkeit ist wiederum dann wahrscheinlich, wenn Rechenschaftspflichten und Transparenz in einem „egalitären“ Sinne verstanden werden (Hood, 2010: 998ff.), wenn also die Überwachung nicht von einem sichtbaren Zentrum ausgeht, sondern sich, wie im Falle von New York, in einer panoptischen Struktur über die gesamte Organisation verteilt und jeder Kollege und jede Kollegin ein interner Informant sein könnte. Einen nicht unerheblichen Beitrag zu einer solche Überwachungsstruktur leistet dabei der Einsatz so genannter governance, risk, and compliance Software (GRC) (siehe Bamberger, 2010). Die hier gewählte theoretische Perspektive und der dargestellte empirische Fall legen nahe, viel stärker als bislang zwischen brauchbarer Illegalität und verwandten Phänomenen wie der organisationalen Korruption zu unterscheiden. Mit organisationaler Korruption sind Konstellationen gemeint, in denen Organisationsmitglieder nicht zu ihrem eigenen Vorteil, sondern zum Vorteil ihrer Organisation korrupt handeln — oft unter stillschweigender Billigung, Beteiligung und Anweisung von Vorgesetzten (Pinto et al., 2008). Mit diesem Konzept ist es zwar möglich, zwischen korrupt handelnden Organisationen und aus Eigeninteresse handelnden korrupten Individuen zu unterscheiden, nicht aber zu klären, wie sich das Verhältnis von brauchbarer Illegalität und organisationaler Korruption gestaltet. Hier wird lediglich suggeriert, dass organisationale Korruption eine Form von informalem Verhalten ist, das zunächst zum Vorteil anderer Mitarbeiter bzw. der Organisation im Ganzen ausgeübt wird4, aber mit der Zeit „schief“ läuft, also ausufert (Pinto et al., 2008: 690). In Anlehnung an Greve et al. (2010: 80ff.) kann argumentiert werden, dass die Grenze zwischen brauchbarer Illegalität und „organisationaler Korruption“ tatsächlich keine substantielle ist. Vielmehr legt der oben beschriebene Fall nahe, dass diese Grenze aktiv von Transparenz- und Regeleinhaltungstechnologien konstruiert wird, indem diese Organisationsmitglieder paradoxer Weise fast schon dazu zwingen, brauchbare Illegalität ins völlig Unsichtbare, Versteckte und Intransparente zu verlagern — in Bereiche, in denen den Organisationen die Kontrolle über Mitgliederverhalten völlig entgleitet. Daran anschließend lässt sich die Hypothese aufstellen, dass strenge Transparenzmaßnahmen zwar individuelle Regelbrüche erschweren (wie im Falle der eingeschüchterten Beamten in New York), wenn aber Regelbrüche zum Vorteil der Organisation begangen wurden, strengere organisationale Kontrollen zu noch mehr und zu noch weitreichenderen Regelbrüchen führen (Greve et al., 2010: 92). Mit anderen Worten: individuelle Regeleinhaltung summiert sich nicht zu regelkonformen Organisationen — ganz im Gegenteil. Schließlich sei angemerkt, dass das Konzept der brauchbaren Illegalität auch auf komplexe Fälle angewandt werden kann, die in der Literatur über organisationale Korruption in der Regel nicht beachtet werden. So ist es bspw. möglich, dass deviantes Verhalten zwar die Anpassungsfähigkeit einer organisationalen Subeinheit stärkt, dies aber auf Kosten der Anpassungsfähigkeit der Organisation im Ganzen geht. Klandestine Praktiken, die Entscheidungen auf der Abteilungsebene beschleunigen, müssen nicht zwangsweise im 4 Die Autoren sprechen hier von ‚organizational citizenship behavior‘, was ein anderer Begriff für brauchbare Illegalität ist. 14 Interesse der gesamten Organisation sein und dieses Problem wiederholt sich auf der Ebene von Gruppen in Abteilungen. Noch komplizierter sind Fälle von brauchbarer Illegalität durch Korruption. Diese Konstellation stellt sich ein, wenn eine Organisation ihre Ziele nur deswegen erreichen kann, wenn ihre Mitglieder zum privaten Vorteil illegitim handeln. Das klassische Beispiel ist die so genannte „petty corruption“, also Fälle, in denen z.B. Beamte ihre Pflichten nur deshalb erfüllen, weil das Amt ihnen die Möglichkeit bietet, sich privat zu bereichern. Soweit ich sehen kann, werden solch komplexe Fälle in der gegenwärtigen Diskussion um organisationale Korruption nicht zur Kenntnis genommen, da davon ausgegangen wird, dass korrupte Akte entweder zum privaten Vorteil oder zum Vorteil ganzer Organisation angebahnt werden. Mit dem Konzept der brauchbaren Illegalität ist es demgegenüber möglich, Fälle in den Blick zu nehmen, die sich zwischen diesen beiden Polen bewegen. Zusammenfassung und Ausblick Brauchbare Illegalität ermöglicht eine organisationssoziologische Perspektive auf Antikorruptionsprogramme, ist aber gleichzeitig noch kein vollständig ausgereiftes Konzept. Aufbauend auf kritischen Studien über moderne Verwaltungsreformen, fokussiert das Konzept auf Konstellationen, in denen strikte Transparenzregime nicht nur umgangen und manipuliert werden, sondern wo solche Praktiken zudem die transparenzinduzierte Rigidität formaler Ordnungen flexibilisieren und dadurch latent zur Anpassungsfähigkeit von Organisationen beitragen. Transparenz, standardisierte Formen der Rechenschaftspflicht und Auditprozesse kreieren offenkundig Anreize, diese Regulierungstechnologien zu umgehen. Das Konzept der brauchbaren Illegalität geht hier einen Schritt weiter, indem es beschreibt, wie solch informales Verhalten (in vorliegenden Fall: die perversen Nebenfolgen organisationaler Transparenz) sich zum Vorteil der betroffenen Organisation summieren kann. Die konzeptionelle Innovationskraft dieses Ansatzes liegt also in der Beschreibung systemischer und emergenter Effekte abweichenden Verhaltens in Organisationen, statt sich allein auf individuelle Umgehungstrategien und deren motivationale Basis zu konzentrieren. Weitere Arbeiten in diesem Bereich könnten analysieren, unter welchen Bedingungen informales, verstecktes und intransparentes Verhalten sich zu organisationaler Anpassungsfähigkeit summiert und in welchen Fällen es rein interessensmaximierendes Verhalten von Individuen und Gruppen bleibt. Die hier vorgestellten Beispiele bezogen sich v.a. auf Nebenfolgen von Transparenzmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung und künftige Studien könnten den Fokus auch auf z.B. den Finanzsektor, den Gesundheitsbereich oder auf die industrielle Produktion ausweiten, wobei es gerade im letzteren Bereich einige weitreichende empirische Untersuchungen zum vorliegenden Themenkomplex gibt (z.B. Bernstein, 2012). Obwohl der vorliegende Text kein Modell für erfolgreiche Korruptionsbekämpfung anbieten kann, so hat er doch einen wichtigen praktischen Aspekt, indem er darauf aufmerksam macht, dass strenge Transparenz und Regeleinhaltung unangenehme unbeabsichtigte Nebenfolgen haben können. Für die Praxis der Korruptionsbekämpfung bedeutet dies, stärker als bislang die Grenzen operativer Kontrolle in Organisationen anzuerkennen. Konkret bedeutet das, Organisationsstrukturen zu fördern, die informalem Verhalten gegenüber nicht prinzipiell skeptisch gegenüberstehen, aber diese nach Möglichkeiten so einsetzen und fördern, dass sie nicht zu rein persönlichem Vorteil ausgenutzt werden. Dies ist zweifelsohne eine schwierige 15 Aufgabe, denn aus all dem bereits Gesagten folgt, dass sich brauchbare Illegalität nicht planen und schon gar nicht verordnen lässt. Eine Reihe von Autoren schlägt seit Jahren Antikorruptionsmaßnahmen vor, die nicht auf Transparenz und Regeleinhaltung, sondern auf alternative Konzepte wie „stewardship“, „Unternehmensethik“ oder „Integrität“ setzen (z.B. Paine, 1994; Segal, 2012). Allerdings sollten auch solche Vorschläge, zumindest aus der hier gewählten Perspektive, mit einer kritischen Distanz betrachtet werden. Wenn der künftige Antikorruptionsdiskus organisationale Flexibilität, Informalität und die Wichtigkeit von Ermessensspielräumen wiederentdecken soll, so lässt sich bezweifeln, dass dies mit Konzepten zu bewerkstelligen ist, die wiederum nach strenger Regeleinhaltung rufen, bloß mit dem Unterschied, dass diese nicht durch externe Kontrolle, sondern durch internalisierte ethische Codes herbeigeführt werden soll. Sowohl der Transparenzdiskurs, als auch der Integritätsdiskurs präferieren Modelle, in denen Organisationen möglichst nach den Regeln spielen sollen — ohne nach den Nebenwirkungen von Regeleinhaltung zu fragen. Der vorliegende Beitrag soll den Antikorruptionsdiskurs darauf aufmerksam machen, dass Korruptionsbekämpfung als Reinigung der Organisation von ihrer Informalität de facto bedeutet, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Im besten Fall können so konzipierte Organisationen die dadurch entstehende Rigidität mittels brauchbarer Illegalität umschiffen, im schlimmsten Fall ziehen sich Organisationsmitglieder in geschlossene, völlig unkontrolliert handelnde Cliquen zurück, die bisweilen auch direkt gegen die sie beherbergende Organisation vorgehen können. Der Antikorruptionsdiskurs sollte also Grenzen der Regeleinhaltung anerkennen. Dies ist kein fatalistisches Argument, denn Korruption ist ein zu komplexes Problem, um es ohne die nötige organisationale Feinabstimmung bekämpfen zu können, zu der gerade die moderne Organisationssoziologie beitragen kann. Literatur Albu, O. B., Flyverbom, M. (2013). Categories and dimensions of organizational transparency. Zugriff am 20.11.2014 unter http://campus.hec.fr/global-transparency/wpcontent/uploads/2013/10/Albu_Flyverbom_Forms-and-Categories-of-Transparency.pdf. Anechiarico, F., Jacobs, J. (1996). The pursuit of absolute integrity: How corruption control makes government ineffective. Chicago, IL: The University of Chicago Press. Ashforth, B. E., Anand, V. (2003). The normalization of corruption in organizations. Research in Organizational Behavior, 25, 1-52. Ashforth, B. E., Gioia, D. A., Robinson, S.L., Trevino, L. K. (2008).‘Re-viewing organizational corruption. Academy of Management Review, 33 (3), 670-684. Baecker, D. (2004). Wozu Soziologie? Berlin: Kadmos. 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