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„volksbildung“ Und „leserlenkung“ In Deutschland Vom Kaiserreich Bis Zum Nationalsozialismus, In: Internationales Archiv Für Sozialgeschichte Der Deutschen Literatur 14, 1989, S. 108-125.

„Volksbildung“ und „Leserlenkung“ in Deutschland vom Kaiserreich bis zum Nationalsozialismus, in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 14, 1989, S. 108-125.

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  IASL online Online Archiv Dieter Langewiesche »Volksbildung« und »Leserlenkung« inDeutschland von der wilhelminischen Ärabis zur nationalsozialistischen Diktatur  Abstract "Volksbildung" und "Leserlenkung" waren bis 1914 ein Teil des Weltanschauungskampfeszwischen Sozialdemokratie, Katholizismus und Liberalismus. In der Weimarer Republikschwächten sich diese Gegensätze ab. Erst die nationalsozialistische Diktatur beseitigte siegewaltsam. 1933 war also für die Volksbildung eine tiefe Zäsur. Fortgesetzt wurden jedoch dieVersuche, die Leser zum "besseren" Buch zu lenken, und fortgesetzt hat sich auch die Fähigkeitder Leser, sich diesen Versuchen zumindest teilweise zu entziehen. Mit dem Begriff »Volksbildung« verbanden sich im 19. und frühen 20.Jahrhundert weitreichende Hoffnungen; Die »soziale Frage« sollte entschärftund langfristig gelöst, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftgesichert werden, das gesamte Volk wollte man »veredeln«, die staatlicheReichsgründung um die kulturelle ergänzen und die innere Nationsbildung durchdie Kultivierung der Massen vollenden. Nicht alle, die sich in der Volksbildungengagierten, teilten diese überspannten Hoffnungen, doch sie kennzeichnen dieZukunftssicherheit einer Gesellschaft, die nichts für unerreichbar hielt. DieLiberalen standen an der Spitze derer, die sich mit dem »Fortschritt« im Bundewähnten. Mit der 1871 gegründeten »Gesellschaft für Verbreitung vonVolksbildung« versuchten sie, sich ein Instrument zu schaffen, das sie ihremIdeal einer kulturell homogenen Nation näher bringen sollte. »Die Gebildeten«,so verkündeten sie, bringen den »Geist, die Besitzenden das Kapital und dasVolk den Bildungsdrang in die Vereinigung ein.« 1 Das mag im Rückblick skurrilklingen. Es charakterisiert jedoch den emphatischen Glauben an die Kraft der Bildung – ein kultureller Leitwert der »Moderne«, als deren politischeRepräsentanten sich die Liberalen nicht zu Unrecht sahen. 2 Dieser Bildungsglaube reichte jedoch weit über das bürgerlich-liberale protestantischeMilieu hinaus. Auch dessen schärfste Gegner teilten diesen Glauben an diegesellschaftsgestaltende Kraft der Bildung: Die deutsche Sozialdemokratie unddie sozialistisch orientierten Freien Gewerkschaften haben sich von Beginn an  stets als eine Kulturbewegung verstanden. Wilhelm Liebknechts berühmtesDiktum »Wissen ist Macht - Macht ist Wissen« brachte das kulturpolitischeGlaubensbekenntnis der Sozialdemokratie auf eine einprägsame Formel –Leitmotiv der seit den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis 1933ständig wachsenden sozialdemokratischen Arbeiterkulturbewegung. 3 Auch der Katholizismus bekannte sich zu den Bildungshoffnungen der Zeit, 4 ohne jedochden Bildungsbegriff mit säkularisierten Heilserwartungen zu füllen, wie esSozialdemokraten und protestantische Liberale taten.Mit dem Katholizismus, der Sozialdemokratie und dem protestantischenLiberalismus sind die drei großen »sozialmoralischen Milieus« genannt, diespätestens seit der Reichsgründungsära bis in die zwanziger Jahre des 20.Jahrhunderts hinein Politik und Gesellschaft in Deutschland in hohem Maßeprägten. Als »sozialmoralische Milieus«, eine Formulierung des Soziologen M.Rainer Lepsius, 5 werden gesellschaftliche Gruppierungen bezeichnet, die sichselber als Gesinnungsgemeinschaften verstanden und in ihren Werten, ihrenOrganisationen und ihren gesellschaftlichen Beziehungen deutlich voneinander abgrenzten, z.T. mit moralisch überhöhten Grenzlinien, die in Extremfällen biszur Ekelschranke gesteigert sein konnten. Es waren vorpolitischeGesinnungsgemeinschaften, aber von kaum zu überschätzender politischer Bedeutung. Das deutsche Parteiensystem ruhte von Beginn an auf diesenMilieus auf, bis es in der Weimarer Republik durch den Aufstieg der Nationalsozialisten gesprengt und 1933 zerschlagen wurde.Die Erklärungskraft der idealtypischen Konstruktion »sozialmoralisches Milieu«wird man nicht überfrachten dürfen. Es gab immer Verbindungslinien undÜberschneidungsbereiche, und in der wilhelminischen Ära nahmen sieunverkennbar zu. Die Milieugrenzen blieben aber stark genug, um dieEntwicklungstendenzen, die auf eine pluralistische Gesellschaft zuliefen,wirksam zu blockieren. Das läßt sich nicht zuletzt an denVolksbildungseinrichtungen erkennen, die seit den neunziger Jahren des 19.Jahrhunderts in so großer Zahl entstanden. Es gehört nämlich zu denBesonderheiten der deutschen (und auch der österreichischen) Volksbildung,daß sie zwar mit dem Anspruch auftrat, ein kulturell homogenes Volk schaffenund damit den Prozeß der Nationsbildung vollenden zu wollen. 6 Dochorganisatorisch zerfiel sie in konkurrierende Richtungen, die sich entlang der Grenzlinien der großen sozialmoralischen Milieus voneinander abgrenzten. DieVolksbildung in Deutschland war also ein getreues Abbild der fragmentiertendeutschen Gesellschaft mit ihren moralisch überhöhten Schranken zwischen denMilieus. Für die Volksbildung der wilhelminischen Ära und - abgeschwächt - der Weimarer Republik heißt das konkret: Ein kirchentreuer Katholik besuchte keineBildungseinrichtung, die bürgerlich protestantische oder sozialdemokratischeOrganisationen aufgebaut hatten oder deren Ideen verpflichtet war. Und einüberzeugter Sozialist blieb ebenso selbstverständlich katholischenBildungsangeboten fern und möglichst auch den bürgerlich-liberalen, selbstwenn sie mit dem Anspruch der Neutralität auftraten und von Kommunenunterstützt wurden. Erst in der Weimarer Republik begannen diese scharfenTrennlinien durchlässiger zu werden, ohne jedoch ihre Bedeutung zu verlieren.Die deutsche Gesellschaft des Kaiserreichs und auch noch der Weimarer Republik war also nicht pluralistisch offen in dem Sinne, daß überzeugteKatholiken, Sozialdemokraten und Kommunisten, Liberale oder Konservativegemeinsam Volksbildungseinrichtungen besuchen konnten, ohne sich demVerdacht mangelnder weltanschaulicher Glaubensfestigkeit auszusetzen. 7  Diese Einbindung der Volksbildung in die großen vorpolitischen Milieus und ihrepolitischen Kämpfe hat die deutsche Volksbildung hochgradig politisiert und mitideologischen Erwartungen überfrachtet. Aus Bildungsfragen wurden deshalbschnell Weltanschauungsprobleme. Das gilt auch für die Frage der Leserlenkung. Sollen Leser in ihrer Lektürenwahl gelenkt werden, mit welchenMitteln und in welche Richtungen – das waren in Deutschland keineMeinungsverschiedenheiten von Experten, die darüber einen fachlichbegrenzten Streit argumentativ austrugen. Sie wuchsen sich vielmehr zuWeltanschauungskämpfen aus, in denen die großen Milieus mit ihrenkonkurrierenden Weltbildern und politisch-gesellschaftlichen Ansprüchenzusammenprallten.Das ist ein Aspekt, der in den folgenden Betrachtungen zum Thema»Volksbildung und Leserlenkung« im Vordergrund steht. Es geht also nicht umeine Spezialstudie zur Volksbildung und zu den Möglichkeiten der Leserlenkung,sondern gefragt wird nach der Einbindung dieser Bereiche in die großengesellschaftspolitischen Kontroversen der damaligen Zeit. Ob und in welchemMaße diese Streitfragen von unterschiedlichen kulturellen Leitbildern geprägtwurden, läßt sich an der Volksbildung und an einem Spezialproblem wie der Leserlenkung ebenso studieren wie das Ausmaß und die Grenzen einer zweifellos zunehmenden gesellschaftlichen Pluralität, welche die Milieugrenzenauflockerte.Damit ist der zweite Aspekt angesprochen, der Volksbildung und Leserlenkungzu einem gesellschaftsgeschichtlich interessanten Thema macht: Es läßterkennen, welche Probleme mit dem säkularen Prozeß verbunden waren, denwir kulturelle Demokratisierung nennen können. Was damit gemeint ist, seivorweg mit ein paar Hinweisen umrissen.Im Kaiserreich und insbesondere in der wilhelminischen Ära vollzog sich – trotzaller obrigkeitsstaatlich-autoritären Elemente, die gewahrt blieben – einezunehmende Demokratisierung in allen Bereichen der Gesellschaft. 8 MitDemokratisierung sind zunächst einmal die erweiterten sozialen, politischen undauch kulturellen Teilhabechancen für alle Bevölkerungskreise angesprochen.Um diese zunehmenden Partizipationschancen mit einigen Stichwortenanzudeuten: Der Lebensstandard stieg generell, schichtgestuft zwar, aber dochfür alle – erkennbar etwa an der verbesserten Ernährung und vor allem an der steigenden Lebenserwartung, mit welcher der einzelne rechnen konnte. »Diegewonnenen Jahre«, 9 die in allen Sozialschichten das Leben verlängerten undveränderten, sind wohl der härteste Indikator für die Demokratisierung der Lebenschancen, die sich im ausgehenden 19. Jahrhundert beschleunigte. Auchpolitisch erweiterten sich die Partizipationsmöglichkeiten rascher als wohl jezuvor, sieht man einmal von revolutionären Ausnahmesituationen ab. Gewiß,das Wahlrecht etwa blieb in vielen Ländern, vor allem auch in Preußen, demgrößten und politisch dominierenden Einzelstaat, und ebenso in den Kommunenbeschränkt, aber die wachsende Zahl von Massenorganisationen signalisierteine gesellschaftliche Fundamentalpolitisierung, die es in diesem Ausmaß vor der wilhelminischen Ära nie gegeben hat.Die kulturellen Teilhabechancen erhöhten sich ebenfalls: Die Analphabetenquotewar nicht mehr nennenswert, Zeitungen und Zeitschriften wurden allenzugänglich – »Die Zeitung sitzt heute im Volke, wie die Laus im Pelz«, schriebWerner Sombart um die Jahrhundertwende 10 –, ins Theater ging nicht nur dasgebildete und besitzende Bürgertum, Volksbühnen und andere Angebote  popularisierten den Theaterbesuch, wenn auch in Grenzen; die Buchproduktionstieg, und die Bücher erreichten über die Volksbibliotheken Leserkreise, dieihnen zuvor verschlossen gewesen waren. Die kulturelle Institution gewerblicheLeihbücherei alter Art verlor in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwar ihrefrühere Position, 11 doch statt dessen entstanden in der wilhelminischen Äraeine Fülle von billigeren und leistungsfähigeren Büchereien, deren Leserschaftdas Publikum der gewerblichen Büchereien an Umfang weit übertraf und auchsozial viel breiter war. All dies summiert sich zu einem Demokratisierungsschub, der die Möglichkeiten,am politischen, sozialen und kulturellen Fortschritt teilzuhaben, schnell undtiefgreifend erweiterte. Diese Form der Demokratisierung von Zugangs- undTeilhabechancen mußte allerdings keineswegs zwangsläufig mit einer Demokratisierung der politischen Kultur gekoppelt sein. Denn die Erweiterungdes »politischen Massenmarktes« 12 verbreiterte die Einflußkanäle aller Organisationen – auch jener, die eine weitere Liberalisierung undDemokratisierung verhindern wollten. Ob die Demokratisierung der Mitwirkungsmöglichkeiten auch eine Demokratisierung der Leitbilder und desVerhaltens nach sich ziehen und die Politik dauerhaft bestimmen würde, war bis1933, als dieser Entwicklungsprozeß gewaltsam abgeschnitten wurde, nichteindeutig abzusehen.In diesen Gesamtrahmen muß der Untersuchungsbereich Volksbildung undLeserlenkung eingeordnet werden, um verstehen zu können, warum dieKonkurrenz auf dem kulturellen Massenmarkt mit dem verbissenen Eifer vonGlaubenskämpfern ausgetragen wurde und pluralistische Toleranz sich nur inTeilbereichen entfalten konnte.Lektüre und Lektürenvermittlung bilden nur einen begrenzten, wenngleichwichtigen Ausschnitt aus dem Gesamtbereich der Volksbildung. Eine ungefähreVorstellung von der damaligen Spannweite des Volksbildungskomplexesvermittelt eine Bestandsaufnahme, die das Reichsministerium des Innern 1927veröffentlichte. 13 Als die Hauptpfeiler der gesamten Erwachsenenbildung wieses die nicht-wissenschaftlichen Büchereien sowie die nach dem Ersten Weltkriegin großer Zahl entstandenen Volkshochschulen aus, und zwar jeweils in ihrer gesamten Breite von den neutralen bis zu den weltanschaulich gebundenenEinrichtungen. Daneben umfaßte der Bericht Volksbühnenvereine, Vereine für »Heimatbildung« und »staatsbürgerliche Bildung«, Jugendverbände,Gewerkschaften und sonstige Berufsverbände, die in der Regel ebenfalls einmehr oder weniger ausgebautes Bildungsangebot machten, vielfach auchBüchereien umfassend. Erwähnt wurden auch die in der Weimarer Republikexpandierenden Buchklubs; 14 auch auf diesem Markt rivalisierten milieueigeneKlubs untereinander und mit kommerziellen Konkurrenten. Außerdemberücksichtigte die Bestandsaufnahme noch Verbände wie den Dürerbund 15oder die »Deutsche Dichter-Gedächtnis-Stiftung«, 16 die Lektürenberatunganboten, gegen »Schund und Schmutz in Wort und Bild« antraten und zum Teilauch selber Büchereien unterhielten oder diese mit Buchgeschenken förderten.Der Rundfunk, der seit 1923 regelmäßig Sendungen ausstrahlte, wurde alsneues Medium der Volksbildung und der Konkurrenz für die etabliertenVolksbildungsbereiche zwar noch nicht erwähnt, doch er rückte rasch in denGesichtskreis der Erwachsenenbildungsexperten, die ihn in seinenbildungspolitischen Wirkungsmöglichkeiten positiv wie negativ völligüberschätzten. Erfaßt wurden von dem Bericht hingegen schon dieOrganisationen, die Lichtbild und Film in die Volksbildungsarbeit einbezogen. 17  In all diesen weitverzweigten Bereichen der Erwachsenenbildung – esbestanden 60 Reichsverbände, darunter große Dachorganisationen wie der »Zentralbildungsausschuß der katholischen Verbände Deutschlands«, der 29selbständige Verbände umfaßte, oder der »Reichsausschuß für sozialistischeBildungsarbeit«, der ebenfalls eine große Zahl von Einzelorganisationen loseverband – wurde versucht, die rasante Ausweitung und Differenzierung deskulturellen Massenmarktes nach bestimmten, im einzelnen sehr unterschiedlichen Leitbildern zu steuern. Die Leserlenkung fügte sich diesemkulturellen Erziehungsprogramm ein, mit dem die »neutralen« und dieweltanschaulich gebundenen Bildungsorganisationen den »Kampf um dieSeele« austrugen, wie die Volksbildner ihren kulturellen Steuerungsversuch oftnannten. Welche Leitbilder lassen sich nun in den Versuchen zur Leserlenkungfeststellen, welche Mittel wurden dabei angewendet, und was wurde erreicht?In der wilhelminischen Ära, vor allem nach der Jahrhundertwende, setzte in allenRichtungen der Volksbildung eine intensive Diskussion über die eigenen Zieleund über die möglichen Wege dahin ein, provoziert durch die skizzierte Ausweitung des politischen und des kulturellen Massenmarktes. Führend indieser Diskussion wurden zunächst die Bibliothekare der Volksbüchereien, derenSuche nach Leitbildern für ihre kulturelle Arbeit gekoppelt war mit einem(begrenzten) Professionalisierungsprozeß, der wiederum bedeutsam wurde für die Methoden der Leserlenkung. Nach der Jahrhundertwende, zugespitzt ab1910, trugen nämlich Volksbibliothekare einen erbitterten Richtungsstreit darüber aus, in welchem Ausmaß der einzelne Leser in seiner Lektürenwahl erzogenwerden sollte. Daß eine solche Erziehung des Lesers zum »besseren« Buchstattfinden sollte, stand nicht zur Debatte. Darin stimmten alle überein, ganzgleich welcher Richtung sie angehörten, Katholiken ebenso wieSozialdemokraten. Der Streit innerhalb der »freien« Bibliothekare, wie dieweltanschaulich ungebundenen genannt wurden, ging nur um das Ausmaß unddie Art der Leserlenkung, nicht hingegen darum, ob überhaupt gelenkt werdensollte. Das wurde von denen, die sich zu Bannerträgern des bildungspolitischenFortschritts ernannten, in scharfen Auseinandersetzungen verdunkelt. DieVerbitterung klingt noch in einem neueren Standardwerk zur Bibliotheksgeschichte nach. 18Knapp und verkürzt gesagt; Die eine Richtung betrachtete die Volksbibliothek alseine »Bildungsanstalt, die niemandem etwas aufzwingt, aber jedermann, der Bildung sucht, sie bietet.« 19 Aber – das wurde im Eifer des Streites oftübersehen – auch diese sogenannte »alte Richtung«, wie die Gegner sienannten, wollte »Bildung« bieten. Die Leser sollten jedoch bestimmen, was sieaus den Bildungsangeboten auswählten. Die andere Richtung, die sich selber als »neue Richtung« etikettierte, wollte hingegen nicht Bildung nach freier Wahl,sondern »gestaltende« oder »gerichtete« Bildung anbieten, wie es damals hieß.Gestaltende Bildung bedeutete: Die Lektürewahl sollte beeinflußt werden –natürlich zum »Besseren«, zum »Höherwertigen« hin. Was darunter zuverstehen sei, wurde nie verbindlich definiert. Dennoch setzte dieser Steuerungsversuch im Bereich der »freien« Volksbildung einen Prozeß in Gang,der auch weltanschaulich gebundene Richtungen stark beeinflußte. Weil manden Lesergeschmack erziehen wollte, mußte man ihn zunächst einmal ermitteln,um zu wissen, wo Erziehungsversuche ansetzen konnten. DasLesererziehungsprogramm der sogenannten »neuen Richtung« erzwang alsogenaue Bestandsaufnahmen der Buchauswahl in Büchereien, und über solche Analysen bildeten sich fachliche Standards heraus, die auch von denweltanschaulichen Kontrahenten übernommen wurden. Zu diesen Standards