Preview only show first 10 pages with watermark. For full document please download

Das Tagebuch König Karls I. Von Rumänien. In Krista Zach, Cornelius R. Zach (ed.), Deutsche Und Rumänen In Der Erinnerungsliteratur. Memorialistik Aus Dem 19. Uns 20. Jahrhundert Als Geschichtsquelle, München, Ikgs Verlag, 2005, P. 97-104

   EMBED


Share

Transcript

Deutsche und Rumänen in der Erinnerungsliteratur Memorialistik als Geschichtsquelle Herausgegeben von Krista Zach und Cornelius R. Zach Deutsche und Rumänen in der Erinnerungsliteratur Memorialistik aus dem 19. und 20. Iahrhundert als Geschichtsquelle Herausgegeben von Kri sta Zach in Verbindung mi t Cornelius R. Zach rKGS Verlag München 2005 Das Tagebuch König Karls L von Rumänien Vasile Docea /. Tagebuch ul1d Eril1l1erllngen: eil1e ZUl' Traditiol1 gewordel1e Beschäftigung Für die Mitglieder des mmänischen Königshauses waren die täglichen Aufzeichnungen und das Schrei ben von Erinnerungen nicht so ungewöhnlich, wie es zunächst erscheinen mag. Wie die so genannten Aujieichnul1gen f König Karls 1., des Dynastiegründers - einer Schrift, die man nur unter groBem Vorbehalt zur Kategorie der eigentlichen Erinnenmgel1 zählen kann, da sie nicht vom König eigenhändig redigiert wurde -, erfreuten sich aueh die Erinnerungen der Königin Maria (1875- 1938, Königin seit 1914) groBer Beliebthei!. Sie ersch ienen unter dem Titel Geschichte meines Lebel1s und wurden zuerst 1934-1936 auf Englisch veröffentlich!. Das Buch wurde später in verschiedene Spraehen, auch ins Rumänische,' überselZt. Es ist auch bekannt, dass ihr Sohn, König Carol [I. (1893- 1953, König zwischen 1930 und 1940), beabsichtigte, eine umfangreiche Autobiographie zu verfassen, wofUr er in das ihm aufgezwllngene Exil , ab 1940, eine groBe Zahl von persönlichen Papieren mitgenommen ha ben soll.3 Es gelang ihm nicht, dieses Vorhaben zu verwirklichen, dafUr hinteriieB Carol ei ne Arbeit mit deutlichem Erinnerungseharakter, Slib zodia Satanei, die vor kurzem in Rumänien erschienen ist' Der Bruder des Königs, Prinz Nicolae, kam über die Anfánge der Redaktion an seinen Erinnerungen nach einigen -zig Seiten nicht hinaus. Aueh diese wurden erst in den letzten Jal1ren veröffentlicht.' Das literarisch Zu den Aufteichmmgen vgl. den vorstehenden Beitrag von Edda Binder-lijima in 2 diesen Band. MARY, Queen of Romani •. The Story of my Life. Bd. 1-3. London, Toronto, Melbourne, Sydney 1934-1936; MARIA, regin. Romaniei : Povestea vierii mele. Bd. 1-3, Obersetzt von MILLER-VERGHY, Márgärita. Bucurejli: Ed. Adevarul 1934-1936. Diese rumänische Übersetzung wurde unter dem selben Titel, ebenfalls in drei Blinden, wieder edien: laji: Ed. Moldova 1990, 1991 ; BuCurejli: Ed. Erninescu 1997. Prinz PAUL von Rurnfinicn : Scrisoare cätrc cititori [Brief an die Leser). Ln: Rege- Ie CAROL 11.: Sub zodia Satanei. ReOexiuni asupra politieii internarionale [Irn Zeichen Satans. Überlegungen zur international en Politik). Hg. von ROTARU, J. VELTER, Tiberiu - $ERBANESCU, H. Bucurejti 1994,5. König CAROL 11.: Sub zodia Satanei (Anm. 3). Prinz N ICOLAE von Hohenzo llem : In umbra coroanei Romäniei , Documente, amintiri ~ i comentari i [ Im Schatten der Krone Rumäniens. Quellen, Erinnerungen 97 begabteste Mitglied des Königshause , Königin Elisabeth (Pseudonym als Dichterin: Carmen Sylva) hat keine nennenswerten Erinnerungen hinterlassen_ Sie veröffentlichte, in der Presse der Zeit verstreut, nur einige Aufsätze mit Erinnerungscharakter. Die Ge präche von König Mihai (geb. 1921, König zwischen 1927 und 1930 und von 1940 bis 1947) mit Mircea Ciobanu' gehören auch zur Gruppe der autobiographischen chrillen; man muss sie aber mit Vorsicht benützen, weil seine Erinnerungen nicht frei und ungehemmt sprudeln, sondem sich den Richtlinien eines Gesprächspartners unterwerfen. Diese Schrillen besitzen unterschiedlichen literarischen Charakter, und es mangelt ihnen, im AlIgemeinen, an literarischen Ambitionen. Sie sind aber fiir die Geschichte äuJ3erst wichtig, weil s ie Quellen des Wissens sind, das von der Spitze der politischen Pyramide komml. Von nicht minderer Bedeutung fûr den Historiker sind die Tagebücher der Mitglieder des Königshallses. Man weiJ3 heute, dass König Karl I. und auch seine Gemahlin, Elisabeth, Tagebücher gefûhrt haben, eben 0 König Ferdinaod und die Königin Maria, und ihrem Beispiel folgte auch Carol 11. Die meisten dieser Schriften blieben unveröffentlichl. Bis heli te wurden lediglich einige Fragmente aus den Tagebüchern von Karl I. und van Carol il. veröffentlichl. 7 2. Seit wa/1/1 weifJ ma/1, dass es Tagebiicher von König Kar! I. gibt lInd wann hal er sie zufiihren begonnen? Der Begründer einer "Tradition" des Tagebllchfûhrens war im rumänischen Königshaus Karl 1., ein Mitglied des schwäbischen Zweigs des Hauses Hohenzollem aus Sigmaringen, der 1866 zum verfassungsmäJ3igen Fürsten gewählt und 1881 zllm König gekrönt wurde. Das Tagebuchfûhren Karls ist aber an kei nes dieser beiden Ereignisse gebunden. Wie wir noch ausfûhren werden, brachte Kar! bei seiner Ankunft in der neuen Heimat die Angewohnheit der täglichen Aufzeichnungen bereits mil. Es ist ein KlIriosum, dass die Historiker, die sich mit dem einen oder anderen Aspekt der langen 6 7 und Kommentare]. Hg. von BUZATU, Gheorghe - CHEPTEA, Slela - PÁRVU, Sorin. la~i 1991. Die Erinncrungcn des Prinzen aufS. 27-86. CIOBANU, Mircea: Convorbiri cu Mihai I al Romaniei [Gespräche mil Mihai I. von Rumänien]. Bucure~li 1991. Regele CAROL al II-Iea al Romaniei: Insemniiri zi lnice 1937- 1951 [Tagtägliche Einlragungen von 1937 bis 1951]. Bd. I: II martie 1937 - 4 seplembrie 1938, hg. v. MOlSlUC, Vioric. - RAuS, Nicolae. Bucure~li : Ed. Scripla 1995. Unler dem Titel CAROL al II- Iea: Intre datorie ~i pasiune. Insemnäri zilnice [Zwischen rnichl und Leidenschafl. Taglägliche Einlragungen] hg. v. CluCÁ, MarcelDumilru - ION, Narcis Dorin sind Bd. 2-4 erschienen: Bd. 2: 1939- 1940 und Bd. 3: 1941 - 1942. Bucure~li: Ed. SANSA S.R.L. 1996. Bd. 4: 1943- 1945. Bucure~li: Cartea veche 2000. 98 Regierungszeit Karls I. beschäfligt haben, die e Tagebücher ignorienen, obwohl man ihre Existenz schon seit längerer Zeit vermutet hatte, und schlieBlich mit Sicherheit wusste, dass eine solche Niederschrifl vorhanden war. och im Jahre 1914, einige Tage nach dem Tod Karls 1. , meinte lorga in einer Gedenksitzung der Rumänischen Akademie, dass der ve~torbene König Tagebücher hinterlas en hätte, die er aber niemals zu Gesicht bekom men habeo lorga dachte an gewisse Eintragungen aus der Zeit, bevor Karl nach Rumänien gekommen war, und meinte: glOeklieh diejenigen, die sic gänzlieh zur Verfilgung haben werden, urn der Jugend zu zeigen, wie die ersle Jugcnd eines wahren Menschen, der sich seiner höheren Berufung gewachsen zeiglc, ausgesehen hat!s Der Historiker teilte hier keine Neuigkeit mit, sondem er sprach - als Lob mr den König - eine Schlussfolgerung aus, zu der alle Leser der vierbändigen Insemnárile martorul"i oClilar (den Aufteichllllllgen) längst schon gekommen waren. Dieses Pseudoerinncrungen Karls I. wurden von Mite Kremnitz redigien und ab 1892 in immer neuen Varianten" veröffentlicht. Es war unmöglich, dass eine so ausftihrliche Arbeit, und eine so genaue noch dazu, nicht aufTagebüchem fuBte. Die Existenz von TagebUchem König Karls I. war bereits lange vor Nicolae lorgas Vermutung bestätigt worden. 1902 hatte der deutsche Major Justus Scheibert, Kanograph und Militärhistoriker, ein Fragment der königlichen Tagebücher in einem Band seiner eigenen Tagebücher veröffentlichl. Das geschah mit dem Einverständnis des Königs. 1O Etwas später, im Jahre 1915, bewies auch der Sehrifisteller Paul Lindenberg, dass das Tagebuch des Königs vorhanden war. Darüber wird später berichtel. Nach dem Tod König Karls I. wurde das Tagebuch im Familienarchiv aufbewahn. Wir wis en nicht, aus we1chen GrOnden es während der Regierungszeit seiner achfahren nicht veröITentlicht wurde. Es ist möglich, dass lORGA, N.: Opera de istorie aregelui Carol I [Das historische Werk König Karls 1.). In : Analele Academie; Románe. Memol'ii1e Sec,iuni; ISlorice, 2. Serie. Bucure~ti , 36( 1914), 185. 9 FOr die Editio" der Erinnenmgen s. DocEA, Vasile: Memoriile regelui Carol J al Romàniei. Autori, surse, edilii [Die Erinnerungen des Königs Kar!. I. von Rumä- nien. Verfasser, Quellen, Editionen]. In: Va/ra , Tärgu-Mure~ N.F. 22(1992), 9, 258; 22(1992),11. Ausfllhrlich dazu : DOCEA, Vasile: "Memoriile" regelui Carol I: aUlori, surse, edilii [Die Erinncrungen König Karls I. von Rumänien. Verfas- ser, Quellen, Editionen]. In: D ERS .: Carol I ~i monarhia constitutionalil. Interpre- ta.ri iSlorice [Karl I. und die konstitutionelle Monarchie. Historische InterpretatiIQ onen]. Tirni~oara 2001. SCIIEIBERT, Justus: Mit Schwert u"d Fedcr. Erinnerungen aus mcinem Leben. Berlin 1902, 213 . 99 sie es wegen des privaten Charakters der Aufzeichnungen nicht ftlr angebracht hiellen, eine Veröffemlichung zu genehmigen. Genauso gUt möglich ist es auch, dass die Absicht bestand, das Tagebuch zu veröfTentlichen, sich aber keine geeignete Person fand, um das Manuskript zu entziffem, abzuschreiben und diese einige Tausend Seiten fUr den Druck vorzubereiten. Es liegt nur eine handgeschriebene Kopie fUr das Jahr 1913 vor, die von König Ferdinand angefenigt wurde. ', Nach der erzwungenen Abdankung des Königs Mihai und der Abschaffung der Monarchie (Dezember (947) wurde das Tagebuch zusammen mit dem gesamten persönlichen Archiv der Mitglieder des Königshauses VOD den kommunistischen Behörden beschlagnahm!. Erst ab 1990 können die täglichen Eintragungen der Mitglieder des Königshauses im Bukarester Staatsarchiv relativ unbehinden eingesehen werden. Die ersten tagtäglichen Notate Karls I. datieren vom August/September 1856,12 als der junge Prinz eine Reise durch die Schweiz und Norditalien untemahm. Die Reise wurde ihm von seinem Vater fUr das Bestehen der Leutnamprüfung auf der Omziersschule in Milnster "geschenkt". Er war damals 17 Jahre alt und wurde von seinem Erzieher Georg Schaefer begleite!. Schaefer hatte seine Studien geleitet und ihn in den Dresdener Jahren ( 1850 bis (856) beraten. Diese Einzelheit ist fUr unseres Thema nicht unbedeutend, weil Georg Schaefer derjenige gewesen zu sein scheint, der seinen Schüler dazu ermunten hat, seine täglichen Erlebnisse in ein Heft einzutragen ." Bis etwa 1860 erfolgten diese Eintragungen nur gelegentlich. Sie wurden auf verschiedenen Reisen geschrieben, wie die aus dem Jahr 1856. So notiert Karl Eindrilcke von seiner Reise durch Tirol im Jahre 1858. Erst im Jahre 1861 werden diese Notizen systematisch, so systematisch, dass es unmöglich ist, auch nur einen einzigen Tag im Leben des Prinzen (lind spHter des Fürsten und Königs) zu finden, über den im Tagebllch nichts zu lesen wäre. 3. Was beinhaltet das Tagebuch und wie lVurde es benutzt? Die täglichen Einlragungen Karls I. decken die Zeit von 1856 bis 1914 ab und werden im Staatsarchiv Bukarest in 18 Heften verschiedener GröBen " Arhivele Statului Bucure~ti , Fonds Casa RegaUI. Personale. RegeIe Carol I, 111/ 13 . 12 Die Studienzeit des Prinzen zwischen 1850 und 1857 wird von seinem ehemaligen Erzieher (Gouverneur) Georg Schaefer, der spilter Professor an der Technischen HochschuJe in Dannstadt wurde, in einer unveröfTenlJicht gebliebenen Erinnerungsschrift beschrieben. Schaefer erwHhn. don auch das erste Tagebuch Karls aus der Zeit der Reise durch die Schweiz und Norditalien (1857). Arh. St. Bucure~ti, Fonds Casa regalA, 2611893. IJ Arh. St. Bucure~.i , Fonds casa RegalA. Personale, Carol 1., II U25 . 100 autbewahrt. Für jedes Jahr wurden etwa 60 Seiten in Anspruch genommen. Sie sind auf Deutsch in der Frakturschrifl des 19. Jahrhunderts verfasst. Die Schrifl ist klein, und die Zeilen, mit häufigen Abkürzungen der Wörter, sind eng beschrieben und nehmen die ganze Seitenfläche ein, ohne auch nur den kleinsten Platz ungenutzt zu lassen - ein Beweis fur den sparsamen, zum Geiz neigenden Charakter des Königs. Die Eintragungen folgen keinem bestimmten Vorsatz -, deshalb ist diese Niederschrifl nicht das, was Literaturhistoriker im engen Sinne ein ..Journai" nennen. Vielmehr geben sie die Tätigkeiten, das alltägliche Leben des Verfassers getreulich wieder. Persönliehe Kommentare und Urteile, die die Gedanken des Königs verraten könnten, fehlen fast gänzlich, und die sehen vorhandenen sind kurz, sie bestehen meist aus nur ein bis zwei Wörtem. Fast jeder Tag beginnt im Tagebuch, besonders nach der Ankunft Karls in Rumänien, mil einer kurzen Beschreibung des Wetters: die Lufltemperatur (auf der Réaumur-Skala), der Himmel, Luftfeuchligkeit usw. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass Karl in einem Land regierte, dessen Einwohner mehrheillich von der Landwirtschaft lebten. Es gibt auch häufige Eintragungen über die Landwirtschaft, die Emte, sowohl im Som mer als auch im Herbst. Die Art, wie dieses Tagebuch gefuhrt wurde, erlaubt die Schlussfolgerung, dass es nichl dazu dien te, um Erlebnisse, Seelenzustände oder Gedanken wiederzugeben, sondem urn Fakten festzubalten. Darin unterscheidet es sich wesenllich von den Briefen des Königs, besonders denen, die er den ihm am näehslen Stehenden schrieb. Hier behalten die Meinungen die Oberhand. Anzumerken ist, dass das Tagebuch am Ende jeden Jahres Listen der empfangenen und der gesendeten Briefe enthält. 14 Daraus könnte man noch eine Schlussfolgerung ziehen: dass der König sein Tagebuch mit der Absicht gefuhrt habe, diese Eintragungen später als chronologische Faktenstruktur fur eventuelle Erinnerungen zu benützen, deren Inha lt die Briefe, und viell eicht I. Oarin gleicht das Tagebuch des Königs jenem des römisch-katholischen Erzbischofs von Bukarest, Raymund Netzhammer O.S.B. (1904- 1924), der ein enger Venrauter Karls I. war. Das chronologisch geftlhne, unveröfTentlichte Brief10umal wie auch das handschriftliche Tagebuch Netzhammers in einfachen Schreibheften wird im Stiftsarchiv von Kloster Einsiedeln autbewahn. Die zahlreichcll Gespräche mit dem König sind in Netzhammers umfangreichen Tagebuchb/ätlern mei st wörtlich, in Dialogfonn. wiedergegeben. Sic könnten ei ne willkommene Ergänzung zu Karls I. Alifzeichnllngen bieten. NETZHAMMER, Raymund, Bischof in Rumänien . Zwischen Staal und Vatikan. Hg. von NETZ- HAMMER, Nikolaus i.V.m. ZACH, Krista. Bd. 1-2. Milnchen 199.5, 1996, 1765 S. Die Tagebuchb/älfer liegen jctzt in integraler rumänischer Ubersetzung vor, NETZHAMMER, Raymund: Episcop in Romänia. Intr-o epocä a conflictelor nationale ~i religioase. Hg. v. NETZHAMMER, Nikolaus i.V. tn. ZACH, Krista. Bd. 1-2. Bucure~ti : Ed. Academiei 2005. Hier: Bd. 2. Notitä editorialä, 1603 f. (Anm. der Herausgeberin). 101 auch andere private und offizielle Schrift Wcke gebildet hätten. Auf ähnliche Wei e waren die /nsemnärile unui marlor oC/i/ar, die oben erwähnten Pseudoerinnerungen (die Auf:eichnungen) entstanden, die nur die Zeit zwischen 1866 und 1881 urnfa sen. Der König beabsichtigte, diese Arbeit fortsetzen zu lassen, entweder durch eine zweite Person, wie schon im Falie von Mite Kremnitz, der Verfasserin der /nsemnärile unlli marlor oC/i/ar oder eigenhändig. Das halten wir durch die Anwesenheit der Brienisten im Tagebuch nach 1881 tur erwiesen. Von den täglichen Eintragungen betreffend die Zeit vor der Ankunfl Karls in Rumänien wurden nur die über den Feldz ug in chleswig-Holstein von 1864 berücksichtigt. Der Verfasser hal als Ka vallerieleutnant in einem preu6ischen Garderegiment daran teilgenommen . Er war Ordonanzoffizier des preu3ischen Kronprinzen Friederich-Wilhelm (des zukUnfligen Kaisers Friedrich von Deutschland). Diese Notize n wurden in einem kleinem in schwarzes Leder gebundenen Heft eingetragen. Es sind 3 eilen, die Kar! beiderseitig, in kleiner Schrift, mit Blei stift beschrieb." Die Eintragungen beginnen mit dem 6. Februar, als der Prinz an die Front fuhr, und enden mit dem 17. Mai , mit seiner Rückkehr nach Berlin, nach dem Waffenstillstand zwischen Preu3en, Österreich und Dänemark . Im selben Archivfond wird auch ein anderes Heft '6 aufbewahrt, auch in kleinem Format, in rotes Leder gebunden, dessen Inhalt eine Kopie des ers ten Heftes darstellt. Die Kopie wurde, soweit wir nach einer kurzen graphologischen Unter uchung vemlUten dürfen, von Mite Kremnitz angefertigt, wahrscheinlich zur Zeit, als sie die /nsemnäri/e unui mar/or ow/ar redigiene, wahrscheinlich zum Zweck einer separaten Veröffentlichung dieses Tagebuchteils. Die chriflstellerin benützte diesen Teil , als sie das Einflihrungskapitel der Aufzeicllllungen über 17 die Jugend Karls I. schrieb. Sie benützle es noch einmal als Quelle, al sie die Biographie des Königs verfasste (deren erste Aunage 1903 " erschien), aber sie veröffenllichte es nicht mehr gesondert. Erst später, im Jahre 1915, wurden die Notizen Uber den Feldzug von Schieswig-Holslein auszugsweise von Paul Lindenberg, dem "offi ziellen" Biographen des Königs, veröffentlicht. 19 In der Einleitung zu diesem Büch" Arh. SI. Bucure~ti, Fonds Casa Regall!. Personale. Cara I I, IfIn5. " Ebenda,lI ln4. 17 Aus dern Leben König Karls von Rumänien . Aufze ichnungen eines Augenzeu- gen. Bd. I. Stuttgart, 1894, XXXVI-XXXVII. " KREMNITZ, Mile: König Kar! van Rumänien . Ein Lebensbild. Breslau, Leipzig 1903. Die Arbeit wurde danaeh öfler in deutschcr und rumänischer Sprache ediert. " Tagebuch des Königs Kar! van Rumänien als Ordonnanzo m zier des Kronprinzen Friederich Wilhelm von PreuBen im Feldzuge J 864, mil einer Einleitung von Paul Ll NDENBERO. Stuttgart 1915,68. 102 lein berichtet Lindenberg, dass der König ihm im Frühling 1914 das Manuskript ausgehändigt und erlaubte habe, es zu veröfTentlichen, fa lis Lindenberg der Meinung sei, dass der Text interessant wäre. Lindenberg traf die Auswahl der otizen von Schieswig-Hoistein mit dem Zweck ihrer Veröffentlichung. Eine groBe Zahl der Tage fehlt gänzlich, manche wurden nur auszugsweise veröfTentlicht. Aus der "Lindbergausgabe" fehlen u.a. die kritischen Bemerkungen des Prinzen Karl Uber die Militärbewegungen während des Feldzugs (am 22. Februar, 30. März, 30. April, I. Mai), wie eine ganze Reihe von Eintragungen über Verluste auf dem Schlachtfeld (19. März, 28. März, 18. und 27. April) und die Vermerkung einiger Teilmisserfolge der preuBischen und österreichischen Truppen (2. März, 10. und 11. Mai). Diese Ausgabe meidet au eh alle Anmerkungen über die französische Prinzessin Anna Murat, die der Prinz unter den Buchstaben A. M. erwähnte und in die er sich ein Jahr davor verliebt hatte. Für eine Heirat verweigerte aber der Chef des Hauses Hohenzollem, König Wilhelm 1., seine Einwilligung. Die Ausgabe von 1915 spart auch viele Meinungen und Urteile des jungen Prinzen über verschiedene Personen, die er während des Feldzuges traf, aus. Auch die Eintragungen übcr die Krankheit seines jüngeren Bruders Friederich, der na he daran war, an Typhus zu sterben, fehlen in dieser Ausgabe. Die "Lindbergausgabe" bleibt deshalb eine "geschönte" Variante des Schleswig-Holsteiner Tagebuches. Es wäre hier noch eine letzte Episode zur Veröffentlichungen des TagebL/chs von König Karl zu erwähnen. Die Zeitschrifl Erasll1L/s, welche die Studenten der historischen Fakultät der Bukarester Universität herausgeben, hat einen Teil des Tagebuches, der die letzten Lebensmonate des Monarchen umfasst (Juni bis Oktober 1914), veröffentlicht. Der Text ist nicht im deutschen Original, sondem gibt eine französische Übersetzung (deren Verfasser Constantin Diamandy zu sein scheint) wieder.'o • Für die Historiker besitzt das TagebL/ch eine doppelte Bedeutung. Erstens stellt es eine genaue Chronologie der politischen Ereignisse von gröBerer oder auch geringerer Tragweite in Rumänien zur Zeit Karls I. dar. Es ist kein Fresko der rumänischen Gesellschafl, dafiir bietet das Tagebuch jedoch eine genaue Bestandsaufnahme der Ereignisse, ein gewissenhaft geschriebenes Inventar aus der Hand dessen, der während eines halben Jahrhunderts der ,,Arbiter" der rumänischen Politik gewesen war. AuBerdem ist dieses TagebL/ch eine unentbehrliche Quelle fiir die Biographie des Königs. Wir sehen 20 Das Fragment wurde von ZOUGIlEA, Gh. herausgegeben. In: Erasmus, Bucure~ti 6(1996). 103 darin zwei ausreichende wie auch emsthafte Gründe, urn seine baldige, vollständige Veröffentlichung zu empfehlen. 104