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Die Burgen Der Schweinfurter – Historische Und Archäologische überlieferung. In: P. Sachenbacher/h.-j. Beier (hrsg.), Der Orlagau Im Frühen Und Hohen Mittelalter. Beitr. Frühgesch. U. Mittelalter Ostthüringen 3 (langenweißbach 2007) 185-197.

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Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 185 Peter Ettel Die Burgen der Schweinfurter – historische und archäologische Überlieferung Im Jahre 1003 treten die Burgen zum ersten Mal ins Licht der historischen Überlieferung, sie werden im Zusammenhang mit dem Feldzug des Markgrafen von Schweinfurt genannt. Die Burgen gehörten den Grafen von Schweinfurt, die in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts den Bereich des östlichen Frankens und fast der ganzen heutigen Oberpfalz beherrschten und neben der Stammburg in Schweinfurt noch weitere Burgen in Banz, Kronach, Burgkunstadt und Creußen besaßen, die sich gleich einem Kranz um den Schweinfurter Besitz zwischen Maindreieck, Fichtelgebirge und Frankenwald im Volkfeld- und Radenzgau legten.1 Bedeutende gräfliche Güterkomplexe mit ausgedehnten Grundherrschaften bestanden nach der Zusammenstellung von Seibert insbesondere in Kronach und Markgraitz, Alten- und Burgkunstadt, Banz mit Altenbanz und in Schweinfurt und Umgebung.2 Streubesitz unterschiedlichen Umfangs befand sich in den Räumen Lichtenfels-ScheßlitzStaffelstein, Weismain-Kulmbach-Stadtsteinach, Bayreuth, im Grabfeld- Waldsassen- Badenach- Volkfeld- und Radenzgau sowie im späteren Egerland (Abb. 1). Die deutlich geringere Zahl an Eigengütern im Nordgau konzentrierte sich auf fünf Regionen, auf Creußen, Pottenstein-Tüchersfeld, den Raum Ammerthal-Illschwang, das Gebiet um Eichstätt und Regensburg. Ammerthal und oder vielleicht Sulz1 Zum Stand der Forschung bis 1998: P. Ettel, Die Eroberung der Schweinfurter Burgen in der historischen und archäologischen Überlieferung. Chateau Gaillard 19, 1998, 59-68; zur historischen Situation: E. Schneider/B. Schneidmüller (Hrsg.), Vor 1000 Jahren – Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain 1003. Schweinfurter Museumsschr. 118 (Schweinfurt 2004) 133-152. 2 H. Seibert, Adlige Herrschaft und königliche Gefolgschaft. Die Grafen von Schweinfurt im ottonischen Reich. Zeitschr. Bayer. Landesgesch. 65/3, 2002, 839-882, bes. 856; H. Seibert, Adlige Herrschaft um die Jahrtausendwende: Die Grafen von Schweinfurt. In: E. Schneider/B. Schneidmüller (Hrsg.), Vor 1000 Jahren – Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain 1003. Schweinfurter Museumsschr. 118 (Schweinfurt 2004) 65 ff., zu den Namen R. Bergmann, Die Namen der Burgen der Schweinfurter Grafen am Obermain. In: E. Schneider/B. Schneidmüller (Hrsg.), Vor 1000 Jahren – Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain 1003. Schweinfurter Museumsschr. 118 (Schweinfurt 2004) 21-42. bach-Rosenberg, die südlichsten Burgen der Schweinfurter, bildeten einerseits eine wichtige Verbindung zum Bistumssitz Regensburg, andererseits vielleicht das machtpolitische Rückgrat ihrer Markgrafenschaft im baierischen Nordgau, die sie seit 939 innehatten. Bischof Thietmar von Merseburg, Zeitgenosse Heinrich II., der über die Beschaffenheit von Burgen, ihren Bau und den bei der Eroberung angewandten Methoden schrieb und vermutlich die Schweinfurter Burgen auf seinen Reisen in Nordbayern anläßlich seiner Bischofsweihe in Neuburg a.d. Donau und seiner Teilnahme an de Domweihe in Bamberg aus eigener Anschauung kannte, berichtet über die Auflehnung des Markgrafen Heinrich in seiner zwischen 1012 und 1018 entstandenen Chronik in Buch V Kapitel 32-38.3 Nach der Auflehnung des Markgrafen Heinrich belagerte und zerstörte König Heinrich II. dessen Burgen, darunter Creußen, Kronach und Ammerthal. In Merseburg erreichte König Heinrich während der Bettage 3. bis 5. Mai 1003 die Nachricht vom Aufstand Herzog Boleslaw und Markgraf Heinrich. Nach dem Pfingstfest, das der König am 16. Mai 1003 in Halberstadt feierte, zog er nach Bayern und versuchte den Widerstand niederzuwerfen und die Verschwörung gegen ihn aufzulösen, denn nicht nur Boleslaw und Markgraf Heinrich hatten sich zusammengetan, sondern dazu auch noch der erst kürzlich von ihm ausgezeichnete Ernst und sein eigener Bruder Bruno, Vetter Heinrichs v. Schweinfurt. Anfang August verwüstete der König dann die Güter des Grafen und zwang ihn, sich außerhalb seiner Burg verborgen zu halten.4 Auf seinem Zug nach Hersbruck wurde dem König jedoch von einem Ritter des Markgrafen der gesamte Schatz geraubt und in die Burg Ammerthal verbracht. Der König verfolgte den Ritter, belagerte Ammerthal, bis die Burg ihm Thietmar von Merseburg, Buch V Kapitel 32-38. Übersetzung: Buchner, R. (Hrsg.), Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters Band IV (Berlin 1957). 3 Thietmar von Merseburg, Buch V, Kapitel 32 (Anm. 3) „Anfang August fiel der König über die Güter des Grafen her, verwüstete sie und zwang ihn, sich anders, als er gedacht hatte, überall außerhalb seiner Burg verborgen zu halten.“ 4 186 Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 Abb. 1: Burgen der in den schriftlichen Quellen genannten Schweinfurter Burgen und die Besitzzentren der Grafen von Schweinfurt in den Gauen der ottonischen Zeit. Karte nach H. Seibert 2002 (Anm. 2), bearbeitet. übergeben wurde. Daraufhin zog der König zur Burg Creußen, in der von Markgraf Heinrich die Gemahlin Gerberga und ihre Kinder sowie sein Bruder Bukko saßen. Durch Vermittlung kam auch diese Burg in die Hand des Königs und wurde daraufhin zerstört. Angesichts der drohenden Gefahr begab sich Graf Heinrich auf seine Burg Kronach, die er allerdings selbst in Brand steckte und sodann mit Bruno und seinen Anhängern nach Böhmen zu Boleslaw flüchtete. Daraufhin entsandte der König den Würzburger Bischof, um schließlich den Stammsitz, die Burg Schweinfurt zu zerstören, was allerdings Eila, die Mutter des Markgrafen noch abmildern konnte. Damit war der Feldzug beendet, die Güter des Markgrafen verteilte der König als Lehen und zog dann nach Bamberg, wo das Heer entlassen wurde und der König am 8. September 1003 das Geburtsfest der Gottesmutter feierte. Soweit in Kürze der Bericht Thietmars von Merseburg über den Feldzug König Heinrichs nach der Auflehnung des Markgrafen mit Beschreibung der Einnahme, Belagerung und Zerstörung der Schweinfurter Burgen. Demnach werden im Rahmen des Feldzugs im August/September 1003 die fünf Burgen Hersbruck, Ammerthal, Creußen, Kronach und schließlich Schweinfurt genannt, die im folgenden, insbesondere Ammerthal, näher betrachtet werden sollen, vor allem hinsichtlich des Vergleichs historischer und archäologischer Überlieferung (Abb. 2). Zwei weitere bekannte Burgen5 der Schweinfurter, Banz6 und auch Burgkunstadt7 erscheinen nicht in 5 W. Emmerich (Landesburgen in ottonischer Zeit. Archiv für Geschichte in Oberfranken, 37, 1957, 67 ff.) rechnet auch Nabburg und Cham zum Einflussbereich der Schweinfurter Markgrafen. Die Überlieferung für Banz setzt erst 1069 ein, doch die Gründung der Benedektinerabtei durch die Schweinfurter 6 der Beschreibung Thietmars von Merseburg im Rahmen des königlichen Feldzuges und können auch hier nicht weiter behandelt werden, da die in den 60iger und 70iger Jahren von Schwarz vorgenommen, z.T. umfangreichen Grabungen, noch unpubliziert sind. Bei der Burg auf dem Banzer Berg (Abb. 3,1 und Abb. 9) soll es sich laut Schwarz um eine Mittelpunktsburg des 8./9. Jahrhunderts handeln, befestigt mit einer Pfostenschlitzmauer und einem Hanggraben. Die Befunde und Funde sind bislang nur aus Vorberichten bekannt, die von Schwarz publizierte Rekonstruktion ist nicht überzeugend. In ottonischer Zeit soll der Banzer Berg eine neue Bewehrung erhalten haben, vielleicht ähnlicher Bauart und Form wie in Oberammerthal. Ungesichert, weil unpubliziert, ist bislang auch die Burg Kulch bei Altenbanz nordwestlich des Ringwalles auf dem Banzer Berg, die im 10. Jahrhundert zweigliedrig mit Hauptund Vorburg erbaut sein soll.8 Für Burgkunstadt (Abb. 4,1 und Abb. 9) beschreibt Losert mehrere Phasen und bezieht sich dabei einerseits auf Schwarz, andererseits auf Müller.9 Demnach soll es sich zunächst um eine offene Siedlung des 7. (?) und 8. Jahrhunderts gehandelt haben. In Phase 1 775-875 bzw. 815-835 erfolgte eine erste Umwehrung mit einer Holz-Erde-Steinmauer. Nach der Zerstörung errichtete man wohl um 850 in Phase II einen einfachen Erdwall von 18 m Breite und 5,50 m Höhe mit Mauer, die vielleicht im Verlauf der Babenberger Fehde 902-906 oder während der Ungarnkriege 910/915 zerstört wurde. Im 10. Jahrhundert erbaute man in Phase III eine Mauer auf der Wallkrone. In der Auseinandersetzung zwischen Hezilo Erbtochter Alberada weist Banz als altes Familiengut der Schweinfurter aus. Emmerich (Anm. 5) 76; K. Schwarz Der frühmittelalterliche Landesausbau in Nordost-Bayern - archäologisch gesehen. In: K. Böhner (Hrsg.), Ausgrabungen in Deutschland 1950-1975. Monogr. RGZM 1,2 (Mainz 1975) 388 f. mit Abb. 48,2.; B.-U. Abels, Archäologischer Führer Oberfranken. Führer arch. Denkmälern Bayern. Franken 2 (Stuttgart 1986) 181-183; Seibert 2002 (s. Anm. 2) 856. Müller, J.B., Burgkunstadt. Eine karolingische Burgstadt. Festschrift zum 60jährigen Bestehen des Colloquium Historicum Wirsbergense (Bamberg 1984) 69; 95; Seibert 2002 (s. Anm. 2) 856. 7 Schwarz 1975 (s. Anm. 6); K. Schwarz, Die vor- u. frühgeschichtlichen Geländedenkmäler Oberfrankens. Materialh. Bayer. Vorgesch. 5 (Kallmünz 1955) 162; Abels (s. Anm. 6) 182-183. 8 K. Schwarz, Jahresbericht Bayerische Bodendenkmalpflege 15/16, 1974/75, 250 f. 252 mit Abb. 64,1; K. Schwarz , Frühmittelalterlicher Landesausbau im östlichen Franken zwischen Steigerwald, Frankenwald und Oberpfälzerwald. Monographien des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 5 (Mainz 1984) 158-169; H. Losert, Die früh- bis hochmittelalterliche Keramik in Oberfranken. Zeitschrift Archäologie des Mittelalter Beih. 8 (Köln 1993) 134 ff.; 138140; Müller (s. Anm. 7) 43 ff.. 9 Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 187 Abb. 2: Befestigungen des 10. Jahrhunderts, Ungarnwälle, Burgen der Schweinfurter Markgrafen (gefüllte Signatur = gesichert nach schriftlichen Quellen, ungefüllte Signatur= vielleicht den Schweinfurter Markgrafen zuzuweisen). und König Heinrich II. wurde die Burg in Phase IV nach Müller vermutlich zerstört und der Wall im 11. Jahrhundert durch eine massive Sandsteinmauer mit vorgelagertem Graben ersetzt. Zugehörig ist vielleicht ein rechteckiger Turm, angeblich Bestandteil der Turmburg des Burggrafen. Neuere Grabungen in den 90iger Jahren legten eine frühmittelalterliche Siedlungsschicht ohne massive Mauerbefunde frei, darunter aber nach Wolters10 eine bis zu 20 cm dicke Brandschicht des 10./11. Jahrhunderts. Für Burgkunstadt ist nach den schriftlichen Quellen vielleicht ebenfalls anzunehmen, dass die Burg durch den Markgrafen Heinrich auf seinem Rückzug vermutlich selbst zerstört wurde, denn Thietmar von Merseburg berichtet: „Dem König war es eine Genugtuung, als er auf der Verfolgung des weichenden Gegners bei Kronach sah, dass der Feind (Markgraf Heinrich) vor ihm alles zerstört hatte“ und damit vielleicht auch Burgkunstadt gemeint ist, über das der Weg des Markgrafen Heinrich nach Böhmen zu Boleslaw geführt haben könnte.11 Handelt es sich bei Banz und Burgkunstadt um gesicherte Schweinfurter Burgen, so werden zwei weitere Burgen mehr oder minder gerne den Schweinfurtern zugesprochen. Dazu gehört einerS. Wolters, Burgkunstadt. Beih. Bayer. Vorgeschbl. 14, 2001, 155. 10 11 Thietmar von Merseburg, Buch V, Kapitel 38 (Anm. 3). seits Laineck bei Bayreuth, die bei Thietmar allerdings nicht erwähnt wird und zu der kein historischer Name überliefert ist.12 Mit 6 ha wäre sie die größte Burg der Schweinfurter gewesen. Nach Abels und Losert datiert sie, ohne dass allerdings datierende Funde vorliegen, mit drei Bauperioden in das 10. Jahrhundert. In der letzten, unter Graf Hezilo anzusetzenden Bauphase errichtete man eine massive Erdmauer mit Trockenschalenverblendung sowie einen Spitzgraben von 15 m Breite und 4,50 m Tiefe. Inwieweit hier slawische Baumuster zum Tragen gekommen sind, mag dahingestellt sein.13 Wie man sich die zentralen, verwaltungsmäßigen Einrichtungen einer frühmittelalterlichen Burg mit entsprechenden Repräsentationsgebäuden vorstellen darf, vermitteln neuerdings die Grabungen auf der Burg von Sulzbach-Rosenberg in der Oberpfalz (Abb. 5 und 9). Dort konnten neben der karolingischen Burgkirche aus dem 9. Jahrhundert, auch ein 16 m langes Saalgebäude des späten 10. Jahrhunderts mit zweischaligem Mauerwerk mit einer zentral in Stein gefassten Feuerstelle sowie Funde von Fensterglas 12 Bergmann (s. Anm. 2) 21 Anm. 2. B.-U. Abels/H. Losert, Eine frühmittelalterliche Befestigungsanlage in Laineck, Stadt Bayreuth. Archiv Gesch Oberfranken 68, 1988, 13-40; dies., Eine frühmittelalterliche Befestigungsanlage in Laineck, Stadt Bayreuth. Bayer. Vorgeschbl. 51, 1986, 285 ff. 13 188 Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 Abb. 3: Topographie der Schweinfurter Burgen: 1 Banz. – 2 Ammerthal. – 3 Creußen. – 4 Schweinfurt. – 5 Kronach (nach K. Schwarz 1975 [Anm. 6]). Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 189 Abb. 4: Areale der Schweinfurter Burgen: 1 Burgkunstadt. – 2 Creußen. – 3 Kronach (nach K. Schwarz 1974/75 [Anm.9]). aufgedeckt wurden, die ein Bild von der Ausstattung mit adeliger Wohnkultur geben. Nach Hensch, der auch die Ausgrabungen durchführte, könnte sich die Nennung urbs in der Schilderung bei Thietmar von Merseburg auf Sulzbach-Rosenberg beziehen und er kommt so aufgrund der Ausstattung der Burg, u.a. Bestattungen mit aufwändigen Grabkonstruktionen im Außenbereich der Burgkirche sowie der mutmaßlichen Größe und Gliederung von 4,2 ha mit Hauptund Vorburg zu dem Schluss, dass es sich um den Amtssitz der Nordgaugrafen gehandelt haben könnte und die Grafen von Schweinfurt als königliche Statthalter hier residierten.14 M. Hensch, Eine hochmittelalterliche Kemenate und ein Saalgebäude des späten 10. Jahrhunderts im Schloß Sulz14 Seibert zählt Sulzbach-Rosenberg zu den vier von den Schweinfurtern für das Reich verwalteten Burgen – neben Sulzbach gehören dazu Bamberg, Nabbach. Arch. Jahr Bayern 1995, 145-147; ders., Seltene Glasfunde aus ottonischer Zeit von der Burg Sulzbach. Beitr. Arch. Oberpfalz 3, 1999, 349-360.; ders., Burg Sulzbach (Opf.). „Hauptsitz“ der Nordgaugrafen des 9. bis frühen 11. Jahrhunderts? Eine archäologisch-historische Quellenkritik. In: E. Schneider/B. Schneidmüller (Hrsg.), Vor 1000 Jahren – Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain 1003. Schweinfurter Museumsschr. 118 (Schweinfurt 2004) 153-188; ders., Burg Sulzbach in der Oberpfalz. Archäologisch-historische Forschung zur Entwicklung eines Herrschaftszentrums des 8.-14. Jahrhunderts in Nordbayern. Mat. Arch. Oberpfalz 3 (Büchenbach 2005) . 190 Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 Abb. 5: Rekonstruktionsvorschlag und lebensnahe Idealrekonstruktion zum Bebauungsschema des nördlichen Teils der Sulzbacher Kernburg am Ausgang des 10. Jahrhunderts (Siedlungsperiode III) nach den archäologischen Befunden und typologischen Überlegungen; die hellgrauen Flächen zeigen keine gesicherten Grundrisse, sondern lediglich bebaute Areale an; Zeichnung oben Ferdinand Leja (nach Hensch 2005 [Anm. 14]). burg und Cham.15 Die drei letzteren standen mit Sicherheit im Besitz des Reiches, ihre Übertragung war an die Wahrnehmung königlicher Interessen durch die Grafen geknüpft. „Während die Burg auf dem Bamberger Domberg den ottonischen Königen als sicherer Verwahrort für politische Gefangene und Exulanten diente, fungierten die Reichsburgen Nabburg und Cham als politische Stützpunkte im Grenzgebiet zu Böhmen und im Herrschaftsbereich des bayerischen Herzogs. Mit einer Fläche von 7 ha zählte die im frühen 10. Jahrhundert erbaute Nabburg zu den größten Wehranlagen im ostfränkischnordbayerischen Raum. Der Graf von Schweinfurt ist hier zumindest einmal, im Jahr 1003, in herrschaftlicher Funktion nachweisbar. Die Nabburg scheint der 15 Seibert 2002 (s. Anm. 2) 839-882, bes. 852 ff-. gräflichen Familie zumindest zeitweise als Wohnsitz gedient zu haben, denn hier wurden Ende des 10. Jahrhunderts (?) Hezilos zweiter Sohn Burchard, der spätere Bischof von Halberstadt (1036-1059), geboren. Die Bedeutung der Reichsburg Cham für die Schweinfurter lässt sich dagegen nur ansatzweise ermessen. Möglicherweise empfing Graf Berthold seinen kaiserlichen Herrn, Otto II., nach dessen Niederlage bei Pilsen durch den Böhmenherzog im August 976 auf der Burg Cham.“16 Soweit zur Frage der den Schweinfurtern zurechenbaren Burgen – neben den aufgeführten Anlagen gibt es noch eine Reihe von weiteren Burgen in der Oberpfalz, Oberfranken und Unterfranken (Abb. 2), die mit einiger Sicherheit auch in das 10. Jahrhundert gehören und in der schriftlichen Überlieferung ähnlich wie Laineck und auch Sulzbach nicht erscheinen (auf den Karten mit Dreiecken eingezeichnet). Inwieweit sie alle den Schweinfurtern zuzusprechen sind oder auch die Möglichkeit für andere Burgenbauer, Adelsgeschlechter besteht, sei dahingestellt und diese Frage lässt sich wohl auch nur mit weiteren Ausgrabungen und deren Auswertung in Zusammenarbeit mit Historikern lösen. Im Folgenden möchte ich die gesicherten Burgen der Schweinfurter kurz vorstellen, dabei der Schilderung Thietmars folgen und damit den Heerzug des Königs weitgehend nachzeichnen. Nach der Verwüstung der Güter des Grafen zog der König zunächst nach Hersbruck an der Pegnitz östlich Nürnberg im August 1003, „wo ihm (der König) des Schweinfurter Grafen Ritter Magnus den gesamten vorausgesandten Schatz raubte.“17 Welche Bedeutung der Ort Hersbruck aus archäologischer Sicht zu dieser Zeit einnahm, ob er befestigt war, ist ungewiß. Thietmar von Merseburg spricht in seiner Chronik allerdings von einem „locum, qui Hatheresburgdi dicitur“. Nach Thietmars Schilderung „teilte man untereinander und kehrte voller Freude in die Burg Amardela“, also Ammerthal, „heim“. Der König nahm sofort die Verfolgung auf, begann die Belagerung, ließ das Sturmgerät bereitmachen und veranlasste sie durch vertrauenswürdige Vermittler, gegen die Bitte um ihr Leben Burg und Leute zu übergeben. Die Feste wurde von Grund auf gebrochen, die zahlreichen Polen verteilte er unter die Seinen." Die civitas Amardela, die der Ritter Magnus verteidigte, hatte demnach zur Verstärkung zahlreiche Polen als Hilfstruppen, sie wurde vom König nicht eingenommen, sondern übergeben und dann vollständig zerstört. Seibert 2002 (s. Anm.2) 853-854; Seibert 2004 (s. Anm.2) 75-76. 16 17 Thietmar von Merseburg, Buch V, Kapitel 38 (Anm. 3). Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 191 Abb. 6: 1 Die Burg von Oberammerthal: A Karolingische Burg. - B Ottonische Burg mit Haupt-, Vorburg und Kirche. – C Hofbezirk mit Kirche nach 1000. – 2 Rekonstruktionen der Bewehrung von Oberammerthal: oben Mauer 1 der Vorburg - unten Mauer 4 mit Turm 2 der Vorburg. – 3 Plan von Turm 2 - Vorburg. 192 Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 Abb. 7: A Plan der Hauptburgbefestigung und des Hofbezirkes von Oberammerthal. – B Baugeschichte der Liebfrauenkirche von Oberammerthal mit Rekonstruktion des 11. Jahrhunderts; Bauphase 1: 10. Jahrhundert; Bauphase 2: 11. Jahrhundert. Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 Auf der Burg Oberammerthal fanden langjährige Grabungen, teilweise mit DFG-Mitteln statt.18 Die archäologischen Quellen vermitteln ein Bild von der Eroberung und Schleifung der Burg.19 Das frühmittelalterliche Amardela, das heutige Dorf Ammerthal, liegt 7 km westlich von Amberg an einem Zufluss der Vils, eingebettet in die von Tälern durchzogene Landschaft der Oberpfälzer Alb. Die Vils fließt in die Naab, die einen wichtigen, auch historisch bezeugten Verbindungsweg von der Donau, insbesondere von dem 739 eingerichteten Bistumssitz Regensburg nach Norden in die Fränkische Alb und weiter zu Regnitz und Main bildete (Abb. 3,2). Die Burg Amardela stand auf der Jurahochfläche am Rand eines 40 m steil nach Südwesten zum Ammerbach hin abfallenden Talhanges (Abb. 6 und 9). Dieser mit Felsbändern durchsetzte Hang zieht sich, allerdings weniger steil abfallend, westwärts entlang dem Tal des Ammerbachs weiter. Nordwestlich der Burg fällt das Gelände ebenfalls recht steil ab, nach Nordosten und Osten hingegen nur geringfügig. Die Burg gliedert sich in eine Haupt- und Vorburg. Die Vorburgbefestigung schließt eine Fläche von 170 x 150 m mit 2,2 ha ein und ist heute noch im Gelände auf größere Strecken hin als hufeisenförmige Böschung zu erkennen, die den alten Ortskern umzieht. Im Norden ist die Böschung noch 3,20 m, im Südwesten bis 4,70 m hoch erhalten. Zum Innenraum hin fällt sie um 0,50 m wallartig ab, im Nordwesten führt eine wenigstens im aufgehenden Teil jüngere Bruchsteinmauer darüber hinweg. Im Norden geht diese Böschung in den natürlichen Geländeabfall über, an ihrem westlichen Ende ist ihr ursprünglicher Verlauf nicht mehr erhalten, weil im Zuge der Erweiterung der St. Nikolauskirche und dem Verlegen eines Weges auf das Plateau das ursprüngliche Gelände stark verändert wurde. Im Osten und Südosten sind infolge mittelalterlicher und neuzeitlicher, auch jüngster Planierarbeiten und Überbauungen nur noch Teile der Außenböschung zu erkennen. Moderne Straßen schneiden dazu die Befestigung im Nord- und Südosten. Die Lage eines Tores ist heute im Gelände nicht mehr auszumachen. Schwarz20 und Stroh21 Schwarz 1974/75 (s. Anm. 9) 260; Schwarz 1975 (Anm. 6) 404; Abb. 59,1; Beil. 40,2; K. Schwarz, Die frühmittelalterlichen Anfänge im Ldkr. Amberg-Sulzbach nach den archäologischen Quellen. In: Im Spiegel der Zeiten. Der Landkreis Amberg-Sulzbach (Amberg 1978) 47-76 (mit Abbildungen). 18 P. Ettel, Karlburg – Roßtal – Oberammerthal. Studien zum frühmittelalterlichen Burgenbau in Nordbayern. Frühgesch. u. provinzialröm. Arch. Materialien u. Forsch. Bd. 5 (Rahden/Westf., 2001) 154-194; P. Ettel, Ergebnisse der Ausgrabungen auf der Schweinfurter Burg Amardela, Oberammerthal bei Amberg. Beitr. Arch. Oberpfalz 3, 1999, 315-348. 19 K. Schwarz, Erste Ausgrabungsergebnisse der frühmittelalterlichen Grafenburg zu Oberammerthal im Ldkr. 20 193 vermuteten es aufgrund der unklaren Böschungsverhältnisse im Südwesten, doch spricht die Topographie mit sanft abfallendem Hang eher für eine Lage im Südosten im Bereich vor der Liebfrauenkirche. Nach den archäologischen Befunden und Funden muß die Burg um 800, wenig vor oder später errichtet worden sein, dafür spricht auch die Lage in ihrem archäologisch-historischen Kontext, im karolingischen Ausbaugebiet. Die karolingische Burg mit 2,2 ha Innenfläche umschloss hufeisenförmig einen im Südosten durch einen Steilabhang geschützten Talsporn. Die Befestigung bildete, vergleichbar Roßtal,22 Neustadt a. Main,23 eine Holz-Erde-Konstruktion mit vorgeblendeter Trockenmauer von durchschnittlich 3 m Breite (Abb. 6,1A, Rekonstruktion 2 oben). Die Befestigung erfuhr in ottonischer Zeit einen gravierenden Um- und Ausbau (Abb. 6,1B, Rekonstruktion 2 unten und 3). Zum einen wurde die alte Befestigung verstärkt bzw. neu errichtet, nun als 1-2 m breite Schalenmauer in Mörtelbauweise und mit Türmen von 6 x 9 m bzw. 12 x 19 m Ausmaß gesichert. Zum anderen riegelte man den südwestlichen Teil des Talsporns rechtwinklig ab und gliederte so das vormals 2,2 ha große Burgareal jetzt in eine 0,2 ha große Hauptburg und eine 1,9 ha große Vorburg. Auch die Hauptburgmauer errichtete man als Mörtelmauer in Schalenbauweise. Im Nordwestbereich befand sich in der Quermauer ein Tor, durch das ein Amberg. Jahresbericht Bayerische Bodendenkmalpflege 3, 1962, 98. A. Stroh, Die vor- und frühgeschichtlichen Geländedenkmäler der Oberpfalz. Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte B 3 (Kallmünz/Opf. 1975) 79 f. 21 Ettel 2001 (s. Anm. 19) 100-153; P. Ettel, Ergebnisse der Ausgrabungen auf der Burg Horsadal, Roßtal bei Nürnberg. In: J. Henning/A. T. Ruttkay (Hrsg.), Frühmittelalterlicher Burgenbau in Mittel- und Osteuropa. Tagung Nitra 1996 (Bonn 1998) 127-136; P. Ettel, Der Befestigungsbau im 10. Jahrhundert in Süddeutschland und die Rolle Ottos des Großen am Beispiel der Burg von Roßtal. In: J. Henning (Hrsg.), Europa im 10. Jahrhundert – Archäologie einer Aufbruchszeit (Mainz 2002) 365-380. - Allgemein: H. Brachmann, Der frühmittelalterliche Befestigungsbau in Mitteleuropa. Untersuchungen zu seiner Entwicklung und Funktion im germanisch-deutschen Gebiet. Schr. Ur- u. Frühgesch. 45 (Berlin 1993). 22 Michelsberg in Neustadt a. Main: L. Wamser., Erwägungen zur Topographie und Geschichte des Klosters Neustadt a.M. und seiner Mark. Versuch einer Annäherung der archäologischen und historischen Quellenaussagen. In: J. Lenssen/L. Wamser, (Hrsg.), 1250 Jahre Bistum Würzburg (Würzburg 1992) 163 ff.; allgemein Brachmann 1993 (Anm. 22); ders., Zur Herkunft und Verbreitung von Trocken- und Mörtelmauerwerk im frühmittelalterlichen Befestigungsbau Mitteleuropas. In: Studia nad etnogeneza Slowian i kultura Europy wczesnosredniowieczne 1 (Warszawa 1987) 199 ff. 23 194 Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 Weg mit dichter Steinrollierung in die Hauptburg führte. Im Vorburgareal befand sich ein Gräberfeld. Darüber hinaus zeigen in der Vorburg Pfostenstellungen eine ebenerdige Bebauung mit Pfostenbauten an, vielleicht für Handwerkersiedlungen oder Truppenunterkünfte und Vorratsmöglichkeiten. In der Hauptburg (Abb. 7A) ist für die ottonische Zeit eine Kirche, die Liebfrauenkirche belegt, ein in Stein ausgeführter Hallenbau mit halbrunder Apsis von 5,80 x 10-10,40 m Innenraum. Sicherlich darf man sich in der Hauptburg neben der Kirche und anzunehmenden Verwaltungsgebäuden auch noch Wohngebäude für die gräfliche Familie und vielleicht auch einen Saalbau vorstellen, gehörte Ammerthal doch spätestens in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts den Grafen von Schweinfurt. Ammerthal, ihre südlichste Burg, bildete einerseits für die Schweinfurter eine wichtige Verbindung zum Bistumssitz Regensburg, wo sie weiteren Besitz hatten, andererseits mit oder neben Sulzbach-Rosenberg das machtpolitische Rückgrat ihrer Markgrafenschaft im bayerischen Nordgau, den sie seit 939 innehatten. Dies erklärt auch den machtvollen Ausbau der Burg in dieser Zeit mit einer Mörtelmauer und Türmen davor, die Errichtung einer abgetrennten Hauptburg mit Kirche. Diese Burg wurde nach Ausweis der archäologischen Quellen zerstört und abgebrochen. So sind flächige Brandspuren im Bereich der Vorburgmauer, insbesondere in Turm 2 (Abb. 6,3) zu nennen. Die Steinoberflächen zeigten im östlichen Teil der Vorburgmauer ab NN 449,60 flächige Brandspuren, im unteren Bereich mit 0,40-0,50 m Höhe stark durchglüht, rußig und abblätternd, darüber mit 0,40 m Höhe bis zum Mauerabbruch zusätzlich intensive Holzkohleschwärzung. Brandspuren gleicher Art fanden sich auch auf der Innenseite der östlichen Turmwange, ebenfalls ab dem gleichen Niveau, die somit das angehobene Laufniveau des Turms widerspiegeln. Die Front- und westliche Turmwangenmauer waren bis unter dieses Niveau abgebrochen, und so konnten die im Boden in der Planierschicht befindlichen Innenseiten des Fundaments keine Brandspuren mehr aufweisen. Nach dem Befund in der Südostecke spielte Brandeinwirkung bei der Zerstörung des Turms eine wesentliche Rolle. Abb. 8: Peterstirn bei Schweinfurt: 1 topographischer Plan – 2 Gesamtplan der Grabungen. – 3 Befundplan der Grabung Sage: 1 Pfostenlöcher, 2 Sohlgraben, 3 Keller oder Zisterne, 4 Turm, 5 Fundamentsockel, 6 Mauer, 7 Getreidespeicher (1 nach Rosenstock [Anm. 33], 2 u. 3 nach Scherbaum 2004 [Anm.30 ]). Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 Ferner fand sich im Torbereich nordwestlich vor der Hauptburgmauer ein Brandhorizont, der teilweise von der jüngeren Hofmauer überbaut war. In der Brandschicht lag ein Silberdenar König Heinrich II. von 1002 aus der Münzstätte Regensburg, der mit dem historisch überlieferten Zerstörungsdatum übereinstimmt24 . Darüber hinaus zeigen die Funde aus dem nördlichen Vorburgareal an, dass hier die Nutzung des Geländes mit dem 10. Jahrhundert weitgehend endete, d. h. dieser Bereich wurde nach der Zerstörung aufgegeben. Bei der Einnahme der Burg 1003 wurde auch die Kirche in der Hauptburg eingerissen, worauf ein Brandhorizont hinweist, bald darauf wurde sie jedoch in den gleichen Grundmaßen wieder neu errichtet (Abb. 7B)25 . Zudem bestätigen in der Hauptburg die nachfolgende Befestigung und der Wiederaufbau der Kirche diesen Zeitansatz, so dass die Eroberung und Schleifung der Burg 1003 auch archäologisch gesichert ist. Mit dem Niedergang der Schweinfurter Markgrafen war auch der Niedergang der Oberammerthaler Burg besiegelt, auch wenn es wohl unter dem letzten Schweinfurter Otto, der weiterhin Rechte im Nordgau besaß und dem auch die Grafenrechte zurückgegeben wurden, noch zu einer neu errichteten Befestigung kam, auf Abb. 6,C zu sehen. „Mit Haus saz er datz Ammerthal“.26 Diese jedoch, stark reduziert und Prähistorische Staatssammlung München Inv. Nr. 1996, 5201 MK MA 101 (ausgestellt im Vorgeschichtsmuseum der Oberpfalz Amberg). Münzstätte: Regensburg, König Heinrich II. (1002-1024), geprägt 1002/1009, Denar, Gew. 1,479 g. Vorderseite: Kreuz, in den Winkeln: Kreis/Winkel/3 Punkte/Winkel. Umschrift: HEINRICVS REX. Rückseite: Letternkirche, in der Mittel Münzmeistername: I⊃⊃IS. Umschrift: RC-NΛCIVITIΛS. Sehr gut erhalten und kaum umgelaufen. Lit. HAHN, W., Moneta Radasponensis (Braunschweig 1976) Typ 27 hl (zur Vorderseite vgl. Stempel IIIB, zur Rückseite vgl. Stempel 27 h l1). 24 Im Planiermaterial der ersten Burgkirche unter dem Laufniveau der zweiten Kirche fand sich ein zwischen 1039 und 1042 in Regensburg geprägter Denar Heinrich III., der den Wiederaufbau der Kirche datiert. Prähistorische Staatssammlung München Inv. Nr. 1996, 5201 MK MA 102 (ausgestellt im Vorgeschichtsmuseum der Oberpfalz, Amberg). Münzstätte: Regensburg, König Heinrich III, geprägt 1039/42, Denar, Gew. 1,280 g. Vorderseite: Gekrönte Büste rechts. Umschrift von oben nach unten vor dem Kopf: HCIN, dahinter: RI⊃C. Rückseite: Kreuz in den Winkeln: CDVX (Crux), Umschrift: +NOD~A CVICNC (aus RADASPONA CIVITAS). Prägefrisch. Lit. W. Hahn, Moneta Radasponensis (Braunschweig 1976) Typ 38 A (zur Vorderseite vgl. Stempel 38 A 5). - "Die frühere Zuteilung von H. Dannenberg Nr. 1084 an König Heinrich II. ist durch neuere Forschungen überholt;" so noch bei Schwarz 1978 (Anm. 18) 68 mit Abb. 15, 17 u. 18.. 25 Deutsche Reimchronik des Klosters Kastl, Vers 195-200. in: J. Moritz, Stammreihe und Geschichte der Grafen von Salzbach. Abhandlungen der Königlich Bayrischen Aka26 195 bedeutend schwächer ausgeführt, erfüllte sicherlich keine landespolitischen Aufgaben mehr und diente nach dem Tod Ottos nachweislich im Dienste verschiedener Adelsgeschlechter als Ministerialensitz. Nach Einnahme und Schleifung Amardelas zog der König nach dem Bericht Thietmars von Merseburg weiter vor die Burg Creußen, am Roten Main südlich von Bayreuth gelegen, „in der Graf Heinrichs Bruder dessen Gemahlin und ihre Kinder schützen sollte.“27 Thietmar von Merseburg berichtet darüber in Kapitel 34 und 35: „Graf Heinrich mit den Seinen aber kämpfte von außen gegen das Heer, das ringsum die Einschließung vollzogen hatte; er konnte manche verwunden und andere töten, wenn sie unvorsichtig Pferdefutter zu beschaffen suchten. Der König suchte durch Ausstellen von 400 Kriegern sorgsam, weitere ähnliche Vorfälle zu vermeiden und zwang den Feind zum Rückzug in ein entlegenes Tal. Und nun verriet eines Bauern schwatzhafte Zunge den Wachen ihren dortigen Lagerplatz. Da zog man in der Mittagshitze auf verborgenen Pfaden dorthin, und beim Anblick der Lagerzelte rief man mit lautem Kyrie eleison die Freunde zusammen; die Feinde ließen alles im Stich und flohen, nur Ernst wurde gefangen. Darüber waren sie bei der Rückkehr recht schlechter Stimmung, und trotzdem freuten sich ihre Gefährten sehr. Der Gefangene wurde dem König vorgeführt, und die Ritter sprachen ihm das Todesurteil; doch wurde er auf die dringende Bitte des Erzbischofs Willigis von Mainz durch eine dem König genehme Loskaufsumme ersetzt. Graf Bukko aber beriet sich auf die Kunde von der Flucht seines Herrn voll tiefer Sorge mit seinen Gefährten über die weiteren Maßnahmen. Man war verschiedener Ansicht. Einige erklärten, wegen der ihrem Herrn gelobten Treue und um dem dauernden Vorwurf der Feigheit zu entgehen, wollten sie lieber sterben, als jemals die Burg mit solchen Pfändern dem Könige ausliefern. Solange ihr Herr noch am Leben sei, müsse man immer auf Entsatz hoffen. Andere Einsichtigere stellten fest, reißendem Wasser und einem mächtigen Manne Widerstand zu leisten, sei misslich. Besiegte fänden selten oder nie Gnade; auch behaupteten sie, jetzt von Verlusten und Wunden noch unbeeinträchtigt, könne man beim Könige freien Abzug mit ihrer Herrin, mit sonstigem Gut und aller Mannschaft erwirken. Auf ihren Rat hin dürfte sich Bukko als Befehlshaber der Burg mit Otto, dem Bruder seiner Herrin verständigt und durch seine Vermittlung die Burg in die Gewalt des Königs übergeben haben. Der König ließ die Burg sofort von Grund auf zerstören; weil jedoch dieser Auftrag mit Schonung ausgeführt wurde, blieb sie samt den Gebäuden zum großen Teile erhalten.“ demie der Wissenschaften Hist. Classe I,2 (München 1833) 12 f. 27 Thietmar von Merseburg, Buch V, Kapitel 34 (Anm. 3). 196 Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 Ausgrabungen der letzten Jahre erbrachten für die 1003 zerstörte, aber nach Thietmar wohl samt den Gebäuden zum großen Teil erhalten gebliebene Burg, einige Ergebnisse. Die Burg castellum Crusni umfasste wohl den ganzen Bergsporn mit dem heutigen Ort (Abb. 3,3 u. 4,2 sowie Abb. 9). Auf einem hohen Terrassensporn von 140 x 130 m über dem Roten Main liegt die heutige Oberstadt mit dem Mauerbezirk und der Jacobus-Kirche darin. Die Grabungen zeigten Mauern des 9./10. Jh. bis ins ausgehende 10. Jahrhundert, darunter eine Mauer mit qualitätsvollem, monolithischem Fenster, wohl aus der Zeit Hezilos.28 Während der Belagerung Creußens durch den König versuchte Boleslaw, die Burg Meißen mit Hilfe seines Schwagers in seine Gewalt zu bringen, was jedoch scheiterte. „Doch Graf Heinrich merkte, dass es mit seiner Macht aus war, und begab sich in Eile nach der Burg Kronach; dort fand Graf Heinrich Siegfried vor, der ihn mit Hilfstruppen erwartete; doch er konnte weder sich selbst noch ihm irgendwelchen Erfolg von einem Aufstand in dieser Gegend versprechen. Nach langen gemeinsamen Beratungen steckte er schließlich die Burg in Brand und begab sich mit seinen übrigen Anhängern zu Boleslaw, der damals Böhmen besetzt hielt. Siegfried, der sich in der Hoffnung auf offenen Kampf getäuscht sah, folgte ihnen allerdings nicht, sondern entschloss sich, sein Vergehen wieder gut zu machen, und kehrte heim. Dem Könige war es eine Genugtuung, als er auf der Verfolgung des weichenden Gegners bei Kronach sah, wie der Feind schon vor ihm alles zerstört hatte.“ 29 Über Kronach, urbs crana , wissen wir aus archäologischer Sicht noch sehr wenig, die Burg dürfte auf dem Bergsporn der Altstadt (Abb. 3,5 u. 4,3 sowie Abb. 9) zu suchen sein, einen beherrschenden, nach drei Seiten steil abfallenden Terrassensporn im Mündungswinkel zwischen Haßlach und Kronach.30 1125 gründete dann Bischof Otto von Bamberg das steinerne Haus, die spätere „Veste Rosenberg“. Emmerich (Anm. 5) 72 ff.; Schwarz 1974/75 (Anm. 9) 252 Abb. 64,2; 254, Schwarz 1975 (Anm. 6) 402 Abb. 59,3; M. Wintergerst, Grabungen in der Burg der Schweinfurter Grafen in Creußen. Arch. Jahr in Bayern 2001, 140 ff. Die Grabungen werden m.W. von Herrn Pfaffenberger vorgelegt. 28 29 Thietmar von Merseburg, Buch V, Kapitel 38 (Anm. 3). Umfangreiche Untersuchungen des Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, Bamberg unter der örtlichen Leitung von W. Feil auf der feste Rosenberg erbrachten keine der Heziloburg zuzuordnenden Funde oder Befunde. Freundlicher Hinweis W. Feil, so J. Scherbaum, Die Peterstirn bei Schweinfurt. Zu Ort und Geschichte. In: E. Schneider/B. Schneidmüller (Hrsg.), vor 1000 Jahren – Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain 1003. Schweinfurter Museumsschriften 118 (Schweinfurt 2004) 195-207, Anm. 29. 30 „Nun entsandte der König“, so Thietmar von Merseburg, „den Bischof der Würzburger Kirche und den Abt des Klosters Fulda, um die Burg Schweinfurt niederzubrennen und zu zerstören. Graf Heinrichs Mutter Eila empfing und begrüßte die Herren bei ihrer Ankunft ihrem Range entsprechend; als sie aber die königliche Weisung vernommen hatte, eilte sie entsetzt in die Kirche und erklärte, lieber wolle sie dort verbrennen, als lebend der Brandstiftung weichen. Daher stellten die Herren christliche Nächstenliebe über weltliche Bedenken und milderten den ergangenen Spruch. Sie brachen lediglich die Mauern und Gebäude und trösteten die bekümmerte Frau mit dem Versprechen, wenn es in des Königs Gnade möglich sei, würden sie alles von sich aus wiederherstellen lassen.“31 Die erst 1003 historisch genannte Stammburg der Schweinfurter Grafen ist auf der Peterstirn (Abb. 3,4 und Abb. 9) zu lokalisieren, einem vorspringenden Bergsporn mit steil abfallenden Seiten auf der Westund Südostseite zum Main hin.32 Ein vor 1015 gegründetes Kloster als Grablege für die letzten Mitglieder des Schweinfurter Geschlechts verweist darauf, dass die Burg tatsächlich erhalten blieb. 1986 und 1988 fanden auf der Burg, Ausgrabungen statt (Abb. 8), die gut vermörtelte Bruchsteinmauern von 1,80 m Dicke, vielleicht den Eckverband eines Turmes der Befestigung des castellum Suinvordi zutage brachten.33 Auf der Peterstirn sind heute noch Reste eines tiefen Halsgrabens erkennbar, demnach war die Burg etwa 120 m lang und 40-60 m breit und besaß etwa eine Größe von 0,6 ha. Zu dieser Burg gehörte im Vorfeld ein Suburbium, womit sich das Areal auf 1,6 ha vergrößern würde. Die Burg gelangte 1112 an das Hochstift Eichstätt, das das gesamte Schweinfurter Erbe der Markgrafen als Schenkung erhielt. Nach Zerstörung der Schweinfurter Stammburg zog der König dann „nach Bamberg, wo er sein Heer in Frieden entließ und das Geburtsfest der Gottesmutter in festlicher Freude beging. Von da begab er sich in den Forst Spessart, um sich dort durch das Vergnügen der Jagd von den Anstrengungen des Feldzuges zu erholen.“ 34 31 Thietmar von Merseburg, Buch V, Kapitel 38 (Anm. 3). 32 Schwarz 1975 (Anm. 6) 394 Abb. 51,2. W. Sage, Testgrabungen auf der Peterstirn zu Schweinfurt. Arch. Jahr Bayern 1988 (Stuttgart 1989) 141 ff; W. Sage, Die Peterstirn bei Schweinfurt zum Beginn eines Ausgrabungsvorhabens der Universität Bamberg. In: H. Helmwart (Hrsg.), Festschrift S. Oppolzer (Frankfurt 1989) 250-265; D. Rosenstock, Das vorstädtische Schweinfurt. Frankenland 43, 1991, 88 ff.: Scherbaum 2004 (s. Anm. 30). 33 34 Thietmar von Merseburg, Buch V, Kapitel 38 (Anm. 3). Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter, Ettel 185 - 197 Schluss Nach der Auflehnung gegen den König wurde 1003 die Herrschaft der Schweinfurter zerschlagen, ihre Burgen zerstört. Schon aus der historischen Überlieferung wird jedoch deutlich, dass die Burgen nicht im Sturm, sondern in der Regel durch Belagerung, Verhandlungen erobert wurden. Dies wirft auch ein Licht auf die Stärke der Burgen, glaubten doch auch die Zeitgenossen nicht, dass die castella munimenta der Schweinfurter erobert werden könnten.35 Burgen bildeten im 10. Jahrhundert zunehmend das Rückgrat der erstarkenden, lokalen Amtsträger und Herrschaftsdynastien, dies wird zunächst mit den älteren Babenbergern, dann schließlich mit den Schweinfurter Markgrafen deutlich, deren Macht, so in den Quellen beschrieben, sich auf mehrere Burgen stützte, von denen aus sie die Herrschaft über das Land kontrollierten. Hier erscheint in Nordostbayern, vor allem in Oberfranken/Oberpfalz zum ersten Mal eine in hochadeliger Hand befindliche Burgengruppe und –organisation, die 1003 durch den König ihr Ende findet. Über das Aussehen, ihre Lage, Befestigung und Bebauung geben uns die historischen Quellen kaum Auskunft, sie werden nur als starke Befestigungen angesprochen. Ihre militärische Funktion steht außer Frage, ihre Grenzsicherungsfunktion z.B. gegen die Ungarn wird des Öfteren betont und ihre wichtige Rolle in militärischen Auseinandersetzungen, insbesondere bei den großen Fehden, kommt deutlich zum Ausdruck.36 Zumindest die größeren Burgen müssen zur Aufnahme von weiteren Truppen eingerichtet gewesen sein, Nabburg und Cham waren groß genug, um den König mit seinem Gefolge eventuell auch mit dem Heer, aufzunehmen.37 Die Burgen der Schweinfurter Grafen bildeten gleichsam den Abschluss der Entwicklung im frühmittelalterlichen Burgenbau.38 Wie die Grabungen in Burgkunstadt, Banz und Oberammerthal sowie wenn zugehörig, auch in Sulzbach-Rosenberg belegen, handelte es sich hier jedoch nicht um neu errichtete Anlagen, sondern um bereits länger bestehende Burgen, die unter den Schweinfurtern ausgebaut und verstärkt wurden. 197 1003 wurden die Schweinfurter Burgen dann von König Heinrich II. nachweislich zerstört. Die Ausgrabungen in der Burg von Oberammerthal legen davon ein beredtes Zeugnis ab. Der militärische, machtpolitische Faktor der Burgen tritt in der Auseinandersetzung zwischen König Heinrich und dem Markgrafen von Schweinfurt deutlich zutage, die Burgen der Schweinfurter bildeten Mittelpunkte und Rückgrat einer frühen, landesherrschaftlichen Struktur, mit ihnen stand und fiel die Macht. Im 11. Jahrhundert spielten große Burgen dieser Art kaum eine Rolle mehr. Jetzt wurden Burgen kleineren Ausmaßes und neuen Typs - kleine Höhenburgen mit Herkunftsnamen oder Turmhügel und ebenerdige Ansitze - bestimmend, sei es als Ministerialsitz oder als militärischer Stützpunkt der Territorialherrschaft, später als Sitz eines Amtes im Rahmen der Landesverwaltung wie in Karlburg39 oder auch in Oberammerthal (Abb. 6C). Adalboldi, Vita Heinrici II, imp. MGH SS4, S. 690 ff.; R. Endres, Zur Burgenverfassung in Franken. In: H. Patze (Hrsg.), Die Burgen im deutschen Sprachraum. Vorträge u. Forsch. 19,2 (Sigmaringen 1976) 301. 35 D. Rödel, Analyse der historischen Quellen. In: Ettel 2001 (s. Anm. 19) 279-300. 36 37 Emmerich (s. Anm. 5) 81 ff. 84 ff. 38 Zur Entwicklung des frühmittelalterlichen Burgenbaus: Ettel 2001 (Anm. 19) 195-242;P. Ettel, Die Burgen zu Castell und ihre Bewertung im Rahmen des frühmittelalterlichen Burgenbaus in Nordbayern. In: A. Wendehorst (Hrsg.), Das Land zwischen Main und Steigerwald im Mittelalter. Erlanger Forschungen 47 (Erlangen 1998) 99 ff. 39 P. Ettel, Ausgrabungen im frühmittelalterlichen Karlburg. In: M. Burdukiewicz/L. Fiedler/W.-D. Heinrich/A. Justus u. E. Brühl (Hrsg.), Erkenntnisjäger – Kultur und Umwelt des frühen Menschen. Festschrift für D. Mania. Veröff. Landesamt f. Arch. Sachsen-Anhalt 57 (Halle 2003) 177-192; ders., Karlburg on Main (Bavaria) and its role as a local centre from late Merovingian through Ottonian times. In: J. Henning (Hrsg.), Tagung Bad Homburg Oktober 2004 (im Druck).