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Originalien Schmerz 2009 DOI 10.1007/s00482-009-0827-0 © Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes. Published by Springer Medizin Verlag - all rights reserved 2009 A. Schütze1 · U. Kaiser1 · U. Ettrich1, 2 · K. Große1 · G. Goßrau1, 3 · M. Schiller1 · K. Pöhlmann4 · K.  Brannasch1, 5 · R. Scharnagel1, 6 · R. Sabatowski1, 6 1 Universitäts SchmerzCentrum, Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“, Technische Universität Dresden 2 Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Universitätsklinikum Dresden 3 Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Dresden 4 Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Dresden 5 Universitäts PhysiotherapieZentrum, Universitätsklinikum Dresden 6 Klinik für Anaesthesiologie und Intensivtherapie, Universitätsklinikum Dresden Evaluation einer multimodalen Schmerztherapie am UniversitätsSchmerzCentrum Dresden Hintergrund und Ziele Neueren Erhebungen und Umfragen zufolge gibt es in Deutschland ca. 11 Mio. Menschen, die unter chronischen Schmerzen leiden, jeder dritte deutsche Erwachsene ist davon betroffen [3]. Diese Zahlen machen deutlich, dass in Deutschland ein hoher Bedarf an schmerztherapeutischen Einrichtungen besteht. Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte auf diesem Gebiet zeigten auf, dass sich multimodale Behandlungsprogramme nach dem Konzept der „functional restoration“ gegenüber früheren, unimodalen Programmen als deutlich überlegen erwiesen. Vor allem bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen haben diese Programme ihre Effektivität bewiesen [18]. Verschiedene Studien und Metaanalysen führten zu Ergebnissen, die sowohl für die kurzfristige als auch für die langfristige Wirksamkeit multimodaler Schmerztherapie sprechen, jedoch sind die untersuchten Therapieprogramme zumeist diagnoseabhängig [7, 9, 12, 17] oder beschränken sich auf bestimmte Altersgruppen [10, 14]. Etwa 50% aller chronischen Schmerzpatienten leiden an wirbelsäulenassoziierten Schmerzen – die andere Hälfte der Schmerzdiagnosen bezieht sich u. a. auf Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen oder multilokuläre Schmerzen. Auch Patienten mit wirbelsäulenunabhängigen chronischen Schmerzen bedürfen häufig einer spezialisierten Schmerztherapie, um Chronifizierung vorzubeugen. Gerade in diesem Bereich gibt es allerdings bisher nur wenige Publikationen. Eine aktuelle deutsche Studie beschreibt die Wirksamkeit eines diagnoseunabhängigen, multimodalen Verfahrens im Rahmen von Kleingruppen und zeigt, dass mithilfe einer multimodalen Schmerztherapie sehr gute und auch stabile Behandlungsergebnisse bei chronischen Schmerzpatienten erzielt werden können [19]. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Wirksamkeit einer multimodalen, diagnoseunabhängigen Schmerztherapie bei größeren Behandlungsgruppen (>8 Patienten) zu überprüfen. Darüber hinaus interessierte die Fragestellung, ob das interdisziplinäre Konzept für verschiedene Schmerzstörungen ähnliche oder unterschiedliche Behandlungserfolge zeigt. Multimodale Schmerztherapie am UniversitätsSchmerzCentrum (USC) Dresden Die Tagesklinik am USC Dresden wurde 2004 als gemeinsames Projekt 4 verschiedener Fachkliniken (Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Klinik für Orthopädie und Klinik für Neurologie) gegründet und verfolgt ein indi- viduelles befund- und ressourcenorientiertes Therapiekonzept mit dem Schwerpunkt auf körperlicher und psychischer Aktivierung [15]. Etwa 6 Wochen vor Beginn der tagesklinischen Behandlung erfolgt ein umfangreiches multiprofessionelles Assessment gemäß OPS 1-910. Dies beinhaltet ein ausführliches schmerztherapeutisches Eingangsgespräch sowie eine psychologische Anamnese mit anschließendem standardisiertem, diagnostischem Interview anhand des DIA-X [21] zur ersten Abklärung der Indikation zur Aufnahme. Ist diese gegeben, wird eine orthopädische, neurologische und sportmedizinische Untersuchung angeschlossen, die unter Berücksichtigung früherer Befundeinschätzungen sowohl den körperlichen Status erhebt als auch die körperliche Belastbarkeit für den Aufenthalt beurteilt. Zusätzliche Diagnostik wird auf dieser Grundlage je nach individuellem Bedarf veranlasst. Alle Eingangsbefunde fließen in den interdisziplinären Teambesprechungen zusammen und bilden die Grundlage zur Diagnosestellung und für den Therapieplan, der in der Therapiezeit an aktuelle Informationen angepasst und modifiziert wird. A. Schütze und U. Kaiser trugen zu gleichen Teilen zu der Publikation bei. Der Schmerz 2009  |  Originalien Tab. 1  Wochenplan Schmerztagesklinik/Woche 2 Montag 8:15 Eintreffen der Patienten 8:20–9:00 Frühsport 9:00–9:30 Frühstück 9:30–9:55 Patienten-/Therapeutengespräch 10:00–11:15 Fertigkeitentraining 11:45 –12:45 Physiotherapie Dienstag 8:15 Eintreffen der Patienten 8:20–9:00 Frühsport 9:00–9:30 Frühstück 9:30–11:00 Basisgruppe Mittwoch 8:15 Eintreffen der Patienten 8:20–9:00 Frühsport 9:00–9:30 Frühstück 9:30–11:00 Basisgruppe Donnerstag 8:15 Eintreffen der Patienten 8:20–9:00 Frühsport 9:00–9:30 Frühstück 9:30–11:00 Basisgruppe 11:15 –12:45 Physiotherapie (Ausdauer) 11:15–12:45 Physiotherapie 11:15–12:45 Physiotherapie (Einzeltherapie) 13:00–13:30 Mittagspause 13:30–15:00 Einzeltherapie 15:00–16:15 Ergotherapie 13:00–13:30 Mittagspause 13:30–15:00 Einzeltherapie 15:15–16:15 Atemtherapie/ Körperwahrnehmung 13:00–13:30 Mittagspause 13:30–14:30 Entspannung 14:45–16:15 Fertigkeitentraining 13:00–13:30 Mittagspause 13:30–15:00 Einzeltherapie 15:00–16:15 Ergotherapie Die grundlegende Idee des tagesklinischen Behandlungskonzeptes ist eine befund- und ressourcenorientierte Therapie mit Verlagerung des Behandlungsschwerpunktes von einer rein fachspezifischen zu einer integrativen Therapie gestörter körperlicher, psychischer und sozialer Funktionen. Im Vordergrund der Therapie stehen die körperliche Aktivierung im Rahmen gezielter, v. a. ganzheitlich orientierter Physiotherapie und eine verhaltenstherapeutisch orientierte Psychotherapie zur psychischen Aktivierung. Ergänzt werden diese Bausteine durch atemtherapeutische Ansätze, Entspannung sowie Ergotherapie und Sozialberatung. Vorrangiges Ziel ist neben einer Reduktion der Schmerzintensität die Sensibilisierung der Patienten für ein biopsychosoziales Schmerzmodell. Mithilfe von Informationen, individuellen Gesprächen und neuen Erfahrungen sollen eine angemessene Einordnung des Befundes durch die Patienten und eine Veränderung des oft passiven, somatischen Krankheitsmodells erreicht werden. Weiteres Ziel ist die Motivierung der Patienten für eine langfristige, selbstverantwortliche Veränderung ihrer Schmerz- und Lebenssituation [15]. Der Therapiezeitraum erstreckt sich  |  Der Schmerz 2009 Freitag 8:15 Eintreffen der Patienten 8:20–9:00 Frühsport 9:00–9:30 Frühstück 9:30–10:15 Atemtherapie/ Körperwahrnehmung 10:30–11:15 Physiotherapie 11:30–13:00 Fertigkeitentraining/Wochenrückblick 13:00–13:30 Mittagspause 13:30–14:30 Entspannung 15:00–16:15 Einzeltherapie den und Umgebung, die dadurch in ihrem häuslichen Umfeld verbleiben können und somit eine realistische Alltagsbelastung erfahren. Voraussetzungen für die Aufnahme in das multimodale tagesklinische Programm sind ausreichende Motivation, sich auf dieses zeitintensive Konzept einzulassen, und ausreichende körperliche Belastbarkeit. Zu den Ausschlusskriterien zählen akute organische Befunde, schwere psychiatrische Erkrankungen sowie ungenügende Motivation und geringe körperliche Belastbarkeit. In der Regel werden Patienten mit laufenden Rentenverfahren nicht in das Programm eingeschlossen. Die Zuweisung der Patienten erfolgt durch die interne Schmerzambulanz, über spezielle Schmerztherapeuten sowie über Hausärzte. Methodik Stichprobe und Ablauf über 5 Wochen bzw. 128 h. Er setzt sich zusammen aus einer 4-wöchigen Hauptbehandlungsphase, an die sich nach weiteren 10 Wochen eine Wiederholungswoche anschließt. Somit ist die Behandlung als therapieintensiv einzuschätzen und zählt dadurch zu den wirkungsvolleren Ansätzen mit höherem Behandlungserfolg [9]. Die Behandlungen erfolgen primär in Gruppen mit 12 Patienten, teilweise auch als Einzeltherapie. Die angebotenen Behandlungsbausteine wechseln sich innerhalb eines strukturierten Tagesprogramms ab (. Tab. 1). Die Wiederholungswoche dient der Auffrischung der gelernten Therapieinhalte. Hier haben die Patienten die Möglichkeit, Erfahrungen, die im Alltag mit der Umsetzung der vereinbarten Therapieansätze entstanden sind, zu berichten, zu diskutieren, diese erneut anzupassen und ggf. neue Ansätze zu vereinbaren. Patienten der Tagesklinik des USC Dresden füllen regulär Fragebögen aus, wenn sie an der Therapie teilnehmen. Diese Fragebögen werden zu Beginn der Therapie, zum Abschluss, zur Wiederholungswoche, nach einem halben Jahr und zur Einjahreskatamnese (T1–T5) durch das USC ausgeteilt bzw. versendet. Sie werden nach dem Rücklauf elektronisch erfasst und ausgewertet. Die Datenerhebung erfolgte prospektiv zu folgenden Zeitpunkten: Therapieanfang (T1), Therapieende (T2; 4 Wochen nach Therapiebeginn), Wiederholungswoche (T3; 10 Wochen nach Therapieende), zur Halbjahres- (T4; 6 Monate nach der Wiederholungswoche) und Jahreskatamnese (T5; 12 Monate nach der Wiederholungswoche). Das Vorgehen zu dieser Studie wurde von der lokalen Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden beraten und positiv bewertet. Zielgruppe und Ausschlusskriterien Diagnostischer Prozess und Zielkriterienmessung Die interdisziplinäre Tagesklinik bietet die Möglichkeit einer intensiven Therapie für chronische Schmerzpatienten aus Dres- In die Diagnosestellung auf körperlicher Ebene flossen die Befunde aus den einzelnen medizinischen Bereichen ein, die Zusammenfassung · Abstract Schmerz 2009   DOI 10.1007/s00482-009-0827-0 © Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes. Published by Springer Medizin Verlag - all rights reserved 2009 A. Schütze · U. Kaiser · U. Ettrich · K. Große · G. Goßrau · M. Schiller · K. Pöhlmann · K.  Brannasch · R. Scharnagel · R. Sabatowski Evaluation einer multimodalen Schmerztherapie am UniversitätsSchmerzCentrum Dresden Zusammenfassung Hintergrund.  Die multimodale Schmerztherapie am UniversitätsSchmerzCentrum Dresden ist ein 4-wöchiges, teilstationäres, multimodales Behandlungsprogramm für chronische Schmerzpatienten mit einer sich nach 10 Wochen anschließenden Wiederholungswoche. Die Therapie findet in größeren Gruppen (12 Personen) statt. Primäres Therapieziel ist eine Sensibilisierung des Patienten für eine biopsychosoziale Sichtweise seiner Krankheit sowie im Weiteren die Wiederherstellung der objektiven und subjektiven Funktionsfähigkeit („functional restoration“) anhand eines befund- und ressourcenorientierten Vorgehens. Methodik.  Für die Evaluation der Dresdner Schmerztherapie wurden folgende Kriterien untersucht: Katastrophisieren (CSQ), Angst und Depressivität (HADS-D), die durchschnittliche Schmerzstärke (NRS), die schmerzbedingte Beeinträchtigung (PDI) sowie die gesundheitsbezogene Lebensqualität und Vitalität (SF-36). Die Messung erfolgte am Anfang und am Ende der 4-wöchigen Therapie, nach der Wiederholungswoche sowie ein halbes und 1 Jahr nach Behandlungsende. Ergebnisse.  Von Januar 2006 bis August 2007 wurden 189 Patienten behandelt. Bei allen untersuchten Parametern zeigten sich über den Zeitverlauf hinweg statistisch signifikante Veränderungen mit niedrigen bis hohen Effektstärken (ES 0,20–0,95). Bis zu 1 Jahr nach Beendigung der Wiederholungswoche blieben diese Ergebnisse stabil. Hinsichtlich der Variablen Katastrophisieren und Schmerzstärke konnten 1 Jahr nach der Therapie hohe Effekte erzielt werden (ES 0,86 bzw. 0,95). Die Schmerzlokalisation beeinflusste den Therapieerfolg nicht, sowohl Rü- cken- als auch Kopfschmerzpatienten und Patienten mit anderen Schmerzen konnten von der Therapie profitieren. Schlussfolgerung.  Die multimodale Schmerztherapie führt in einer Gruppenstärke von 12 Patienten kurzfristig sowie langfristig zu einer signifikanten und klinisch relevanten Verbesserung von Schmerzintensität, Lebensqualitätsparametern und psychologischen Faktoren. Auch bei chronifizierten Schmerzpatienten konnten stabile Behandlungsergebnisse erreicht werden, unabhängig davon, unter welcher Schmerzlokalisation die Patienten litten. Schlüsselwörter Chronischer Schmerz · Multimodale Schmerztherapie · Rückenschmerz · Kopfschmerz · Jahreskatamnese Evaluation of a multimodal pain therapy at the University Pain Centre Dresden Abstract Background.  Data of a multimodal pain management program of the multidisciplinary pain management centre at the University Hospital of Dresden is presented. Over a period of 4 weeks, supplemented by an additional week 3 months later (booster week), patients with chronic pain of different origins are being treated in groups of 12. Based on the principles of the biopsychosocial pain model and the idea of functional restoration, the program is dedicated for pain patients where outpatient treatment was insufficient. Methods.  The program was evaluated on the basis of pain intensity (NRS), pain disability (PDI), fear and depression (HADS-D), cata- strophizing (CSQ) and health-related quality of life and vitality (SF-36). The data were collected at the beginning and end of the initial 4 week treatment period, at the end of the booster period as well as 6 and 12 months after the end of active treatment. Results.  A total of 189 patients were included in the program in the period from January 2006 until August 2008. All outcome parameter showed statistically significant improvements with small to high effect sizes (ES 0.20–0.95). The results stayed stable even 1 year after the treatment. The highest effect sizes were found in catastrophizing (ES 0.86) and average pain intensity (ES 0.95). The pri- mary pain diagnosis (e. g. low back pain versus headache) had no impact on treatment outcome. Conclusion.  Significant and clinically relevant improvements could be achieved with the multimodal pain management program in groups of 12 patients. The results were stable over a time period of 1 year. Pain diagnosis had no impact on the outcome. Keywords Key words: Chronic pain · Multimodal pain management · Back pain · Headache · Catamnesis after 1 year Der Schmerz 2009  |  Originalien Tab. 2  Zielkriterien und Messinstrumente Zielkriterien Katastrophisieren Angst und Depressivität Schmerzbedingte Beeinträchtigung Körperliche und psychische Lebensqualität Durchschnittliche Schmerzintensität 9 Die Zielkriterien leiten sich von den Standardkriterien der DGSS ab. Außerdem wurden soziodemografische Merkmale wie Alter, Geschlecht, Schulabschluss, Erwerbstätigkeit sowie das Mainzer Chronifizierungsstadium (MPSSM; [8]) mithilfe des Standardfragebogens der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) erfasst. Die Auswertung wurde anhand folgender Fragestellungen vorgenommen: 1. Inwieweit werden die Ausprägungen der Zielkriterien während der Therapiephase verändert (kurzfristige Wirksamkeit)? 2. Inwieweit werden die Ausprägungen der Zielkriterien zu den Zeitpunkten T3–T5 verändert (mittel- und langfristige Wirksamkeit)? 3. Hat die Zugehörigkeit der Patienten zu einer bestimmten Diagnosegruppe einen Einfluss auf die Veränderung der Zielkriterien? 19 Datenauswertung 20 13 10 Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Programmpaket Superior Performance Software System (SPSS® – Version 14.0). Entsprechend den Fragestellungen wurde das Vorgehen wie folgt gewählt: 1. Zur Einschätzung der Wirksamkeit wurde zuerst die Veränderung der Zielkriterien bezüglich T1 und T2 (kurzfristige Wirksamkeit) auf ihre Signifikanz hin überprüft. Dazu wurden paarweise Einzelvergleiche über die betreffenden Parameter mithilfe von t-Tests durchgeführt. 2. Die Veränderungen von T1 nach T3– T5 (mittel- bis langfristige Wirksamkeit) wurden anhand von Varianzanalysen (ANOVA) mit Messwiederholungen auf Signifikanz untersucht. 3. Für die Auswertung hinsichtlich der Bedeutung von Diagnosegruppenzugehörigkeit auf den Therapieer- Tab. 3  Soziodemografische Daten zu Therapiebeginn (n=189) Alter Minimum 22 Jahre Maximum 69 Jahre Mittelwert 49,3 (SD=10,4)   Häufigkeit Geschlecht Männlich 43 Weiblich 146 Schulabschluss Kein Abschluss 2 Hauptschulab- 35 schluss Realschulab95 schluss Abitur 7 Hochschulab47 schluss Erwerbs-/Arbeitstätigkeit Voll erwerbs54 tätig Teilzeitbeschäf- 17 tigt Nicht erwerbs- 35 tätig Arbeitslos 38 Arbeitsunfähig 25 Sonstiges 19       Prozent 23 77 1 19 51 4 25 29 sich im Rahmen der internen Diagnostik oder aus früheren Diagnostiken ergaben. Zusätzliche psychische Erkrankungen wurden durch den Einsatz eines standardisierten Interviews, dem Composite International Diagnostic Interview (CIDI; [21]) exploriert und mithilfe des klinischen Eindrucks aus der psychologischen Anamnese als Diagnose formuliert. Die endgültigen Diagnosen sowohl im somatischen als auch im psychischen Bereich wurden im Rahmen der interdisziplinären Teambesprechungen diskutiert und festgelegt. In . Tab. 2 werden die von uns definierten Zielkriterien für den Behandlungserfolg sowie die zu ihrer Erhebung eingesetzten Messinstrumente dargestellt.  |  Der Schmerz 2009 Messinstrument Coping Strategy Questionnaire, CSQ [20] Hospital Anxiety and Depression Scale, HADS [11] Pain Disability Index, PDI [6] Short Form-36 Health Survey, SF-36 [4] Numerische Rating-Skala, NRS [16] folg wurden die Diagnosegruppen „Rückenschmerz“, „Kopfschmerz“ und „sonstige Schmerzen“ gebildet. Es wurde stets die Hauptdiagnose als Zuweisungsdiagnose verwendet. In die Gruppe „sonstige Schmerzen“ wurden alle Patienten eingeschlossen, deren Schmerzlokalisation auf andere Körperbereiche als Rücken bzw. Kopf entfielen (z. B. Gesichtsschmerz, Gelenkschmerz, multilokulärer Schmerz). Die Veränderungen hinsichtlich der Therapie in Abhängigkeit von der Diagnosegruppe wurden mithilfe einer 2-faktoriellen Varianzanalyse untersucht. Durch Post-hoc-Tests wurde überprüft, welche der Diagnosegruppen sich signifikant voneinander unterscheiden. 4. Die soziodemografischen Daten wurden anhand von Häufigkeiten ausgewertet. Die Einschätzung der klinischen Bedeutsamkeit der Effekte erfolgte durch die Berechnung von Effektstärken. Ergebnisse Stichprobencharakteristika Für den Zeitraum T1–T2 (Januar 2006August 2007) lagen von 189 behandelten Patenten insgesamt 188 vollständige Datensätze vor. Für die Überprüfung des Therapieerfolges über 3 Messzeitpunkte (T1–T3) konnten die Daten von 156 Personen ausgewertet werden. Zum Zeitpunkt der Datenauswertung umfasste die Stichprobe der Patienten, die die Halbjahreskatamnese ausgefüllt hatten, 99 Personen. Vollständige Datensätze über 5 Messzeitpunkte (T1–T5) lagen von 37 Patienten vor. Die geringeren Teilnehmerzahlen zu den späteren Messzeitpunkten erklären sich durch die noch andauernde Datenerhebung. Es ergaben sich innerhalb der Teilstichproben bezüglich T3–T5 keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Alter, Geschlecht, Chronifizierung (MPSS) oder den Ausgangswerten der Zielkriterien, sodass von einer einheitlichen Gesamtstichprobe ausgegangen werden kann. Die . Tab. 3 enthält eine Beschreibung der Stichprobe hinsichtlich soziode- Tab. 4  Chronifizierungsstadium, somatische Diagnose und psychische Komorbidität Tab. 5  Behandlungsverlauf der Gesamtstichprobe       Häufigkeit Chronifizierungsstadium Stadium I 22 Stadium II 64 Stadium III 95 Somatische Hauptdiagnose Rückenschmerzen 94 Kopfschmerzen 32 Andere Schmerzen 63 Psychische Komorbidität Affektive Stö61 rungen Angststörungen 40 Somatoforme Stö- 146 rungen Andere Störungen 19 Anzahl psychischer Diagnosen Keine Diagnose 16 1 Diagnose 58 2 Diagnosen 35 3 Diagnosen 28 4 und mehr Dia33 gnosen Prozent Katastrophisieren (CSQ) 12 35 53 Angst (HADS-D) 50 17 33 Durchschnittliche Schmerzstärke (NRS) Schmerzbedingte Beeinträchtigung (PDI) Körperliche Lebensqualität (SF-36) Psychische Lebensqualität (SF-36) 36 24 86 11 9 34 21 17 19 mografischer Daten wie Alter, Geschlecht, Schulabschluss und Erwerbs- bzw. Arbeitstätigkeit zum Therapieanfang. Die Patienten der Schmerztagesklinik waren im Durchschnitt 49 Jahre alt, 77% der Patienten waren weiblich, und 51% verfügten über einen Realschulabschluss. Zum Therapiebeginn waren 29% der Patienten voll erwerbstätig und 13% arbeitsunfähig. Mehr als 50% der in der Tagesklinik behandelten Patienten befanden sich im Chronifizierungsstadium III des Mainzer Chronifizierungsmodells; 50% aller Patienten litten unter chronischen Rückenschmerzen, 17% waren Kopfschmerzpatienten, 33% litten unter andernorts lokalisierten chronischen Schmerzen. Nur 9% aller interviewten Personen bekamen keine psychische Diagnose zugewiesen, mehr als die Hälfte litt unter 1 oder 2 psychischen Störungen (34 und 21%), bei 17% der Patienten wurden 3 Diagnosen gestellt, knapp ein Fünftel erhielt 4 oder mehr Diagnosen. Am häufigsten vertreten waren die somatoformen Störungen (86%), 36% der Patienten litten unter einer affektiven Störung, 24% aller Patienten litten unter einer Angststörung (. Tab. 4). Depressivität (HADS-D) Vitalität (SF-36) T2 (N=188) 2,38 1,09 6,61 3,74 5,97 3,87 5,58 1,85 T3 (N=156) 2,14 1,20 5,96 4,00 5,63 4,06 5,33 2,01 T4 (N=99) T5 (N=37) MW SD MW SD MW SD MW SD T1 (N=189) 2,70 1,10 7,34 3,79 7,23 3,95 6,05 1,69 2,04 1,27 5,70 3,92 5,46 3,54 4,96 2,19 1,68 1,18 5,81 4,50 5,89 4,24 4,67 2,18 MW SD 31,60 12,40 28,86 13,48 25,44 14,00 25,21 14,30 23,36 12,82 MW SD 32,47 8,22 35,03 8,79 35,40 9,89 36,05 10,27 37,59 10,42 MW SD MW SD 44,00 11,70 35,98 16,53 48,04 10,75 44,12 18,45 48,80 10,72 44,90 18,28 48,61 10,45 45,61 17,07 48,60 13,16 47,16 16,14 T1 Therapieanfang, T2 Therapieende, T3 Wiederholungswoche, T4 Halbjahreskatamnese, T5 Jahreskatamnese. MW Mittelwert, SD Standardabweichung, CSQ Coping Strategy Questionnaire, HADS-D Hospital Anxiety and Depression Scale, NRS Numerische Rating-Skala, PDI Pain Disability Index, SF-36 Short Form-36 Health Survey Bei allen untersuchten Parametern konnten sowohl kurzfristig (T1–T2) als auch mittel- (T1–T3) und langfristig (T1– T4, T1–T5) statistisch signifikante Verbesserungen mit unterschiedlichen Effektstärken (ES 0,20–0,95) erzielt werden (. Tab. 5, . Abb. 1). Kurzfristige Wirksamkeit (T1–T2) Nach der4-wöchigen Hauptbehandlungsphase zeigten die Patienten signifikant weniger dysfunktionale Kognitionen, Angstund Depressivität verminderten sich. Die durchschnittliche Schmerzintensität sowie die schmerzbedingte Beeinträchtigung reduzierten sich. Am Ende der Therapie war ein Zuwachs an gesundheitsbezogener Lebensqualität sowohl hinsichtlich der körperlichen als auch der psychischen Dimension zu verzeichnen. Außerdem stieg die Vitalität der Patienten an. Alle Veränderungen waren statistisch hochsignifikant (p<0,001) bei geringen Effektstärken (ES 0,22–0,44; . Tab. 5, . Abb. 1). Mittelfristige Wirksamkeit (T1–T3) Zum Zeitpunkt T3 konnte eine weitere statistisch signifikante Reduzierung katastrophisierender Gedanken (MW T1=2,7 vs. MW T2=2,14) mit einer Zunahme der Effektstärke (T1–T2: 0,39; T1–T3: 0,52) gemessen werden. Die durchschnittliche Schmerzstärke wie auch Ängste, Depressivität und die schmerzbedingte Beeinträchtigung nahmen ebenfalls weiter ab. Die Werte der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und Vitalität blieben im Vergleich zu T2 stabil (. Tab. 4). Bei fast allen untersuchten Zielvariablen wurden niedrige Effektstärken erzielt (ES 0,31– 0,43), die Veränderungen der Skala Katastrophisieren des CSQ (ES=0,52) sowie der Subskala Vitalität des SF-36 (ES=0,51) lagen im mittleren Effektstärkenbereich (. Tab. 5, . Abb. 1). Langfristige Wirksamkeit (T1–T4; T1–T5) Bei allen untersuchten Variablen zeigten sich zum Zeitpunkt T4 im Vergleich zu T1 statistisch signifikante Verbesserungen. Die Effektstärken waren überwiegend als niedrig einzustufen (ES 0,28– 0,41), bezüglich katastrophisierender Gedanken (ES=0,59) und durchschnittlicher Schmerzstärke (ES=0,55) wurden mittlere Effekte erreicht (. Tab. 5, . Abb. 1). Der Schmerz 2009  |  Originalien Effektstärken 1 0,9 0,5 0,8 0,7 0,4 0,6 0,3 0,5 0,4 0,2 0,3 0,2 0,1 0,1 0 Effekstärken Lebensqualität und Vitalität 0,6 0 Katastrophisieren a Angst Depressivität T1-T2 T1-T4 T1-T2 Schmerzstärke Beeinträchtigung T1-T3 T1-T5 b T1-T3 körperlich T1-T4 psychisch T1-T5 Vitalität Abb. 1 8 Effektstärken der Gesamtstichprobe n=188 (T1–T2); n=156 (T1–T3); n=99 (T1–T4); n=37 (T1–T5). Alle Signifikanzniveaus p≤0,01. a Katastrophisieren (CSQ), Angst und Depressivität (HADS-D), durchschnittliche Schmerzstärke (NRS), schmerzbedingte Beeinträchtigung (PDI). b Körperliche Lebensqualität (SF-36), Vitalität (SF-36) Auch 1 Jahr nach Beendigung der schmerztherapeutischen Behandlung konnten im Vergleich zu T1 statistisch signifikante Verbesserungen in allen untersuchten Dimensionen gemessen werden. Es konnte eine weitere Abnahme der durchschnittlichen Schmerzstärke auf NRS 4,67 sowie der schmerzbedingten Beeinträchtigung auf 23,36 gemessen werden, außerdem kam es zu einer weiteren Reduktion katastrophisierender Gedanken (1,68). Die psychische Lebensqualität veränderte sich nicht mehr; körperliche Lebensqualität und Vitalität nahmen geringfügig zu. Angst und Depressivität verschlechterten sich im Vergleich zu T4 geringfügig, die Werte waren aber im Vergleich zu T1 weiterhin statistisch signifikant gebessert (. Tab. 5). Die Effektstärken waren bei 5 von 8 Variablen niedrig (ES 0,22–0,48) ausgeprägt, hinsichtlich der schmerzbedingten Beeinträchtigung wurden mittlere Effekte (ES=0,54) erreicht. Bei den beiden Variablen Katastrophisieren und durchschnittliche Schmerzstärke kam es noch einmal zu einer weiteren Reduktion der Werte, sodass bezüglich dieser beiden Parameter 1 Jahr nach der Therapie ein hoher Effekt (ES 0,86 bzw. 0,95) erzielt wurde (. Abb. 1). Gruppenspezifische Wirksamkeit Die Ergebnisse der 2-faktoriellen Varianzanalyse ergaben nur bezüglich der körperlichen Summenskala des SF-36 signifikante Unterschiede zwischen Rücken-, Kopfund sonstigen Schmerzpatienten, d. h., dass die somatische Diagnose hinsichtlich  |  Der Schmerz 2009 der körperlichen Lebensqualität einen signifikanten Einfluss ausübte (. Tab. 6). Die daraufhin berechnete 1-faktorielle Varianzanalyse zeigte, dass die signifikanten Unterschiede zwischen den 3 Diagnosegruppen zu allen 5 Messzeitpunkten auftraten (. Tab. 7). Der Post-hoc-Test ergab, dass sich die Kopfschmerzpatienten signifikant von den Patienten mit Rückenoder anderen Schmerzen unterschieden (. Tab. 8). Dabei unterschieden sich die Kopfschmerzpatienten zu allen Messzeitpunkten von den Rückenschmerzpatienten signifikant. Betrachtet man die Einzelvergleiche zwischen Kopfschmerzpatienten und Patienten mit sonstigen Schmerzen, ist erkennbar, dass die Überlegenheit der Kopfschmerzpatienten zur Halbjahres- und Jahreskatamnese nicht mehr so deutlich vorhanden war, zu diesen beiden Zeitpunkten ergaben sich keine signifikanten mittleren Differenzen zwischen diesen beiden Schmerzgruppen. Da sich die Kopfschmerzpatienten bereits zu Therapiebeginn signifikant von den anderen beiden Schmerzgruppen unterschieden (körperliche Lebensqualität ist bereits zu Therapiebeginn signifikant höher ausgeprägt), wurde die Abweichung zu den darauffolgenden Messzeitpunkten nicht als Therapieeffekt bewertet, d. h., die Therapie wirkte sowohl bei Rücken, Kopf- und sonstigen Schmerzpatienten gleich. Bei allen anderen untersuchten Variablen hatte die somatische Diagnose keinen signifikanten Einfluss auf den Therapieerfolg, d. h., die Schmerztherapie war hinsichtlich der untersuchten Therapieer- folgskriterien bei allen 3 Schmerzgruppen gleich wirksam. Diskussion Seit 2004 werden im UniversitätsSchmerzCentrum (USC) Dresden Patienten mit chronischen Schmerzen im Rahmen einer multimodalen, ressourcenorientierten Schmerztherapie behandelt [15]. Die Therapie in der Schmerztagesklinik erfolgt teilstationär, ist diagnoseunabhängig und besonders geeignet für Patienten, die für ein körperliches und psychisches Informations- und Aktivierungskonzept offen sind. Das Ergebnis der vorliegenden Evaluation zeigt, dass die multimodale Schmerztherapie am USC Dresden zu statistisch signifikanten Veränderungen der untersuchten Parameter führt, sodass man sowohl von einer kurzfristigen als auch von einer mittel- bis langfristigen Wirksamkeit der Therapie ausgehen kann. Es ergaben sich signifikante Reduktionen der durchschnittlichen Schmerzstärke und des schmerzbedingten Beeinträchtigungserlebens, die Patienten zeigten nach der Behandlung eine deutlich geringere depressive Symptomatik und weniger dysfunktionale Kognitionen zur Schmerzbewältigung als vor der Therapie. Außerdem verbesserte sich die körperliche Leistungsfähigkeit am Ende des Programms signifikant. Dies entspricht den in der Literatur beschriebenen Ergebnissen [7, 9, 17, 18, 19] und zeigt, dass sich multimodale Behandlungsprogramme bei chronischen Schmerzpatienten als wirksame Therapiemethode erweisen. Ähnlich wie bei Hildebrandt et al. [12] sowie bei Pöhlmann et al. [19] konnten bezüglich der durchschnittlichen Schmerzintensität und der schmerzbedingten Beeinträchtigung die höchsten Effektstärken erzielt werden. Diese Tatsache wird auch in vielen anderen Studien repliziert, so berichten Deardoff et al. [5] in einer Untersuchung zur Effektivität multimodaler Behandlungsprogramme, dass in den meisten Studien am Ende der Therapie eine Schmerzreduktion von 14–42% nachgewiesen werden konnte, ähnliche Ergebnisse finden sich auch bei einer Metaanalyse von Flor et al. [7]. Erfreulicherweise zeigte sich die durchschnittliche Schmerzintensität und das Katastrophisieren auch 1 Jahr nach der aktiven Patientenbehandlung statistisch signifikant verbessert bei insgesamt hoher Effektstärke (ES=0,95 bzw. 0,86). Man kann also davon ausgehen, dass sich das Dresdner Programm bezüglich der Reduktion der Schmerzintensität sowie katastrophisierender Gedanken als sehr effektiv und bezüglich der schmerzbedingten Beeinträchtigung als effektiv (ES=0,54) erweist. Dennoch weisen andere Studien teilweise bessere, weil höhere Effektstärken durch ihre Behandlung auf [12, 19]. Bei näherer Betrachtung erscheint jedoch ein solider Vergleich nicht durchführbar, denn die beschriebenen Settings und zum Teil auch die eingesetzten Messinstrumente in diesen Studien weichen sehr von der hier beschriebenen Studie ab. Bei Pöhlmann et al. [19] wurden deutlich kleinere Gruppen (6 Patienten) in einer längeren Behandlungszeit betreut, die vorher hinsichtlich des Programms selektiert wurden. Die Evaluationszeiträume dieser Studie enden nach 6 Monaten und lassen demzufolge eine Einschätzung zur Jahreskatamnese offen. Bei Hildebrandt et al. [12] unterscheidet sich das Setting an sich durch den Fokus auf Rückenschmerz und dessen speziellen Anforderungen, auch hier waren die Gruppen kleiner (8–10 Patienten). Zudem wurden in dieser Studie andere Messinstrumente eingesetzt, die eine Vergleichbarkeit erneut erschweren. In beiden genannten Studien ist eine Vorbereitungszeit möglich, bevor die Patienten in das Programm aufgenommen werden. Tab. 6  Ergebnisse der 2-faktoriellen Varianzanalyse (körperliche Summenskala des SF-36) Tab. 7  Ergebnisse der 1-faktoriellen Varianzanalyse (körperliche Summenskala des SF-36)     Therapieanfang (N=189) Therapieende (N=188) Wiederholungswoche (N=156) Halbjahreskatamnese (N=99) Jahreskatamnese (N=37) T1–T2 (N=188) T1–T3 (N=156) T1–T4 (N=99) T1–T5 (N=37) Haupteffekt somatische Diagnose df F p 2 12,17 0,000 2 11,54 0,000 2 5,79 0,004 2 8,62 0,001 df Freiheitsgrade, F Teststatistik der Varianzanalyse, p Signifikanzangabe, N Anzahl der Probanden. T1 Therapieanfang, T2 Therapieende, T3 Wiederholungswoche, T4 Halbjahreskatamnese, T5 Jahreskatamnese df 2 F 12,07 p 0,000 2 2 9,45 11,03 0,000 0,000 2 4,43 0,015 2 6,11 0,005 df Freiheitsgrade, F Teststatistik der Varianzanalyse, p Signifikanzangabe, N Anzahl der Probanden Tab. 8  Ergebnisse des Post-hoc-Tests (körperliche Summenskala des SF-36)   Therapieanfang Therapieende Wiederholungswoche Halbjahreskatamnese Jahreskatamnese Schmerzlokalisation Kopfschmerzen vs. Rückenschmerzen Kopfschmerzen vs. sonstige Schmerzen Kopfschmerzen vs. Rückenschmerzen Kopfschmerzen vs. sonstige Schmerzen Kopfschmerzen vs. Rückenschmerzen Kopfschmerzen vs. sonstige Schmerzen Kopfschmerzen vs. Rückenschmerzen Kopfschmerzen vs. sonstige Schmerzen Kopfschmerzen vs. Rückenschmerzen Kopfschmerzen vs. sonstige Schmerzen Mittlere Differenz 7,75 6,35 7,39 6,33 9,26 9,25 8,36 7,09 15,25 12,68 p 0,000 0,001 0,000 0,002 0,000 0,000 0,012 0,069 0,004 0,052 p Signifikanzangabe Damit verlängert sich die eigentliche Therapiezeit für diese Patienten. Die teilweise geringeren Effektstärken am Dresdner UniversitätsSchmerzCentrum könnten durch die Gruppengröße und die im Vergleich zu anderen Einrichtungen deutlich kürzere Therapiezeit begründet sein. Die Therapieintensität jedoch, die nach bisherigem Stand der Forschung ein wichtiges Kriterium für den Erfolg einer multimodalen Behandlung darstellt, entspricht bei allen Behandlungsformen einem Mindestumfang von 100 h [9]. Durch Vorbereitungsgruppen, die leider im hier beschriebenen Rahmen nicht vorgesehen sind, kann diese Zeit bei Bedarf flexibel erhöht werden, um wichtigen Prozessen der Einsicht und demzufolge der Motivation mehr Raum zu geben. Die Patienten kommen wie in den beschriebenen Studien [12, 19] vorbereitet und vorinformiert. Entsprechend fanden sich in Untersuchungen zur Vorhersage des Therapieerfolgs zumeist therapiemotivationale Faktoren als statistisch stabile Prädiktoren für einen zufriedenstel- lenden Therapieerfolg [2]. Dieser Aspekt wird im beschriebenen Rahmen nur am Rand berücksichtigt. Ein Ziel der Therapie im UniversitätsSchmerzCentrum besteht letztlich auch in der Motivierung der Patienten für einen oftmals notwendigen längerfristigen Therapieweg. In den seltensten Fällen gilt dieser zur Wiederholungswoche als abgeschlossen, im Gegenteil, meist schließen sich weitere intensive Therapien an, die jedoch eng am Beschwerdebild des Patienten orientiert sind. Dennoch kann von einem ökonomischen Benefit ausgegangen werden, indem unnötige und weiterhin iatrogenisierende Therapieverfahren reduziert werden. Laut einer Expertendefinition sollte eine interdisziplinäre multimodale Schmerzbehandlung in Kleingruppen von maximal 8 Patienten erbracht werden [1]. Dies ist eine ideale Größe, jedoch zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Studie, dass eine erfolgreiche Behandlung chronischer Schmerzpatienten im multimodalen Setting grundsätzlich auch mit größeren Gruppen möglich ist. Der Schmerz 2009  |  Originalien Bemerkenswert erscheint abschließend auch das Ergebnis, dass heterogene Gruppen gleichsam vom selben Programm profitieren. Die Interpretation der Ergebnisse wird noch mit Vorsicht behandelt, da die Stichprobengrößen zu den einzelnen Erhebungszeitpunkten sehr unterschiedlich sind. Entsprechend den Forderungen der Qualitätssicherung [13] ist Evaluation ein ständig begleitender Prozess, über dessen Ergebnisse der Therapieprozess selbst kontrolliert und optimiert werden sollte. In diesem Sinne werden in Zukunft weiterhin die entsprechenden Parameter erhoben und ausgewertet und in den internen Qualitätssicherungsprozess integriert. Eine Auswertung innerhalb einer Evaluation ist demzufolge nie abgeschlossen und wird auch in diesem vorgestellten Rahmen weitere Erkenntnisse liefern. Fazit für die Praxis Die Ergebnisse der vorliegenden Studie bestätigen zum einen die in der Literatur vorliegenden Befunde, dass interdisziplinäre Schmerztherapien nicht nur bezüglich schmerzbezogener Parameter zu signifikanten Verbesserungen führen, sondern auch eine Steigerung der allgemeinen Lebensqualität bewirken. Zum anderen zeigen die Resultate auf, dass multimodale Behandlungen nicht zwangsläufig diagnosespezifisch und in Kleingruppen durchgeführt werden müssen, sondern dass auch diagnoseunabhängige Programme mit einer Gruppengröße von mehr als 8 Patienten zu kurz- und langfristigen Verbesserungen führen. Korrespondenzadresse PD Dr. R. Sabatowski Universitäts SchmerzCentrum, Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“, Technische Universität Dresden Fetscherstr. 74, 01307 Dresden [email protected] Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.  |  Der Schmerz 2009 Literatur   1. 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