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Fechner, Fabian: Heilkunde Und Mission – Zum Quellenwert Der Heilpflanzenkompendien Aus Der Jesuitenprovinz Paraguay, In: Archivum Historicum Societatis Iesu 79 (2010), S. 89-113.

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\ ARCHIVU tßSTORICUM- ::r t'· SOCIETATIS IE~~ ' t. ' ~:" (·1 . ARCHIVLIM HISTORICUM- V()l. -1 5 + a. t-..~5. Ex:. . :. . ~-~u HEILKUNDE UND MISSION -ZUM QUELLENWERT DER HEILPFLANZENKOMPENDIEN AUS DER JESUITENPROVINZ PARAGUA Y Fabian Fechner' ln den \'ergangenen Jahren wurde die Basis publizierter Quellen zur J esui tcnprcn·inz Paragua y stark erweitert, was den wissenschaftlichen Umgang mit diesen 1\lissioncn der Gesellschaftjesu erleichterte, die stets im Brennpunkt \On tendenziöser Betrachtung und Publizistik standen. Zahlreiche Leerstellen weisen jedoch noch die Forschungen zur i\ledizin- Ltnd Pharmaziegeschichte 1 auf: Nachdem \or allem der argentinische Historiker Guillcrmo Furlong S.J . die enzyklopiidischc Grundlage zur wissenschaftlichen Forschung und allgemein zur kulturellen Leistung der ~lissionarc in Paraguay gelegt hatte, widmete sich 2 Rencc Gicklhorn einer Zusammenschau der deutschsprachigen Jesuitenapotheker 111 ganz pharmazeutischer Hispanoamerika. Schriften der 1 Die Jesuiten erste der detaillierte alten Anah·se Gesellschaft in 4 Hispanoamerika ist Sabine 1\nagnostou zu \erdanken. C nklar sind bislang vor Der \'crfil.ssn ist Doktorand am Lehrstuhl für Gc:.chJchtc der l"rübcn 1'\Jcuzcit der Ebcrhard l(arls L'ni\'t:rsitiit Tübingcn. 1 2 "21.\·LlHH(J :\rro:.o Scco; SJ 16.i\.1()(l3 C6rdoba; f?:0.\·.19:4 Bucnos :\ire:. (J)IICJ, II, 1543). Cuillcrmo Furlong, S.J., HiJtoritl Sotial) Clfltllral dd Rlo rh Ia Pla!a 1 )}6-18!0, 3 Bde. (Bucnos Aircs: Tipogr. Ed. Argcnnna, 196()); Guilkrmo l;urlong, S.J., LoJ]cJ!ti/(!J ]' Ia mll!frtl RioplatmJt', A utl. (Bucnos :\irc~: l11 dominam)n /JiJp,inita (Buenos .\ircs: Ed. Huarpcs, 1947); .·~ ';~tlllinoJ 1 ~­ Ed. L' nJY. dcl Sah·ador, 1 7R Innsbruck; SJ 9.~.1 ~os Pro\'. ,\lemania superior; t23.xi.1'72 Reduktion Apc-'>stolcs (hcut1gcs i\ rgen tin icn) (II ugo Storni, S.J., Ca!rilo,go de lo.r jt.flfifax dr· lä Prol'incltl del Pt~rtJJ!,Nt~)' (Cuenrrr del Plata) 1585-17()8 [Rom: In~titutum Historicum Socictatis lesu, 19801) S. l(Jf. (, "Apuntcs de \'arias cosas pcrtcnccicntcs a cstas pro\'incias del Rio de Ia Plata sacadas del P. S. ,\spcrger, famoso medico cx-jcsuita dc cstas misiones del llruguay y dc Don FChx dc Azara," ~\rchi\'O General dc la "1\:aciön, Buenus Aires, fondo Bihlioteca 1\.:acional, \'11-3 (ehemals Biblioteca r--.;acional de I3ucnos :\in::s, sccciün de manuscritos, n. 28). Dieses ~1anuskript, das im Folgenden als ".\punres" zitiert \vird, \l.:urde komplett transkribiert und kommentiert in Fabian fechner, "Sigism und :\ pcrger (1687 -1""""!72) und die Naturbetrachtung in der Jcsuitcnpu)\ inz Paraguay," unn::rc.iffentlichte Magisterarbeit, Llni\crsitat Tübingen 2008. An die::.em J(ommentar orientieren sich auch die \'Or!Jcgcnden .\usführungen. Zur präkolonialen \Iedizin der Guaranf und der Tupi vgl. Gusta\"o Gonz;i\cz, "La medicina guarani-tupi precolonial y colonial, primcra parte," Tli.rtoria Paragutqtt. Anuario dt Ia Arademia Para,glft~)'a de lä I !iJtoria 2 (1957) 36-49, der auch d1e jeweiligen Bezcichnungen der :h:..rankheitcn und Heiler in den Eingeborenensprachen aufführt. 91 L\BL\N l'ECHNER In den Reduktionen der Guaranis gab es anfänglich weder Spitäler noch Apothekeng ln einigen anderen Reduktionen war dies sehr wohl der Fall, beispielsweise bei den 1\Iojos in Peru. Dabei ist die Unterscheidung von den kolonialen Zentren wichtig, so verfügten die Jesuiten in Cördoba, Buenos Aires und Santiago de Chile über sehr gut ausgestattete Apotheken. Ab 1635 wurde den Missionen ein gewisser Etat zur medizinischen\' ersorgung zur\' erfügung gestellt; in jeder Reduktion arbeiteten die .J esuitenpatres darauf hin, eine indigene Gruppe von Krankenptlegern ["curuzuyaras"J auszubilden. 1m Jahr der Vertreibung der .Jesuiten, 1768, gab es in fünf Guaranireduktionen Apotheken, in Apöstoles, Candelaria, San J osc, San N icoLis und Yapeyü. Bis Ende des 17.Jahrhunderts existierten in den Reduktionen am Parana und am Uruguay keine eigentlichen Arzte, erst mit dem 18. Jahrhundert. Sie vertraten in der Regel eine recht traditionelle Lehrmeinung, die vor allem der Humoralpathologie und dem Aderlass verschrieben war. Daneben waren aber auch die Behandlung mit Heilkräutern, Diät und Hydrotherapie bekannt. Arzneien zur Behandlung der Kranken wurden überwiegend pflanzlich gewonnen. Sie wurden nur zum kleinsten Teil aus Europa importiert, da dies recht kostspielig war und die 1\Iedikamente oftmals auf der monatelangen Cberfahrt verdarben. Üblich war der Anbau von Heilptlanzen tn missionseigenen Kräutergärten. Diese rasche und preiswerte Beschaffung war \"Om V ersuch begleitet, einheimische Aquivalcnte für europäische Heilpflanzen zu finden 9 Daneben wurden in den Guaranireduktionen auch 1\faßnahmen im Bereich der Hygiene getroffen. Darunter fielen Richtlinien für die Bestattung der Toten sowie das Anlegen von Zisternen für etne geregeltere \X' asserversorgung. w Die Beschäftigung von Jesuiten mit der Heilkunde ist nicht selbstverständlich, liegt sie doch abseits der eigentlichen missionarischen und seelsorgerischen Maßnahmen der "geistigen Eroberung" der N euen \X/ elt. Zudem ist zu beachten, dass der Arztberuf eines der für Kleriker unwürdigen Gewerbe war. Es '.var nämlich wahrscheinlich, dass bei dessen Ausübung der Tod des Patienten ,·erursacht wurde, woraus die Irregularität gefolgt wäre. K Hierzu und im l"olgcnden \·gl. Carmen Martin ~fartln/JosC J,uis Vakerde, I-tl 11 j(nmaria m Ia .' l m/riw rolonial. EI arlt de pn:partJr mrdira!!untos (G ranada: Lr niYcrsidad dc G ranada, 199 5) S. 23-27; G uillerm o Furlong, S.J ., jJ /d1ros A t;gmliiiM; P ederico Pt:rgola, I~ I prnJaJJJirnto JJ~ti,giro n1 lallltdicina mlo11ial tn;rz,mtina (Buenos :\ires: Grif. Nortc, 1966). 'J Anagnostou, "i\Iissionsmedizin," S. 271f., 2Hlf IP l\lartin .\fartin/Vakerde, l·omJtJCia, S. 26f. 11 Hans Frich f-eine, Kirchlithr RerhtJ;gnchic!Jtr. Dil:' kat!Jolisr/J(' Kirrhe, S. Aufl (höln/\X'icn: BCJhlau, 1972) S. 393. 92 Hl'!LhLJ'..DF LIJ'..D ~!ISSIO:'--: Allerdings gestand Papst Gregor XIII. den Jesuiten im Breve "Cnigeniti Dei filius" 1576 das Privileg zu, mit Erlaubnis der Obern in abgelegenen Gebieten, wo keine Arzte hinzugezogen werden könnten, Heilbehandlungen durchzuführen, wovon chirurgische Eingriffe ausgc~nommen waren. 12 Heilpflanzenkompendien in den Missionen Schon in Altertum und Mittelalter waren Heilpflanzenkompendien grundlegend für die Behandlung von Krankheiten. 11 Seit dem 13. Jahrhundert finden sich grob bebilderte Handschriften zu Arzneipflanzen, im 16. Jahrhundert werden die ersten realitätsnah illustrierten Kompendien gedruckt. 14 Drei Autoren von Heilpflanzenkompendien, die in den Jesuitenreduktionen \"On Paraguay tätig waren, werden immer wieder aufgeführt: Bonavcntura Suarez, 15 Pedro dc J\Iontcncgro I' 11 ' ,\naft-!110qou, ,,,\lissionsrncdJZin," S. cintlus~ruchstcn Die Thcophra~to~ 1 und Sigismund Aperger ~ Bisherige Studien 2(J~. \\ crkc sind h1crbci das neunte Buch der "llisroria Plantarum" des (ca ..)~1-ca. 26"'"" \. Chr.) sowie mehrere Schriften Yon Calcn von Pcrgamon (12()-ca. 200) und Dwskuridcs (um 50 n. Chr.). Dtc mittelalterliche Rezeption nahm diese 1'--cnntnissc auf und cn\·citcrtc sie um J.._]ostcnncdizin ihren einheitlichen Ptlanzcnmonograph1c "\Iissionsmcc.hzin," S. I-I arabische Quellen, in den ~icdcrschlag. Arznupflanzcng) 1.1~ c; LI illerrn () I:LI rlrlng, Schlicl~lich 1~t .s .J ., "l; 11 m t·cl ico C() Ion ial. Segi~rn LI ndr) auch er\\·iigen, oh die die H cllp fla n Lcn kom pcndien des kolonialen Paragua y als (~ uc llcn ko rpu :- a u fgcfa:..:.. t werden kii n ncn, hc1 dem die \ utorcnfragc ab Z\\Titrangig gesehen wird, da es sich ctndeurig um Cehrauch-;liu..:ratur handelt. Die Frage nach L rhcbcrschaft und Plagiat ist lct/tlich ntcht loshar, da sich \\Tdcr eine .,l-rschrtft" fand nch'Jn," in 1.{/ ;;11"/l!d(iil tll Ia l!//(:/";(11 {()/O!lltil. 1~1 dr!c dc prcparar 1/ltditllll/tl!lr!.l, ed. c:armcn .\larrin .\IHtln/Jose l.uts \'ahnde ((;ranada: L'nt\·er:-.!dad de Cranada, 199.::i) S. 'Jl-.lHS. 11 ·" l.aut Furlong, "L'n ml·dtco colonial," l1 7 f., weicht al" t:in;;igc Lettgcno:-:-ischc <2uelk der ,inrrag im <:,tt:llogo de Ia Prtl\incia \ on l....,_l(l daYon ab (2H.x.l(Jt-l.''). Dt:r Nachname trltt tn C2uellcn und tn der Sekundiirliteratur in ;:,thlrctchcn \';tnantcn auf: .\:-.pergcr, .\pcrg, Spcrgcr, .\zpcrger, .\ ... pngn, Spucrg, Cuerg, Arucrg so\\ tc latinisiert als .\montani. 94 HEII.KLINDE \'ND '!ISS!R ]Brief Jo:-.cph Claußners an 19.3.1719]. Der":'\ cuc \\. clt = B o rt,-. Teil, A ugsb urg/ G raz 1 -2(J, ":'\: r. 1 (J9 ]Bncf i\ n ton Hetsch on s an F ranz XaH'f Amrh10, PnJ\ inzial der () herdeutschen Pn1\ in.1, 17191, 62-(,6, hier 6(J: "R. Sigismundus ,\pt'l).!t'f hat thcils mit seinen aus Europa mitgcbrachtcn Heilmitteln/ theils mit heilsamen im Land gefundenen Krautern/ dcro t-:.rafft und l~igenschafft er \Trstchct /zu Corduba in Tucuman so vrel ,\lenschen vor dem Tod errettet I daß der Bisehoff s:rmbt der Stadt sich gegen ihn hütlich bcdanckt hat.'' .'-1- "Die Pest hat allhl(:r bis dre\' hundert \I eilen herum grausamlieh gchausct / und\ iel tausend \fenschcn hrtl\.\ cg genommen. [... ] Dre Scuch \\ Lirde in die:.er Stadt noch mehr Leut aufgezehrt haben/ wann nicht unsere Teutschc Patres dem überband nehmenden L"hcl mit .\rtzney=i\fitteln ge:.reuret hitttcn / zurnakn Pater .\pergcr, ern Tyrolcr yon Inspruck / \\·clcher die Stelle eines .\rr:;tens mit groBem Cluck und Loh Yertrctten hat; gcstaltsam m dresen Ltnckrn ein crbi1rmlicher .\hgang 1~2(J, '>O :\r. \\·ol an lleil-MJttcln als an i\fedicis ist.'' Der ~cue \'\"elt=Botr, ~ Teil, ,\ugsburg/(;ra.t. J(Jl) [Brief ,\nton Hctschons an Franz X:l\cr .\rnrhin, ProYin;;ial der Oberdeutschen Pnn inz, 1""'19], (J2-6ö, hrer ()0 . .'~ Furlong, "L'n ml'dico colonial;' 1--1-ö, cn\·agt, ob es sich dabei um d1e erste Druckereipresse in den Reduktionen, /.udem die n:,te n einer Hand, die am 31. Mai 1805 für Saturnino Segurola abgeschlossen wurde. Die Abschrift des Traktats selbst trägt keine gesonderte Cberschrift. Der Band, in dem die Abschrift enthalten ist, trägt den Titel "Aufschriebe zu mehreren Themen, die diese Provinz betreffen, entnommen von Sigismund Asperger, berühmter Arzt und Ex-Jesuit in diesen Missionen am U ruguay, und von fclix de 1\?ara, woran sich das Manifest des Marquis de Grimal[dji an den Botschafter von Portugal fügt. Dieser Band gehiirt Dr. Saturnino Segurola, den 31. l\fai 1805." 311 21 ' ,,Carta del Golxrnador dc Bueno::;-.\ll-cs al Conde de ;\randa, tLlndole cuenta del cqado cn <.JUC cncotHn'l bs pro\'incJas en t]Ut habian rcsidido lo:. Jesuiras; hacicndo mencion dc las notas satiricas marginales puestas por aquell(lS cn los libros parrot]uialcs ck los Pueblos de 1\liswnes,} acomparlando las instruccione:-, y otros documcntos relati\'OS :i Ia cspulsion de los Regularesen d1cho:-. puehlos,'' in Coleuirin dt dommt!l!os rdati!'os )' dcl etHtiJ!Jft()' I" I/ d rtilläd() ti Ia t.Ypulfirm dr lo.r fe.miltls rlt /t1 Rtj)J{b/nä 11;~mlmt1 dc Carlo.r 11 I, ed. f rancisco .J. B Ll bo (;\I acl ricl: .I osC .\1 arfa Pt·reL, 1 B"7 2) S. 11-15. 1.); f ... ] Bihilothek der Real .\cademia de Ia l-11stona, i\[adnd, Recetas i\ledicinales Fn las cualcs son empleadas principalmente las Yerbas .\ledicinale:-. del Paraguay. Obra del R. Padre Sig1smundo ,\sperger, Jesuita y i\[isionero, London, British Lihrary, \dd. SS. 2:.602. 111 lm gleichen Band sind, \\·ie im Titel aufgefL"dHt, nach dem Traktat \perger:; noch/\\ ei \\eitere ,\b:-.chriften \'orhandcn. Bel der einen handelt es sich um :\uszüge aus einem \\·ohl gedruckten \\'crk FCli, de .\zaras zur(; eschichte der ProYin:t Paraguay mit einem l 1m fang \·on -~(>Seiten. Die andere, also der dritte Teil des Bandes, ist die Yollständigc .\bschrift eines Dokuments zu den c;renz"trcitlgkeiten L\\·ischen Portug;ll und Spanien in SLidamcrika au:-- dem .Jahre I-C>.1. Es wurde llf:ILI'-l'NDL \'ND ~IISSIO:\ Der inhaltliche Aufbau des Manuskripts Das J\I anuskript beginnt mit einem zweiseitigen Vorwort, das einc Besonderheit darstellt, da die beiden erwähnten ,\lanuskripte \'On "\lontcnegro ein thematisch \'ergleichbares Vorwort nicht beinhalten. Sie beginnen mit einer Anrufung der Schmerzensmutter ["Serenisima Reina de los Siete Dolores"] und einem Yorwort, das das religiöse Fundament der Heilkunst, die benutzten Autoren, einige praktische H inweisc zurHerstellungder 1\f edikamen te, die Erklärung der Elementarc1ualitäten nach Galen und eine Erklärung der wichtigsten fachbegriffe umfasst, 11 Das \'orliegende i\lanuskript hingegen Yerfügt über ein \'orwort, das einem \'Cerk von Josc 1\ntonio CaYanilles (1745~1804), einem unter anderem in Valencia tätigen Naturforscher der spanischen ,\ufklärung, entnommen ist: Das Pflanzenreich bietet dem :\[enschen 1\: ahrung und II eilmitteL Die 1\:otwendigkeit [\'erlangt], die l'"raft in jedem Augenblick zu erneuern, ~ahrungsptlanzen zu suchen und zu bewahren, und den \X'ert jeder einzelnen zu erforschen ohne die weniger gehaltn>llen gering zu schätzen. Glücklicherweise ist der Bedarf an Heilmitteln weder so umfassend noch so dringend wie der an Nahrung, und daher [rührt[ ohne Zweifel die L' nachtsamkeit beim Erforschen der Heilkraft der Pflanzen, und die ~achlässigkeit, die l•:ntdeckungen, die dem Zufall [zu schulden sind], zu sammcln und mitzuteilen. \Xir haben tatsächlich einige sehr wert,·ollc, aber in so geringer Anzahl, \'erglichen mit der enormen Menge der bekannten Pflanzen, dass sie entweder zu zeigen scheinen, dass es sehr wenige II eilpflanzen gibt, oder die ,\chtlosigkeit derer, die die Heilkunst ausüben, sehr groß ist, Es ist unmiiglich, das l' nbckannte \\'ertzuschätzen, und auch die Kenntnis einer 1\nwendung ohne methodische Untersuchung oder Kunst ist dies.[ ... ] Nichts ist in den Augen eines Philosophen gering zu schätzen, alles trägt dazu bei, die Sphiire seiner Kenntnisse zu weiten, und [dies[ nicht selten zum \'\'ohl der i\[enschheit. Durchdrungen \'On diesen Wahrheiten, beobachtete ich auf meinen Reisen die Bräuche jedes Ortes und erwarb Kenntnisse, die für die Gesellschaft sehr nützlich sind, [und] die ich an die ()ffentlichkcit zum \\'ohl der Eim\·ohner dieser Provinz gebe. 111 dLr Folge nnndc'-'ttn:.. Z\\.l'Jlllal :11~ Broschüre gedruckt. Da:-, in Leder ungebundene, unhcblldcrtc \Ltnuo.,kript l~t ,wf Span1sch \erfasst, mit \\'tnigen lateinischen /.itarcn. D1e P.1ginicrung ist \\·cdcr cindcut1g noch \ oll..,tiindig, \\ esh,1lh hei den folgenden /.it LJUC 1rdJil' jitr Ht;r,r:fl~~L>(/Ji(/;/c 11 (1 <)6 7) _,.. . -:=i/3, hier 51 "\puntcs," 44: "Puso Dios en estas tierras pobres dc mcdicos, y Ia crfa cn tanta abundan[cija hombres ~ an1111alcs sc \·~den dc dla p[ar]a su sustento, y medicina tan propria ;1 sus naturalcs, que no dudu, no lcs con\·icncn los membrillo:-., p[ue]s aunquc ha1ga arbolcs de ellos y ahundcn no qu1en: Ia ticrra darlcs suficientc fruto y si ks da esta dcsmcmbrado p[ojr sustenta con tanta abundan[cija quc algunos aiios da fruto dos -14 (.J t.jUC antes cle za;;onar trcs \Tees:' ":\puntes," 73: "EI todo poderoso: Scmpitcrno Dios que crio los hombrcs: animalesen Ia tierra, crio las Plantas, arbolcs, ~ lcrvas con menor admiracion del hornbrc racwnal t.jllt: con razon y discurso, y p[u[r Ia cxpcricn[ci]a rasona sus virtudes p[ar]a bien y provccbo del gcnero humano, p[uc)s cn Ia abundan[ci]a y diversidad de figuras, sabores olorcs y colores de sus ojas, frutus y troncos recreasc ~ sustcntan y curan al homhre cn conocimientu, y clen_·mos nucstro cspiritu al cread[o lr." -1~ llerihcrr 0.f. ;'\.obis, "Buch der Natur," in f-li.rforixdwr; Tr'o'rlfrl)fHh drr Pht!oJophic Hd. 1, t:d. Joacbim Ritter (Basei/Stuttgart: Schwabe, 19....,1) Sp. 957-59. 100 \\·erden. 4 " ;\n der so beschriebenen ~atur sind kaum wunderbare oder nuberhafte Zlige zu erkennen, auch die Asthetik spielt eine untergeordnete Rolle( das Schlüssehvort lautet "ütilwlK [nüt;dichJ . .Jedoch blitzt durch dieses moderne, \on ~ützlichkeitsdenken und Forscherdrang geprägte Naturverständnis noch eine ältere Schicht hindurch, n ä m Ii c h d ie r\ u ff a s s u n g b a ro c ke \' o n Korrcspondenz\'orstellungen geprägt ist: Die N a tu r , sichtbare d ie yon C mwelt ist ein Zeichensvstem, das die Lebenden auf das .Jenseits und das Heilsgeschehen \'erweist. Hestcs Beispiel hierfür ist die Beschreibung der Passionsblume, sie "enthiilt fast alle erhabensten Geheimnisse der Passion des Herrn [... ], die Geißelsäule, die Niigcl, die\'\" undmale seines heiligen Leibes, die Dornenkrone [... ], und gewiss wollte ihr Schöpfer wohl, als er diese Ptlanze schuf, die Geheimnisse der Heiligen Passion unseres Erinnerung stellen." 49 Herrn in die fortwiihrende Desweiteren sei ein aus '-'ardo gefertigter Haisam derjenige, mit dem ;\[ aria ,\[ agdalena die Füße des Herrn gcsalbt habe;"' die fünf ßhttcr der echten Lilie\ erweisen auf die\\ undmale Christi.; 1 Der konzeptionelle Hruch, der ;.oeitlich nach dieser barocken Sichtweise einzuordnen ist, ist um emtges deutlicher als die \'eränderung des Naturverständnisses zwischen ,\[ittelaltcr und Renaissance. Er läuft \·or dem ..\(, Z. B. ,, \ punto," (J4: "]cl Palo Santo dcl C uaycuru] c~ uno dc lo~ mas cficlllcs rcmcdio::-. LjllC hjas]ta ho:. 'ic han lh.:scuh1crto cn curar ulccras: lla~as": \·g!. auch ":\puntc:--,·' 20~. /.. B. ".\puntcs," -4 (,,l·.sta phnta es hcrmosa: mu~ dclicio'ia a Ia Yista"), 9--L 1~4, 16.l, lH5. 201. " ~. ll ... \ pu n tc,," (,, i9, 911, l\111, I II!, JIIS, 14 7 l'J , I 711, I 'JN, 211K. ".\puntcs," HO: ,,su t1or conticnc quasi los mi:.rcrios mas sobcrano..;; dc b Pa-;ion dcl S[ci1]or Clllllo e-; el atrio, la Columna, !1)" Ja corona de F:-pinas, los rcparamos cn su~ Cla\'()~, .\zote~, b las lbgas ht'ridas y cardcnalcs dc su Sanri:-:-imo C:ucrpo, ~oga con '-Jiu]e amarraron sus mano~ ramo...; :-alcn :i modo dc cruz sus Sarmicntos dcl tronco, ~ cn b Colum na, y :-i cicrto (1uc Parecc ljLll:-o :-u author cn criar cqa pbnra poncr cn mcmor[i]a continua los mi:,rcrios dc Ia Sagrach n[uc:-t]ro Santtssimo Scilor." flc:-:- zeigte anband yon_lacoh Bidcrmanns Pa~ion dc \'erscpo~ ,,J-Icrodia~·, das~ der bddha ftc \'erweis Z\\'ischcn Passton sb \um c/" C ranad dla" und der Passton Christi "offenbar /.um Crund\\·i~sen Herodo in Jesuitischer Botantk" gchortc; Cünrcr fies:-, "Der \Iord ,wff dem Papier oder: \u~:-hurg. Cbcr Jakob Bidcrmann...; Ycrgc-;sencs Epos fhrodiaJ (1()(1]/02)," in .fi!ko/; Hidtm!illlll und .rein .. Cenodo.YIIJ." Der bah;tll'luiJ!r f)nw!illikd d!tJ dem ]eJifiii'IJordm und .1rin o"j(I(!!JCitki"!u Stiid, ed. Helmut Cicr (Rcgenshurg: Schnellund Stctncr, :2005; S. 11 ; ](lt) WJ, hier lkS, \nm. :1.1. "\punte-;," 112f.: "cste balsamo es cl mas arornarico y subido dc olor dc qjuan Jto~ hay, y :-1 no mc cngaiio es aqucl de los anti~uo~ con qju]c ungian cl cucrpo de lo~ mucrtos: cl dc la l\Iagdalcna (jllC dcrrarno cn los pics dcl SaJy[ad]or scgun cl juicio dc authorcs graycs:' \'gl.Joh 12, -8. '>I ".\puntcs,·· 114: "compucsta dc cinco hojas todo ello es m~~tcriosn, asi como Ja Yerdadcra \F:ucena o Coru hlanco ccJmo rcprescntac[io]on dc Ia:- llagas dc N [uc~troj Rcdcmptor." 101 F,\BL\:\ FLCH:\FR Hintergrund einer stetigen Denkbewegung weg t'llechanisierung des 1\:aturbegriffs ab, einer transzendenten Begriff der 1\:atur als "gubernatrix \'CH11 Dei" [Statthalterin GottesJ hin zu einer technischen Auffassung, die an mittelalterliche Vorstellungen einer perfekten machina mundi, einer \X'elt, die wie ein großes Chn,'erk Eiuft, anknüpfen kann. Das Manuskript 11·eist somit hinsichtlich des N atun·crständnisses eine Zwischenstellung auf.'' Die Natur ist reich 1n Paragm11·, allenthalben ,,·ird betont, dass die I I ei1ptlanzcn überall in der Provinz zu finden seien.'~ Es feh Je lediglich an (importierten) 1\l edikamenten, ,\rztcn, Chirurgen und anderen Sachkundigen.'' Diese Annahme e1ncr unerschiiptlichen Natur ist in \' erbindung mit Paradiesnlfstcllungen seit der Concjuista zu sehen, zudem ist ein amerikanisches Selbstbewusstsein nicht zu \·erkennen, wenn es beispielsweise \'On der "Consuelda n1cnor Atncricana heißt, dass s1e tn der \\Tirkkraft die europäischen Ptlanzen bei weitem übertreffe."' Deutlichster Ausdruck eines solchen Vergleichs der h:.ontinente war der in der Forschung so genannte "Disput der ~euen \\'elt," der sich vor allem an mehreren Außerungen des französischen 1\: aturforschers G eorges-Louis 1,eclerc, Com te de Bu ffon (170 7 - 17tH\) entzündete: lhmzufo1ge sei der amerikanische I(ontinent weniger reif und enN·ickelt als die ,\lte \'C clt, t'lf enschen, Ptlanzcn und Tiere seien schwächlich und weniger fruchtbar.'. Dieses Urteil rief einigen \\'iderstand her\or. ,\uch \'or allem llufftnc hat :1nh:111d der Schriften Jcsuitcnmissi()n.Hc tn Par.1guay im l~. und ],thnographlc und IH. Jahrhundnt eine ~arurgc~chichtL' der Fnt\\·icklung \\·cg \om "\\.undcrharcn" ~:u ctncr objd,tiYercn, f:1s1 n;ltun\·b~en~ehafrlichcn ~1cht fest,l.',l'~tellt, \·gl. knqin Hufftne, "Rai~1ng Paragu:n from Declinc. 1\lemon, l·.thnograpln, ,tnd :'\atural lltstor: in thc 1·\l',hteenth-Cenrury ,\ccount" of thc Jnuit h1rhcrs," 1n !:/ \ : 11t1o .111/Jtf" dc lo.r: Jt'.lttt!a.l, hiJ!M"ii!.,· J!t!lttmln 1 d .\! ;n;do, ed. L uis \I illon es I \l',ueroa /Dom i ngo l.cdc / m ,1 (!·rank furt a. \1./ ,\I ad rid: \' en ucrt, 2tl!l:l) S. 2~l)_ )02. Dioc eher narrattYcn \" rncdictna y nLtYormcntc dc Cirujano~ \ penro~.-- ,,.\puntcs,' 1 (J:l: "cn todo c:-..cdc a la dc l·.uropa." \'gl. \ntoncllo Ccrhi, L11 !t!l!lm!l(·:;t~ d~' k.1 l11d!r!.\ \'Jtll'i/.1. j)(' ( ri.rtr)/Jt~!Cr;/(;1/ 11 (,o;t::;d!o l·tm,/nd,,:; t!t Or11do (,\ll''\ico D. F.· 1:()ndo de C:ultura J:con(.Jlllica, 1(rB) bn. S. l.Sf. .\uch Hege! tct!re d1e .\ ufft..,~ung der \I indcn\ crt1gkcit der amcrikani~chcn 1"-atur, allgunein ging er\ on einer llnretfe hinsichtlich der hJcJ]ogischcn und gc'-'cllschaftlichen l·:ntwicklung S(l\\ Je einer ,,:Sch,\ :iche de~ 102 Hl.ll.kl'NDE L'ND \llSSION Jesuiten, die sich der amerikanischen !'\ aturgeschichte widmeten, so Jose Sanchez Labrador (1717-1798), bemühten sich, den Reichtum und die Fülle des Naturreiches beider Indien herauszustreichen. Auch Tiere spielen in dieser Natur eine besondere Rolle. Sie treten nicht nur als Feinde auf, wie dies \'or allem bei Schlangen und Tigern der Fall ist, deren r-.;ennung in narrativen Texten aber auch topische Züge haben kann.°K Im Gegensatz dazu gelten sie überraschenderweise auch als Lehrmeister, wenn sie etwa dem i\1 enschen durch den Verzehr bestimmter Ptlanzen zeigen kiinnen, wie er gesund zu leben hat. 09 l!nter ßerufung auf Pater ~lontoya führt Aperger auf, wie mit Hilfe eines Vogels auf die Heilkraft des Charrua-Krautes geschlossen werden könne: Der Vogel 1\lacugar greife Giftschlangen an und werde aufgrunddes Krautes dem Gift gegenüber unempfindlich.'''' Für derlei f'älle wird auch ein klassisches Beispiel aus Kreta referiert: "Es heißt, dass auf l"reta die Bergziegen, also die Damböcke, und ebenso die Hirsche, die von Armbrüsten verletzt, in die Pfeile und Harpunen hineingetrieben, das Dictamo essen und sie aus sich herausreiflen, und dann genesen. Ob dies wahr ist, '.\·eiß c;ott.''(JJ Es finden sich also im :\I anuskript noch einige barocke Elemente, und auch fabelartige Anklänge in Gestalt des "handelnden" Tieres sind zu erkennen. Ansonsten stimmt die Naturauffassung bemerkenswerterweise mit der des Zeitalters der Attfklärung übercin: Die Natur ist harmonisch und ganz auf den Nutzen der i\!enschcn ausgerichtet, als "Buch der Natur" bildet sie neben der amerikanischen :Natun:lls" aus. Zu:-,ammcnfasscnd stt:llte er fest: "Ph:·sisch und geistig ohnmiichtig hat sich ,\mcrika 1rnmer gezeigt und Ecigt sich noch so." Gcorg \\'ilhclm Fricdrich Hegt:!, "Geographische(; rundlagen der\\ cltgeschichtc," in Gcorg \\ ilhclm Fricdrich !Iegel, ,Li"lllliid!i ]/" erl:::t", cd. Hermann Clockncr, Rd. 11: l"orkwlly,w ii/Jtr die P/;tlo.wpl!it der CtJdi!dilt (StLtttgart: l;rommann, 1921:-\) S. 120-49, hier bcs. 121-30 (Zitate 123). ~" \'gl. Pctcr Do\\ ncs, "Die \'\'ahrnchmung des :\ndncn. JcsuJtcnmJssionarc und Ind1os im ,:'\cucn \\'clt-Bott,'" in Smr!lfNJ!.- l:roiN11111J!.- BI)!,!~~J11111J!.· J·ran:;: Xa!'er, die Cncl!r:thd/1 Jt.r:tl 1111d dit katl!o/i.r:thr !J''dtkirdl(· i111 Zo'talll'r de.1 HtJrud:, cd. Johanncs \IC"icr (\\'icsbadcn: Harrasso\\·itz, 20tl.J) S . .~41-.~:1-1-, h1cr _)42f. ~'! ".\puntcs," l:iH: "los Brutos y animalcs cn:--ciicn al hombrc como dnc \'i\lf sano." 1 11 ' ,,.\puntcs," 14(J: "p[uc[:-- cscribc cl P[adrc] i\Ionto~a, dc dondc sc :--aca :--u ctimologia yuc nombrc dc un Pa,aro llamado \Iacugar, cl yual hacicndo cscudl ".\punrcs," 159: "Diccsc tambicn quc cn Candia las cabras montcscs L]UC son los gamos, y lo mismo los sicnos hcridos dc lo:-- Ballcstcros, y con la:-- Sactas y ,\rponcs incado:--, quc comicndo cl D1cramo los arropan dc Sl, ~ prcsto sanan. La \·crdad dc csto Dios lo sahc.·' 103 F.\RL\:\ rLCHNER Heiligen Schrift einen eigenen Zugang zu Gott, der seinen \X'illen in der Ordnung der Natur zeigtt'" Heilkraft und Autorität Drei Argumentationsweisen, die es dem Autor erlauben, den geschilderten Heilmethoden Autorität und Glaubwürdigkeit zu verleihen, durchziehen das gesamte\\. erk. Zum einen agiert der Autor im Rahmen dieser nützlichen Natur, die wissenschaftlich erforscht werden kann, in der Ich-f'orm: Auf jeder Seite beschreibt er, wie er Heilpflanzen sucht, neue \X'irkstoffe entdeckt und auf seine Kenntnisse als Arzt baut. Der zentrale Begriff ist hierbei die eigene Erfahrung 13 ["experiencia''j. ' Neben dieser empirischen Grundlage beruft er sich auf indigene Quellen und Gewährsmänner. Schließlich führt er auch ausgiebig Autoren des griechischen Altertums und der Renaissance an, 1' 4 ,·or allem Pedanios Dioskurides ("Dioscorides"),r,' aber auch Gaius Plinius Secundus 1 ("Plinio," 23-79/ ' und Galen ("Galcno").r,- Wahrscheinlich lag dem Autor die "~lateria medica" [Heilmittelkunde] des Dioskurides in den kommentierten und enveiterten Übersetzungen der ebenfalls aufgeführten Autoren Pietro :\ndrea 1 l\Iattioli (":\!athiolo," 1501-1577) 'K und Andres de Laguna (1494-1560) yort>'J (, 2 Zu die~cm physikotheologischen ,\n~atz vgl. RolfP. Sicfcrlc, "l\jatur/L'mwclt. ?\cuzcit," in /:uropdiJt/;1' .\Imtalitdr~gcfdJidJ!t. Ilallpllhl'llltll in l~in::;elrlanfl>iltmJ!,I'fl, ed. Petcr Dinzclbachcr (Sturtgan: J(rünn, 199_1) S . .St;0-501, hier 582f.; Hubcrtus Bu:.chc:, lfllrl "Ph~·sikothcologic;' in Lt.>..:ikon j11r '/'/.Jtolo,!!,ir' F.irtht, heraus. \\'alter l(aspcr, 11 Lhndc (Freihurg i. Br.: Hcrdcr, 1()9_1-2001) \'111, 2"""(); l'do Krolzik, .Ll"klflarixitnmJ!, der .\atnr. (:1:\Jcukirchen~\'luyn: Pro!'id!!llfia-nei-l.e/lre lflld Xa!lf!Terslcilldni.r drr /·rii/JaH{kldnlll.~ ":\'eukirchener, 198.S) :.l(:igt ferner \Om Standpunkt der protestantischen Theolug1e aus, \\·ie der Gotte:-.glaube his zur /.cit :1:\Jewtons der ::\aturwissenschaft nicht gegenüberstand, sondern S!C förderte. In den ,\puntes ist hinsichtlich der -:\aturwahrnchmung kdiglich die kategorie des "l;.rhabcnen," die sich in der .\ufklärungszeit herausbdder, nicht Yorgezeichner. 1 '' Der .\utor betont auch, dass er weit gereist sei (z. B. ".\puntes," 1...,3f.) .. \n \\enigen Stellen \\'lrd hcrYorgehobcn, wenn bestimmte Therapien nicht selbst begutachtet oder erprobt, :-.onJcrn lediglich aus anderen Quellen übernommen sind. Besonders betont findet sich die Erfahrung als Arzt in den .\puntes, 122. Eine hervorgehobene Cbereinstimmung der Meinung der ":\uthores·' mit der eigenen Lrfahrung findet sich in ":-\puntes," (J9. c-t llicr:tu und im Folgenden Ygl. :\nagnostou,Jcwitm ln \'pt~n!HIJ-.·I!J!crika, S. 2(Jl-2ö5, :ns .)40. ''' Z. B. "Apuntcs," H, oH, 1011,114,132,136, 142, 14'i, 169, 1 7 .3, 1H9, 193, 195, 2(15, 221. ()(, ,,- /.. ll. ".\puntcs,'' 119, 12', 162. /.. R. ".\ puntes," 1.1'. I>K ~\ufgcfl1hrt in ".\puntes," 16, 34, :)(), S2, 100, 1.13, IY', lö6, 16SI, 1SI2f. r,'J Genannt in ,, \puntes," 15, 3B, 64, 102, 114, 1.12, 11:)f., 142, 169, 195, I 9B, 220f. GrundJage I:-.t \\·ohl T.agunas "Dioset'nidcs traduCJdo c ilustrado," zum ersten 1\lal 1555 in \'erüffentlicht \nrwcrpcn 104 Hl.ll.kl'NDI'. L·Nn \IISSIOI\i ~aturforscher Daneben wird auch der \X.illem Piso ("Cuillclmo Pizon," 1611-1678) samt seinem \\.erk "1-listoria naturalis Brasiliae" lNaturgeschichte 11 Brasiliensl erwähnt.- Darüber hinaus wird Pi so auch gemeinsam mit Jakob de Bondt ("J acobo Bonti," 1599-1631) genannt,- 1 dessen \\. erk ü bcr die 2 Naturgeschichte und Heilkunde Indiens- einer handbuchartigen Bearbeitung 1 des \\.erks Pisos beigebunden war.- Bei den erwähnten Schriften von Caspar de Bauhin (1560-1624) handelt es sich '>\·ohl um die "Pinax theatri botanici" 1 [eine umfassende Pt1anzenklassifikationj dieses Basler Kompilators.-. Ebenso nur einmal au(12;eführt werden Juan dc \'igo ("Juan de Bigo," ca. 1450-ca. 1525) ,-' N icoL\s Bautista :\I onardes (149 3-1588) -(,und Juan Plaza -- (erwähnt um 1570). Schriften eines gewissen "Isidro," ein erfahrener Chirurg, sowie ein\\. erk von "Guarto" kiinnen nicht weiter bestimmt werden.-s Die geschickte Argumentation mit Autoritiiten, insbesondere denen der Antike, ist alles andere als AutoritätshörigkeiL Zwar kiinnen sich die ",\puntcs" der von der Renaissance bis ins 18. Jahrhundert hinein deutlich spürbaren Striimung, neu entdeckte Ptlanzen mit den bei Dioskurides beschriebenen Arten zu identifizieren, nicht entziehen.-'' So wird- neben der angenommenen Cbcreinstimmung \·ielcr europäischer und amerikanischcr :\rten- geschildert, - 11 D,l~ \\'crk \\'Jrd a]-; "llistona dc L1s Plantas dcl hrasil" (",\puntc:.," H2) \\' crhc~ \\'LJrdc \ < 111 G co rg .\1 a rcgnt\ c /.\1 arkgLt f ( ca. 1 ül 0- 1 ö-L)) \'crfas'-'t, C'-' zltlcrt. cr~c h Jen l·:m Ted do 1 (J.fH in L\\ i> If Teilen in .\m~tcrdam. \\'illcm Pie:, \\·ar J.cibarztdcs Crafcn.Joh:1t1n ,\lont/. \,., .221 ,..\puntc~," 1 ~3: "Liamase cl .\uthor lsidro Cirujano muchos ar1u'> dc \ ana~ c'\pcricn[c1]as, cu;.oc-; c~cntos han llegado a mis mano~. y a Ia \ crd;H\ LJUC o.;on c\.cogidas en pLtCtlca"; ".\puntc~," ~, D1cscm \'erfahren bg d1c \'orc-;tcllung :;ugrunde, da~~ 1 111 Chersce \orkommcnde Pthnzen gcgcnühcr den curopa1~chen .\rtcn lediglich leiehr abgewandelt seien. 105 1'.\lll 1'\ I'H:H0-I.R wie einige Pflanzen den bei Dioskurides beschriebenen zumindest ähncln.s 11 Zudem komme es vor, dass eine in Amerika heimische Pflanze der "gleichen'" der .\lten \\'elt zwar in der Heilkraft entsprechen, im :\ussehen aber abweichen kiinne." 1 Jedoch wird die antike Autorität durchaus kritisch untersucht, unterschiedliche Positionen \\'erden gegeneinander abgewogen. 52 :\n einigen Stellen wird betont, dass die antiken Autoren ["antiguos"[ bestimmte Pflanzen gar nicht gekannt haben kiinnenH' Die Eingeborenen Paraguays in der Sicht der Jesuitenmissionare :\ls die ersten .Jesuiten nach Amerika kamen, hatten sich die Diskussionen um die Frage, ob die Be\\'ohner der neu entdeckten J .änder überhaupt menschliche \\.esen seien, bereits gelegt. \'orherrschende Indios um \·ernunftbegabte und ~leinung lcrnLihige war, dass es sich bei den Menschen handle, wie es beispielsweise 1537 in der Bulle "Sublimis Deus·' Pauls Tl!. zum Ausdruck kommt. Die Kluft zwischen bekehrten und "ungläubigen" Indianern ["infieles"] ist tiefer als die zwischen Indianern und Europäern. Dieses c;rundmuster der jesuitischen \\.ahrnehmung in Paraguav ist nicht zu unterschiitzcn, wenn auch bei der Forschungsfrage nach dem Kulturkontakt zwischen :\lter und Neuer \\.elt und der l'ntersuchung des "Eigenen" und des "Fremden" der Schwerpunkt oft \'erlagen wird. in der Forschung wird fast übereinstimmend die Jlaltung der Jesuiten gegenüber den Eingeborenen als paternalistisch beschrieben, wobei nur die Einordnung unterschiedlich ausfällt: Southev sieht den Paternalismus beispielsweise als einen Pfeiler des jesuitischen Despotismus,N" Furlong und Downes interpretieren ihn nahe an den jesuitischen Primärc1uellen im Sinne \·on :-," /'.. B. ".\puntc~," ()I: "Ls [clla,!!uaL!ndio miri]mu: scmcjantc ·.11.\s,tro dc Dio~coridc~ cn ~u~ \'Jrtudn," Ygl. a. ".\puntc~," l..J-~f. 1 " COtllO ".\puntc~,-- 142: "1 ... 1: lJUC csta~ I~ cn asl lo mucstra LI c'\pcric11lcll Bcispieb\\"Cisc \\"erden in ".\punto,'· 142, die .\leinungcn \On DHl~kundc~ und l.agun:t cin;wdcr gcgcnlibngcstcllt, \gl. zudem,, \puntcs,'· 134. ln "\puntes," 142, ''erden :weh falsche J:u..,chrcdHll1_l..'.C!l hci ()rozuS hckJag·t. :-,.J Rohcrt .Southe;., ,,Thc Cuarani J\liSSJons- Thc Dc~pot!C \\'clfarc .Statc," 111 F!1c 1:.'\jJitf,loll r)j /!Je fc.mi!J jrom l.dli;; o l;;;ct"i(a, cd. \1 agnus .\I (irncr (_r-....c\\ York: knopf, 1 ()ö.l) S. 55 ()2 ld,thcl h,tndclt sich um einen .\ u <,/ug au" So ut h cy:-. !! i.r!M"J oj 13rfl:;i/, Bd. .2 (l.on dun: l.ongm :1 n, II ur:-.t, ], cc-..., () 1'111l' an d B ro w n, 1K1.., ) I· 106 Fürsorgepflicht und Nächstenliebe.Ks Zwar hätten die Jesuiten die Guaranis in Ackerbau und Viehzucht, in Handwerk und Kunst unterwiesen und sich gegen deren Ausbeutung durch spanische Siedler gewehrt, sie jedoch letztlich stets nur als "Kinder" gesehen, die Zeit ihres Lebens einer besonderen Fürsorge 1 bedürften.K ' Basis hierfür sind insbesondere jesuitische Berichte über die ""Iission, sowohl in Chroniken als auch in Briefen.K- Als Indikator dafür, dass die Jesuiten die Eingeborenen in Paraguay letztlich nicht als Gleichberechtigte angesehen hätten, wird vor allem angeführt, dass ihnen die Priesterlaufbahn \'erschlossen blieb.KK Im \·orliegenden l\Ianuskript ist diese paternalistische Sicht nicht anzutreffen, stattdessen werden die Guaranis als ebenbürtige Partner gesehen. Immerwieder werden sie als Quelle des heilkundliehen \X'issens genannt, Aperger führt detailliert aus, welche Pflanzen bereits \'On den Eingeborenen zu medizinischen Zwecken \·erwendet worden scicnWJ Zudem wird durchgängig der Name der beschriebenen Ptlanzen auch in der Sprache der Guarani, gelegentlich auch in derjenigen der Tupi, aufgeführt. Die Indios gelten nicht nur als allgemeiner Referenzpunkt, sie werden mehrfach als einzelne Personen aufgeführt, wenn auch nicht mit Namen. So beruft sich der Autor an einer Stelle auf die "fähigsten Arzte der Indianer,"'Jtl desweiteren lehre ein Tupi-Indianer, der aus SanG abriet gekommen sei, die Behandlung \'On Schlangenbissen.'Jl Wiederholt wird ein persönliches Treffen mit in der Heilkunde besonders gelehrten Indios erwähnt, so mit einem "bestimmten alten Indio, dem gewandtesten, den ich in :-;::; \'gl. L. B. Do\\·ncs, "\'\'ahrnchmung," S. 350-352. /.um For:.chungskontcxr \'gl. ~fichacl \1Lillcr, "Das soziale, \\irtschaftliche und politi~che um fassenden \ nnilhcrung am Bcispicl der ProYin:~.cn - HIJ.!/!.!JlllllJ!,· Profil der Jc:--uitcnmissioncn. \'ersuch einer Chile und Paraguay," in ScndttllJ!, ~ Lro/Jcmny l·ran;; ~'\ru•cr, die GcJei!Jtht~jl _fn;r !f1!d dir kat/Jo/ud1t lr-t!tkirr/1!' i!ll Zrital!tr dn lLtrotk, cd. johanncs \Ieier (\\ iesbadcn: Harrasso\\'itz, .?.O!l.J) S. 119-132, hin 124. Ci(, \T gl. i'. B. Pncr Claus li artmann, ncr Je.flfiltllJIIlt!l 111 S;idamcrikil I (;()9 /768. [:i/11· i"/JriJt/;dir 1/trma!l!'t :;:-'t K.olollia/i.•JJI!t.> 1111d .\far\:iJJ!I!IJ (\\"eisscnhorn: 1'-.onrad, 1994) S. 3:-,- \'gl. Do\\·nes, ,,\\'ahrnehmung;· S. 351f. \'gl. Hartmann,_fc.>ffiln;Jtaal, S. 6.-, Allerdings ()ffnerc sich die .\mrskirchc in H1spanoamcnka erst im späten 1B. .Jahrhundnt spürbar dn Partizipation J·:inhcimlscher. \' gl. (; c.r:r-/1!.1 /1/c de.r C/Jri.>lt!!llr!J/.1" i11 La!!'illa!Jii'l'ika (G :-,n den Kräutern und ihrer Anwendung finde."'J 2 In einer der wenigen narrativ·en Passagen des Textes wird die Rolle der Indios als kenntnisreiche Helfer betont und der Abstand der Jesuitenmissionen zur kolonialen Gesellschaft der Spanier und Kreolen hern>rgehoben: In Tarija sei ein Spanier, der eigentlich die geheime Heilkraft des Schlangenkrautes ["Yen·a de Ia Vivora"J nicht verraten wollte, im Beisein mehrerer für ihn arbeitenden Indios n>n einer Schlange gebissen worden. Fr sei daraufhin in ein Tal gelaufen und habe dort etwas Schlangenkraut gefunden, zerkaut und auf die \X'unde gestrichen. Einer seiner Indios sei ihm dabei gefolgt und habe das gesehene als "besserer Christ" einem J..:ameraden weitererzählt. Über den i\fitpater Thomas l'\Ioreno 91 sei das \\'issen schließlich zum Autor gelangt."~ Somit werden im v·orliegenden Manuskript die Indios als ebenbürtige Partner und Quelle heilkundliehen \X'issens gesehen, das die eigenen Kenntnisse übersteigt. Der in anderen Schriften üblicherweise dominierende Topos des "armen" Indios, der in allen Lebensbereichen der Hilfe der \Iissionare oder Kolonisten bedarf, wird an zwei Stellen lediglich angcdeutet,'Jö von kolonialer Arroganz ist nichts zu spüren. In ihrer Tendenz steht diese :\ussage dem Hauptpunkt der Ungleichbehandlung von Indios und Kreolen, dem \X' eibeverbot für Indios, entgegen.'!~> '!.2 ".\JHlntt:s," 153: "cinto Indio Yicjo cl mas c:-..pcdito quc hallo cn cstas .\lissioncs cn cl conocimficnjto dc las ycnas y su aplicac[i]on." ln den ,,.\puntcs,'' 122, ,,·ird ein Indio, bct dem steh der .\utor \ iclcr Pflan;cnnamcn \ crsichcrn kann, als einziger dermaßen gebildeter in den .\lissioncn hcschrichcn: "LI tal Indio o el unico YcrYas, por Ia Yaricdad •H L]Llt.:' halle cn cstas ProYm[ct]as L]UC tcnga conocim1cnto dc :c prudcntl.'m[cn]tc usar dc clla:,, dd l]Ul.' me ascgure dcl nomhrc dc muchas ycrY:J.s y palos LJUC hallo dc cllas entre ellos proprios.'' *~.iii.16S:1 Tordcsillas; SJ 9.ii.16~0 Pro\·. C:astilla; t Rinri'Jn, "D1c .\ut1.Lirung im /;~;1:./timl!,~ 111 \jJt!!!tm. J>orlltJ!,al 1111d Laki!!a!!l!'!·ikil stiLhmnik:1ni::;chcn Tc,t<:t1 dc:-- IH. Jahrhundurs Schlus:--clhcgriffc \Yic ,.ilu:--rracit'Jn" und "Jlu:.tr.tdo'· lH:kgt. •Je, \'gl. c'cmplan"ch Je Chn ,dicr 1'(/clho·, dt 1·ar11· 1! dL· Jaucourr, "1·::--pagnc," 111 !:JJ(]'dopt:dic 011 didioll11rtin rll!JOJI!It; dd" du mdn·u, cd. Dcni:-- Didcrot/Jcan Lc Rond D'.\Ltnlhcrt, 1- Bdc., II Tafclhdc., S S u pp lcm cn tl)K. 'J'J !·:in gurc-. Bci,piel für dtoc Bcgnffscn\-citcrung ist \ a .. \nton Schindltng, "·1 hcrc~utnt:-.mu:--,Josephimsmus, dl(.' "katholische .\utll:trung '; ,·gl. hicr:;u katholische \ufkbrung./.ur Proh!cmatil-.. und Bcgrifl\v;e'-'Ch ich te ein er Reform," 1/ .. ;n·~)Nn:~n- 1) io:;i.ltl!l.~ut/Jid,f.l'/;ft/"1/t r .lO ( 1(JHH) 2 1.l-24; H :1 n" .\l:1icr, "D1c katholikcn und die .\utlLirung. Ltn C,lng durch die J·'orschung\l!CSchichlc,'· in Kät/Jo!l.l'd!c !ttjkli!I"IIIIJ.:. ~ llJ9_)) -\-()-:1 1. l !tjklilmtlJ!. iJII kt!llw!ti'!'!JCII /)ur!JdJ!rntd, nl. H arm 1-.. . luct111g (II :1111 hurg: i\f einer, F.\1\1 \~ 109 f'J:CJ-I"ER Rezeption unter der Inkorporation des indigenen \X'issenskanons zu beobachten sind. Diese Rezeption lässt sich an drei Beispielen Hrdeutlichen, am l'rteil europäischer Forschungsrcisender, an fünf Publikationen aus Apergers Traktaten im "Te!Cgrafo J\1 ercantil" (Handelskurier) und zahlreichen textlichen V erweisen in den "A pun tes." Das 1 H. Ja hrh undcrt war die Hochzeit dereuropäischen Forschungsreisen in :\litte!- und Südamerika erlaubten es 1111 Insbesondere Kar! IIL und 1'-arllV. von Spanien spanischen und ausländiscben Forschungsgruppcn, Peru, l\:euspanicn und l\ieugranada zu durchreisen, wobei die Expeditionen der spanischen Botaniker Hip<'>iito Ruiz (1754-1 8 16) und .Josc Pav(lt1 (1754-1 t\42) zu erwähnen sind, Der bekannteste :\usländer- zudem Protestant-, dem eine solche Erlaubnis erteilt wurde, ist :\lexandcr von Humboldt (1769-1859), der \·on 1799 bis 1804 naturwissenschaftliche Erkenntnisse in \' enezuela, dern Gebiet des Orinoco, dem andinen Raum, Mexiko und Kuba sammelte. 1112 Er widmete sich dabei nicht nur dem Bestimmen und Beschreiben der fremden Ptlanzcn- und Tierarten, sondern auch der klimatischen Hiihenstufung der Anden, den geologischen 1-:ingeborenen, Grundlagen, dem Vulkanismus Diese Expeditionen sind ganz im Lichte der Autldiirung w und den sehen: Im Zentrum des Interesses standen die natürlichen Ressourcen, die erkannt und ausgebeutet werden sollten, n>r allcml\: urzptlanzen, die in I lande!,:\! eclizin und Industrie wichtig waren. \X"issenschaftliche Standards sollten durch die Anwendung der ).Jomenklatur nll1 C:arl von Linnc und die Finrichrung eines Botanischen Gartens in J\ladrid, wo nützliche überseeische Gewächse zunächst heimisch gemaehr wurden, eingehalten werclen. aufgeklärten \X'isscnschaftler die 1 "' ,\uffallend oft loben die Erkenntnisse der jesuitischen Protowissenschaft und stützen sich explizit oder stillschweigend auf sie, 111 " Insbesondere :\ime Bonpland (1773-1 858), gebürtig aus La Rochelle, betonte den ).Jutzen der I 1eilptlanzenkompendien der Jesuiten, Er, ein Vertrauter und ,\litreiscnder Humboldts, war 181(> erneut nach Lateinamerika aufgebrochen und verbrachte die letzten)ahrzehnte seines Lebens als :'\Jaturforscher und :\rzt 1111 Jlicuu und 1111 Folgenden \gl. Eduardo l'::;rrclla, ,.F:-.pcdicionc:; hot:l.nica:;," in Ci!rlo.l III )' l11 timtill dc Ia ll!ulmtirln, cd. \fanucl ScllCs/JosC Luis Pesct/.\ntonio Lafucnrc, (i\fadrid: 1\li,1nzJ Ed., 1'JXH) S. 3.1 1-~ 1; Juan Carlos .\ rias Di\ ito, Ld.r 1~.\j>cditirinl)o/{i!ltm '11 rh ,\:llc/'11 L.~paJJa e.\.jHditiOIII'J timl~jltt!J t.lpa;lolll.r d11ra111t d J(~/o .YI ·I I I. (Madnd: Cultura H1sp:lnica, 196H). 1 ' - E1nc SYnthese scJtH'f Ergcbni:,:,c liegt yor in \lo.andcr Yon 1-fumboldt, .lnxit/!tm du· .\'allfr, cd .. \dolf 1111 1111 ~~ cycr-.\ bich (Stuttgart: Rcclam 2004). E~trclla, "l·:xpcdiciotH'S bouln!cas,'' S. 331 .13. \'_l-';1. bci:,plcl'i\\Tisc Johannc.:; Reiscscluldcrungcn :\lcxandcrs \'(Jf1 ~h·icr, .,Die ((irchc in Spanisch ,\mcrika um 1800 nach den H umboldt," Cn.rlia!1tJI!IIO 111-ila .1/orw 1 ~ (199(1) 485-S 16. 110 HEIJ.hll'IDE L'ND .\! ISSION in Argentinien und Paraguay. (1H10~1869) 10 ö Gemäß der Nachricht Martin de Moussn hat er in einem umfangreichen Herbarium alle von Aperger beschriebenen Pflan~en gesammelt und mit dem wissenschaftlichenNamenund dem umgangssprachlichen in Guarani benannt. 101 ' Auch andere aufgeklärte \\'issenschaftler wie Felix de A~ara loben die Ansätze der \\'issenschaft in den Missionen ausdrücklich und nennen insbesondere Aperger als herausragenden Arzt und Botaniker 111 - Auch der praktische Nutzen der Kompendien ist nicht zu unterschätzen, noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts kursierten zahlreiche Kopien in Paraguay und den angren~enden Ländern und waren weiterhin in G ebrauch. 10 H Dieser praktische Nutzen war auch ein Grund für die Publikationen im Tt!~grajo ,\Iercantilim Jahre 1H02, in denen die Heilkraft einheimischer Pflanzen beschrieben wird. Beim Telexraja i\Iercanti!handelt es sich um die erste Zeitung des Vizekönigreichs Rio de Ia Plata. Sie wurde von 1801 bis 1802 von dem Kastilier Francisco Antonio Cabello y i\lesa (1786~ 1824) herausgegeben und beinhaltete in ungeordneter Folge Artikel zur europäischen Politik, zu Literatur, I..:.unst, Medi~in; ferner Preislisten von Agrarprodukten, Anzeigen sowie Gedichte und Lieder. Die Stoßrichung der Zeitung ist unverkennbar, sie sollte der Bildung des Volkes, der geistvollen C nterhaltung und der~ utzbarmachung der natürlichen Ressourcen des Landes dienen. Auch eine patriotische Absicht ist erkennbar, wenn in der ersten ~ummer der \X'unsch ausgedrückt wird, dass Buenos Aires den reichsten, kulturell hochstehenden Nationen des "aufgeklärten Europa" ("iluminada Europa") gleichgestellt werden solle. 1m Die fünf kommentarlos 1 11 ~ \\' ilh als "Artikel" Apergers abgedruckten Auszüge aus clm Sch ulz, .-1 illlf Honpland,. -1 k\.'ändl'r ron J-1 1/IJJ/;o/dtJ H1;!!.,/ti!tr a1(/drr.·l Hurikarei.rt ! 7 V9-1804. \'ein Le/Jm 1111d l!''irkm, i11Jbnrmdere nacb /817 in 1l;!!,tJllimm (\\'iohadcn: Stciner, 1960); zu seinem :\ufcnthalt in den ehemaligen Jesuitenreduktionen insbesondere S. 22-2 ...... 111 r, \' ictor :-..1 artin cle ,\I ouss~, De.raiptto!l pJo,gmpliiqHI' tf xtatiJ·tiqlft de lä Crmf/d1:ralion. i t;r,l'lltine, ) B dc. (Paris: Didot, 1HC>0-1864) l, 414. ()h :-.ich dieses Herbarium, das Bonplandan das ~aturkundbchc \1uscum in Pari:-, schickte, erhalten hat, ist unbekannt. 111 Z. B. Ft:lix de .\zara, [ 'i,yeJporla ",1mh·im meridional, Hd. I (Bucnos .\ires: Losada, 1941) S. - 148. Zur ambi\·alenten Haltung FC!ix de AE.aras zu den Jesuitenreduktionen als Ccsamtphilnomcn ygJ. Harald Thun, "h~lix de A:zara, los jesuitas :- el guaranf,"' in S/mlo das Luze.r. PorflfJ!,al e Espanl!a, o Hrasil t a Rc;:;ido da Rio da Prala, ed. \\'crner Thielemann, (l"rankfun a . .\1.: TFi\1, 2006) S. 4:5-502, hier 4-9-H:. 111 K Dwnisio 1\f. Conz;ilez Torres, CatJio,go de P/ä!Jia.r J[editina!tJ (J' 1/imenlitias }' [-tilt-J) [ ·säda.r f!l e!Jltlrt!,f!,lft1)' (.\ sunci<)n: Sen ilibro, 2005) S. 19. I II'! !IJa)'O, .\1iguel Angel De i\Iarco, Ht.rtoria dt! periodt.r!IJo tn;gcntino. De.rdc lo.r on::;mN l!t!Jitl el tttllfnario de (Buenm c\ircs: EDl'C\, 211116) S. 25-29. 111 FMlL\N FECIINLR Heilpflanzenkompendien 1111 fügen sich bruchlos in dieses Panorama ein, in dem auch modernere Ansätze der Naturwissenschaft und die N omcnklatur nach 111 Linne Beachtung finden. Schließlich ist bereits das grundlegende Interesse Segurolas, das Manuskript Apergers für seine Sammlung abzuschreiben, ein wichtiger Hinweis auf die Rezeption. Dabei ist zu betonen, dass das Interesse Scgurolas, überschaut man seine Sammlung von Abschriften, \·ornehmlich historischer Natur war, die Abschrift ,·erlor also den praktischen Wert des Heilpflanzenkompendiums. Zahlreiche Erweiterungen und textliche Bezüge, allen voran dasVorwortnach C:avanillcs, belegen, dass die ~Iateria medica der Jesuiten durchaus mit den Ansichten der Rezipienten des späten IH. Jahrhunderts \"on Naturgeschichte und Naturwissenschaft vereinbar war. Somit können für das Vizekönigreich Rio de Ia Plata und dessen Nachfolgestaaten die Heilpflanzenkompendien der Jesuiten als ein Schritt hin zurAufklärungund zur modernenNaturwissenschaftverstanden werden. Dabei erleichtert die Quellenart die Rezeption, da sie vor allem deskriptiv angelegt und auf den praktischen Nutzen ausgerichtet ist. Unter Zeitgenossen war die Jesuitenfeindlichkeit in Europa ungleich stärker als in I-lispanoamerika ausgeprägt. Erst Forscher, Publizisten und liberale Politiker schürten ab Mitte des I 9.Jahrhunderts die Ressentiments gegen den Jesuitenorden, vor allem, um den Bruch zwischen "despotischer" Nationalstaat zu betonen. 112 Kolonialherrschaft und "freiem" Summary Compendia of medicinal plants provide unique insights into Jesuit missions. One of the more interesting is Sigismund Aperger's "Apuntes de varias cosas." As opposed to official reports or memorials such compendia prcn·ide clirect 1111 "Telt-grafo mcrcantil, rural, polftico-econömico c histori('Jgrafo dcl Rio dc Ia Plata'': "Las virtudcs dc Ia icrba del Paraguay·', Por el Ex-Jesuita cl P. Sexismundo (i.ii.l802); "1\uez \1nscada. Su:- usos y virtudcs", Por cl P. Scxismundo (14-.ii.lr\02); "\'ircyna Sihcstrc. Sus usos y \'irtudcs;· Scgism undo (4.iv.l802); "l; sos y \·irtudcs del Algarroba blanca, que llam an los Indios de ;\I isiones lbnpc'', nach dem .\rtikel: "(Extracto del Padre Seismxundo)" (ll.vii.l802); "Sangre de dragu. Sus usos) \irtudes," Por cl Padre Sexismundo (18.Yii.l802). Fin zweihändiger 1-'aksimilcdruck dieser Zeitung wurde 1915 von der Junta de Historia y Numi:m18.tica Americana in Bucnos .\ires herausgegeben. 111 1 12 \'gl. z. ß. die .\usgaben des "TclCgrafo i\frrcantil" \'Om 29.xi.180l und n>m 30.Y.1802. Hin zu kommt, dass der Jesuitcnordcn n>m 0 ikta tor J uan \f an ucl de Rosas (179 .1-JI:P-), dem Hauptfeind in der liberalen Publizistik, uns in .\rgentinien wieder zugelassen \\'Urde. \'orbchalte gegcni.ibcr dem Jesuitenorden finden sich et\Ya beispielhaft in Schriften des argentinisehcn Präsidenten Domingn Faustino Sarmicnto, T / i{(jt.f pur E11ropa, A.jriw Ferntindez (~anterrc: Allca, 1993). i ··1!11/rita 18+ 5-184 7, ed. Ja\'icr 112 n·iclencc of lifc in the Rcductions. In his manuscript wc obsen-c how the author's pcrccption of nature bridgcs the gap bctwecn thc Baroc1uc agc and thc Enlightenmcnt. Of particular interest is his perception of thc rcsidents of the Reductions, who arc not considercd simp\y as "children" in nccd of assistancc from the missionarics, but also as ec1ual partners in the exchange of mcdical knowledgc. For him cmpiricism counts morc than tradition! Thc compcndia of Aperger and his Jesuit contcmporan· Pedro dc ,\lontenegro werc cxpanded and edited aftcr their dcaths; thc knowledgc tbcrein containcd \\·as put to practical use until the middle of thc nineteenth ccntury. Thc additions to thc tcxt as weil as thcir usc circa 1800, dcmonstrate the blossoming of thc first signs of the Enlightenmcnt in the rcgions of thc Rio de la Plata. Thc compcndia arc similar to thc work of cnlightcncd naturalists. lndccd they rcpresent the only dctailed prcparaton· work in pharmacy and botany. Their practicality and clcar descripti\·e st\·lc guarantecd thcir continuation even aftcr the Suppression ofthe Socict\ ofJesus. The ideological demarcation of a colonial pcriod charactcrised lw dcspotism andJcsuit rulc, and the independcnt nJUng republics of Argentina and Paraguay appcared in rctrospcct circa thc mid-ninctecnth century whcn thcsc rcpublics, undcr thc intlucnce of European political journalism, sought a clean break from their Spanish past and opted for Francc and Great Britain as political modcls. Sumario Los compcndios de planras medicinales ofrccen una perspicacia ünica a las misioncs jcsuitas. t.: no de los m'is intcrcsante es cl '\\puntcs dc varias cosas" de Sigism undo Aperger. En contrastc con in form es o mcmoriales oficiales es tos compcndios proyccn eYidcncia directa de la vida en las Rcduccioncs. En su manuscrito observamos c<"Jmo las perccpciones que el autor tiene dc Ia naturaleza tienden un puentc entre la cpoca barroca ,. Ia llustraciön. Dc partindar interes es su punto de Yista dc los residentes de las Reduccioncs, c1ue no son solamcnte considerados "niiios" quc neccsitan la ayuda dc los misioneros, sino socios a Ia par cn el intcrcambio de conocimicntos medicos. iPara cl, cl cmpiricismo cucnta mas El compcndio dc :\pcrger v l]UC su Ia tradiciön' contemporanco jcsuita, Pcdro dc :\lontenegro, fucron expandidos y rcdactados dcspues dc sus muertcs. EI conocimicnto que contcnian fuc utilizado hasta los mcdiados dcl siglo XIX. Las redacciones del tcxto y su uso hasta ccrca 1800, dem uestran las primeras sciiales dcl tlorccimiento de la llustraciön en las rcgiones dcl Rio de la Plata. Los compendios se parccen a la obra de los naturalistas ilustrados. En fin, reprcsentan los ünicos trabajos preparatorios dctallados en farmacia y botanica. Su factibilidad y preclaro estilo descriptinJ garantizaron su continuidad incluso dcspucs dc la supresi{Jn dc Ia Compaiiia deJcsüs. La dcmarcaciön idcol