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Framework Zur Abschlussanalyse Und Unternehmensbewertung

Luzi Hail, Conrad Meyer Framework zur Abschlussanalyse und Unternehmensbewertung Abschlussinformationen richtig interpretiert* Finanzberichte gehören zu den wichtigsten Informationsquellen für den aussenstehenden

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    June 2018
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Luzi Hail, Conrad Meyer Framework zur Abschlussanalyse und Unternehmensbewertung Abschlussinformationen richtig interpretiert* Finanzberichte gehören zu den wichtigsten Informationsquellen für den aussenstehenden Betrachter. Eine korrekte Interpretation der publizierten Zahlen ist daher in vielen Fällen kritisch für den Erfolg anstehender Entscheide, wie z. B. die Portfolioselektion, die Kreditvergabe oder der Investitionsentscheid. Im vorliegenden Beitrag wird gezeigt, wie unter Berücksichtigung der unternehmensspezifischen Situation sowie der individuellen Anreize der involvierten Akteure eine systematische, entscheidungsrelevante Auswertung von Abschlussinformationen gelingt. 1. Wozu braucht es Abschlussinformationen? Ökonomische Transaktionen schlagen sich in den Zahlen des Rechnungswesens nieder. Ob die Aufnahme eines Kredits, der Ersatz einer Maschine, der Verkauf von Produkten, die Neustrukturierung der Geschäftstätigkeit oder die Ausgaben für den Aufbau einer Marke, all diese Aktivitäten haben früher oder später quantitative Auswirkungen auf Bilanz, Erfolgsrechnung und Mittelflussrechnung. Abschlussinformationen übernehmen in diesem Zusammenhang die Rolle eines Vermittlers. Sie bilden eine wesentliche Voraussetzung für das wirtschaftliche Handeln sowie die effiziente Ressourcenallokation zwischen Unternehmen und Individuen. Ihr Einsatzgebiet ist * Dieser Beitrag eröffnet eine Serie von sechs Artikeln zum Thema «Abschlussanalyse und Unternehmensbewertung», die über die nächsten Monate verteilt im «Der Schweizer Treuhänder» erscheinen. Luzi Hail, Prof. Dr. oec. publ., Assistenzprofessor am Institut für Rechnungswesen und Controlling der Universität Zürich, Zürich äusserst vielfältig: als analytisches Werkzeug zur Überprüfung der operativen Leistungskraft, als Mass für die Beurteilung des Managements, als Frühwarnindikator für künftige Chancen und Risiken, als Prognoseinstrument oder als Orientierungshilfe für die Zuordnung von Aufgaben, Mitteln und Kompetenzen. Bei der Analyse von Finanzberichten darf man jedoch eine zentrale Eigenschaft nicht aus den Augen verlieren. Accounting ist keine exakte Wissenschaft, sondern in hohem Mass subjektiv geprägt. Nicht die möglichst genaue Abbildung einer verborgenen «Wirklichkeit» steht im Vordergrund. Vielmehr sollen Informationen über das Handeln der einzelnen Akteure und ihr Zusammenspiel vermittelt werden. Trotz anerkannter Grundsätze und Standards zur Rechnungslegung verbleibt den Managerinnen und Managern als Hauptverantwortliche für die betriebliche Berichterstattung ein erheblicher Handlungsspielraum. Eine Interpretation der Rechnungswesendaten hat daher zwingend die individuellen Ziele und Motive der beteiligten Parteien zu berücksichtigen. Die Nachfrage nach Abschlussinformationen ist ganz unterschiedlich begründet. Aktuelle und potenzielle Aktionäre verlangen Auskunft über die Risiko-Rendite-Struktur der zur Auswahl stehenden Anlagemöglichkeiten. Gleichzeitig möchten sie die Leistung der mit der Geschäftsleitung betrauten Personen überprüfen. Gläubiger, ob Kreditgeber oder Lieferanten, sind an Informationen über die jederzeitige Zahlungsfähigkeit sowie die Gefahr eines allfälligen Konkurses interessiert. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchten über den finanziellen Zustand und die Aussichten ihres Unternehmens Bescheid wissen. Eventuell ist auch ein Teil ihrer Entlöhnung an Kennzahlen aus dem Rechnungswesen geknüpft. Sicher ist diese Frage aber für das Management relevant, ist doch seine Entschädigung häufig unmittelbar mit der finanziellen Performance Der Schweizer Treuhänder 8/01 667 verbunden. Weitere Informationsbedürfnisse stammen vom Staat bzw. der allgemeinen Öffentlichkeit, die sich Angaben über die künftige Entwicklung und die gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen des unternehmerischen Tuns erhoffen. Daraus leiten sich dann regulatorische Eingriffe oder wirtschaftspolitische Massnahmen ab. Umgekehrt resultiert das Angebot an Abschlussinformationen aus einer Kosten-Nutzen-Überlegung seitens des Managements. Den Kosten der Datengenerierung und -verbreitung, der Preisgabe sensitiver Wettbewerbsvorteile sowie des Risikos negativer Marktreaktionen, einer Entlassung oder von Verantwortlichkeitsklagen steht der Nutzen eines verbesserten Zugangs zu knappen Ressourcen wie Know-how oder Kapital entgegen. Das Ergebnis dieser Abwägung ist eine auf die unternehmensspezifischen Ziele ausgerichtete Informationspolitik mit dem Jahresabschluss als wichtigstem Element, begrenzt lediglich durch die vom Gesetzgeber, von einer Börsenaufsichtsbehörde oder einer anderen Institution auferlegten minimalen Publizitätsvorschriften. Trotz ihrer prominenten Stellung sind Finanzberichte und die darin enthaltenen Informationen mit Vorsicht zu interpretieren. Die Unsicherheit der Zukunft sowie der Ermessensspielraum im Zeitpunkt der Erstellung lassen viele Angaben im nachhinein als falsch und willkürlich erscheinen. Ein weiteres Problem stellt die Unvollständigkeit der Abschlüsse dar. Zahlreiche Transaktionen, obwohl wirtschaftlich relevant, kommen nie oder erst sehr spät im Rechnungswesen zum Ausdruck. Das Humankapital, die Entwicklung neuer Verfahren und Technologien, ein loyaler Kundenstamm oder nicht absehbare Umweltrisiken sind nur einige Beispiele. Ausserdem sind Abschlussinformationen in jedem Fall veraltet, mehrheitlich quantitativer Art und beziehen sich auf eine eng definierte Zeitperiode. Daneben existieren viele andere Informationsquellen, die vielleicht weniger strukturiert und standardisiert, dafür aber aktueller, objektiver und qualitativ ausgerichtet sind. Zur optimalen Nutzung von Finanzberichten bedarf es einer sorgfältigen Analyse der Rechnungswesendaten: 668 Unter Abschlussanalyse soll deshalb die umfeld- und unternehmensspezifische Interpretation der Zahlen aus dem finanziellen Rechnungswesen im Hinblick auf zu treffende Entscheide verstanden werden, unter spezieller Berücksichtigung des vorhandenen Handlungsspielraums und der Anreize der involvierten Akteure. In der Folge geht es darum, einen sinnvollen Denkraster zu entwickeln, der dieser anspruchsvollen Aufgabe gerecht wird. 2. Abschlussinformationen und Unternehmenswert Eine im Rahmen der Abschlussanalyse häufig wiederkehrende Fragestellung ist die Bewertung eines Unternehmens als Ganzes oder einzelner Teilbereiche. Mit Hilfe von Abschlussinformationen soll der Betrag, die Eintrittswahrscheinlichkeit und der Zeitpunkt künftiger Gewinn-, Cash-Flow- und Dividendenströme abgeschätzt werden, um daraus einen intrinsischen Wert herleiten zu können. Die Zahlen aus der Finanzbuchhaltung dienen als eine der wichtigsten Inputgrössen für die Methoden der Unternehmensbewertung, «Accounting ist keine exakte Wissenschaft, sondern in hohem Mass subjektiv geprägt.» Conrad Meyer, Prof. Dr. oec. publ., Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre und Direktor des Instituts für Rechnungswesen und Controlling der Universität Zürich, Prorektor der Universität Zürich, Zürich indem die Wertfindung entweder direkt auf der Bilanz-, Erfolgs- und Mittelflussrechnung basiert oder indirekt mit den Rechnungswesendaten als Planungsgrundlage erfolgt. Eine Bestimmung des Unternehmenswerts ohne Finanzrechnung ist ebenso unvorstellbar wie umgekehrt! Dennoch melden sich immer wieder kritische Stimmen, die diesen Zusammenhang in Frage stellen: Die Interpretation von Rechnungslegungsnormen sei äusserst subjektiv und für Aussenstehende kaum nachvollziehbar. Man denke nur an überhöhte Rückstellungen bei Restrukturierungen, an Sofortabschreibungen des Goodwill aus Übernahme als laufender Forschungs- und Entwicklungsaufwand oder an vorzeitige Verbuchungen noch nicht gesicherter Erträge. Das Wort vom «Accounting Hocus-Pocus» macht die Runde. Der Gewinn verkommt zur inhaltslosen Zahl im Spannungsfeld von Managementinteressen, Gläubigerschutz, Rechnungslegungsstandards und Investorenanliegen. Ebenfalls Anlass zu Kritik geben die Prinzipien der doppelten Buchführung: Die statische, kurzfristige, auf der Vergangenheit basierende Periodenbetrachtung vernachlässige so typische Investitionscharakteristika wie den Risikoaspekt, die Zukunftsperspektive oder den Zeitwert des Geldes. Kein Wunder verwenden Finanzanalytiker, Unternehmensberater oder Anleger viel Zeit und Energie für die nachträgliche Bereinigung der durch das Rechnungswesen «verzerrten» Zahlen. Durch eine sogenannt ökonomische Betrachtungsweise wird versucht, für Bewertungszwecke geeignete, unverfälschte und damit objektive Geldstromgrössen herzuleiten. Der Schweizer Treuhänder 8/01 RECHNUNGSWESEN Die obige Auffassung greift insofern zu kurz, als es doch gerade die Abkehr vom reinen Zahlungsstromdenken und die Hinwendung zu Aufwänden und Erträgen ist, womit die Finanzbuchhaltung eine bessere Einschätzung der Zukunft erlauben soll. In weiter Ferne liegende, mit hoher Unsicherheit behaftete Ein- und Auszahlungen werden auf buchhalterische Weise (z. B. durch die Aktivierung und Abschreibung oder die Bildung von Rückstellungen) quasi in die unmittelbare Gegenwart versetzt. Das Prinzip der Periodisierung von Zahlungen gehört zu den ureigensten konzeptionellen Grundlagen des Accounting. Die Wertrelevanz der aktuellen Rechnungswesendaten (egal, ob als periodisierte Grössen oder im Sinne eines Sonderfalls als reine Zahlungsströme dargestellt) ergibt sich aus folgenden drei Grundannahmen (vgl. Abbildung 1): 1. Bewertungsmodell: Da in seiner allgemeinsten Form der Wert eines Unternehmens als Kapitalisierung der in Zukunft erwarteten Nettoeinnahmen aus der Sicht der Investoren betrachtet wird, bedarf es einer funktionalen Beziehung zwischen dem aktuellen Shareholder Value und den erwarteten zukünftigen Dividendenzahlungen inklusive Kapitalleistungen. Dieser Zusammenhang hat z. B. im allgemein anerkannten Dividend Discount Model oder, Abbildung 1 Zusammenhang zwischen Accountingdaten und Unternehmenswert aktueller Unternehmenswert? aktuelle Rechnungswesendaten z. B. Dividend Discount Model (1) Bewertungsmodell (3) Fundamentalanalyse z. B. Modelle zur Gewinnprognose zukünftige Dividenden (2) Dividendenzahlungsfähigkeit z. B. erwartete Payout Ratio zukünftige Rechnungswesendaten wenn Dividenden dem Free Cash- Flow an die Eigenkapitalgeber gleichgesetzt werden, in der weitverbreiteten Discounted-Cash-Flow- Methode Eingang gefunden. 2. Dividendenzahlungsfähigkeit: Dividenden sind Bestandteile der Gewinne, die den Anteilseignern zur Abgeltung der eingegangenen Risiken ausbezahlt werden. Zur Sicherstellung der künftigen Gewinnausschüttungen bedarf es wiederum einer funktionalen Verbindung zwischen den in Zukunft erwarteten Dividenden und den sich dereinst einstellenden Gewinnen. Somit sind z. B. Aussagen über die erwartete Payout Ratio oder die in einem Unternehmen verbleibenden frei verfügbaren Mittel erforderlich, um die künftigen Rechnungswesendaten in Einklang mit den entsprechenden Auszahlungen an die Aktionäre zu bringen. 3. Fundamentalanalyse: Um die Bedeutung der aktuellen Finanzberichte für die Unternehmensbewertung zu rechtfertigen, müssen die Zukunftsgewinne bzw. -cashflows in einer funktionalen Abhängigkeit von den heutigen Zahlen aus dem finanziellen Rechnungswesen stehen. Diese Beziehung wird als Fundamentalanalyse bezeichnet. Darunter ist der Versuch zu verstehen, aus der aktuell verfügbaren Informationsbasis möglichst präzise Aussagen über die künftige Entwicklung herzuleiten. So sollen z. B. Modelle zur Gewinn-, Cash-Flow- und Dividendenprognose eine Reduktion der Planungsunsicherheit sowohl beim Erwartungswert als auch bei der Streuung um diese Durchschnittsgrösse bewirken. Erst wenn diese drei Relationen im Grundsatz akzeptiert werden, kann es gelingen, unmittelbar aus dem Rechnungswesen Schlüsse auf den Unternehmenswert zu ziehen. Da für die Schritte (1) und (2) verschiedene theoretische Konzepte mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen zur Verfügung stehen, gilt das Hauptaugenmerk der Abschlussanalyse weniger der konkreten Bewertungstechnik (z. B. Residualgewinn- versus Discounted-Cash-Flow- Methode, Equity versus Entity Approach), als vielmehr dem Schritt (3), der Prognose der künftigen Entwicklung. Die Qualität der bereinigten und aufbereiteten Abschlussinformationen bemisst sich folglich an ihrer Aussagekraft bezüglich der Zukunft. Die Diskussion für und wider die Verwendung von Accountingdaten verliert an Bedeutung und tritt in den Hintergrund. 3. Abschlussanalyse aus theoretischer Sicht Aufgabe analytischer Modelle ist es, zu beobachtende Phänomene und Verhaltensweisen zu erklären sowie eine Vor- Der Schweizer Treuhänder 8/01 669 Abbildung 2 Das Unternehmen als Netzwerk aus Verträgen hersage über die zu erwartenden Reaktionen auf ein gegebenes Set von Rahmenbedingungen aufzustellen. Dabei werden bewusst Vereinfachungen und z. T. unrealistische Annahmen in Kauf genommen, um die Komplexität der Wirklichkeit zu reduzieren. Zum besseren Verständnis der Funktionsweise der Abschlussanalyse tragen insbesondere zwei Theorieansätze bei: (1) Die These effizienter Kapitalmärkte stellt die Berechtigung der Analyse von Rechnungswesendaten grundsätzlich in Frage. (2) Aus Sicht der Agency-Theorie interessiert die Rolle des Rechnungswesens bei der Ausarbeitung und Durchsetzung von Verträgen, wenn die beteiligten Akteure einen unterschiedlichen Informationsstand aufweisen und divergierende Ziele verfolgen. Effiziente Kapitalmärkte 670 Kunden Aktionäre Quelle: In Anlehnung an Sunder 1997, S. 15 Management Unternehmen Lieferanten Unter der Annahme effizienter Kapitalmärkte, d. h. sämtliche Informationen werden sofort und vollständig in den Preisen bzw. Aktienkursen berücksichtigt, stellt sich die berechtigte Frage nach der Relevanz einer vertieften Analyse von Accountingdaten. In diesem Zusammenhang erweist es sich als hilfreich, verschiedene Stufen der Markteffizienz zu unterscheiden: Staat, allgemeine Öffentlichkeit Personal In der Praxis geniesst die Analyse von Rechnungswesendaten aber weiterhin eine hohe Akzeptanz und Verbreitung. Mehrere Gründe tragen zu dieser scheinbar paradoxen Situation bei: Die Theorie der Markteffizienz geht von friktionslosen Kapitalmärkten aus, weder existieren Transaktionskosten noch Kosten der Informationsbeschaffung und -verarbeitung; alle Marktteilnehmer interpretieren das bestehende Wissen korrekt. Diese restriktiven Annahmen werden der Realität aber selten gerecht. So lassen sich immer wieder Anomalien beobachten, bei denen es gelingt, durch das Ausnutzen vorhandener Informationen den Markt nachhaltig zu schlagen. Mit den professionellen Finanzanalytikern hat sich gar ein ganzer Berufsstand darauf spezialisiert, durch überlegenes Know-how und Erfahrung «günstig» bewertete Titel zu selektieren. Ob dies auf Dauer auch tatsächlich realisierbar ist, kann bis jetzt nicht abschliessend beantwortet werden. Ausserdem ist kaum anzunehmen, dass sämtliche Adressaten der Finanzberichte homogene Erwartungen bilden. Unterschiedliche Rahmenbedingungen (z. B. Steuerlast, gesetzliche oder reglementarische Anlagevorschriften) und Zielvorstellungen (z. B. Anlagehorizont, Risikoneigung) beeinflussen die subjektive Wertfindung. Selbst bei vollständiger Effizienz lässt sich die Existenz der Abschlussanalyse begründen, wenn nämlich Accountingdaten zur Einschätzung des systematischen Risikos einer Aktie und damit zur Fundierung von Portfolioentscheiden benötigt werden. Schliesslich ist es gerade die Summe aller An- Fremdkapitalgeber Revisionsgesellschaft Schwache Form der Markteffizienz: Die vergangene Kursentwicklung ist vollständig in den gegenwärtigen Preisen enthalten. Auf der Basis historischer Kurse lässt sich keine überdurchschnittliche Rendite erzielen. Jegliche technische Analyse ist zwecklos. Halbstarke Form der Markteffizienz: Alle öffentlich verfügbaren Informationen, also auch die Zahlen und Angaben aus den publizierten Abschlüssen, sind in den Kursen bereits verarbeitet. Durch die Analyse von Fundamentaldaten lässt sich keine Überrendite erwirtschaften. Nur Insiderwissen begründet einen auswertbaren Konkurrenzvorteil. Starke Form der Markteffizienz: Neben allgemein zugänglicher Information schlagen sich auch private Neuigkeiten mit Bezug zum Unternehmen unmittelbar im Entstehungszeitpunkt in den Kursen nieder. Selbst Insiderwissen kann nicht profitabel eingesetzt werden. Aufgrund der vorliegenden empirischen Evidenz ist es sinnvoll, die Markteffizienz zumindest in ihrer halbstarken Form als weitgehend gesichert zu betrachten. Zur Identifikation unterbewerteter Investitionsmöglichkeiten wäre die Abschlussanalyse somit nicht geeignet. Finanzberichte stehen nicht nur allgemein zur Verfügung, sondern ein Grossteil der darin enthaltenen Informationen ist bereits vor deren Publikation auf anderem Weg an die Öffentlichkeit gelangt. Der Schweizer Treuhänder 8/01 strengungen zur Erlangung eines individuellen Wissensvorsprungs, die ihrerseits zum hohen Informationsgehalt der Preise und zur Effizienz der Märkte beiträgt. Wird allerdings unterstellt, dass private Informationen noch nicht in den Kursen reflektiert sind und z. B. über Finanzberichte in öffentliches Wissen transformiert werden können, übernimmt das Rechnungswesen eine zentrale Funktion zur Handhabung von Agency-Konflikten. Informationsasymmetrien und Interessenkonflikte Um Wesen und Zweck des Rechnungswesens besser zu verstehen, kann das Unternehmen als Netzwerk aus expliziten und impliziten Verträgen unter rational handelnden Agenten aufgefasst werden (vgl. Abbildung 2). Jeder Agent entscheidet sich vor dem Hintergrund seiner individuellen Ziele, Abbildung 3 Rechnungswesen und Agency-Problematik Fähigkeiten und Alternativen, ob er oder sie sich auf ein Engagement einlässt oder lieber einen anderen Ressourceneinsatz vorzieht. In jedem Fall sollte eine Besserstellung gegenüber der vorherigen Situation resultieren. Wird ein Kontrakt abgeschlossen, verpflichten sich die beteiligten Parteien zu einem Leistungstausch. Die Kunden 672 Aktionäre Einsichtsrecht, Auskunftspflicht Berichterstattung z. B. erhalten als Gegenleistung für ihr Entgelt ein gewünschtes Produkt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erklären sich gegen entsprechende Entlöhnung bereit, ihr Wissen und Können zur Verfügung zu stellen, der Staat wird für das Angebot an öffentlichen Gütern mit Steuern und Gebühren abgegolten. Die konkreten Vertragsbedingungen unterliegen einem Verhandlungsprozess, der i. d. R. in periodischen Abständen zu wiederholen ist. Zwei Eigenschaften erschweren eine Übereinkunft: (1) Jeder Agent hat seinen eigenen Wissensstand, was Raum für private Informationen zulässt. (2) Die Akteure verfolgen ihre eigenen Ziele, die nicht zwingend übereinstimmen müssen. Diese beiden Prämissen, asymmetrische Information und divergierende Interessen (Agency-Problematik), begründen den Bedarf nach geeigneten Koordinationsmechanismen. Das Accounting nimmt hierbei eine prominente Rolle ein. Management Testat Reputation Prüfung Leistungsbeurteilung Rahmenbedingungen Grundsätze ordnungsmässiger Rechnungslegung Standards zur Rechnungslegung Gesellschaftsrecht (Verantwortlichkeit) Revisionsgesellschaft Aus Sicht der Vertragstheorie unterstützt das Rechnungswesen die Ausarbeitung und Durchsetzung von Verträgen. Konkret bedeutet dies: Es misst den Beitrag eines jeden einzelnen Agenten an die Ressourcen des Unternehmens und regelt seine Entschädigung. Zugleich dient es als Rechenschaftsablage gegenüber den involvierten Parteien über die pflichtkonforme Vertragserfüllung. Als gemeinsame, oftmals qualitätsgeprüfte Wissensbasis erlaubt es darüber hinaus die periodische Erneuerung bereits bestehender Kontrakte sowie das laufende Eingehen neuer Verpflichtungen. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass Abschlussinformationen nur eine von m