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Grenzverschiebungen: Kultur Als Wissensressource Und Argumentationsstrategie In Der Feministischen Kulturanthropologie

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Reinhard Johler, Christian Marchetti, ' . .,. • ,. c armen YH . h B emnard 1Schoren, vveit1. n rsg.J c-- \ . "' . G .1 •. "fu '~ 1' ' ' .)"8 . K ~ ongress der l.Jeutscnen · eseLschart 1. T vOrKSKunce 1 • "4 s 1 .m "T'···b· 2' . b 201 .il u mgen vom 1. ms L : . . ·eptem er . . .:. ~Waxmann 2013 Münster I New York I München I Berlin Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothel• Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detai II ierle bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb .d-nb .de abrufbar. Inhalt Reinhard .loh/er Vorwort. .............. ... .. .. ....... ................ ...................... ................. ...... .. ... ........... ... .. ..... ......... ........ l3 Roll Lindner "Zwei oder drei Dinge, die ich über Kultur weiß ... " Eine Reprise .............................. .... .... l6 Plcnarvorträge Andreas Neckwitz Die Materialisierung der Kultur .. .................. ........... ..... .. .... ... .. ........ ... ........ .......... ............. ..... 28 Hernhard 7khofen Selbstbeschreibungen beschreiben? Zur Kulturanalyse des Kulturgebrauchs ........................ 38 Beale Binder Grenzvcrschiebungen: Kultur als Wissensressource und Argumentationsstrategie in der feministischen Kulturanthropologie .... ................................ ..49 Paul Rabinow and A nthony Stavrianakis From Discordant Participant-Observation Toward an Anthropology of tbe Discordant ................... ... .... ... ............................................... 63 Waller Leimgruber Entgrenzungen. Kultur ~ empirisch .... .......... .... ......... .. ....... ....... ........... .......... ........ ................. 71 ISBN 978-3-8309-2!\47-X (0 Waxmann Verlag GmbH , 2013 Panel l: Kulturelles Eigentum: Perspektiven auf ein interdisziplinäres Forschungsfeld www.waxmann.com in l'[email protected] Regina F ßendix Z ur Konstituierung eines Forschungsfeldes: Cu/tural Property beleuchtet aus interdisz ipliniirer Perspektive ............................................ 86 Umschlaggcstaltung: Pleßmann Design, Ascheberg Umschlagabbildung: Frank DuetT, Tübin ge n Satz: Stocktart Satz- und Layoutservice, Münster Druck: 1-lubert & Co., Göttingen Siefan Grolh Allmendgemeinschatlen und Cultural Commons in der Diskuss ion um kulturelles Eigentum ...... .......... .. ..... .................. ... .. ........ ............ .. ...................................... 92 Gedruckt auf alterungsbestä ndigem Papier, säurefrei gemäß ISO 9706 Phitipp Socha Spielräume im Völkerrecht: Regional dif'l'erierende Interpretationen der ,Berechtigten' in den drafi articles des WIPO IGC ...... .... ........ .. ..................................... 99 IJ FSC MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC" C016439 Printed in Germany Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, verboten. Kein Teil dieses Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vcrvietfliltigt oder verbreitet werden . .fohanne.1· Müske Technik, die kulturelle Aneignung der Klangwe il und die Grenzen von Cultural Property ....... ........ ....... ............... ........................................... 107 Arnika Pese/mann Das Erzgebirge als montane Kulturlandschaft Konstituierungs- und In- Wcrtsetzungsprozesse eines potenti ellen UNESCO- Weltkulturerbes ..... ... .. .. ................... .... ... .. .. ........ .. ........... ........ Il4 J3ernhard Tl'cho(en 48 rcn Titel anzusprechen - - Denken Beate Binder und Darstellen von Kultur in eine (oftmals zirkuläre) ß arbara K irshenblatt-Gimblett einmal als "metakultuTransferbeziehung eintreten. Die Beispiele fl.ir so lche von " b . I s'tnd ungezählt und reichen von der · h t Transier ezte mngen ·· relle P rozesse"JB bezetc n~ e .· ~ . E ·b elabelten regionalen Nahrungstraditionen durc 11 Propertisieru~g von ~ls. k~lt~-~ ttsc esun\o~ ~is zur Debatte um die Öffnung der tm methodie Agrarreg tmes det EUiopatschen d .c: en Insti tutionen des kulturellen . _1. d s 19 Jahrhun e rts vett angen .. . d : LI I 1't ve·r'inde rten Oberheferungen un diseben NatiOna tsmus e · · d , . E 1wanderungsgese sc 1a ' Gedächtni sses für dte tn ct . H . b . I dass der reflexi ve tatus von Kullur der lh Alltäglichke it zetgt a et auc 1, 1 I d"-, E rfa hrungen. re - . . d d h . ine Trennung in habituelle unc se wn me he ute selbstverständli che tst - und . ass a et_ ~ 39 . K lt - mehr denn Je obsolet tst. . . Dimens to nen von u ut . • l't heute unumgängltche 1 1 1emen "b 1 11 e für die Ku lturwtssensc 1ld Forsch ungen u er so c · 11 Begleitung der Forsc 11ungs. . . . . fl d. twendtgkett elllel I e extve demonstrieren daher auc l1 te o . . tl _, . tischen und empirisch begründeten 40 d geben Anlass zur we tteten-- leote . . M' h I prozesse se lb st un . . . . ·scnschaftlichen Akteure im (so hat das tc ae a Aktionsraum des Wissen-Schaffens - Ause inandersetzung um d~e Rolle det_ ~ ts ~- ··t - -L, . ·I a"Ltßet·st trcfl'end formultett) etwct et en" Fens(e 1 neu Itel und Weitergebens" 41 • Grenzverschiebungen: Kultur als Wissensressource und Argumentationsstrategie in der feministischen Kulturanthropologie Einen Rückblick auf Geschichte und Geschichten, der feministischen Kulturanthropologie' mit "Grenzverschiebungen" zu überschreiben, scheint zunächst trivial. Denn die Transformationen, die in der Gesellschall wie auch in der Wissenschaft durch die verschiedenen Frauenbewegungen ausgelöst wurden, hatten und haben grundsätzlich immer mit dem Verhandeln und Verschieben, dem Aul~ösen und Neujustieren von Grenzen zu tun -- nicht zuletzt der Grenze dessen, was als legitime Wissenschaft gilt und was nicht. Zugleich gehören Metaphern der Grenze wie auch der Grenzüberschreitung inzwischen zum inf~ationiir gebrauchten "Kanon kritischer ßegrifflichkeit" 2, durch den politische Kämpfe territorialisierl werden. Auch das spricht im Grunde gegen einen analytisch gewinnbringenden Bezug auf diesen I3egri IT. Trotz dieser möglichen Einwände werde ich mir im Folgenden das Bild der Grenze zunutze machen, wenn ich danach frage, welche Effekte das ZusammentreH'cn wissenschaftlicher Erkenntnisinteressen mit politischen Agenden hat, wie es für den akademisch gewordenen Feminismus konsti tutiv ist. Die Metapher der Grenzverschiebung erlaubt mir dabei einerseits, die Kontingenz wie auch die Unbestimmtheit der beiden Felder Politik und Wissenschaft sichtbar zu halten, die als getrennt angenommen werden. Auch wenn ich von der Porosität dieser Grenze ausgehe, 3 sehe ich gleichzeitig die beiden gesellschaHliehen Felder als in einem Spannungsverhältnis stehend. Das Bild der Grenze ermöglicht es daher andererseits auch, mir der unterschiedlichen Logiken und symbolischen Ökonomien bewusst zu bleiben, die die beiden Felder strukturieren und die die Mobilisierung jeweils and erer Ressourcen verlangen. Und drittens schließlich erlaubt es di e Grenzmetapher, Grenzräume als liminale Zonen zu verstehen, in denen sich utopisches Denken entwickeln kann. 4 Und darum soll es im l'olgenden gehen: um Grenzverhandlungen und Spannungsverhiiltnisse, die dann entstehen, wenn feministische Kritik an wissenschaftliche Erkenntnisinteressen heran- . , t v a B·u·b·mt Kirshenblatt-Gimblett: lntangible "- o Zu diesem etwus unidirektional gefassten Konzep ·'. t~ ·'I 56 (?004) Nr. 221-222, S. 52-65. -'" -· ' , d t' [n· Museum lntema 10nd ' • 1 1 1 11 . Hct·itagc as Metacultunl ro uc Ion ... . : 1- ,II 't, ·I Cllat·lcs l't·iggs: Öl'fe_-·ntlichkcit neu c1CllC!: Writing against Culturc. 22 V ·I· ; . 01 ung 111 !Je Prescnt. Santa Fe 1991 E1 ·I . !3 . ' 111"g ·c%:.113. bliz·lbcth ·' · Js ln. eyond Wnting · Fe 111111 · l p . w" . ll lu~·al Anthropology 9 (1994) 4 s S37 5681·S ldCtlce and the LimitaliOilS or Ethnogrnpl llllng l · cnlllll~nr Tl p • , , ·. - > , DeboraiJ A. Gordon ( 198R)· W.· . ' Jy. lniSilJ ancl the cni, llle ?e~lt:S and Poli!ICS or Expcrllnental Ethno •ra h . :. _llllllg Cultute, lions/vo l . q e ol Colonml Discourse htt J://ww . . . g p y. lnst:upttons 3-4: Fem23 L. Abu-L 3,4/deb?' ahgordon.html [19.09.2011}. I w2.ucst:.edu/culturalstuchcs/PUßS/Inscllp24 K ugilod. Can there bc , I' · ath Wc~ton. The Yiillnl A ~I ~ emtlnlst Ethnography? (wie Anm. 21) S 261' SCience N. y k ' ll Hopo Oglst 111" Dies (1-h . r ) · I I ' . 25 Malil 11. Sew or 'London 1998 S 189- 211. . sg .. ongs owbllln. Sexua1ity and soclal . Y , li alilclll ' F1n . 1 · 1. ' · Rqlpl (llrs r )· • ' SC lle es Verh[illlliS: Der Fall F .. 1993, S. I. g Unbeschreiblich Weiblich . Texte . . : ,elllllllsmus und Anthropologie. ln: Gabnclc 26 Vgl 174 - 193 , hier S 19011'. Zlll I Clllllllslischcn Anthropologie. Fnmkt[ul . M . zu l Ieser clop l ·Ir. . . d. . Out ol' l~x lie 111" I e cn KiiSC der feministischen Kultur· I S 1- 29. . . Dies., Dcborah A. Gordon (tlls ')· Wm~ln( llopologte: Ruth !Jehm: tntroduclion: 27 L. 1\bu-l g · Jen Wl1t111g culturc. Berkelcy 11 •1 1995 28· K I, S. 1-47. C. Moraga, G. Anzlllclüa (1-lrsg.): This bridgc callccl my bnck (wie Anm. 61 ), S. xxi-xxii. AnaLouise Keating (Hrsg.): Tbc Gloria Anza ldim Reader. Durham , London 2009, S. 147. C. Moraga, G. Anzalclüa (Hrsg.): This bridgc ca!leclmy back (wie Anm. 61 ), S. xxiv. Gloria Anzaldi1a: ßorderlancls I La Fronlera. The ncw mcstiza. San Francisco '2007 . other, where people of different races occupy the same territory, wherc under, Iower, middle and t~p.per classes touch, where the space between two individuals shrinks with intimacy." D~be1 1st, so Anzaldl!a, der Grenzraum kein komfortabler Lebensraum, sondern ein Ort der Widersprüche. Doch hält dieser zwischen zwei Kulturen im weitesten Sinn des Wortes liegen~e Rau~n auch Entsc_hädi~ungen bereit: " Living on borders and in margins, keeping intact one s shrftmg and multrple rdentity and integrity, is like trying to swim in a new elemcnt 6 an ,alien' element." R Indem der Grenzraum das Bewusstsein wach hält für wechselnde und multiple ld~ntität_cn und für die eigene vielfaltige Vollständigkeit, kann er auch ein Zuhause sem, allerdrngs em Zuhause ohne abgeschlossene Eindeutigkeit.69 Anzaldl!a schreibt gegen die Grenzen des Akzeptablen an, produziert dabei keine lineare Geschichte, vielmehr ist ihr Text voller Assoziationen wie auch Lücken die von den Lesenden ge_fiillt _werden sollen. Auch sprachlich hält Anzaldüa das Unabgeschlossene und Produktrve dreses fhllden Grenzraums sichtbar, indem sie zwischen verschiedenen Spra~hcodes wech~elt: Der Text verbindet bruchlos Englisch, Spanisch und die Sprache der Mestrza. Im Sehrerben pl_ädiert .Anzald(m für ein neu es Bewusstsein der hybriden Gestalt, der Mest1za. Entstanden smd "nrchtfiktionale, Erfahrung abbildende und ,stark handlungsleitende' Texte", die das "Potential besitzen alternative Jdentitäten als Gegenentwürfe zu verfügbaren ldentitiitsrastern zu entwerfen und darüber hinaus zugleich Kritik am [dentitätskonzept generell zu üben", schreibt Anja Bandau in ihren Überlegungen zu den "Strategien der Autorisierung'.' bei An~aldl!a und Cherrie Moraga. 70 Durch die Kritik und Umarbeitung kultlll:ant_hropolog1sche~ Wrssens wird die für die kulturanthropologische Wissensproduktion konstrtutJve Drch~tomre vo~ Fremd und Eigen, von Forschungsobjekt und -subjekt, von "natrv~ 1nforma_nt und "wl11te anthropologrst" grundsätzlich in Frage gestellt; zugleich werden e1gene Erfahrungen zum Ausgangspunkt für Theoriebildung gemacht und damit die Grenzen akzeptierter Wissenschaft herausgefordert: "In my current writings, I cxplore in an autobiographical mode my own theories about what happens to students of colour in universities and to people of colour in this country. I ·~ind _lhat white feminists expect me to cite authority figures, to get quotalions and 1~sprrations Jrom master writers - writers who never bad our experiences. lnstead of· usmg my own experiences, I am supposed to quote fl·om their disembodied theorics. " 71 5. Schlussbemerkungen Mit Gloria Anzaldüa können auch Elsie Clews Parsons und Zora Neale Hurston als Bewohnerinnen . eines Grenzraums verstanden werden, der sich im Überlagern von ~bJekt und SubJekt, von Forscherin und Beforschten, von wissenschaftlichem und litera· ha1t c.1·rc 11em und polrtrschem ·· nschcm Schreibe. n un d von w1ssensc 'T' Agieren konstituiert. Ihre •cxte verstehe 1ch 's 'II · A d · 'I 1 S I I d · us Juc< um c1aup atz er steten Aushandlungsprozesse zwischen den kritisch, d 1 · I 1 · .. cn un creat1ven mpu sen soz1aler resp. politischer Bewegungen einert" l . . . seits und den Ko .1 nven ronen anl ererserts, eire w rssenschaftl iche Wissenspraktiken und 0 l