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Wie Entsteht Grammatik? Kognitive Und Pragmatische Determinanten Der Grammatikalisierung Von Tempusmarkern

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in: Lang, Jürgen / Neumann-Holzschuh, Ingrid (Hg.): Reanalyse und Grammatikalisierung in den romanischen Sprachen. Tübingen: Niemeyer (= Linguistische Arbeiten. 410): 31-52. Wie entsteht Grammatik? Kognitive und pragmatische Determinanten der Grammatikalisierung von Tempusmarkern ULRICH DETGES (Tübingen) 0. Grammatikalisierung bedeutet, von ihrem Resultat her betrachtet, daß lexematische Vollwörter mit begrifflicher, meist konkreter Bedeutung sich zu unselbständigen Einheiten mit deiktischer oder grammatisch-relationaler Bedeutung entwickeln. Auch in semantischer Hinsicht haben Grammatikalisierungsprozesse also eine Richtung. Sprachvergleichende Studien zeigen, daß die semantische Entwicklung von Lexemen zu Grammemen polygenetisch immer wieder in analoger Weise erfolgt. Inzwischen sind die konzeptuell-semantischen „Trampelpfade“ der Grammatikalisierung1 gut erforscht (Heine et al. 1991, Bybee et al. 1994, Raible 1996a). Deshalb muß es erstaunen, daß in der Forschung eine merkwürdige Unsicherheit in bezug auf die semantischen Mechanismen herrscht, die diesem Wandel zu Grunde liegen, und auf die Kräfte, die seine Richtung festlegen. 1. Die „bleaching“-Hypothese Einer landläufigen Vorstellung zufolge „bleichen“ Lexeme, die sich zu grammatischen Einheiten entwickeln, im Zuge dieser Entwicklung „aus“. Diese Vorstellung scheint so selbstverständlich, daß sie häufig ohne den Anspruch theoretischer Konsistenz geäußert wird.2 Bedeutungsverlust infolge von „bleaching“ kann man sich in verschiedenen Formen vorstellen: 3 1.1. Als einen Prozeß, in dessen Verlauf ein Element allmählich auf seinen „Bedeutungskern“ reduziert wird.4 Abstrakt könnte man diesen Prozeß folgendermaßen darstellen (der „semantische Kern“ des betreffenden Elementes ist mit einem Großbuchstaben notiert):5 (1) a, b, C > a, C > C Dieses Modell gibt die Intuition wieder, daß die Funktion bestimmter Grammeme (etwa die Funktion ‘rezente Vergangenheit’ von venir de in Luc vient de travailler) in der Bedeutung des Quellexems (etwa in Luc vient de son boulot) bereits angelegt und damit in gewisser Weise aus dieser vorhersagbar zu sein scheint (Givón 1973: 917ff). Zudem bewahren Grammeme in vielen Fällen Eigenschaften, die sich diachronisch nur als Relikte früherer Stadien ihrer 1 2 3 4 5 Diese Metapher verwendet Koch (im Druck a: 1) im Anschluß an Keller (1990: 95ff.). So etwa in Fleischmann (1982: 58, 82, 128). In den Abschnitten 1.1. und 1.2. orientiere ich mich an Heine (1993: 89 - 99). Zu einer kritischen Würdigung einzelner Vertreter solcher Auffassungen s. Heine (1993: 89) und Lehmann (1995: 128f.). Lehmann (1995: 129) selbst kommt dabei zu dem Schluß: „Grammaticalization rips off the lexical features until only the grammatical features are left.“ Eine ähnliche Darstellungsweise findet sich bei Heine (1993: 89). 2 Wie entsteht Grammatik? Entwicklung deuten lassen. 6 Gegen diese Sichtweise läßt sich aber einwenden, daß ein- und dasselbe Element Ausgangspunkt für sehr verschiedene Grammatikalisierungsprozesse sein kann.7 Man denke etwa an die parallele Entwicklung von frz. venir zu einem Marker der unmittelbaren Vergangenheit und zu einem Hilfsverb zur Bezeichnung der Nachzeitigkeit (les vivres vinrent à manquer) - es ist leicht einzusehen, daß unmöglich beide Bedeutungen gleichzeitig „Kernbedeutung“ von venir sein können. Umgekehrt finden wir in den romanischen Sprachen als Quellen zur Bezeichnung der Konzepte ZUKUNFT/NACHZEITIGKEIT so unterschiedliche Lexeme wie ire/vadere/ambulare/ambitare, venire, habere, velle, debere, per/pro, die kaum ‘Zukünftigkeit’/‘Nachzeitigkeit’ als gemeinsame Grundbedeutung haben dürften. 1.2. Als Auswahl (irgend)einer nicht notwendigerweise charakteristischen Bedeutungskomponente des Ausgangslexems. Der Vorteil dieser Sichtweise besteht darin, daß divergierende Entwicklungen aus ein- und demselben Ausgangslexem, wie im Fall von frz. venir, beschrieben werden können. (2) > a, b, > a > b, c > c a, b, c Allerdings lassen sich Beispiele anführen, bei denen keinerlei semantische Gemeinsamkeit von Ausgangslexem und Endprodukt mehr gegeben ist: dies gilt etwa für die französischen Negationspartikeln pas, point, personne mit Quellexemen in den Bedeutungen ‘Schritt’, ‘Punkt’, ‘Person’.8 Angesichts solcher Ungereimtheiten wird verständlich, wieso in neueren Arbeiten „bleaching“ nicht länger als „holistisches“ Modell zur Erklärung des gesamten Grammatikalisierungsprozesses herangezogen wird, sondern nur mehr für bestimmte typische Szenarien, vor allem Spätphasen, für die keine besseren Erklärungen zur Verfügung stehen (vgl. Hopper/Traugott 1993: 93). Auch mit einem dermaßen eingeschränkten Geltungsanspruch weisen „bleaching“-Modelle ein zentrales Problem auf: wie läßt sich solch ein Bedeutungsverlust aus der Perspektive der Sprecher plausibel erklären? Lehmann (1995: 126) stellt ihn in Zusammenhang mit der phonologischen Erosion von Elementen auf dem Weg zur Grammatikalisierung. Nach dem Prinzip des „geringsten Aufwandes“ artikulieren Sprecher lautliche Segmente nachlässig, die - wie grammatikalisierte Einheiten dies tun - besonders häufig auftreten. Die betreffenden Elemente verlieren so allmählich ihre lautliche Substanz, bis sie schließlich ganz verschwinden. Ähnliche Vorstellungen stehen hinter „bleaching“-Konzepten: sprachliche Einheiten „verschleißen“ - dieser Sichtweise zufolge - aufgrund einer geheimnisvollen Isomorphie zwischen lautlicher und semantischer Erosion (vgl. Lehmann 1995: 127) oder weil sie aufgrund häufigen Gebrauchs mehr und mehr semantische Merkmale verlieren. 9 Zwar trifft zu, daß 6 7 8 9 Hopper/Traugott (1993: 90) diskutieren dieses Phänomen unter dem Begriff persistence. Vgl. Heine (1993: 91). Das Beispiel stammt aus Heine et. al (1991: 40) und Hopper/ Traugott (1993: 115f.). Explizit formuliert wird diese Sicht etwa bei Haiman (1994: 12): „Part of the driving mechanism which reduces words to meaningless sounds is erosion through repetition. [...] repetition drains meaning from words.“ Wie entsteht Grammatik? 3 häufiger Gebrauch einer ursprünglich innovativen metaphorischen oder metonymischen Neuprägung deren Expressivität mindert. Dadurch verändert sich aber keineswegs ihre Bedeutung - im Gegenteil: die Abnahme von Expressivität infolge häufigen Gebrauchs geht im lexikalischen Wandel Hand in Hand mit der Lexikalisierung (und das heißt: einer Stabilisierung) der neuen Bedeutung (Koch / Oesterreicher 1996: 78). Welche subjektiven Gründe könnten aber Sprecher haben, einzelne Elemente einer Bedeutung einfach „ausfallen“ zu lassen? 1.3. Semantische Generalisierung. Bybee et al. (1994: 289ff.) stellen die Hypothese eines „Ausbleichens“ auf semantischer Ebene in Zusammenhang mit der Tatsache morphosyntaktischer Verallgemeinerung des betreffenden Elementes. Ein Lexem, das sich zum TempusMarker entwic??kelt, wird im Laufe dieser Entwicklung mit immer mehr semantischen Klassen von Verben kompatibel, bis es schließlich mit allen Verben einer Sprache kombiniert werden kann. Dieser morphosyntaktische Prozeß muß notwendigerweise Hand in Hand gehen mit einem semantischen Prozeß des Verlustes an Bedeutung. Dabei stellt sich allerdings die Frage nach Ursache und Wirkung: verliert das Element semantische Merkmale, weil es in immer mehr Distributionen verwendet wird (Bybee et al. 1994: 292)10 oder ist, umgekehrt, der Verlust an semantischen Merkmalen die Ursache für morphosyntaktische Generalisierung (Bybee et al 1994: 289)11 und muß seinerseits erklärt werden? Auch die erstere Annahme scheint wenig plausibel: Sprecher haben im allgmeinen nicht die Absicht, sprachliche Elemente zu grammatikalisieren (indem sie deren Distributionen ausweiten), sondern sie wollen effizient kommunizieren. Das zentrale Problem von „bleaching“-Modellen besteht darin, daß sie sich nicht überzeugend aus dieser Motivationslage begründen lassen. 2. Grammatikalisierung als metaphorische Abstraktion 2.1. Seit der einflußreichen Arbeit von Lakoff/Johnson (1980) wurde in der Grammatikalisierungsforschung die Ansicht vertreten, die Metapher sei der zentrale semantische Mechanismus in Grammatikalisierungsprozessen. 12 Durch die Annahme metaphorischen Bedeutungswandels geben beispielsweise Heine et al. (1991: 45ff.) Antwort auf die Frage nach der Ursache für die Richtung der Bedeutungsentwicklung im Grammatikalisierungsprozeß. Für die Metapher ist charakteristisch, daß sie, onomasiologisch gesehen, abstrakte Konzepte durch Übertragung konkreter Konzepte analysiert, etwa das abstrakte Konzept VERSTEHEN durch konkrete Konzepte wie GREIFEN, AN- oder UMFASSEN in lt. capere > it. capire oder lt. comprehendere > frz. comprendre (Blank 1997: 173). In semasiologischer Sicht führt dies dazu, daß ausgehend von der konkreten Bedeutung eines Zeichens eine weitere, abstraktere gebildet wird. Durchläuft ein Zeichen mehrere metaphorische Prozesse hintereinander, so werden die sich 10 11 12 „[...] use in more contexts causes a shift in the primary message being conveyed, which contributes eventually to the loss of specific features of meaning.“ „Generalization is the loss of specific features of meaning with the consequent expansion of appropriate contexts of use for a gram.“ Vgl. Sweetser (1990) für einzelne Bereiche etwa Lichtenberk (1991) und Keller (1995: 230). 4 Wie entsteht Grammatik? dabei ergebenden neuen Bedeutungen notwendigerweise immer abstrakter. Dieses Modell beschreibt Bedeutungswandel im Rahmen der Grammatikalisierung nicht als unilinearen, sukzessiven Abbau von Bedeutungsmerkmalen - wie „bleaching“-Modelle dies tun -, sondern als Austausch (Heine et al. 1991: 110) einer alten, eher lexikalischen konzeptuellen Bedeutung gegen eine neue, eher grammatische. (3) K1 > abstr. K2 > K3 abstr. Als Problem dieses Ansatzes formulieren Heine et al. (1991: 61ff.) den Umstand, daß metaphorischer Bedeutungswandel sich in klar unterschiedenen Etappen („conceptual ‘jumps’“) vollziehe, semantischer Wandel im Grammatikalisierungsprozeß dagegen - wie Grammatikalisierung überhaupt - kontinuierlich. Kontinuität aber ist Heine et al. zufolge die Bewegungsform der Metonymie. Aus diesem (selbstgeschaffenen) Dilemma helfen sie sich, indem sie zwei Ebenen des semantischen Wandels in der Grammatikalisierung postulieren: eine mikrostrukturelle, auf der semantischer Wandel metonymisch und kontinuierlich erfolgt, sowie eine makrostrukturelle, auf der der Wandel sich in metaphorischen „Sprüngen“ vollzieht. Problematisch ist dieser Vorschlag schon deshalb, weil schwer vorstellbar ist, wie die Interaktion zwischen beiden Ebenen in der konkreten Aktivität der Sprecher aussehen soll. 13 2.2. Eine mögliche Sprechermotivation stellt Stolz (1994) in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Die Quellkonzepte, die polygenetisch in Grammatikalisierungskanäle „eingespeist“ werden, stammen häufig aus dem perzeptuellen Nahbereich, dessen Zentrum der menschliche Körper ist. Diesen Konzepten ist gemeinsam, daß ihre Kenntnis als so weit internalisiert anzusehen ist, „[...] daß ihre außersprachliche Umsetzung keinerlei sprachliche oder sonstige Bewußtmachung im Vorlauf mehr benötigt: man weiß sozusagen auswendig, wie es funktioniert.“ (S. 33). Die Metapher dient den Sprechern dazu, konzeptuell schlecht zugängliche Bereiche sprachlich strukturierbar zu machen. Auf diese kognitive Leistung der Metapher ist im Bereich des lexikalischen Wandels immer wieder hingewiesen worden (Ullmann 1973: 270, Blank 1997: 173ff.). Es fragt sich allerdings, ob dieser Gesichtspunkt gerade in der Grammatikalisierung eine Rolle spielt. Wenn der primäre Zweck des semantischen Wandels in der Grammatikalisierung tatsächlich die kognitive Erschließung opaker Bereiche wäre, dann brauchte es ihn in einer gegebenen Sprache pro grammatischer Funktion nur ein einziges Mal zu geben. Erklärt werden muß aber gerade der zyklische Charakter des Sprachwandels, d.h. die sich immer wieder neu vollziehende Ablösung etablierter grammatischer Elemente durch neue.14 13 14 Fast alle der von Heine et al. (1991) diskutierten Beispiele sind zudem - was die Autoren nicht zu bemerken scheinen - keine Metaphern, sondern Metonymien. Dies gilt etwa für die Bedeutungsverschiebungen ‘jung’ >‘unerfahren’ > ‘(noch) ohne Examen’ > ‘erfolglos; ‘Nachfahre von’ > ‘klein’ > ‘unbedeutend’ sowie die Funktion ‘Diminutiv’, die vom Ewe -Lexem vi’, ‘Kind’, abgeleitet sind (vgl. krit. Heine et. al. 1991: 79ff). Vgl. etwa Hopper/Traugott (1993: 121). 5 Wie entsteht Grammatik? 3. Grammatikalisierung als Konventionalisierung konversationeller Implikatur Das bislang interessanteste Modell semantischen Wandels geht auf Traugott/König 1991 zurück. Ein Satz wie Pendant que Luc travaille, Max reste au lit stellt zwei Vorgänge zunächst als gleichzeitig dar. In einer Äußerung kann dieser Satz nun dazu dienen, daß die beiden Vorgänge Luc travaille und Max reste au lit miteinander verglichen werden, etwa weil das eine Verhalten als normal, das andere als abweichend gilt. Aus der überraschten Feststellung der Gleichzeitigkeit kann die gegensätzliche Bewertung beider Verhaltensweisen erschlossen werden. Häufen sich solche Verwendungen für pendant que, so verwandelt sich die vom Sprecher intendierte Implikatur des Gegensatzes zwischen beiden Verhaltensweisen in eine neue, adversative Bedeutung, die neben die alte, rein temporale Bedeutung von pendant que tritt. „Neue“ Bedeutung kommt diesem Modell zufolge dadurch zustande, daß sie aus dem Kontext (als „Gemeintes“) auf das tatsächlich Gesagte übertragen wird:15 (4) Kontext („Gemeintes“): pq æ z æ Zeichen („Gesagtes“): > pq > klm z Dieses Modell erklärt Traugott/König zufolge die Richtung des Grammatikalisierungsprozesses: Was in „bleaching“-Modellen als Ausfall bzw. Schwächung lexikalischer Bedeutung gedeutet wird, erscheint hier als Stärkung abstrakterer „pragmatischer“ Information: der Mechanismus in (4) sieht ja vor, daß Bedeutung mit Referenz zur „objektiven“ Welt ersetzt wird durch Bedeutung, die auf Sprechereinstellungen und -Meinungen zum Gesagten basiert. Die semantische Entwicklung verläuft diesem Modell zufolge nicht in der Richtung konkret > abstrakt sondern objektiv/referentiell > (inter)subjektiv/pragmatisch. Konventionalisierungen konversationeller Implikaturen sind nicht reversibel: zwar läßt sich, wie oben skizziert, die adversative Bedeutung von pendant que aus der temporalen ableiten; die Ableitung in umgekehrter Richtung dagegen ist ausgeschlossen. Problematisch an diesem Modell ist, daß es so scheint, als sei die Beziehung zwischen alter und neuer Bedeutung irgendwie zufällig. Die Existenz polygenetischer „Trampelpfade“ legt aber nahe, daß es kognitiv besonders plausible konzeptuelle Brücken zwischen den Bedeutungen gibt, die Elemente im Verlaufe ihrer Grammatikalisierung annehmen. Diese Dimension wird aber vom Modell der Konventionalisierung konversationeller Implikatur gar nicht erfaßt. Trotz fundamentaler Unterschiede ist allen bisher skizzierten Modelle eines gemeinsam: die Erklärung für die Richtung des Grammatikalisierungsprozesses wird unmittelbar aus der Natur des jeweils angenommenen Wandelmechanismus’ abgeleitet. Es ist der Mechanismus selbst, der diese Richtung festlegt. Im folgenden möchte ich an Beispielen von Grammatikalisierungsprozessen aus romanischen Sprachen zeigen, (a) daß weder Metapher noch „bleaching“, sondern die Metonymie der semantische Mechanismus ist, der dem Wandel zugrundeliegt, und ich möchte (b) aus der Perspektive von Sprecherstrategien plausibel machen, warum es zu solchen Wandelprozessen kommt. 15 Diesen Prozeß identifizieren Traugott/König (1991: 210ff.) als Sonderfall metonymischer Bedeutungsverschiebung, die auf der wiederholten situationellen Kontiguität von Implikatur und Zeichen beruht. 6 Wie entsteht Grammatik? 4. Was ist Metonymie? Unter dem Terminus „Metonymie“ will ich im folgenden Verschiebungen der Art BEHÄLTER > INHALT, TEIL > GANZES, HANDLUNG > RESULTAT usw. (s. Blank 1997: 249ff.) verstehen. Metonymie als rhetorischer Tropus („ad-hoc“-Metonymie) wie als Typ von Polysemie (d.h. als lexikalisierte Metonymie in Folge eines Sprachwandels) meint einen bestimmten Typ von semantischer Beziehung, die auf der assoziativen Relation der K o n t i g u i t ä t (d.h. der „Nähe“) von Designaten sprachlicher Zeichen beruht. Designate sind Konzepte, die unseren Vorstellungen von den Dingen entsprechen, auf die wir mittels sprachlicher Zeichen referieren. Die Kontiguität solcher Designate ist zunächst eine außersprachliche Relation. Person Designate sind in Frames, d.h. in stabilen konzeptuellen Zusammenhängen Rumpf vorne/oben Seele Rücken organisiert. Die Relation, die die Arm Sitz des Hand Elemente des Frames untereinander Intellektes Steuerungsverbindet und den Frame insgesamt zufunktion Psyche Bein Fuß sammenhält, ist die Kontiguität. Zu unserem Wissen über das Konzept KOPF Abb. 1 gehört zum Beispiel, (1) daß der Kopf Teil des Körpers bzw. der Person ist, (2) daß dieser Teil (beim Menschen) sich über bzw. (beim Tier) vor dem restlichen Körper befindet, (3) daß der Kopf Sitz des Intellektes und der Sinne ist, und (4) damit der Koordination von Bewegungen und Wahrnehmungen dient (Abb.1). Metonymie meint nun die Verschiebung der Bedeutung eines Zeichens in der Weise, daß anstelle des bisherigen Designates ein anderes, kontiges Designat eintritt. Ein solcher Prozeß hat stattgefunden bei der Verschiebung cabeza, ‘Kopf’ > ‘Person’ (tres pesetas por cabeza) oder ‘Kopf’ > ‘Intelligenz’ (tiene/es una gran cabeza). Metonymie ist ein Figur-Grund-Effekt innerhalb eines Frames (Koch im Druck a:17f.). Jedes Konzept, das der Bedeutung eines lexikalischen Elements entspricht, erscheint als F i g u r . Diese Figur steht in Kontiguitätsbeziehung zu weiteren Elementen desselben Frames, welche assoziativ „unauffällig“ präsent sind, d.h. im Hi n t e r g r u n d bleiben. Irgendwann können bestimmte konzeptuelle, pragmatische oder emotionale Faktoren dazu führen, daß eines der Hintergrundkonzepte fokussiert wird, so daß Figur und Grund ausgetauscht werden. Dies ist die Bewegungsform metonymischen Bedeutungswandels. Körper Kopf 7 Wie entsteht Grammatik? Person Person Körper Körper Rumpf Rücken Arm Bein Kopf Kopf vorne/oben Hand Sitz des Intellektes Steuerungsfunktion Rumpf Rücken Seele Arm Hand Abb. 2 Seele Sitz des Intellektes Steuerungsfunktion Bein Psyche Fuß cabeza, 'Person' vorne/oben Psyche Fuß cabeza, 'Intelligenz' Abb. 3 Die Metapher (mit der die Metonymie gerne verwechselt wird) beruht auf der assoziativen Relation der Ä h n l i c h k e i t /S i m i l a r i t ä t . Eine solche Relation liegt vor zwischen cabeza, ‘Kopf’ und ‘Oberhaupt’ wie in cabeza de familia, cabeza de casa, cabeza de la Iglesia, wo das Element STEUERUNGSONSFUNKTION auf die Frames verschiedener sozialer Organismen übertragen wird. Während die Metonymie eine Bewegung innerhalb eines Frames ist (Koch 1996: 39), bedeutet die Metapher einen Transfer zwischen zwei distanten Frames. In dieser Perspektive ist die Metonymie eine äußerst „welthaltige“, auf der faktischen Welt (so wie wir sie wahrnehmen) basierende, aber häufig auch sehr unauffällige Beziehung (Blank 1997: 234). Die Metapher dagegen, „bei der ja gerade die eigentliche Inkompatibilität der verbundenen Konzepte sinnstiftend wirkt, also die Tatsache, daß Spender- und Empfängerbereich nichts miteinander zu tun haben“ (Blank, ebend.), ist eine eindeutig „geschaffenene“ Beziehung. 4.1. Metonymie und Verbvalenz am Beispiel von frz. aller In Fällen wie cabeza, ‘Kopf’ > ,Person’ besteht die Kontiguitäts-Relation zwischen KOPF und PERSON lediglich „in absentia“: cabeza bedeutet immer nur entweder ,Kopf’ oder ,Person’. Dagegen stellt die Valenz den Sonderfall dar, daß mehrere Elemente desselben Frames gleichzeitig realisiert werden. Der (typischerweise verbale) Valenzträger gibt den Frame vor,16 seine Aktanten und Zirkumstanten nennen die Instanzen, die als Partizipanten des verbalen Sachverhaltes zum entsprechenden Frame gehören. Dabei repräsentieren Aktanten eher zentrale, Zirkumstanten eher periphere Elemente des prototypikalisch organisierten Frames.17 aller Im Frame GEHEN, wie ihn frz. aller bezeichnet, komAgens Ziel men zwei zentrale Elemente der vor, nämlich (a) das AGENS Bewegung Instrument Absicht Abb.4 einer Bewegung und (b) das ZIEL, auf das dieses AGENS sich zubewegt. Daneben sieht der Frame weitere periphere, als 16 17 Vgl. Heringer (1984), der anstelle des Begriffs Frame den Ausdruck „Verbszene“ verwendet, sowie Waltereit (1997). Durch die (in der Regel auf drei begrenzten) Aktanten ist natürlich die Zahl der zentralen Elemente des entsprechenden Frames keineswegs ausgeschöpft. Auch hier kann metonymischer Sprachwandel stattfinden. Man vergleiche etwa die Varianten guérir un malade und guérir une maladie, wo erst das für das Konzept des HEILENS zentrale Element der ZU HEILENDEN P ERSON und dann das nicht minder zentrale Frame-Element der ZU HEILENDEN KRANKHEIT versprachlicht wird. Wie entsteht Grammatik? 8 Zirkumstanten realisierte Elemente vor (z.B. GESCHWINDIGKEIT der Bewegung, INSTRUMENT der Fortbewegung etc.). Eines von vielen solcher peripheren Elementen ist die ABSICHT, mit der sich das AGENS auf sein Ziel zubewegt18. Sprachlich wird dieses Element in der Regel als Satz oder als satzartiges Gebilde realisiert (in der Graphik habe ich dementsprechend ein Stemma in die Position Absicht eingetragen). Dieser Frame ist Ausgangspunkt für die folgenden Überlegungen zur Grammatikalisierung von aller zum Futurmarker. Diese vollzieht sich zwei getrennten Etappen. In der ersten (4.2.) wandelt aller seine Bedeutung von ‘gehen’ zu ‘die Absicht haben, etwas zu tun’, in der zweiten (4.3) bildet aller sich zum Futurmarker aus. 4.2. Etappe 1: Vom GEHEN zur ABSICHT Ein bei Verben der Bewegung naheliegender Typ von ABSICHTEN bezieht sich auf Sachverhalte, die das AGENS durchführen möchte, wenn es sein ZIEL erreicht hat. Sprachlich werden solche ABSICHTEN als Infinitivkonstruktion realisiert, deren „logisches“ Subjekt das AGENS von aller ist, wie in Luc va au magasin (pour) faire des courses. Dabei kann der Fall eintreten, daß für den Sprecher die Absicht der Bewegung die eigentlich wichtige Information darstellt, so daß der Absichtssachverhalt den Ziel-Aktanten ganz ersetzt. Diese Möglichkeit ist ganz allgemein bei Verben der Bewegung in vielen Sprachen gegeben: (5) A: Wohin fährst Du? B: (Ich fahre) Zigaretten kaufen. (6) Exien lo ver mugieres et varones. (Cid 16) aller In (5) und (6) drücken fahren und exir immer noch echte Bewegungen im Raum aus: Agens Ziel der erfragt werden die Inifinitivkonstruktionen in Bewegung Absicht (5) und (6) nämlich präferentiell durch die Abb. 5 für die Bewegung im Raum charakteristische Frageform )adónde? / wohin? und nicht durch die für eine Absicht typische Form wozu? / )para qué? (vgl. Kotschi 1981: 100). Solche Konstruktionen sind also dadurch charakterisiert, daß der Absichts-Sachverhalt syntaktisch in die Leerstelle des Zielaktanten einrückt. Die Möglichkeit, in der dargestellten Weise die ABSICHT einer Bewegung für deren ZIEL einzusetzen, beruht darauf, daß das ZIEL der Bewegung aus der ABSICHT in aller Regel erschlossen werden kann. Insgesamt ergibt sich eine vierstufige Typologie, je nachdem wie explizit die konzeptuelle Nähe von ZIEL und ABSICHT sprachlich gestaltet wird: (a) Das ZIEL der Bewegung wird in der infinitivischen ABSICHTS -Konstruktion explizit genannt: (7) [...] alerent a veoir Constantinople. (Villeh. 192, cf. TL) (b) 18 Das ZIEL der Bewegung ist aus dem weiteren sprachlichen Kontext inferierbar: Eine ABSICHT findet sich als randständiges Element im Frame jedes Verbs, das eine HANDLUNG ausdrückt. Wie entsteht Grammatik? 9 (8) Nos alomes la messe oïr / Tuit alomes vers le mostier. (Ren. 12582, cf. L) (c) Das Ziel der Bewegung ist aufgrund von Weltwissen aus dem Kontext inferierbar: (9) Il meïsmes ala trois serjans apeler. (Berte XXII, cf. L) (d) Das Ziel der Bewegung ist für den Sprecher nebensächlich; es braucht aus diesem Grund auch vom Hörer nicht mehr inferiert zu werden: (10) Ich gehe mal eben Zigaretten kaufen; danach sollten wir tanken fahren. Als pragmatische Sprechermotivation für die Bildung von Konstruktionen wie in Abb. 5 lassen sich sprachökonomische Gründe ausmachen: das Streben, eine Information nur jeweils einmal (in (7) nur einmal im Satz, in (8) nur einmal im Text) zu versprachlichen, in (9) und (10) der Wunsch, eine für unwichtig erachtete Information nicht zu kodieren. 19 Die kognitive Grundlage, die diese Sprecherstrategien sich zunutze machen, ist nicht eine ontologische Metapher der Art „eine Handlung ist ein Ort“ 20, sondern eine Kontiguitätsrelation des (trivialen) Inhalts „eine Handlung findet typischerweise an irgendeinem Ort statt (egal, ob dieser explizit genannt wird oder nicht)“. Die Kontiguität von HANDLUNG und ORT DER HANDLUNG spielt eine zentrale Rolle bei allen Grammatikalisierungsprozessen, von denen Verben der Bewegung betroffen sind (s.u., 4.4.). In allen bisher diskutierten Fällen bedeutet aller ‘gehen’ im Sinne einer tatsächlichen Bewegung im Raum und ist der infinitivische ABSICHTS -Sachverhalt weiterhin durch où? ‘wohin?’ erfragbar. Dies gilt auch für Verwendungen wie (10), wo nicht mehr das räumliche ZIEL der Bewegung, sondern der an (irgendeinem ZIEL ausgeführte) ABSICHTS -Sachverhalt ausgedrückt wird. Demgegenüber manifestiert sich in (11) eine neue Phase der Entwicklung: (11) Il est bien temps de deviser / Les personnaiges et nommer / Je vous les veulx nommer à tous. / Je voys au Monde commencer. (Mor. de Char., cf. G: 98) In (11) drückt je voys kein wirkliches ‘gehen’ mehr aus: um bei der Vorstellung der Personen des Stüc??kes mit einer bestimmten Gruppe (le Monde) zu beginnen, braucht sich der Erzähler nicht mehr im Raum fortzubewegen. Daß je voys hier nur noch bedeutet: ‘ich will, ich habe die Absicht...’, wird auch durch die Parallele zu je veulx in der vorangehenden Zeile transparent. Völlig analog entwickelt sich s’en aller faire qc., bei dem unklar ist, ob es sich um eine Variante von aller faire qc oder um eine eigenständige Konstruktion handelt. 21 19 20 21 Insofern stellt wohl die Beobachtung, in solchen Fügungen stelle die Infinitivkonstruktion „kein prototypisches, d.h. kein gutes Lokalkomplement“ dar (Stolz 1994: 23, Hervorh. im Original), eher die Sicht des typologisch geschulten Sprachwissenschaftlers dar. Aus der Sicht der Sprecher erfüllt diese Realisierung in optimaler Weise bestimmte kommunikative Bedürfnisse, und nur so ist ihre übereinzelsprachliche Verbreitung zu erklären. Stolz (1994: 35) in Anschluß an Lakoff/Johnson (1980). Die folgenden Überlegungen bestätigen aber die von Stolz (1994: 35) im Anschluß an Lakoff formulierte Auffassung, daß eine Handlung metonymisch für einen Ort eintreten könne. Wie im folgenden deutlich werden wird, handelt es sich dabei aber nicht, wie Stolz annimmt, um eine Behälter-Inhalt-Metonymie. Mein Eindruck ist, daß s’en aller faire qc. während der in diesem Abschnitt behandelten frühen Phase seiner Entwicklung eine Variante von aller faire qc. ist. Zu einer eigenständigen Konstruktion (deren Grammatikalisierung diachronisch in einer „Sackgasse“ endet) entwickelt sich s’en alle faire qc. erst später (vgl. Gougenheim 1971: 98, 103ff., s. Anm. 23). 10 Wie entsteht Grammatik? (a) Bewegung auf ein Ziel hin, verbunden mit einer bestimmten Absicht: (12) [...] Gautier de Brienne qui s’en aloit en Puille conquerre la terre sa femme. (Villeh., cf. L) (b) Das Ziel ist nur mehr aus dem Kontext oder aus der Absicht inferierbar: (13) Je m’en va tué une sauvesoury. (Héroard 14.01.05, cf. E) (c) Das Ziel der Bewegung ist kommunikativ irrelevant: (14) Je m’en va faire semban de dormi. (Héroard, 06.06.06., cf. E) (d) Die Bedeutung ‘Bewegung auf ein Ziel hin’ ist in den Hintergrund getreten; die Inferenz eines ZIELS ist nicht mehr nur irrelevant, sondern ausgeschlossen. (15) Je m’en vais clorre ce pas par un verset ancien.(Mont., I., 336, cf. L) Der „Kippeffekt“ in der Bedeutung von (s’en) aller von ‘gehen’ zu ‘die Absicht haben, etwas zu tun’ tritt ein in Kontexten wie (10), (14), in denen für (s’en) aller beide Interpretationen zulässig sind - auch wenn für die Sprecher immer nur eine einzige Interpretation zutrifft. Die folgende Darstellungsweise ist übernommen aus Koch (im Druck b). Je (m’en) vais le faire GEHEN ABSICHT alte Bedeutung ‘Ich gehe das tun’ Figur Grund neue Bedeutung ‘Ich habe die Absicht, es zu tun’ Grund Figur Fig. 1 Der kognitive Effekt des Ausfalls der konkreten Bedeutung „Bewegung auf ein Ziel hin“ ist das unbeabsichtigte Resultat des Strebens der Sprecher nach kommunikativem Erfolg. In der Forschung ist bekannt, daß die (s’en) aller-Konstruktion (bzw. ihre Entsprechungen in anderen Sprachen) besonders gerne in der ersten Person verwendet werden.22 Diese Beobachtung ist dadurch zu erklären, daß die Sprecher diese Periphrase vor allem verwenden, um Sprechakte wie Versprechen zu kodieren, in denen ja gerade die Absicht, etwas zu tun, im Vordergrund steht. Dazu eignet sich die (s’en) aller faire qc. - Konstruktion in besonderem Maße, weil sie die Ernsthaftigkeit des Sprechers, eine bestimmte Handlung durchzuführen, metonymisch glaubhaft macht. Je vais le faire im wörtlichen Sinne von ‘ich gehe das tun’ drückt aus: „Ich realisiere jetzt eine Bewegung, die zu meiner eigentlichen Absicht überleitet. Aus der Tatsache, daß ich diese Bewegung realisiere, kannst du ersehen, wie ernst es mir mit meiner Absicht ist.“ Je (m’en) vais le faire dient also dazu, eine Absicht auf besonders expressive Art und Weise auszudrüc??ken. Derselbe semantisch-pragmatische Zusammenhang von Bewegung und Absicht ist uns aus alltäglichen Situationen vertraut: etwa der Situation, daß der Kellner im Restaurant auf unser Zeichen, daß wir zahlen wollen, mit einem „J’arrive“ oder „Ich komme!“ reagiert (obwohl er in Wirklichkeit keinerlei Anstalten macht, sich unserer anzunehmen)(Koch 1995). 22 Für das Mittelfranzösische s. Werner (1980: 138f.), für Alt-, Mittel- und klassisches Französisch Gougenheim (1971: 103), für das Québec-Französische Dörper (1990: 110), für sp. ir a Söll (1968: 247) und Hunnius in Meier et. al. (1968: 343). Wie entsteht Grammatik? 11 Für diese Strategie der expressiven „Beglaubigung“ ist es nicht gleichgültig, daß es sich bei der verwendeten rhetorischen Figur um eine Metonymie und nicht etwa um eine Metapher handelt: die der Metonymie zugrunde liegenden konzeptuellen Zusammenhänge (hier: der Zusammenhang zwischen BEWEGUNG und ABSICHT) sind ja in den unmittelbaren Realitätserfahrungen der Sprecher und Hörer verankert. Einen solchen Effekt mit einem geschaffenen konzeptuellen Zusammenhang wie der Metapher herzustellen, dürfte weit schwieriger sein. Die besondere Eignung des konkreten Konzeptes BEWEGUNG zu einer überzeugenden Darstellung des abstrakteren Konzeptes ABSICHT äußert sich u.a. darin, daß dieser konzeptuelle Zusammenhang zwei Punkte eines polygenetischen „Trampelpfades“ von Grammatikalisierungsprozessen markiert (vgl. Bybee et al. 1994: 266ff.). Der Wandelprozeß, so wie ich ihn bisher beschrieben habe, hat also zwei Ebenen, die sorgfältig voneinander getrennt werden müssen, nämlich (a) eine kognitive Ebene, auf der es um die „konzeptuellen Brücken“ (Blank 1997) des Sprachwandels geht, und (b) eine pragmatische Ebene, auf der die Richtung festgelegt wird, in der die konzeptuellen Brücken beschritten werden. Im Falle von (s’en) aller faire qc. wird diese Richtung festgelegt durch das kommunikative Bedürfnis der Sprecher, einen abstrakten, intersubjektiven Akt wie Versprechen/Ankündigen durch den Rekurs auf das konkrete Konzept GEHEN zu beglaubigen. 4.3. Etappe 2: Von der ABSICHT zur ZUKUNFT Eine Handlung, die irgendjemand auszuführen beabsichtigt, ist ein Sachverhalt, der sich - abhängig von der Kompetenz des Absichtsträgers und von seinem volitiven Druck - mit einiger Wahrscheinlichkeit in der Zukunft ereignen wird. Ein beabsichtigter Sachverhalt ist also implizit bereits ein zukünftiger Sachverhalt. Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen ABSICHTS -Sachverhalten und reinen ZUKUNFTS -Sachverhalten. Man kann sagen: Alle Menschen werden einmal sterben, aber nicht *Alle Menschen haben die Absicht, einmal zu sterben. Nicht jeder Typ verbalen Sachverhaltes kann also Gegenstand einer Absicht sein: Absichten beziehen sich obligatorisch auf Handlungen, deren Agens identisch ist mit dem Träger der Absicht. Die diachronische Entwicklung von (s’en) aller faire qc. von der Bedeutung ‘die Absicht haben, etwas zu tun’ zur Bedeutung ‘Zukunft’ ist dadurch gekennzeichnet, daß die Art und Zahl von Verben, die in die Position der Infinitivphrase eintreten können, sich allmählich erweitert. Zuerst treten dort Verben ein, die keine vom Absichtsträger kontrollierbaren Handlungen mehr bezeichnen (vgl. (16), (18), (22)) - eine gewisse Rolle in dieser Entwicklung spielen Formeln der Art il (s’en) alloit mourir (neben: il voulut mourir) in der Bedeutung ‘er schickte sich an zu sterben’ (vgl. Gougenheim: 103); schließlich werden Verben mit nicht-belebten und unpersönlichen Subjekten möglich. S’en aller wird als Konsequenz dieser Entwicklung mit passivischen Infinitivphrasen kombinierbar, aus denen sich - als Resultat der Ellipse von être eine Konstruktion der Form s’en aller Partizip II entwickelt.23 23 Daran anschließend entwickeln sich Konstruktionen wie Il s’en va temps, il s’en va midi, il s’en va heure, il s’en va trois heures (vgl. Gougenheim: 113). Die Konstruktion mit s’en aller ist ebenso wie die mit Wie entsteht Grammatik? 12 (a) Aller faire qc (16) Par deffaulte de patience / Tu vas perdre ta conscience (Mor. de Char., cf. G: 98). (17) La paix va refleurir, Les beaux jours vont renaître. (Rac., Andr., II, 4, cf. L) (b) S’en aller faire qc. (18) Ho, Riche, t’en vas-tu mourir? (Mor. de Char., cf. G: 98). Die „Desemantisierung“ von s’en aller manifestiert sich in hübschen contresens-Effekten: (19) Le jour s’en va paraître. (Mol., Ec. des f., V, 1, cf. L) (c) S’en aller + Part.II (20) Courage! L’accord s’en va fait. (Fournier, 1649, cf. G: 111) (21) Tout s’en va perdu. (Malherbe, cf. G: 111) (d) Im Spanischen erfolgt bei ir a hacer eine analoge Entwicklung: (22) Me voy a morir. (Lope de Vega, cf. M: 336) (23) El viento se va a mudar. (Bretón de Herreros, cf. M: 338) (24) Esta boda se va a hacer. (Bretón de Herreros, cf. M: 338) (e) Vouloir, das sich ja ebenfalls dazu eignet, Absichts-Sachverhalte zu denotieren (vgl. auch Gougenheim 1971: 88), und dessen semantische Struktur der von aller faire qc. in der Bedeutung ‘die Absicht haben, etwas zu tun’ sehr ähnlich ist, wird im Alt- und Mittelfranzösischen als Futurmarker verwendet. Diese Funktion hat es in einigen ostfranzösischen Dialekten bis heute behalten. Im rumänischen Futur des Typs voi(u) cΤnta fungiert ebenfalls ein Verb des WOLLENS als Futurmarker. Bei frz. vouloir zeigt sich im Übergang von ‘wollen/die Absicht haben’ zu ‘Zukunft’ dieselbe Erweiterung möglicher Kontexte wie bei (s’en) aller faire qc: (25) Or me voel jou taire un petit des Escos et des Englès, et me retrairai au roi Charlon de France, et as ordenances de celui royaume. (Froissart, Chron., cf. G: 88) (26) Et ordonna son heritage, quand il voulut mourir, à son premier né. (Mor. de Char., cf. G: 89) (27) Dagoucin, dist Hircan, vous voulez tomber en une faulse opinion. (Marg. de Navarre, Hept., cf. G: 89) (28) Nous y atandismes jusques à ce qu’il feust si tard que le soleil se vouloit coucher. (Monluc, cf. G: 89) Dem aufmerksamen Leser wird bereits klar geworden sein, daß wir es hier mit dem „klassischen“ Szenario distributioneller Generalisierung zu tun haben (s.o., 1.3.). Im folgenden möchte ich darlegen, daß es sich hier nicht um Fälle von „bleaching“, sondern wiederum um Metonymien handelt, und ich möchte die Sprecherstrategien herausarbeiten, die den metonymischen Bedeutungswandel unabsichtlich in Gang setzen und ihm seine Richtung geben. aller als mündlich markiert. Zum Ende des 17. Jhd. verschwindet s’en aller aus den literarischen Texten; es wird aber noch im 18. Jhd. von Sprachpuristen kritisiert, was auf seine Langlebigkeit hindeutet (Gougenheim 1971: 103). Bis heute hat es sich in bestimmten Dialekten des Französischen, z.B. dem Pikardischen (Gougenheim 1971: 105) und dem québécois (Dörper 1990) gehalten. 13 Wie entsteht Grammatik? Wie weiter oben bereits angedeutet, werden in echten Absichts-Sachverhaltsdarstellungen Handlungen in die Zukunft projiziert. Die Zukünftigkeit beabsichtigter Handlungen ist Bestandteil unseres Weltwissens und kann entsprechend bei Bedarf explizit gemacht werden. Allerdings steht sie bei Lexemen, die eine Absicht denotieren, nicht im Vordergrund. Umgekehrt kann aber ein Sprecher, dem es darauf ankommt, seinem Gegenüber das Eintreten einer zukünftigen Handlung glaubhaft zu machen, auf Lexeme rekurrieren, die eine Absicht denotieren. Anders als in j’achèterai des cigarettes werden in je veux/je vais acheter des cigarettes oder j’ai l’intention d’acheter des cigarettes die in der Gegenwart von Sprecher und Hörer liegenden Bedingungen angegeben, unter denen der fragliche Sachverhalt in der Zukunft eintreten wird: die Kompetenz des Absichtsträgers, sein volitiver Druck und seine Glaubwürdigkeit - alles Dinge, die der Sprecher unauffällig aber wirksam in die Waagschale werfen kann. Übrigens könnenVerben der BEWEGUNG schon in konkreter Bedeutung eingesetzt werden, um die Zukünftigkeit von Handlungen zu beglaubigen, weil ja anstelle der in ich gehe das tun angelegten Implikatur ABSICHT ebensogut deren Frame-Element ZUKUNFT gemeint sein kann. Ich gehe das tun oder je vais le faire haben dann die Implikatur „Ich realisiere jetzt eine Bewegung, die in eine Handlung einmündet - an der Tatsache, daß ich diese Bewegung realisiere, kannst du ersehen, daß diese Handlung wirklich bald stattfinden wird.“ Solche Äußerungen sind überzeugender als „reine“ Verweise auf die Zukunft mittels des bereits grammatikalisierten Futurs. Koch (1995) bewertet solche Verfahren als spezifisch der konzeptionellen Mündlichkeit zuzuordnende alltagsrhetorische Tricks, mit denen die Sprecher der Unsicherheit zukünftigen Geschehens entgegentreten wollen. Wenn nun Sprecher solche Konstruktionen benutzen, um in expressiver Weise auf Zukünftigkeit zu referieren, dann ist es wahrscheinlich, daß das im Frame ABSICHT enthaltene Element ZUKUNFT als eigentlich gemeintes Designat in den Vordergrund tritt. Dieser Wechsel vollzieht sich - zunächst unbemerkt - in Kontexten wie den folgenden, in denen nicht klar entscheidbar ist, welche der beiden Lesarten vorliegt. (29) Je lui voys mander un cartel. (Pantagruel, IV, 32, cf. G: 99) (30) Yo voy a responder et obedecelle. (Lope de Vega, cf. M: 336) (31) Je m’en vueil aler a la foire (Pathelin, cf. G: 89) Je (m’en) vais le faire Voy a hacerlo Je veux le faire ABSICHT ZUKUNFT expressives Mittel ‘Ich habe die Absicht, es zu tun’ Figur Grund eigentlich Gemeintes ‘Ich werde es tun’ Grund Figur Fig. 2 Entscheidend an diesem Vorgang, als dessen Resultat Konstruktionen möglich werden wie le jour s’en va paraître oder es will wieder Winter werden, ist nicht der Ausfall semantischer Merkmale des jeweiligen Verbs (etwa der Merkmale [agentiv], [menschlich], [belebt]); entscheidend ist vielmehr die Tatsache, daß im Rahmen ganz bestimmter kommunikativer Stra- Wie entsteht Grammatik? 14 tegien ein Frame-Element auf Kosten eines anderen fokussiert und in den Vordergrund geschoben wird. 4.4. Die Metonymie und die Verben der Bewegung Was in 4.2. zur metonymischen Relation zwischem dem Ziel einer Bewegung und der Absicht der Bewegung gesagt wurde, läßt sich auch auf die Relation zwischen dem Ausgangspunkt der Bewegung und Handlungssachverhalten übertragen: Die Grammatikalisierung von venir de faire qc. als Marker des passé récent setzt an bei Konstruktionen vom Typ Quant [les marchands] vienent de marchéander, il font mesoner lor mesons (Rec. fabl. cf. G: 122), in denen der räumliche Ausgangspunkt der Bewegung (hier wohl le marchié/la foire) metonymisch inferiert werden kann oder kommunikativ irrelevant ist. Um nun den semantischen Prozeß der Verschiebung der ursprünglichen, räumlichen Bedeutung von venir (de) hin zu seiner temporalen Bedeutung zu beschreiben, ist es gar nicht notwendig, die Metapher zu bemühen, wie dies bisweilen geschieht (vgl. Stolz 1994: 33ff.). Der Übergang BEWEGUNG IM RAUM > BEWEGUNG IN DER ZEIT findet nämlich nicht als Transfer eines Frames (RAUM) auf einen anderen Frame (ZEIT) statt. Vielmehr ist eine BEWEGUNG IM RAUM implizit immer auch schon eine BEWEGUNG IN DER ZEIT. 24 Dt. kommen ist ein reines Bewegungsverb ohne eigenständige temporale Bedeutung; trotzdem impliziert eine Äußerung wie Ich komme vom Angeln, daß der Sprecher vor einer unbestimmten (nicht allzu langen) Zeit geangelt hat. Die BEWEGUNG IN DER ZEIT ist hier allerdings noch im Hintergrund des Frames BEWEGUNG IM RAUM angelegt. Der eben skizzierte Mechanismus funktioniert in analoger Weise, wenn die ZIEL-Leerstelle eines Verbs der Bewegung Ausgangspunkt der Grammatikalisierung ist: In einer Aussage wie Ich kam zum Angeln oder Ich kam, um zu angeln ist im Hintergrund bereits angelegt, daß der Vorgang des Angelns auch in zeitlicher Hinsicht den Endpunkt eines vorangegangenen Geschehens bildet. Ebenso ist in einer eigentlich strikt räumlich gemeinten Aussage wie Ich kam zum Angeln zurück oder Ich kam zurück, um zu angeln im Hintergund bereits angelegt, daß es auch in zeitlicher Hinsicht zu einer Wiederholung der Handlung gekommen ist.25 Der für die 24 25 Auf diesen Umstand wird bisweilen hingewiesen. Für frz. venir de vgl. etwa Große (1996: 8). Trotzdem spricht sie von Metaphorisierung. Ähnlich für Verben des KOMMENS, GEHENS und ZURÜCKKEHRENS in ozeanischen Sprachen Lichtenberk (1991); Lichtenberk erwähnt zwar am Rande die Metonymie (S. 484), versteht darunter jedoch einen Typ von innersprachlicher Kontiguität. Bybee et al. (1994: 291f.) stellen zwar ausdrücklich fest, daß im Konzept einer Bewegung im Raum dasjenige einer Bewegung in der Zeit bereits enthalten sei, machen aber trotzdem Generalisierung im oben (1.3) dargelegten Sinne für die Entstehung temporaler Bedeutung aus Bewegungs-Verben verantwortlich. Hopper/Traugott (1993: 82ff.) wiederum interpretieren die Entstehung des engl. go-Futurs zwar als Fall von Metonymie, doch verstehen sie darunter nicht eine auf konzeptueller Kontiguität basierende assoziative Relation, sondern die Konventionalisierung von (morpho-syntaktisch induzierten) konversationellen Inferenzen (s.o., 3.). Die These einer metonymischen Entwicklung im hier dargelegten Sinne vertritt dagegen Brinton (1988, bes. 188) für die Entstehung der Aktionsart-anzeigenden Funktion der aengl. Präfixe ζurh-, forξ-, ofer-, up-, t-, ymb- usw. aus räumlichen Bedeutungen. Petra Thiele (1996) interpretiert die Grammatikalisierung von pt. voltar a fazer, tornar a fazer, asp. tornar a, sp. volver a hacer als Raum-Zeit-Metapher, die sich zuerst in schriftsprachlichen, diskursorganisierenden Formeln wie agora tarnamos a fablar de Hercules, in denen der Erzähler einen alten Handlungsstrang wiederaufnimmt, manifestiert haben. Wenn die These einer metaphorischen Wie entsteht Grammatik? 15 Entwicklung der aller faire-Periphrase dargestellte „Umweg“ über das Konzept ABSICHT fügt sich nahtlos in dieses Bild ein, denn der ABSICHTS -Sachverhalt markiert ja bei Verben der Bewegung genau wie das ZIEL nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich den Endpunkt der Bewegung. Konstruktionen wie vinieron a ser reyes de toda España oder il vient de chanter sind also nicht Produkte metaphorischer, sondern metonymischer Prozesse. Die Kontiguität zwischen konkret erfahrbarer Bewegung im Raum und nicht konkret erfahrbarer Zeit ist wahrscheinlich der Grund dafür, daß aus der Vielzahl von Verben für Vorgänge aus unserem unmittelbaren kognitiven Nahbereich ausgerechnet die Verben der Bewegung (vgl. Große 1996: 8f.) und nicht beispielsweise Verben für die anthropologisch viel zentraleren Sachverhalte ESSEN , TRINKEN oder SCHLAFEN (Raible 1996b: 74) so häufig Ausgangspunkte für die Grammatikalisierung von Tempus- und Aspektmarkern sind. In der hier dargelegten Sichtweise bilden sich grammatische Bedeutungen aus lexikalischen nicht derart aus, daß Bedeutungselemente auf mysteriöse Weise „verloren gehen“. Entscheidend ist vielmehr, daß die Sprecher aus ganz bestimmten Gründen neue Designate (die als Teil-Ganzes-Kontiguität im Hintergrund der alten Designate bereits angelegt sind) aktiv fokussieren und in den Vordergrund stellen. Gleichzeitig erklärt aber auch das Metonymie-Modell die Intuition, daß die diachronisch spätere grammatische Bedeutung häufig in der früheren lexikalischen „irgendwie“ bereits enthalten ist. Es erklärt beispielsweise, warum der aspektuelle Wert der Vorderglieder der spanischen „Schau“-Periphrasen des Typs estoy/voy/vengo/sigo/ando cantando sich jeweils durch Merkmale unterscheidet, die bereits in den entsprechenden Bewegungs-Verben angelegt sind. In der hier dargelegten Sicht ist der Sprachwandel insbesondere bei Verben der BEWEGUNG sogar eingeschränkt prognostizierbar, weil sich in der Regel nur solche Designate zu grammatischen Bedeutungen entwickeln, die im Frame des Quellexems bereits angelegt sind. Trotzdem ist, wie ein Vergleich der höchst unterschiedlichen Grammeme zeigt, die sich aus Verben zur Bezeichnung des Konzeptes KOMMEN entwickeln können, das mögliche Resultat des Bedeutungswandels nicht deterministisch vorherbestimmt: 26 zu einer neuen Bedeutung können prinzipiell alle möglichen Hintergrunddesignate des Frames KOMMEN werden. 27 26 27 Übertragung zutrifft, was ich bezweifle, dann hätten wir es hier nicht mit der Metapher RAUM > ZEIT zu tun, sondern mit einer Übertragung der Art BEWEGUNG IM RAUM > BEWEGUNG IM TEXT. Das temporal-repetitive Element von pt. voltar, tornar, asp. tornar a, sp. volver, auf dessen Herleitung es Thiele ja ankommt, wäre aber sowohl in der Bewe gung im Raum als auch in der Bewegung im Text nur implizit enthalten, d.h. Thiele läßt gerade unerklärt, wie dieses Element zur Bedeutung von pt. voltar, tornar, asp. tornar a, sp. volver werden konnte. Einmal ganz davon abgesehen, daß natürlich die Antwort auf die Frage, wann bzw. ob es überhaupt zu einem Sprachwandel kommt, in keiner Weise vorherbestimmt ist. Die Vielzahl von grammatischen Funktionen (Tempus-, Aspekt,- Richtungs-, Distanz- und Passivmarker), die sich aus Verben des KOMMENS, GEHENS und ZURÜCKKEHRENS entwickelt können, illustriert Lichtenberk (1991). Wie entsteht Grammatik? 16 5. Wie entstehen Tempusmarker? Auch für die Grammatikalisierung gilt, daß jeder Fall von Bedeutungswandel seine eigene Geschichte hat. Deshalb kann auch nicht ausgeschlossen werden, daß in Einzelfällen nicht doch Metaphern oder ein wie auch immer geartetes „Ausbleichen“ der Bedeutung eine Rolle spielen. Ich hoffe aber, es ist deutlich geworden, daß (a) „bleaching“-Szenarien sich plausibler als Fälle metonymischen Wandels beschreiben lassen und daß (b) ein zentraler Bereich der Grammatikalisierung, nämlich die Entwicklung von Verben der Bewegung zu Tempus- und Aspekt-Markern, für den bislang in der Regel metaphorischer Wandel angenommen wird, in Wirklichkeit auf metonymische Bedeutungsverschiebungen zurückzuführen ist. Die Metonymie ist, mit anderen Worten, ein bisher stark vernachlässigter, für die Grammatikalisierung aber hochgradig typischer semantischer Mechanismus. Diese Annahme wirft nun aber ihrerseits Fragen auf, die die Richtung von Grammatikalisierungsprozessen betreffen: die Metonymie ist nämlich, was den Parameter konkret / abstrakt angeht, eine nicht-gerichtete Relation. Einerseits läßt sie zwar Wandelprozesse in der Richtung konkret > abstrakt zu, andererseits kann aber metonymischer Wandel durchaus auch in umgekehrter Richtung verlaufen.28 Dieser Unterschied zur Metapher wird in Arbeiten zur lexikalischen Semantik immer wieder hervorgehoben (Ullmann 1973: 276, Blank 1997: 246). Somit ist klar, daß es nicht der semantische Mechanismus als solcher ist, der den Wandel im Rahmen von Grammatikalisierungsprozessen auf eine bestimmte Richtung festlegt. Daraus ergibt sich nun aber die Frage, wo die Gründe für die allgemeine Tendenz von Grammatikalisierungsvorgängen gesucht werden müssen, begrifflich-konkrete Bedeutung durch grammatische zu ersetzen. Die bisherigen Darlegungen enthalten bereits den Kern einer Antwort. In jedem konkreten Fall von Sprachwandel, gleich ob es sich um Grammatikalisierung handelt oder nicht, sind es ganz bestimmte, im einzelnen höchst unterschiedliche Bedürfnisse und Strategien der Sprecher, die sozusagen „hinter deren Rücken“ die Richtung des Wandels festlegen. Für die Genese grammatischer Formen mit temporaler Bedeutung scheint nun entscheidend zu sein, daß die Sprecher zunächst Elemente ohne temporale Bedeutung einsetzen, um temporale Inferenzen zu beglaubigen. Diese Vermutung bestätigt sich durch einen Blick auf die Entstehung von grammatischen Formen zur Bezeichnung der Vergangenheit, die zunächst mit den eben diskutierten Verben der Bewegung gar nichts zu tun zu haben scheinen. 5.1. Die Genese von Perfektmarkern als Resulat von Beglaubigungsstrategien Diachronisch entwickeln sich Perfekta häufig aus Resultativ-Konstruktionen, die ihrerseits aus einem Partizip II und einem ein- oder zwei-wertigen flektierten Verb (typischerweise esse oder habere) bestehen. Das Partizip II denotiert qua grammatischer Funktion das Resultat eines ab28 Ein typisches Beispiel aus dem lexikalischen Wandel wäre administration, ‘Tätigkeit des Verwaltens’ > ‘Personengruppe, die mit der Tätigkeit des Verwaltens betraut ist’ > ‘Ort an dem sich diese Personengruppe normalerweise aufhält.’ 17 Wie entsteht Grammatik? geschlossenen Vorganges, die flektierte Verbalform setzt, je nach eigener Wertigkeit, einen oder zwei Mitspieler in Beziehung zu diesem Resultat: (32) Hic murus bene constructus est, ‘Diese Mauer ist wohlgebaut’. (33) Venutus sum - ‘Ich bin ein Gekommener’. (34) [...] Rhodios [...] naves complures instructas et paratas in aqua habere [...] (Cic., Fam. XII, 15, 2, cf. R: 99). ‘[daß] die Rhodier eine Menge an Kriegsschiffen ausgerüstet und vorbereitet zu Wasser hielten’ [...]. Solche Konstruktionen entwickeln eine temporale Bedeutung, indem vom gegenwärtigen Resultat eines Vorganges metonymisch auf den vorangegangenen Vorgang selbst geschlossen wird. Aus einer Äußerung wie diese Mauer ist gut gebaut kann inferiert werden diese Mauer ist gut gebaut worden. Entsprechend bezeichnet lt. constructus est neben dem Zustandspassiv auch das Perfekt Passiv. Aus venutus sum in der in (33) angegegeben Bedeutung entwickeln sich it. sono venuto, frz. je suis venu, rrom. sun vegnius, ‘ich bin gekommen’. Aus der habereKonstruktion in (34) entwickeln sich Perfekta wie una tienda a dexada (Cid, 582). Der vormals präsentische Charakter der Konstruktion spielt in den neuen Perfekta zunächst als Präsensrelevanz weiterhin eine Rolle als Hintergrundkonzept.29 Der Umschlag vom Konzept GEGENWÄRTIGES RESULTAT zum Konzept ZURÜCKLIEGENDE HANDLUNG läßt sich in einer ambivalenten Äußerung wie dt. er hat seine Haare kurz geschnitten nachvollziehen, die in beide Richtungen offen ist. Pragmatisch ist dieser Bedeutungswandel dadurch motiviert, daß die Sprecher das Resultat einer Handlung, etwa factum habeo, ‘ich habe diese Sache fertig’, präsentieren, um möglichst eindrucksvoll zu beglaubigen, daß sie eine bestimmte Handlung auch wirklich durchgeführt haben.30 expressives Mittel eigentlich Gemeintes factum habeo gegenwärtiges RESULTAT zurückliegender ‘Ich habe es als Getanes’ Figur Grund ‘Ich habe es getan’ Grund Figur VORGANG Fig. 3 5.2. Ein Gegenbeispiel? Beglaubigung temporaler Inferenzen ohne Grammatikalisierung Die Verschiebung in der in 5.1. dargestellten Richtung stellt eine breite übereinzelsprachliche Tendenz dar (Bybee et. al 1994: 68f.). Allerdings läßt sich, ebenfalls übereinzelsprachlich, für einen kleinen, relativ fest umrissenen konzeptuellen Bereich ein Wandelprozeß in der umge29 30 Zu den verschiedenen Stadien der diachronen Entwicklung solcher Perfekta s. Harris (1982). Dazu paßt die Beobachtung von Jacob (1996: 281), das spanische perfecto compuesto gehe auf eine lateinische Verwendungsweise von habeo factum zurück, die er als „deontisch“ charakterisiert. In dieser Verwendungsweise geht es zentral um die „Darstellung einer Handlung in ihrer Relevanz für den Handelnden, einer Handlung, aus der eine Schuld, ein Verdienst, eine Verpflichtung, ein Anspruch, kurz: Folgen in einem System interpersonaler Beziehungen erwachsen.“ Ähnliche Überlegungen zum englischen present prefect finden sich in Slobin (1994). Wie entsteht Grammatik? 18 kehrten Richtung feststellen. Lat. novi, ursprünglich Perfekt von noscere, ‘erfahren’, verändert seine Bedeutung von ‘ich habe erfahren’ (ZURÜCKLIEGENDER VORGANG) zu ‘ich weiß’, ‘ich kenne’ (GEGENWÄRTIGES RESULTAT eines ZURÜCKLIEGENDEN VORGANGES ). In der gleichen Weise hat sich dt. wissen (< mhd. wizzen < ahd. wizzan < g. *wait) aus idg. woida, ‘ich habe gefunden / erblickt / erkannt’ entwickelt. Dt. können und dt. kennen (< mhd. kunnen, künnen < g. *kann) gehen auf ein Perfekt von idg. en∂/ n∩ ‘kennen’, ‘wissen’ zurück. Gr. @É*V, ‘ich weiß’, ‘ich kann’ ist die Perfektform von Æ*gÃ< ‘sehen’, ‘erblicken’.31 Eine pragmatische Motivation für eine solche Verschiebung ist gerade Wissenschaftlern gut vertraut: um sein Wissen als besonders zuverlässig und glaubwürdig auszuweisen, kann ein Sprecher metonymisch auf den Vorgang des Wissenserwerbs ausweichen und darstellen, woher sein Wissen stammt, wie gründlich es erworben wurde usw.32 Obwohl im zuletzt diskutierten Beispiel ebenfalls temporale Inferenzen beglaubigt werden, ist es hier nicht zu Grammatikalisierung gekommen. Das hängt einerseits damit zusammen, daß die Beglaubigung eines Resultats durch den Verweis auf einen vorangegangenen Vorgang eben nur beim Konzept WISSEN sinnvoll und deshalb nicht verallgemeinerbar, d.h. „grammatikfähig“ ist. Darüber hinaus unterscheidet sich aber der hier skizzierte Prozess von den in 4.3. und 5.1. dargestellten Beispielen für Grammatikalisierung vor allem dadurch, daß die Verschiebung von der VERGANGENHEIT in die GEGENWART erfolgt. Für die Grammatikalisierung von Tempusmarkern scheint aber die umgekehrte Verschiebungsrichtung, also GEGENWART > NICHT-GEGENWART (d.h. ZUKUNFT oder VERGANGENHEIT) Bedingung zu sein. Warum ist das so? 5.3. Die Entstehung von Tempusmarkern im Kontext konzeptioneller Mündlichkeit Neue Tempusmarker sind in aller Regel Produkt der konzeptionellen Mündlichkeit. 33 In mündlichen, direkten Kommunikationssituationen spielen zwei Sorten von Gegebenheiten eine Rolle: solche, die für Sprecher und Hörer sichtbar und hörbar sind, und auf die sie sich unmittelbar beziehen können, und solche, die von Sprecher und Hörer nicht unmittelbar erfahren werden können. Zur zweiten Klasse von Gegebenheiten gehören Ereignisse, die sich in der Vergangenheit abgespielt haben (die zwar möglicherweise erfahren wurden, nun aber beendet sind) und - in noch stärkerem Maße - Ereignisse, die sich in der Zukunft abspielen werden, weil diese ja nur in der Vorstellung von Sprecher und Hörer existieren. Nicht-gegenwärtige Sachverhalte sind in hohem Maße beglaubigungsbedürftig. 31 32 33 Diese Entwicklung, die semantisch das Spiegelbild der Entstehung von Perfekta aus präsentischen Resultativkonstruktionen darstellt, belegt anschaulich den nicht-gerichteten Charakter der Metonymie. In den romanischen Sprachen vollzieht sich der Übergang von ERFAHREN zu WISSEN nicht zwischen VERGANGENHEIT und GEGENWART , sondern zwischen ‘perfektiv’ und ‘imperfektiv’: j’ai su, ‘ich habe erfahren’ - je sais, ‘ich weiß’ / je savais, ‘ich wußte’; je connus ‘ich habe kennengelernt’ - je connais ‘ich kenne’ / je connaissais, ‘ich kannte’. Für Futurmarker ganz allgemein vgl. Koch (1995), für frz. (s’en) aller faire qc. Gougenheim (1971: 98), für sp. voy a hacerlo Söll (1968: 241). Wie entsteht Grammatik? 19 Die Sprecher benutzen zunächst Formen ohne temporale Bedeutung (z.B. Konstruktionen mit Verben der Bewegung), um temporale Inferenzen zu beglaubigen, indem sie etwas Gegenwärtiges und Sichtbares (etwa eine gegenwärtige Bewegung) einsetzen, um die Realität von etwas Nicht-Gegenwärtigem, Unsichtbarem (etwa: die künftige Handlung am Ende der Bewegung) zu belegen. Ziel der Sprecher ist es also nicht einfach, (vergangene oder künftige) ZEIT sprachlich zu strukturieren, darzustellen oder darauf zu referieren; dazu könnten sie sich auch der bereits fest grammatikalisierten Tempusformen oder - noch besser - lexikalischer Zeitausdrücke bedienen.34 Es geht ihnen vielmehr darum, nicht-gegenwärtige Sachverhalte möglichst glaubhaft zu assertieren. Grammatikalisierung bedeutet in diesem Fall, daß die Assertion von Nicht-Gegenwart zur neuen, grammatischen Bedeutung einer ursprünglich nichttemporalen Form wird. Tempus ist das unbeabsichtigte, konventionalisierte Resultat solcher Strategien zur Assertion von nicht-gegenwärtigen Sachverhalten. Diese Motivation erklärt die häufige Grammatikalisierung von Verben der BEWEGUNG zu Tempusmarkern, 35 denn Bewegungen, die sich in der Gegenwart von Sprecher und Hörer vollziehen, sind entweder über ihren Ausgangspunkt in der Vergangenheit verankert oder ragen über ihren Zielpunkt in die Zukunft. Eine alternative Strategie zur Beglaubigung zukünftiger Sachverhalte besteht darin, daß Sprecher ihren aktuellen WILLEN oder eine bestimmte OBLIGATION anführen; diese Strategie führt zur Grammatikalisierung von velle und debere36 oder von Konstruktionen wie habeo cantare37. Ganz ähnlich motiviert ist der Rekurs auf Konstruktionen, die zunächst einen ZWECK oder eine BESTIMMUNG ausdrücken, wie etwa sp. estar para hacer u.c., ser por hacer u.c. usw.38 Ein weiteres häufig genutztes Verfahren zur Beglaubigung von Zukünftigkeit besteht schließlich darin, den betreffenden Sachverhalt sprachlich in die Gegenwart zu verlegen: ‘ich bin doch gerade dabei, es zu tun’ - auf diese Weise entwickelt sich z.B. im haitianischen Kreolisch der Progressivmarker ap (apr, pr, ape)39 zum Audruck der nahen Zukunft (Spears 1990: 125). Eine schlichte und unspektakuläre Variante dieses Verfahrens besteht darin, das Präsens für das Futur einzusetzen. 40 5.4. Grammatikalisierung und temporale Markiertheitshierarchien 34 35 36 37 38 39 40 Diese Überlegung erklärt auch, warum Marker, deren Quellexeme bereits temporale Bedeutung haben, universell seltener sind als Ausdrücke, bei deren Quellexemen sich Temporalität erst durch metonymische Inferenzen herstellt. Bsp. s. in Lehmann (1995: 29ff.), Bybee et al. (1994: 82f., 266ff.). Z.B. rum. voi(u) cΤnta, sard. deppo cantare (aus Koch 1995), Bsp. für nicht-roman. Sprachen in Lehmann (1995: 30) sowie Bybee et al. (1994: 254ff.) Sp. he de cantar (inzwischen als Futurmarker aus dem Gebrauch gekommen), pt. hei de cantar, sard. ap’ a cantare. Auf frz. être pour geht der seychellekreolische Futurmarker pu zurück. Ap < frz. après in je suis après (à) le faire -’ich bin dabei, es zu tun’ (17. Jhd, heute noch in Québec üblich). Bybee et. al. (1994: 275ff.) stellen zahlreiche Fälle dar, in denen Futurmarker sich aus ehemaligen Präsens- und Progressivformen entwickelt haben. Koch (1995) unterscheidet zwischen Sprachen, die zum Verweis auf die Zukunft keine eigene grammatische Kategorie besitzen, und „futurschwachen“ Sprachen, die trotz der Existenz eines Futurs zum Verweis auf die Zukunft das Präsens bevorzugen. Zu den Sprachen ohne Futur gehört das Kalabresische, zu den futurschwachen Sprachen rechnet Koch u.a. das geprochene Italienisch und das Deutsche. Wie entsteht Grammatik? 20 Die eben dargelegten Thesen fügen sich nahtlos ein in gängige Überlegungen zur Markiertheitshierarchie der Tempora (vgl. etwa Comrie 1985: 43f.). Die „Normalzeit“ mündlicher Kommunikation ist die Gegenwart. Sie ist unproblematisch und bedarf keiner besonderen Beglaubigung. Entsprechend ist die grammatische Kategorie zur Bezeichnung der Gegenwart, das Präsens, diachronisch extrem stabil41 und morphologisch zumeist unmarkiert. Zudem greift in vielen Sprachen das Präsens als grammatische Kategorie der „unproblematischen“ Zeitstufe häufig auf Domänen der übrigen Tempora aus,42 während Ausgriffe in der umgekehrten Richtung seltener sind. Eine extrem „problematische“ Zeitstufe ist dagegen die Zukunft. Aussagen über Sachverhalte, die in der Zukunft liegen, bedürfen einer besonders aufwendigen Beglaubigung. Die Sprecher müssen sich m.a.W. ständig neue Tricks einfallen lassen, mit denen sie ihre Hörer davon überzeugen, daß die fraglichen Sachverhalte auch wirklich eintreten werden. Diese Überlegung erklärt die Beobachtung, daß unter allen Tempusformen gerade im Bereich der Futurmarker in vielen Sprachen eine besonders schnelle und häufige Erneuerung stattfindet. Es erklärt auch den scheinbar entgegengesetzten Befund, daß es nämlich Sprachen ohne eigene grammatische Kategorie zur Bezeichnung der Zukunft gibt: diese benutzen zum Verweis auf die Zukunft das Präsens. Diachronisch gesehen ist dieser Zustand das Resultat einer (unter vielen möglichen) Beglaubigungsstrategien, deren Besonderheit darin besteht, daß sie die Grenzen zwischen Gegenwart und Zukunft überhaupt verwischt. 6. Literatur 6.1. Sekundärliteratur Blank, Andreas (1997): Prinzipien des lexikalischen Bedeutungswandels am Beispiel der romanischen Sprachen. 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