Preview only show first 10 pages with watermark. For full document please download

Wilhelm Uhden: Ein Leben In Rom Und Berlin : Klassischer Archäologe, Preußischer Gesandter Am Vatikan Und Fast Vergessener Mitbegründer Der Humboldt-universität / Brigitte Von Schönfels. - Hildesheim : Arete-verlag, 2014. - 215 S. : Ill. ; 22 Cm. - Isbn 978-3-942468-16-9 : Eur 19.95

   EMBED


Share

Transcript

D GESCHICHTE UND LÄNDERKUNDE DGAA Deutschland DEUTSCHE LÄNDER VOR 1945 Preußen Personale Informationsmittel Wilhelm UHDEN BIOGRAPHIE 15-2 Wilhelm Uhden: Ein Leben in Rom und Berlin : klassischer Archäologe, preußischer Gesandter am Vatikan und fast vergessener Mitbegründer der Humboldt-Universität / Brigitte von Schönfels. - Hildesheim : Arete-Verlag, 2014. - 215 S. : Ill. ; 22 cm. - ISBN 978-3-942468-16-9 : EUR 19.95 [#3775] Das vorgelegte Buch will den Archäologen, ersten preußischen Gesandten am Vatikan und „‚Humboldts rechte Hand‘“ „bei der Einrichtung der ersten Berliner Universität“ Wilhelm Uhden (1763 - 1835) vor allem als „Menschen“ beleuchten (Vorwort, S. 7), wobei der Autorin, die „Sprachwissenschaft in Münster studiert und mit einer Arbeit über das ‚Reisefeuilleton in deutschen Zeitungen zwischen der Revolution von 1848 und der Reichseinigung‘ promoviert“ wurde (4. Umschlagseite) sowie mit ihrem Protagonisten verwandt ist,1 nach eigener Angabe ein erst 1974 in München erschienener Roman2 als Inspirationsquelle gedient hat (S. 7 Anm. 1). Besagter historischer Ro1 Ein Vorfahr als Forschungsobjekt / Kerstin Ahrens. // In: Ostholsteiner Anzeiger. - 2014-03-02: http://www.shz.de/lokales/ostholsteiner-anzeiger/ein-vorfahrals-forschungsobjekt-id5877641.html [2015-04-24]. 2 Heimweh des Herzens / Traud Gravenhorst. [Die Ill. auf d. Titelseite zeichn. Johannes Grüger]. - München : Bergstadtverlag Korn, [1974]. - 515 S. : Ill. ; 20 cm. Beigedr. Werke: Reise nach Sagan u. Geliebtes Tal. - Tatsächlich ist die Erstausgabe dieses Romans bereits 1935, also während des Nationalsozialismus (was sich freilich nicht weiter bemerkbar macht) und genau 100 Jahre nach Uhdens Tod erschienen: Heimweh des Herzens / Traud Gravenhorst. - Stuttgart ; Tübingen : Wunderlich/Leins, 1935. - 286 S. bzw. Heimweh des Herzens : Roman / Traud Gravenhorst. - 1. - 5. Aufl. - Berlin : S. Fischer, 1935. - 170 S. ; 8°. - (S. FischerBücherei). - Es folgten zahlreiche weitere Ausgaben in verschiedenen Verlagen. Die Verfasserin (1892 Breslau - 1968 München), geborene Nerlich, war mit dem Ministerialbeamten und Direktor der Großhandels- und Lagereiberufsgenossenschaft Dr. Georg Gravenhorst verheiratet. - Außer im Literatur-Kürschner, im Deutschen Literatur-Lexikon (Bd. 6.1978, Sp. 735) und in der DBE (Bd. 4. 1996, S. 145) fehlt ihr Name in den besseren Literaturlexika (Wilpert, Killy). man erzählt „die Beziehung der Frau eines deutschen Diplomaten in Rom zu einem Reinhard Uhden. Die wirkliche Person hinter der Romangestalt ist eindeutig Johann Daniel Wilhelm Otto Uhden, der von 1790 - 1803 in Rom gelebt hat“ (S. 7). Im Vorwort (S. 7 - 10) wird der Forschungsstand anhand der bereits erschienenen Literatur über Wilhelm Uhden dargelegt, die jeweils einzelne Aspekte seines Lebens behandelt habe. Für die Autorin „bleibt die Frage: Wie kann man sich den Menschen Wilhelm Uhden trotz mangelhafter Quellen vorstellen?“ (S. 9). Diese für sie offenbar einzige offene zentrale Frage beantwortet sie dann umgehend wie folgt: „Eine Möglichkeit bietet der Roman von Traud Gravenhorst. Die auffällige Identität von Romandarstellung und historischen Tatsachen gibt Anlass zu der Annahme, dass die Autorin auf privates historisches Material3 zurückgreifen konnte und dem Leser tatsächlich das Äußere und das Wesen ihres Protagonisten nach dem Vorbild des ‚echten Uhden‘ geschildert hat“ (S. 9 - 10). Wie sehr der Roman von Gravenhorst der Autorin dann tatsächlich als Quelle diente, läßt sich nicht eindeutig feststellen, zitiert wird er im Rahmen einer Fußnote außer in Anm. 1 noch in Anm. 125 (S. 56) und Anm. 467 (S. 189). Aus dem ersten Abschnitt Von Uhdens Geburt bis zur Reise nach Italien (S. 11 - 15) geht hervor, daß der evangelisch getaufte Protagonist bei seinen bürgerlichen Großeltern väterlicherseits aufgewachsen ist, weil er bereits mit 13 Jahren zur Vollwaise geworden war, und auch nach dem Tod der Großeltern 1780 und 1783 finanziell für ihn so gut gesorgt war, daß er sein Jus- und Kameralistikstudium beenden und dann fünf Jahre (1790 - 1795), ja eigentlich sogar acht Jahre4 als Privatgelehrter in Rom (vgl. S. 36, 41) verbringen konnte. Die daran anschließenden Kapitel Ein Heller und ein Batzen (S. 16 - 18), Das Verkehrsnetz und seine Entstehung (S. 19 - 21), Hoch auf dem gelben Wagen (S. 22 - 27), Das Wichtigste beim Reisen: Die richtige Vorbereitung (S. 28 - 30) und Viele Wege fuhren nach Rom (S. 31 33) haben Uhdens Reise nach Italien im Jahr 1790 zum Anlaß, enthalten 3 Wie die Autorin zu diesem Schluß gekommen ist, verrät sie uns weder hier noch auch auf den Seiten 188 - 190, wo einige in der Tat bemerkenswerte und schwerlich zufällige Parallelen zwischen Reinhard und Wilhelm Uhden aufgeführt sind, die aber einfach einer für Verfasser historischer Romane typischen normalen investigativen Tätigkeit (nach Art jener von Brigitte von Schönfels selbst) verdankt sein können, und auch worin dieses „private historische Material“ bestanden haben könnte, sagt sie uns nicht. Von einer „auffälligen Identität von Romandarstellung und historischen Tatsachen“ zu sprechen ist natürlich überhaupt insofern problematisch, als der Reinhard Uhden des Romans erst 1801 nach Rom gelangt und zu diesem Zeitpunkt noch „unverheiratet“ ist - beides ganz im Gegensatz zum historischen Uhden. Die Autorin selbst deklariert schon auf S. 7 „Eine Liebe, wie im Roman beschrieben, hat es in seinem Leben nicht gegeben“ und merkt ebenso auf S. 190 an: „Eine Liebe wie im Roman beschrieben hat es in Wilhelm Uhdens Leben nicht gegeben. Es gestaltete sich bekanntlich bereits in seiner letzten römischen Zeit vollkommen anders als das des Romanhelden.“ 4 Zwischen 1795 und 1798 übte er in Rom ein unbezahltes Amt aus; siehe nachstehend. aber nur allgemeine kulturhistorische Informationen zum Reisen in der damaligen Zeit. Die deutsche Kolonie (S. 34 - 40) berichtet ähnlich von den allgemeinen damaligen Bedingungen für Ausländer in Rom, Wilhelm Uhden, der Archäologe (S. 41 - 43) erwähnt einschlägige Leistungen Uhdens insbesondere während seines Aufenthalts in Italien sowie auch seine spätere Dozentur für „italienische Sprache und Archäologie“ an der Berliner Humboldt-Universität von 1813 bis 1826 (S. 41 - 42). Die Reise mit Heinrich Gentz (S. 44 - 48) behandelt anschließend eine dreimonatige Reise von Rom über Neapel nach Sizilien, die Uhden 1792 zusammen mit dem genannten Architekten unternommen hat. In Zwischenzeit (S. 49 - 52) geht es um Uhdens Kontakte zu Vertretern von Wissenschaft und Kunst während seines Aufenthalts in Rom sowie allgemein um sein Verhältnis zu Goethe. Das anschließende Kapitel Schwere Zeiten (S. 53 - 56) zitiert aus Artikeln Uhdens im Neuen Teutschen Merkur vom Jahre 1797. In diesen schildert Uhden die Verhältnisse in Rom nach der Besetzung durch die Franzosen im Jahr zuvor. Uhden, der erste preußische Vertreter am Vatikan (S. 57 - 66) berichtet dann generell über Uhdens Zeit in Rom zwischen 1795 bis 1802. Zunächst seit 1795 ehrenamtlicher (d.h. unbesoldeter) „Gehilfe“ (S. 57) des Abtes Matthieu Ciofani, der von 1763 an die Belange Preußens beim Heiligen Stuhl wahrnehmen sollte, rückte er erst nach dessen Tod 1798 „zum Residenten“ auf und bezog daraufhin „ein Jahresgehalt von 1100 Reichstalern“ (S. 58), und zwar bis 1802, als ihm Wilhelm von Humboldt in diesem Amt nachfolgte. Das Kapitel schließt mit dem Satz: „Gern wäre er später noch einmal auf den Posten des Residenten zurückgekehrt“ (S. 66), woher die Autorin dieses Wissen hat, verschweigt sie uns hier aber; erst viel später (S. 115 - 116) wird erwähnt, daß sich Uhden 1809 - nach Humboldts Weggang aus Rom - notabene vergeblich auf seinen alten Posten in Rom bewarb; Humboldts Frau Caroline hatte damals bei ihrem Mann erfolgreich gegen den ihr verhaßten Uhden intrigiert. Anna Maria Uhden, geb. Magnani (S. 67 - 81) widmet sich Uhdens erster, gescheiterter Ehe mit einer römischen „Schönheit“ „aus einer Arbeiterfamilie“, die ihn nach der Geburt von zwei (vermutlich) gemeinsamen Töchtern zugunsten des 1797 gerade erst in Rom eingetroffenen dänischen Bildhauers Bertel Thorvaldsen verließ;5 laut Humboldt (vgl. S. 64) hat Uhden letztlich aus eben diesem Grunde im Jahr 1802 seinerseits wiederum das eigentlich geliebte Rom verlassen, zusammen mit der mittlerweile einzigen Tochter Carlotta Vincenza, die ihre Mutter nie mehr wieder sehen sollte (S. 69, ohne Quellenangabe). Zurück nach Berlin. Zwischenstationen (S. 82 84) berichtet u.a., daß Uhden seine zweite Frau, die Malerin Susanne Huth, bereits in Rom kennengelernt und als Haushälterin in sein Haus aufge5 Gleichwohl hat Uhden seine erste Frau auch nach erfolgter Trennung der Ehe weiterhin alimentiert: „Alles schien gut geregelt, als Uhden 1802 Rom verließ. Seine geschiedene Frau erhielt die monatlichen Zinsen von 2330 Scudi [3107 Reichstaler], von denen er 1600 dem Fürsten Giustiniani und 730 den Gebrüdern Liberati zur Verwaltung übergeben hatte“ (S. 178, notabene ohne Quellenangabe). nommen sowie schließlich auf der Rückreise nach Berlin in Frankfurt 1803 geheiratet hat.6 Die folgenden Kapitel Berlin Anfang des 19. Jahrhunderts (S. 85 - 91), Wo traf man sich in Berlin? (S. 92 - 104) mit den Unterkapiteln Die Salons (S. 92 - 102) und Die Herrenclubs (S. 102 - 104) sowie Gott, was ist Glück! (S. 105 - 106) und Nachts auf Berliner Straßen (S. 107 - 111) sind dann auch wieder eher kulturhistorisch orientiert und schildern mehr die damaligen Lebensumstände in der preußischen Hauptstadt als das unmittelbare Leben Uhdens. Uhden, der Geheime Kriegsrath (S. 112 - 116) beschreibt Uhdens erste Stellung in Berlin, wo er sich schon mit Fragen einer Bildungs- und Schulreform beschäftigte. 1806 - 1809: Berlin ist besetzt (S. 117 - 122) veranschaulicht die Situation während der napoleonischen Kriege, Der 1. preußische Frauenverein (S. 123 - 124) jene unmittelbar danach. Die folgenden vier Sektionen, nämlich Die Gründung der Alma Mater Berolinensis (S. 125 - 128), Humboldt und Uhden (S. 129 - 132), Es geht los (S. 133 - 143) und Uhden und Böttiger (S. 144 - 152) haben im wesentlichen Uhdens Rolle als „rechte Hand“ Wilhelm von Humboldts bei der Gründung der Berliner Universität zum Inhalt.7 Die nächsten fünf Abschnitte beschäftigen sich dann mit dem Leben der Kernfamilie Uhdens in seiner Berliner Periode. Die Familie Johann Daniel Wilhelm Otto Uhden (S. 153 - 155) gibt einen Überblick über deren Teilnahme am Berliner Gesellschaftsleben. Susanne Uhden, geb. Huth (S. 156 - 164) beginnt mit einer allgemeinen Darstellung über die damalige Stellung der (Ehe-)Frau in der Gesellschaft; erst ab S. 159 steht dann die zweite Ehefrau Uhdens (notabene aus begütertem Haus, S. 159 - 160) im Mittelpunkt, und sogleich erfahren wir auch von chronischen großen finanziellen Nöten der Familie („sie müssen sich so einschränken, dass sie keinem ein Glas Wasser anbieten können“, formulierte Börne, S. 162 - 163), die nicht zuletzt durch Uhdens schwerstbehinderte Tochter aus erster Ehe verursacht wurden, für die „Wärterinnen eingestellt“ werden mußten und die ihrer Stiefmutter doch in besonderem Maße ans Herz gewachsen war (S. 162 163). Die schöne Louise (S. 165 - 172) widmet sich der gemeinsamen Tochter, die einen wohlhabenden Philosophen heiratete, aber beiden ihrer Kinder ins Grab nachsehen mußte und darüber depressiv geworden zu sein scheint, Adolph, der missratene Sohn (S. 173 - 176) dem zweiten, unverhei6 War Uhden kurz vor seiner ersten Eheschließung zum katholischen Glauben konvertiert, so hatte die zweite Verehelichung eine Rückkehr zu seiner alten Konfession erforderlich gemacht. Just „die Heiratsgeschichte und die Religions-Hinund Heränderung“ hatten dann wiederum Caroline von Humboldt gegen Uhden aufgebracht (S. 115 - 116). 7 Kulturhistorisch hochinteressant ist dabei der Hinweis auf eine militante, d.h. zur Gewaltanwendung bereite Antiraucherbewegung unter den Medizinstudenten: „Bei einem der „kleinen Excesse“, der sich im Mai 1810 abgespielt hatte, waren acht bis zehn Studenten der Medizin, um für das Rauchverbot in Lokalen einzutreten, in eine so genannte Tabagie, ein Raucherlokal, eingedrungen und hatten den Anwesenden Schläge angedroht“ (S. 147). ratet gebliebenen Kind aus dieser Verbindung, der seinen Eltern bis zum Tod des Vaters gleichfalls auf der Tasche lag und dem erst danach eine Karriere beim Militär gelang. Im fünften Abschnitt über Bittschriften (S. 177 - 184), die Uhden von 1800 bis 1832 verfaßte, geht es dann erst recht um die triste finanzielle Situation während der Berliner Zeit - Uhden sah sich immer wieder genötigt, selbst zwecks Befriedigung elementarer Bedürfnisse um einen Gehaltsvorschuß anzusuchen, wobei schließlich auch seine Frau mit ihrem eigenen (offenbar gebundenen) Vermögen bürgte, und dafür kann unmöglich allein seine chronische Unterbezahlung und chronische Infirmität seiner Tochter aus erster Ehe verantwortlich gewesen sein - hinterließ er doch bei seinem Tod einen umfänglichen Nachlaß, von dem 1837 eine nicht besonders detaillierte Liste erstellt worden ist, die neben einer noch immer reichhaltigen Bibliothek u.a. antike und moderne Münzen unterschiedlicher Herkunft, Gemmen, etruskische Vasen und Urnen sowie eine Mineraliensammlung erwähnt. Diese Sammlungen wurden der Witwe dann notabene noch unter ihrem eigentlichen Wert vom König, d.h. vom Staat Preußen, um 3000 Taler abgekauft (S. 197 - 198), als Susanne mit ihrer Witwenpension von 500 Talern das Auslangen nicht zu finden schien (S. 196).8 Erst auf S. 192 findet sich ein diesbezüglich erhellender Kommentar: „Doch man muss ihn als Haushalter auch kritisch betrachten. Die Faszination, die Bücher und die antike Kunst auf ihn ausübten, ließ ihn vermutlich häusliche Bedürfnisse geringer achten als den Ankauf von Büchern. So nur lässt sich erklären, dass er als wohlbestallter Beamter um finanzielle Unterstützung bitten musste für die „Erneuerung der Wäsche“ oder für die Beschaffung der „Winterbedürfnisse“. In demselben Schreiben, in dem er um Mittel dafür bittet, gibt er an, dass noch Rechnungen von Buchhändlern zu begleichen seien.“ Immerhin zeigt der Fall Uhden, daß die preußische Mittelschicht damals durchaus vom sozialen Abstieg bedroht gewesen ist - ein Pflegefall in der Familie war mit einer bibliophilen Neigung des pater familias offenbar schon nicht mehr zu vereinen. 8 Leider wird hier nicht erwähnt, ob die Zahlung von 500 Talern monatlich oder jährlich erfolgte. Bei der Annahme, daß es sich um einen Jahresbezug gehandelt habe, wären ihr 41 Taler im Monat zur Verfügung gestanden. Der (von der Autorin selbst nicht angestellte) Vergleich mit dem Jahresgehalt eines Lehrers und dem eines „besser verdienenden“ Arbeiters aus dem Jahr 1840 fällt zwiespältig aus. Vgl. Das Opernpublikum im 19. Jahrhundert / Michael Walter. // In: LiTheS : Zeitschrift für Literatur- und Theatersoziologie. - Nr. 2 (2009, Mai) S. 68 - 98, hier S. 82: „1840 wurde eine jährliche Besoldung eines Lehrers mit 400 bis 800 Talern in der Gymnasial-Zeitung als ‚anständige Lehrerbesoldung‘ bezeichnet, wogegen in der Pädagogischen Revue aber Widerspruch mit dem Argument eingelegt wurde, daß man von einer Besoldung von 400 Talern (auf den Monat umgerechnet also ca. 66 Taler [sic, 400:12=33, 800:12=66]) kaum leben könne. Selbst wenn man bedenkt, daß die Ansprüche an die Lebenshaltung bei einem Lehrer vermutlich größer waren als bei einem Arbeiter, dürfte der Monatslohn eines besser verdienenden Arbeiters, der unter 30 Talern lag, gerade ausgereicht haben, um den Lebensunterhalt seiner (in der Regel mehrköpfigen) Familie zu sichern, aber wohl nur selten für Extraausgaben wie einen Opernbesuch.“ Die für die Autorin offenkundig zentrale Frage liefert dann auch noch den Titel für das vorletzte Kapitel Was für ein Mensch war Wilhelm Uhden? Eine Bilanz (S. 185 - 195). Die Autorin versucht hier in durchaus einfühlsamer Weise eine Antwort zu geben, ein tiefgründiges Porträt ist ihr dabei aber meiner Auffassung nach doch nicht gelungen. Am Ende synchronisiert sie den Tod Uhdens im Januar 1835 äußerlich etwas gezwungen, aber inhaltlich doch gar nicht so unstimmig mit dem Beginn des Eisenbahnzeitalters im Dezember desselben Jahres: „1835 war das Jahr, in dem ein anderes Ereignis ganz Deutschland in Schrecken und erwartungsvolle Aufregung versetzte: die Fahrt der ersten Dampfeisenbahn am 7. Dezember auf der 6 km langen Strecke Nürnberg - Fürth. Drei Jahre später startete der erste Zug vom Potsdamer Bahnhof nach Zehlendorf. Die Postkutschenzeit ging ihrem Ende entgegen - eine neue Zeit kündigte sich an“ (S. 195). Schließlich wird im letzten Abschnitt Come la rena quando il turbo spira (S. 196 - 201) ein Ausblick auf das Schicksal von Uhdens Nachlaß gegeben, aber auch die „Frage gestellt, ob es für Uhden jemals einen Konflikt zwischen herrschendem Recht und eigenem Rechtsempfinden gegeben hat“ - und offenbar nicht eindeutig beantwortet. An die eigentliche Darstellung schließt sich eine Zeittafel (S. 202- 2013), ein Literaturverzeichnis (S. 204 - 210),9 ein offenbar nicht vollständiges Perso9 Von Erwähnungen in älteren Nachlagewerken wie den beiden folgenden abgesehen: Nomenclator philologorum / Friedrich August Eckstein. - Leipzig : Teubner, 1871, S. 578. - Das gelehrte Teutschland im neunzehnten Jahrhundert / angefangen von Georg Christoph Hamberger; fortgesetzt von Johann Georg Meusel. - 5. durchaus verm. u. verb. Aufl. - Lemgo : Meyer. - Bd. 21 (1827), S. 160. ist die neuere und neuste einschlägige Literatur nicht herangezogen worden (auf den angegebenen Seiten findet sich jeweils Erwähnungen Uhdens): Gesamtverzeichnis des Lehrkörpers der Universität Berlin / Johannes Asen. - Leipzig : Harrassowitz 1810 - 1945 : die Friedrich-Wilhelms-Universität, die Tierärztliche Hochschule, die Landwirtschaftliche Hochschule, die Forstliche Hochschule, 1955. - VI, 278 S., S. 203. - Die Berliner Akademie der Wissenschaften : ihre Mitglieder und Preisträger 1700 - 1990 / Werner Hartkopf. - Berlin : Akademie-Verlag, 1992, S. 369. - Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740 - 1806/15 / Rolf Straubel. - München : Saur. - 24 cm. - (Einzelveröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs ; 7) (Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin ; 85). - ISBN 978-3-59823229-9 : EUR 199.95. [#0406]. - Teil 1. Biographien A - L.- 2009. - XIX, 604 S. Teil 2. Biographien M - Z. - 2009. - V S., S. 605 - 1180. - S. 1033. - Rez.: IFB 091/2 http://ifb.bsz-bw.de/bsz306534681rez-1.pdf - Preußen als Kulturstaat / hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Wolfgang Neugebauer. - Berlin : Akademie-Verlag. - 25 cm. - (Acta Borussica : Neue Folge ; Reihe 2). - [#1003]. - Abt. 1. Das Preußische Kultusministerium als Staatsbehörde und gesellschaftliche Agentur (1817 - 1934). - Bd. 1. Die Behörde und ihr höheres Personal. - 1. Darstellung / mit Beitr. von Bärbel Holtz ... - 2009. - XXXI, 382 S. - ISBN 978-3-05-004571-9 : EUR 148.00. - Vgl. die Eintragungen im Register. - Rez.: IFB 11-3 http://ifb.bsz-bw.de/bsz304732877rez-1.pdf Geschichte der Universität Unter den Linden : 1810 - 2010 / im Auftrag des Präsidenten der Universität begonnen von Rüdiger vom Bruch und Heinz-Elmar Tenorth. Hrsg. von Heinz-Elmar Tenorth. - Berlin : Akademie-Verlag. - 25 cm. - nenregister (S. 211 - 213),10 Bildnachweis (S. 214) und Dank (S. 215) an. Ein minimales Verzeichnis ausgewählter Publikationen Uhdens ist auf S. 134 in Anm. 358 versteckt, und ein Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen fehlt. Daß die Autorin keine Historikerin ist, zeigt sich nicht nur an ihrer seltsamen Attitüde gegenüber einem historischen Roman. So haben sich etwa einige Fehler in die Arbeit eingeschlichen: Uhden wurde nicht 1809 (S. 134, 203), sondern bereits am 4.8.1808 (die Bestätigung erfolgte am 15.8.1808) zum „auswärtigen“ (die Autorin schreibt „außerordentliches Mitglied“) und am 29.3.1810 (die Bestätigung erfolgte am 7.4.1810) zum ordentlichen Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften gewählt.11 Eben 1808 wurde Uhden auch korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie in München, was hier meines Wissens überhaupt nicht erwähnt wird.12 Gänzlich unprofessionell ist dann freilich ihr Umgang mit archivalischen Quellen, was auch schon von der einzigen mir bekannten Rezension des Werkes moniert worden ist.13 Auf den ersten Blick sieht es überhaupt so aus, als habe die Autorin derartige Quellen14 überhaupt nicht berücksichtigt, sind solche doch im Literaturverzeichnis und auch sonst nirgendwo extra ausgewiesen. Bei genauerem Hinsehen wird in einigen wenigen Anmerkungen dann doch vereinzelt auf Archivalien verwiesen, ohne daß deren Standort systematisch genannt würde (vgl. etwa Anm. 111), und auch der „für ihren Beistand bei der Archivarbeit“, „die mühselige Transkription der Urkunden [sic]“ und die „Hilfe bei der Übersetzung der dänischsprachigen [#1071]. - Biographie einer Institution. - Bd. 1. Gründung und Blütezeit der Universität zu Berlin 1810 - 1918 / von Heinz-Elmar Tenorth und Charles E. McClelland in Zsarb. mit Torsten Lüdtke ... - 2012 [ersch. 2013]. - XLIII, 674 S. : Ill. - ISBN 978-3-05-004622-8 : EUR 99.80 - ISBN 978-3-05-006376-8 (e-book). - Vgl. die zahlreichen Nachweise im Personenregister auf S. 665. - Rez.: IFB 13-3 http://ifb.bsz-bw.de/bsz314882073rez-2.pdf 10 Hier fehlen etwa Carlo Alberto Magnani, Sohn von Thorwaldsen, Elisa Thorwaldsen, Anna Maria Uhdens Tochter, und ihr späterer Ehemann Frederic von Poulsen. 11 Vgl. Die Berliner Akademie der Wissenschaften : ihre Mitglieder und Preisträger 1700 - 1990 / Werner Hartkopf (wie Anm. 9), S. 369: http://www.bbaw.de/die-akademie/akademiegeschichte/mitgliederhistorisch/alphabetische-sortierung?altmitglied_id=2828 [2015-04-24]. - Dies wird übrigens auch in dem folgenden von der Autorin im Literaturverzeichnis erwähnten Band (S. 133 Anm. 87) so erwähnt: Romanische Philologie im 19. und frühen 20. Jahrhundert : institutionengeschichtliche Perspektiven / Alexander M. Kalkhoff. - Tübingen : Narr, 2010. - 358 S. ; 22 cm. - (Romanica Monacensia ; 78). Zugl.: Überarb. Fassung von: Regensburg, Univ., Diss. - ISBN 978-3-8233-6504-4 : EUR 58.00 [#1187]. - Rez.: IFB 11-2 http://ifb.bsz-bw.de/bsz309308577rez-1.pdf 12 https://www.badw.de/de/akademie/mitglieder/historisch/mitglied/index.html?perid=3235 [2015-04-25]. 13 Andreas Becker. // In: Archiv für Sozialgeschichte. - 55 (2015): http://www.fes.de/cgi-bin/afs.cgi?id=81619 [2015-04-24]. 14 Vgl. etwa http://tei.ibi.hu-berlin.de/boeckh/entity?p0558 Korrespondenz zwischen Anna Maria Uhden und Bertel Thorwandsen“ (S. 215) ausgesprochene Dank wirkt nicht erhellend. Daß es Unterlagen zu Uhden im Geheimen Staatsarchiv in Berlin Dahlem gibt, führt die Autorin zwar im Vorwort an (S. 9), genauere Angaben dazu finden sich dann aber erst auf S. 115 in Anm. 289 und S. 177 in Anm. 454, und auf diese Unterlagen wird auch dann nicht verwiesen, wenn dazu tatsächlich jeder Anlaß besteht, z.B. im Fall des erwähnten Verkaufs von Uhdens Sammlungen an den Preußischen Staat.15 Briefe mit Autorenschaft Uhden finden sich in diversen Nachlässen, die immerhin auf S. 191 Anm. 470 aufgeführt sind. Außerdem sind ebendort etwa auch Unterlagen zu Uhdens Bestellung nach Rom,16 Korrespondenz aus Rom vom Jahr 179617 und Forderung des Geheimen Oberregierungsrats Uhden in Berlin an den Principe Giustiniani in Rom wegen Rückzahlung geliehenen Geldes18 erhalten, die im vorliegenden Werk allesamt nicht zitiert werden. In die Liste unprofessioneller Fehlleistungen gehört augenscheinlich auch die wiederholte apodiktische Aussage der Autorin, daß Uhden „leider“ (S. 31) bzw. „bedauerlicherweise“ (S. 83) „kein Reisetagebuch geführt hat“;19 ein solches Verhalten Uhdens hätte durchaus nicht dem Zeitgeist entsprochen und ist offenkundig auch in keinem erhaltenen Brief von, an oder über Uhden erwähnt. Daß die Verfasserin ein solches Reisetagebuch offenbar nicht aufspüren konnte, besagt schon an sich wenig, und um so weniger, als sie gar nicht erst mitteilt, in welchen Archiven sie gesucht und nicht gefunden hat. 15 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 89, Geheimes Zivilkabinett, Bestellsignatur: I. HA Rep. 89, Nr. 11960, Titel: Uhden, S., geb. Huth, Witwe des Geheimen Oberregierungsrates U., und ihre Familie (auch Ankauf der Kunstsammlung Uhdens durch den Staat), 1835 - 1841. 16 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, III. HA MdA, Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, 01.05.04.01 Preußische diplomatische Beziehung am Vatikan, 1806-1897, Bestellsignatur: III. HA MdA, I Nr. 11547, Titel: Versetzung des preußischen Gesandten beim Vatikan Wilhelm von Humboldt zum Innenministerium. Übertragung seiner Funktion an den Geheimen Kriegsrat Uhden in der Eigenschaft eines Residenten, Dez. 1808 - März 1809. 17 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, BPH, Rep. 192 Nl Ritz, Johann Friedrich, 01 Private und dienstliche Korrespondenz, 01.19 Korrespondenten U, Bestellsignatur: BPH, Rep. 192 Nl Ritz, J. F., Nr. 2128, Titel: Uhden, W.; Rom. 18 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Findbuch: III. HA MdA, Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, 03.01.03.07.04 Forderungen und Schulden, Bestellsignatur: III. HA MdA, III Nr. 7606, Titel: Forderung des Geheimen Oberregierungsrats Uhden in Berlin an den Principe Guistiniani [sic] in Rom wegen Rückzahlung geliehenen Geldes, 1819 - 1822. 19 S. 8 heißt es immerhin bloß deskriptiv: „Es gibt weder von Wilhelm Uhden selbst noch von einem anderen Familienmitglied Tagebuchauszeichnungen über das tägliche Leben, zu besonderen Begegnungen oder Ereignissen, es liegen keine von ihm verfassten Reiseberichte vor.“ Zusammenfassend läßt sich sagen, daß eine gehobeneren wissenschaftlichen und auch stilistischen20 Ansprüchen genügende Darstellung von Leben und Werk Wilhelm Uhdens weiterhin ein Desiderat darstellt. Sozusagen für den „kleinen Hunger“ auf Uhden kann und sollte man nun freilich durchaus das besprochene Werk konsumieren bzw. konsultieren, in dem sachliche und sprachliche Defizite zu einem hohen Grad durch den Enthusiasmus und die kulturhistorische Alertheit der Autorin aufgewogen werden. Martina Pesditschek QUELLE Informationsmittel (IFB) : digitales Rezensionsorgan für Bibliothek und Wissenschaft http://ifb.bsz-bw.de/ http://ifb.bsz-bw.de/bsz399709681rez-1.pdf 20 Vgl. etwa „Nachdem er seine Hoffnung ausgedrückt hatte, dass sie sich beruhigt habe bis zu seiner Rückkehr nach Rom und dann ‚wie ein Schäfchen‘ sei“ (S. 77); „Er strebte nicht die akademische Laufbahn an, was den Vater vermutlich erfreut hätte“ (S. 174); „Obwohl Jurist, genoss er großes Ansehen als Archäologe in der damaligen Fachwelt“ (S. 186) usw. usf.