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Das Diptychon Von Halberstadt: Herkunft Und Datierung

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Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung An der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Philosophische Fakultät und Fachbereich Theologie, Lehrstuhl für Christliche Archäologie und Kunstgeschichte im Masterstudiengang Archäologische Wissenschaften eingereichte Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grads eines Master of Arts (M.A.) Vorgelegt von Markus Köllner Geboren am 22.12.1987 in Roth Matrikelnummer: 21384754 Erstgutachterin: Frau Prof. Dr. Ute Verstegen Zweitgutachter: Herr Prof. Dr. Andreas Grüner Eingereicht am: 07.10.2014 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mich bei der Anfertigung dieser Arbeit unterstützt haben. Bedanken möchte ich mich zunächst bei Frau Prof. Dr. Ute Verstegen und Herrn Prof. Dr. Andreas Grüner für die Betreuung sowie die Übernahme der Begutachtung der vorliegenden Masterarbeit. Danken möchte ich außerdem meiner Familie, meiner Mutter Margit, meinem Vater Günther und meinem Bruder Martin Köllner. Mein Dank gilt zuletzt auch der Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt, insbesondere Frau Dr. Katrin Tille, die mir bei den Recherchen zu den Inschriftfragmenten eine große Hilfe war. 2 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Inhaltsverzeichnis I. Einleitung S. 4 II. Forschungsgeschichte S. 5-9 III. Herkunft und Datierung III.1. Exkurs 1: West- und oströmische Diptychen S. 10-16 III.2. Objektbeschreibung III.2.a. Einleitende Anmerkungen S. 17 III.2.b. Tafelübergreifende Komposition S. 17-19 III.2.c. Obere Register S. 19-27 III.2.d. Mittlere Bildfelder S. 27-37 III.2.e. Untere Register S. 37-43 III.2.f. Inschriftfragmente S. 44-45 III.3. Zuschreibung S. 45-58 III.4. Exkurs 2: Biographie S. 58-64 IV. Fazit S. 64-65 V. Literaturverzeichnis S. 66-71 VI. Abbildungsverzeichnis S. 72-88 3 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung I. Einleitung “Weil aber das letztere nicht zu dem Formate des Chorbuchs gepasst hat, sondern zu lang gewesen ist, hat es das Schicksal der unglückseligen Gäste des Procrustes erfahren und sich oberhalb und unterhalb verkürzen lassen müssen, um sich im ganz eigentlichen Sinne nach der Decke des Chorbuchs zu strecken.“1 Was Augustin 1846 hier so wortreich umschrieben hat, stellt auch heute noch ein Problem für die Forschung dar. Gemeint ist die im Mittelalter erfolgte Verkürzung des berühmten Diptychons von Halberstadt (Abb. 01 und Abb.02), bei welcher leider auch die den Namen des Auftraggebers dieses Konsulardiptychons tragende Inschrift verlorengegangen ist.2 Das Fehlen der Inschrift hat dazu geführt, dass sowohl die geographische Zuschreibung an das Ost- oder Westreich, wie auch die Identifikation des hier dargestellten Konsuls bis zum heutigen Tag umstritten ist.3 In dieser Arbeit werde ich versuchen, diese beiden Fragen anhand einer abermaligen genauen Betrachtung des Objektes, sowie durch das Zusammenführen der bisher zum Halberstädter Diptychon erschienenen Literatur zu klären. Im Folgenden möchte ich deshalb zunächst auf die Forschungsgeschichte des Stückes und in einem Exkurs auch auf die angenommenen Eigenschaften westlicher und östlicher Konsulardiptychen eingehen, nicht zuletzt auch deshalb, weil ebendiese Merkmale mit der Zuschreibung des Exemplares von Halberstadt stehen oder fallen könnten.4 Anschließend soll das Diptychon genau beschrieben und einem möglichen Auftraggeber zugeordnet werden, zudem wird in einem eigenen Abschnitt zum besseren Verständnis der Zuschreibung die Biographie des vermutlichen Auftraggebers behandelt. Am Ende dieses Textes soll noch ein kurzes Fazit mit Vorschlägen für die weitere wissenschaftliche Aufarbeitung des Objektes stehen. 1 Zitat aus Augustin 1846, S. 84-85. Siehe Delbrueck 1929, S. 87-93, das Diptychon ist hier unter der Nr. 2 gelistet. 3 Man betrachte hierzu nur den Diskurs zwischen Cameron und Engemann, siehe Cameron 1998 sowie den auf ebendiese Veröffentlichung bezugnehmenden Artikel Engemann 1999. 4 Auf dieses Problem verweist Bühl 2001, S. 196. 2 4 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung II. Forschungsgeschichte Das Diptychon ist Teil des Halberstädter Domschatzes, es trägt dort die Inventarnummer 45.5 Beide Tafeln des Konsulardiptychons sind mit dem Einband einer in der Literatur zumeist als Antiphonale oder Antiphonar angesprochenen mittelalterlichen Handschrift verbunden (Abb. 03).6 Zu diesem Zweck wurden die Platten auf das Format des Antiphonars zurechtgeschnitten, wobei beidseitig das obere Ende mitsamt der Inschrift sowie der Großteil des unteren Randes verlorenging.7 Zudem ist die Anordnung der Bildtafeln vertauscht worden, sodass die ehemals rechte Platte sich nun auf der linken Seite, also dem hinteren Buchdeckel, befindet.8 Die besagte ursprünglich rechte Tafel (Abb. 02) wurde außerdem auch rechtsseitig um etwas mehr als Rahmenbreite verkürzt.9 In der durch die Entfernung des Randes entstandenen Spalte befindet sich seitlich zudem noch ein Bruchstück einer Inschrift.10 Das Elfenbeindiptychon ist das älteste Objekt im Domschatz von Halberstadt.11 Wann die beiden Tafeln nach Halberstadt gelangten ist nicht bekannt, teils wird jedoch angegeben, das Diptychon sei 1208 durch den Halberstädter Bischof Konrad von Krosigk nach seiner Kreuzzugteilnahme aus Konstantinopel mitgebracht worden.12 Konrad hatte sich 1203 den Kreuzfahrern angeschlossen. Dies geschah in der Absicht, Übergriffe auf seine Ländereien zu vermeiden, die ihm im Zuge seiner Unterstützung des Gegenkaisers Philipp und eines daraus resultierenden vom Papst gegen seine Person erlassenen Bann drohten. Auf seinem Kreuzzug erlebte er die Plünderung Konstantinopels mit, von wo er auch bei seiner Heimkehr nach Halberstadt im Jahre 1205 verschiedenste Reliquien und Schätze überführte. Auch 5 Zur Inventarnummer des Diptychons siehe zum Beispiel Janke 2009, S. 70. Steenbock 1965, S. 67 bezeichnet die Handschrift als „Antiphonale“, Richter 2009, S. 170 nennt das Manuskript „Antiphonar“; die bisher nur auf der Internetpräsenz der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel verfügbare vorläufige Beschreibung von Carmassi der ansonsten bis jetzt kaum beachteten Handschrift, im Literaturverzeichnis als Internetquelle gelistet, spricht von einem „Cantatorium“. 7 Zu den beim Beschneiden entfernten Partien der Tafeln siehe Volbach 1976, S. 42. 8 Zur veränderten Reihenfolge der Platten siehe zum Beispiel Olovsdotter 2008, S. 164. 9 Siehe abermals Volbach 1976, S. 42. 10 Siehe hierzu Flemming/Lehmann/Schubert 1990, hier wird darauf verwiesen, dass das Fragment „bisher nicht gedeutet werden konnte“ (S. 248), weshalb im Rahmen dieser Arbeit auch noch intensiver auf das besagte Bruchstück eingegangen werden soll. 11 Dies geben zum Beispiel Richter 2009, S. 170 und Janke 2009, S. 70 an, auch Olovsdotter 2008, S. 164 bestätigt diese Angabe. 12 Dies behauptet erstmalig Augustin 1846, S. 80-85; ohne nähere Begründung übernommen findet sich diese Information auch in jüngerer Zeit zum Beispiel bei Steenbock 1965, S. 67; bei Flemming/Lehmann/Schubert 1990 wird auf S. 248 hingegen nur angegeben, die genaue Herkunft sei bis zum jetzigen Zeitpunkt ungeklärt. 6 5 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung aus Rom, wo er sich mit dem Papst ausgesöhnt hatte, brachte Konrad zahlreiche Kostbarkeiten mit.13 Bereits Delbrueck verwies allerdings auf das Fehlen jedweder Belege für die Annahme, das Diptychon habe zu jenem Objektfundus gehört, und betonte zusätzlich, dass das Diptychon in der Auflistung der von Bischof Konrad zusammengetragenen Preziosen im Chronicon Halberstadense fehle.14 Tatsächlich ist die Beweislage relativ dünn. Erstmals findet sich die „Konrad-Hypothese“ wie gesagt bei Augustin, jedoch vermag seine Begründung nicht wirklich zu überzeugen. Um Augustins Argumentation nachzuvollziehen, empfiehlt sich eine genauere Betrachtung des sogenannten Antiphonars. Augustin vermutete richtigerweise eine Zweiteiligkeit des Cantatoriums, den ersten, älteren Abschnitt datierte er in das 12., den jüngeren Teil ins 13. Jahrhundert.15 Auch wenn diese zeitliche Einordnung bis heute immer wieder in Katalogwerken rezitiert wird,16 sind hier neuere, vorwiegend paläographische Forschungen von Carmassi anzuführen, die die Handschrift in das 13. und 14. Jahrhundert stellen, woraus sich weitere Probleme für Augustins Begründung ergeben.17 Augustin wies darauf hin, dass im zweiten und jüngeren Teil der Handschrift ein Fest „in adventum reliquiarum“ zwischen dem Tag des Heiligen Sixtus am 6. August und Mariä Himmelfahrt am 15. August liege. Somit könne nur das von Bischof Konrad gestiftete Fest zur Ankunft der von ihm nach Halberstadt überbrachten Schätze am 16. August gemeint sein. Das ältere und zunächst gleichnamige Fest zur Überführung der Stephansreliquien durch Bischof Hildeward 984 finde am 9. Mai statt und sei somit zeitlich zu weit entfernt. Hieraus folgerte Augustin, der jüngere Abschnitt der Handschrift sei noch während des Episkopats Konrads entstanden, zumal das Konradsche Stiftungsfest nachträglich zur Unterscheidung in „festum patronorum“ umbenannt worden sei und sich die Entstehung somit zeitlich eingrenzen lassen würde. Deshalb sei es am sinnvollsten eine Stiftung des Diptychons durch Konrad anzunehmen.18 Ob Augustin mit seiner 13 Siehe die sehr detailreichen Ausführungen zu Konrads Kreuzzugteilnahme bei Augustin 1846, S. 80-81. 14 Siehe hierzu Delbrueck 1929, S. 92-93; siehe auch die im Literaturverzeichnis gelistete Ausgabe des Chronicon Halberstadense im Abschnitt zu Konrad auf S. 69-79, hier wird das Diptychon nicht erwähnt. 15 Siehe hierzu Augustin 1846, S. 83-84; zur Zweiteiligkeit betrachte man abermals insbesondere die auf der Internetpräsenz der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel verfügbare vorläufige Beschreibung von Carmassi. 16 Siehe zum Beispiel Janke 2009, S. 70 oder Olovsdotter 2008, S. 164; Steenbock 1965, S. 67 ist hier ebenfalls anzuführen. 17 Siehe hierzu nochmals die schon zuvor genannte vorläufige Beschreibung von Carmassi. 18 Siehe Augustin 1846, S. 82-84 zur Argumentation; mir erscheinen diese Folgerungen Augustins generell eigenartig, da auch der 16. August nicht zwischen dem 6. Und 15. August liegt. 6 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Einschätzung zum Alter des Chorbuches richtig lag soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden, da dies für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit nicht von Bedeutung ist. Allerdings sei darauf verwiesen, dass sich diese Datierung genau genommen nur auf die Handschrift und vielleicht den Einband beziehen lässt. Warum kein bereits seit längerer Zeit im Besitz der Domkirche befindliches Diptychon zur Gestaltung des Einbandes verwendet worden und das Objekt zeitgleich mit der Abfassung des jüngeren Abschnitts nach Halberstadt gekommen sein sollte, bleibt unklar.19 Möglich erscheinen jedenfalls auch andere Szenarien, so könnte sowohl Otto I. wie auch Otto II. die beiden Tafeln aus Ravenna nach Halberstadt geschafft haben.20 Abschließend klären lässt sich die Frage, wie das Diptychon in den Halberstädter Domschatz kam, jedoch nicht.21 Allerdings soll auf diese Frage nochmals im Abschnitt zur Zuschreibung des Diptychons eingegangen werden. Entgegen dem, was die zahlreichen Publikationen, welche sich mit dem Diptychon von Halberstadt auseinandersetzen, vermuten lassen, war es erst relativ spät Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung.22 Bis zur Auflösung des Halberstädter Domkapitels 1810 konnten selbst Gelehrte die zum Dompersonal gehörten, nur bedingt Einblick in den Domschatz nehmen. Zuvor benötigten etwaige Besucher das Einverständnis des Domdechants, ebenso war die Zeigung nur in Anwesenheit des Domdechants selbst sowie einiger weiterer Würdenträger gestattet. So konnte selbst Augustin trotz mehrfacher Zusage des damaligen Domdechanten und seiner Dompredigertätigkeit erstmals 1811 den Domschatz in Augenschein nehmen.23 Es verwundert somit nicht, dass die erste Erwähnung in der Literatur erst 1819 bei Büsching in dessen Werk „Reise durch einige Münster und Kirchen des nördlichen Deutschlands im Spätjahr 1817“ erfolgte. Büsching verzichtete jedoch auf eine genauere Beschreibung des Diptychons.24 Ausführlich behandelte dann Augustin das Halberstädter Diptychon in seinem 1846 erschienenen Artikel „Das Diptychon consulare in der Domkirche zu Halberstadt“. Auch wenn die Schlussfolgerungen Augustins zur Zuweisung und Datierung aus der Sicht heutiger Leser teils eigenwillig 19 Es handelt sich hier meiner Ansicht nach bestenfalls um einen terminus ante quem für die Überführung des Diptychons nach Halberstadt; es sei an dieser Stelle auch nochmals auf Delbrück 1929 verwiesen der hierzu Folgendes schreibt: „Daß das Diptychon zu den von Bischof Conrad von Crosigk 1205 vom Kreuzzug nach Halberstadt mitgebrachten Heiligtümern gehört hätte, läßt sich nicht beweisen; (…)“ (S. 92-93). 20 Siehe Effenberger 1993 a, S. 157. 21 Zu diesem Schluss kommt auch Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 248. 22 Hierauf verweist Mötefindt 1915, S. 56. 23 Dies berichtet Augustin 1846, S. 65-66. 24 Siehe Büsching 1819, der es bei der Bemerkung belässt, das Diptychon sei „kunstreich in Elfenbein geschnitten, aber durch die Länge der Zeit und durch den Gebrauch etwas flach gerieben.“ (S. 256). 7 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung anmuten mögen, handelt es sich bei diesem Beitrag um eine umfangreiche und gut recherchierte Arbeit, die immer noch einen gewissen Quellenwert besitzt.25 Im Lauf des 19. Jahrhunderts fand das Objekt immer wieder Erwähnung in der wissenschaftlichen Literatur, zum Beispiel bei Pulszky im Jahre 1856, der eine Datierung ins 5. Jahrhundert, genauer auf das Jahr 454 vorschlug, und das Diptychon dem Konsul Flavius Aëtius zuwies.26 Besonders hervorzuheben ist auch der Aufsatz „Entstellte Consulardiptychen“ von Graeven, der das Diptychon von Halberstadt in eine Gruppe mit dem Diptychon des Felix und jenem des Asturius einordnete, also eine Datierung in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts favorisierte.27 In seinem 1896 erschienenen Band zu den Elfenbeinarbeiten nannte Molinier ebenfalls das Halberstädter Diptychon, enthielt sich jedoch einer Zuschreibung und blieb bei einer vagen Datierung ins 5. oder 6. Jahrhundert.28 1904 präzisierte Graeven seine vorherigen Aussagen und schrieb das Diptychon Flavius Constantius in dessen zweitem Konsulat 417 zu, allerdings ohne dies näher zu begründen.29 Ein bedeutender Beitrag liegt auch mit Mötefindts „Das Diptychon consulare im Domschatz zu Halberstadt“ von 1915 vor. Mötefindt fasste hier einen Großteil der bisherigen Literatur zusammen und bot neben einer peniblen Beschreibung der Elfenbeintafeln allgemeine Informationen über Konsuardiptychen. Im Gegensatz zu Graeven favorisierte Mötefindt einen Datierungsansatz zwischen 428 und 449.30 1916 veröffentlichte Volbach die Erstausgabe des heute noch gebräuchlichen Standardwerkes „Elfenbeinarbeiten der Spätantike und des frühen Mittelalters“. Das 25 Siehe Augustin 1846; er datiert das Diptychon in die Zeit Kaiser Aurelians auf das Jahr 273 n. Chr. und glaubte gar in einer der weiblichen Gestalten in den unteren Registern die palmyrenische Fürstin Zenobia erkennen zu können, siehe hierzu insbesondere S. 79-80; Augustin ging hier aber dennoch, zumindest für seine Zeit, sorgsam vor und legte im Rahmen dieses Artikels sogar einen Katalog der ihm bekannten Konsulardiptychen an, dieser findet sich von S. 61-65, er kommt hier auf insgesamt 12 Objekte; der Quellenwert liegt zum Beispiel in den bereits zitierten Angaben zur Zugänglichkeit des Halberstädter Diptychons vor dem Jahre 1811, siehe hierzu S. 65-66. 26 Siehe Pulszky 1856, S. 21-22. 27 Siehe Graeven 1892, S. 215. 28 Siehe Molinier 1896, S. 34 unter der Katalognummer 38; erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang Graeven 1897 als Rezension zu Molinier 1896, da Graeven hier auf S. 355 bereits darauf verweist, dass beim Diptychon von Halberstadt sehr wohl eine exakte Datierung möglich wäre. 29 Siehe Graeven 1904, S. 29; Graeven gibt hier an, zu späterer Zeit seine Aussage ausführlicher begründen zu wollen. 30 Siehe Mötefindt 1915; auf S. 56-58 fasst Mötefindt den größten Teil der bis 1915 erschienen Literatur zusammen, von S. 59-63 bietet er einen allgemeinen Überblick über die Konsulardiptychen, die detaillierte Objektbeschreibung nimmt den Raum von S. 63-84 ein, sein Datierungsansatz findet sich auf S. 92; warum Volbach 1916 in Bezug auf Mötefindts Arbeit geringschätzig von einer „nichts neues bringenden Publikation“ (S. 23) spricht, erscheint mir unverständlich; Delbrück 1929, S. 93 listet den Artikel von Mötefindt ebenfalls auf, erkennt ihn allerdings in seiner Position als zusammenfassendes Referenzwerk an und verweist gar darauf, dass dieser den älteren Beitrag von Augustin 1846 ersetze. 8 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Diptychon von Halberstadt wird hier lediglich als anonymes Diptychon aufgeführt und eine zeitliche Einordnung an den Anfang des 5. Jahrhunderts vertreten.31 In Delbruecks „Die Consulardiptychen und verwandte Denkmäler“ aus dem Jahr 1929, findet sich abermals die bereits von Graeven angeführte Zuschreibung an Constantius III. im Jahr 417. Delbrueck begründete seine Datierung und Zuschreibung in so überzeugender Weise, dass diese Zuweisung in der Folgezeit zur Standardinterpretation avancierte.32 Selbst in der 1976 erschienen überarbeiteten Neuausgabe von Volbachs Katalogwerk wird nur Constantius als möglicher Auftraggeber unter Verweis auf Delbrueck genannt33 und auch in den neueren Katalogen des Halberstädter Domschatzes wird mehr oder weniger ausschließlich Constantius als Urheber des Diptychons angegeben.34 1998 jedoch sprach sich Cameron in einem Artikel im „Journal of Roman Archaeology“ gegen eine Einstufung des Objektes als westliches Diptychon und damit auch gegen Constantius III. als Herausgeber des Diptychons aus.35 Auch wenn Camerons Deutung als oströmisches Bildwerk bereits kurze Zeit danach von Autoren wie Engemann36 und Bühl37 zurückgewiesen wurde, bestehen seither doch immer wieder Zweifel an Delbruecks zeitlicher und geographischer Einordnung des Halberstädter Diptychons.38 Diese Kontroverse soll den Kernpunkt dieser Arbeit bilden, weswegen ich an dieser Stelle auf eine ausführliche Darstellung von Camerons Argumentation und der ihm vorgehaltenen Gegenargumente verzichten möchte, da auf diese später ohnehin noch eingegangen wird. 31 Siehe hierzu Volbach 1916, S. 22-23; das Diptychon von Halberstadt ist hier unter Nr. 13 im Katalog der Diptychen aufgeführt. 32 Siehe hierzu Delbrück 1929, S. 91-92; dass diese Zuschreibung lange Zeit nicht in Frage gestellt wurde, zeigt zum Beispiel die Gewissheit mit der Hinz 1971, S. 221-222 das Diptychon ohne nähere Begründung Flavius Constantius zuordnet; man denke hier auch an Engemann 1998, der Delbruecks Zuschreibung als „communis opinio“ (S. 158) bezeichnet. 33 Siehe Volbach 1976, S. 42-43; der überarbeitete Katalogeintrag findet sich nun unter der Nr. 35. 34 Zum Beispiel bei Olovsdotter 2008, S. 164 und Richter 2009, S. 170, auch in einer Publikation, welche nicht vom Domschatz herausgegeben wurde, findet sich diese Angabe, siehe Effenberger 1993 b, insbesondere S. 422-423. 35 Siehe Cameron 1998, er favorisiert eine Zuweisung an den östlichen Konsul Flavius Constans, siehe S. 385. 36 Siehe Engemann 1999, welcher zwar wie Delbrueck Constantius III. als Urheber des Diptychons sieht, aber das Stück auf 414 ins erste Konsulat des Constantius umdatieren möchte, siehe S. 165169. 37 Siehe Bühl 2001, sie stimmt der alten Zuschreibung von Delbrueck vollends zu, siehe S. 202. 38 Zu den im Zuge von Camerons Artikel aufgekommenen Zweifeln siehe zum Beispiel Fuhrmann 2009, S. 11 und von Rummel 2007, S. 246-247. 9 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung III. Herkunft und Datierung III.1. Exkurs 1: West- und oströmische Diptychen Bevor ich mich den Eigenschaften west- und oströmischer Konsulardiptychen zuwende, möchte ich noch einige allgemeine Informationen zu dieser Objektklasse sowie ihrer Bedeutung für die Kunstwissenschaft anbringen. Dieser Bezugsrahmen ist für eine Beurteilung der Unzulässig- oder Zulässigkeit der Formulierung geographisch abgrenzbarer Merkmale unverzichtbar. Die Konsulardiptychen sind eine der wichtigsten Kunstgattungen für die Archäologie und Kunstwissenschaft der Spätantike.39 Die in vielen Fällen genaue Datierbarkeit der Stücke, welche zum Amtsantritt der Würdenträger als Geschenk in Umlauf gebracht wurden und sich somit zeitlich anhand der Inschriften, soweit vorhanden, exakt in das Konsulat des Auftraggebers einordnen lassen,40 ebenso wie die hohe Anzahl an erhaltenen Exemplaren, machen die Konsulardiptychen für die Forschung unverzichtbar.41 34 Diptychen sind mit Namensbeischrift überliefert, zehn weitere dem Konsulartypus zuzuweisende Diptychen, darunter das Halberstädter Diptychon, lassen sich keinem Konsul sicher zuweisen und sind somit anonym.42 Im Gegensatz zu anderen Gattungen handelt es sich bei den Diptychen zumeist nicht um Bodenfunde, wegen ihres enormen Wertes wurden sie in Schatzkammern verwahrt43 und teils sogar in der Liturgie verwendet.44 Eine derartige Nutzung ist nicht zuletzt auch für das Diptychon von Halberstadt belegt.45 Diesen Elfenbeinarbeiten kam hierdurch auch ein entscheidender Einfluss auf die mittelalterliche Kunst zu.46 Angeführt sei an dieser Stelle zum Beispiel das sogenannte Gregor-David-Diptychon (Abb. 04), das eine aus karolingischer Zeit stammende Umarbeitung eines Konsulardiptychons für den kirchlichen Gebrauch darstellt.47 Dieser Gruppe von 39 Siehe zum Beispiel Williamson 1996, S. 248 zur Bedeutung der Konsulardiptychen für die Forschung. 40 Zur genauen Datierbarkeit sowie der Nutzung als Antrittsgeschenk siehe Volbach 1976, S. 28. 41 Williamson 1996, S. 248 verweist auf die große Menge erhaltener Diptychen. 42 Siehe Volbach 1976, S. 28. 43 Siehe hierzu Gabelmann 1978, S. 52. 44 Siehe Wittekind 2008, S. 290-295. 45 Siehe Steenbock 1965, S. 67. 46 Siehe hierzu abermals Gabelmann 1978, S. 52. 47 Zum Gregor-David-Diptychon siehe Wittekind 2008, S. 295-297. 10 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Objekten kann man also definitiv eine hohe Bedeutung für die spätantike Kunstgeschichte einräumen.48 Die Kostbarkeit hat ihre Begründung vor allem auch im verwendeten Elfenbein, wegen ihrer Länge wurden die Diptychen wohl ausschließlich aus den hinteren Endstücken der Stoßzähne hergestellt.49 Die frühen Konsulardiptychen sind hierbei etwas kürzer als die späteren Stücke, während die ältesten Diptychen etwa eine Höhe von 30 cm besitzen, erreichen spätere Objekte eine Länge von bis zu 41 cm.50 Der Wert der von vornherein schon ungeheuer teuren Stücke wurde wohl noch zusätzlich dadurch erhöht, dass das Bildwerk bemalt und Teile davon sogar vergoldet wurden.51 Auch wenn diese Verzierungen im heutigen Bestand zumeist nicht mehr erkennbar sind, finden sich einige Stücke bei denen sich noch Reste der Bemalung erhalten haben. Auf dem Diptychon des Stilicho sind noch deutliche Farbreste vorhanden. Die Chlamys, die Tunika sowie der Schild des zumeist als Stilicho identifizierten Feldherren waren ehemals farbig gefasst, erkennbar an violetten Farbtönen an den betreffenden Stellen.52 Auch auf einem Diptychon von Anastasius ließ sich eine polychrome Gestaltung nachweisen, dort sind rote, blaue und grüne Farbreste vorhanden.53 Die Diptychen waren bei den höchsten Gesellschaftsschichten geschätzte und hoch angesehene Geschenke. Alleine die Möglichkeit diese Elfenbeinarbeiten verschenken zu dürfen war ein Privileg. 384 erfolgt die erste schriftliche Erwähnung der Diptychen in einem Gesetz, welches den Aufwand und Prunk beim Amtsantritt von Beamten regeln sollte.54 Dort wurde verordnet, dass nur die Konsuln fortan das Recht haben sollten, derartig kostbare Geschenke anlässlich der Übernahme ihres Amtes zu verteilen.55 Dieses Gesetz wurde jedoch wohl nicht immer beachtet, was 48 Zur hohen Bedeutung dieser Objektgattung sei abermals auf Williamson 1996, S. 248 und Gabelmann 1978, S. 52 verwiesen. 49 Dies merkt Gabelmann 1978, S. 52 an. 50 Zur Größe siehe Volbach 1976, S. 28. 51 Siehe Gabelmann 1978, S. 51-52; Connor 1998 verweist auf erhaltene Farbreste an mehreren Diptychen, siehe hierzu S. 16-17. 52 Zur Bemalung auf dem Diptychon des Stilicho siehe Shelton 1986, S. 147. 53 Siehe Connor 1998, S. 16-17; gemeint ist das bei Delbrueck 1929, S. 131-134 unter der Nr. 21 aufgeführte Diptychon des Anastasius. 54 Auf dieses im Codex Theodosianus enthaltene Gesetz, welches das mit diesen Objekten verbundene Prestige zum Ausdruck bringt, wird unter anderem in Delbrueck 1929, S. 6 und Gabelmann 1978, S. 52 hingewiesen; beide Autoren bezeichnen an den betreffenden Stellen dieses Gesetz auch als die erstmalige Erwähnung der Konsulardiptychen. 55 Siehe Cod. Theod. Lib. XV. Tit. IX. 1., also im Abschnitt „De expensis ludorum“, in der hier zitierten Ausgabe zu finden auf S. 1114; dort heißt es: „(…) Nulli privatorum liceat holosericam vestem sub qualibet editione lagiri. Illud etiam constitutione solidamus, ut, exceptis consulibus ordinariis, nulli prorsus alteri auream sportulam, dyptica ex ebore dandi facultas sit. §. I. Cum puplica celebrantur 11 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung sich an Stücken wie dem Diptychon des Probianus belegen lässt, welcher als Stadtvikar eigentlich keine Berechtigung besaß eine so prunkvolle Arbeit zu verschenken.56 Delbrueck vermutet, dass Beamte von niedrigerem Rang, wie etwa Quästoren, eine Sondergenehmigung des Kaiserhauses benötigten um Diptychen auszugeben. Weiterhin glaubt Delbrueck, das vorliegende Gesetz hätte nur dann einen Sinn gehabt, wenn es sich bei den Diptychen im Jahr 384 erst um eine relativ neue Erscheinung gehandelt hätte.57 Bestätigt wird die Annahme eines Aufkommens der Diptychen gegen Ende des vierten Jahrhunderts auch durch den überlieferten Materialbestand. Das älteste noch erhaltene Konsulardiptychon ist das etwa 406 entstandene Diptychon des Probus (Abb. 05).58 Dieses Diptychon ist ein eher ungewöhnliches Objekt. Beide Tafeln zeigen nicht etwa den Konsul, sondern den damaligen Kaiser Honorius im Soldatenornat unter einem Bogen stehend. Herausgehoben wird das Stück auch durch das Labarum, welches der Kaiser auf der Haupttafel in seiner rechten Hand hält.59 Dieses trägt den Schriftzug „IN NOMINE XPI. VINCAS SEMPER“.60 Zusätzlich wird das Labarum von einem Chi-Rho bekrönt. Eine derartige Bezugnahme auf christliche Symbolik beziehungsweise Rhetorik ist unter den aus dem fünften Jahrhundert bekannten Konsulardiptychen einzigartig.61 Ausgehend von dem Gesetz aus dem Jahr 384 als Schriftquelle für eine zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Schenkungspraxis62 in Kombination mit dem 406 beginnenden Objektbestand63 ist tatsächlich davon auszugehen, dass diese Gattung von Elfenbeinarbeiten kurz vor Erlass des Gesetzes erstmals in Erscheinung getreten sein dürfte.64 Die erhaltenen Diptychen decken in der Folgezeit den kompletten Zeitraum bis zum Jahr 541 n. Chr. ab. Gemeinhin als westlich gedeutete Diptychen sind beginnend mit dem ebenfalls officia, sit sportulis nummis argenteus, alia material dypticis. (…)“. 56 Zum Diptychon des Probianus siehe Volbach 1976, S. 54-55, dort ist das Objekt unter der Nr. 62 gelistet. 57 Zu dieser möglichen Sondererlaubnis sowie zur Annahme einer noch jungen „Diptychensitte“ siehe Delbrueck 1929, S. 6. 58 Bei Volbach 1976 unter der Nr. 1 auf S. 29-30. 59 Angaben zur Außergewöhnlichkeit und Beschreibung des Probus-Diptychons aus Cameron 2007, S. 191. 60 Die Inschrift wurde zitiert nach Volbach 1976, S. 30. 61 Zum Labarum sowie der Besonderheit der klar christlichen Symbolik siehe Cameron 2007, S. 191193. 62 Zur erstmaligen Nennung 384 siehe abermals Delbrueck 1929, S. 6 sowie Gabelmann 1978, S. 52. 63 Siehe abermals Volbach 1976, Objekt Nr. 1 auf S. 29-30. 64 Man vergleiche hierzu abermals die Theorie bei Delbrueck 1929, S. 6; zwar stammt das Diptychon des Probus aus dem Jahr 406 und wurde somit über 20 Jahre nach dem Gesetzeserlass gefertigt, jedoch befindet es sich damit meiner Ansicht nach noch im ein Aufkommen kurz vor 384 bestätigenden zeitlichen Rahmen, da nicht davon auszugehen ist, dass ausgerechnet das erste oder auch eines der ersten Objekte einer Gattung von Kunstgegenständen erhalten bleibt. 12 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung von einem westlichen Konsul stammenden Probusdiptychon über das gesamte fünfte und im sechsten Jahrhundert bis 541 bekannt, alle östlichen Konsuln zugeschriebenen Exemplare stammen hingegen aus dem sechsten Jahrhundert.65 Hieraus wird deutlich, warum die von Cameron vorgeschlagene Zuschreibung des Diptychons von Halberstadt an einen östlichen Auftraggeber schwerwiegende Folgen für die Gesamtchronologie der Konsulardiptychen mit sich bringen würde. Sollte Camerons Hypothese zutreffend sein, läge ein den westlichen Exemplaren des fünften Jahrhunderts entsprechendes östliches Diptychon vor und viele der bislang als eindeutig westlich oder östlich angesehenen Merkmale wären hinfällig.66 Nicht zuletzt deshalb erscheint es mir wichtig, sich vor der Betrachtung des Diptychons von Halberstadt mit den angenommenen Merkmalen und Unterschieden westlicher und östlicher Arbeiten sowie den Konsulardiptychen im Allgemeinen auseinanderzusetzen. Delbrueck listete in seinem Werk zu den Konsulardiptychen eine Reihe vermeintlicher Unterschiede zwischen westlichen und östlichen Exemplaren. Am auffälligsten ist, folgt man Delbrueck, die Anbringung der Inschriften. Während die Inschrift westlicher Diptychen ihren Anfang auf der linken Seite hat, beginnt der Text auf östlichen Diptychen auf der rechten Seite des jeweiligen Diptychons.67 Diese Ansicht wird auch in der aktuellsten Ausgabe von Volbachs Standardwerk zu den Elfenbeinarbeiten der Spätantike noch vertreten.68 Als Beispiel für diese vermeintlich typische Anordnung kann bei den westlichen Arbeiten das Diptychon des Boethius (Abb. 06) stehen. Hier findet sich auf der linken Tafel zunächst der Name des Konsuls zusammen mit der Umschreibung seines Standes, auf der rechten Tafel werden die Amtstitel von Boethius aufgeführt. Bei westlichen Diptychen ist somit die linke Tafel als Hauptseite anzusehen.69 Eine Ausnahme von dieser Regel stellt das Asturius-Diptychon aus dem Jahr 449 dar, bei welchem nur die linke Seite erhalten geblieben ist, aber dort entgegen der üblichen Inschriftensitte westlicher Arbeiten die 65 Angaben zum vom Bestand abgedeckten Zeitraum von Olovsdotter 2011, S. 100. Siehe hierzu auch Cameron 1998, S. 403, wo er klar darlegt, dass es sich bei den Unterschieden seiner Ansicht nach nicht um zwei regional voneinander abgesetzte künstlerische Stilrichtungen handelt. 67 Etwaige Unterschiede listet Delbrueck 1929 etwa auf S. 11-12 und S. 16-17; S. 16-17 enthält auch die Information zur Anbringung der Inschriften. 68 Siehe Volbach 1976, S. 29. 69 Engemann 1998 wählt das Diptychon des Boethius als Beispiel, siehe S. 109. 66 13 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Ämter anstelle von Namen und Stand des Auftraggebers angegeben sind.70 Ein weiterer Unterschied liegt auch in der Titulatur. Östliche Arbeiten verwenden zumeist die Schreibweise „V. INL.“, eventuell auch „V. I.“, was für „vir inlustris“ steht.71 Anzuführen ist hier unter anderem ein Diptychon des Anastasius, östlicher Konsul im Jahr 517, das in Paris aufbewahrt wird (Abb. 07), dieses kann auch als Beispiel für die östliche Inschriftenanordnung gelten.72 Westliche Diptychen hingegen bieten in der Regel eine Langfassung dieser Formel, nämlich „V. C. ET INL.“ für „vir clarissimus et inlustris“,73 eine derartige Titulatur trägt etwa das bereits zuvor erwähnte Diptychon des Boethius.74 Zur Fragestellung dieser Arbeit können die bislang aufgezählten Differenzierungsmöglichkeiten jedoch nichts Sinnvolles beitragen, da von der Inschrift des Halberstädter Diptychons am Objekt selbst nichts erhalten ist und die auf dem Rückdeckel angebrachten Inschriftfragmente vermutlich aus ottonischer Zeit stammen.75 Vielversprechender erscheinen hier möglicherweise vorhandene gestalterische und kompositorische Merkmale. Generell kann man sämtliche erhaltenen Konsulardiptychen in drei größere Gruppen aufteilen. Auf zwei dieser Grundtypen muss an dieser Stelle jedoch nicht näher eingegangen werden, da es sich beim Halberstädter Diptychon weder um ein Exemplar ohne Verzierung noch um ein Diptychon des Medaillontypus mit ausschließlich ornamentalem Schmuck handelt. Es ist vielmehr jener Gruppe zuzuordnen, welche den Konsul als Ganzfigur zeigt und diesen ins Zentrum der Darstellung rückt, dieser Typus lässt sich wiederum in zwei Untertypen aufteilen.76 Zum „großfigurigen Typus“ gehören Objekte mit die Tafeln dominierenden Zentralfiguren, hier sei abermals auf das Boethius-Diptychon verwiesen. Der „Tribunaltypus“ hingegen bildet den Konsul im Tribunal ab, häufig auf einem Thron sitzend, auch weist das untere Register hier in der Mehrzahl der Fälle Spielszenen auf.77 Der Tribunaltypus ist auch auf dem zuvor genannten Diptychon des Anastasius 70 Siehe Delbrueck 1929, S. 16, wobei hier die vertauschte Anordnung auf die angenommene östliche Herkunft dieses Konsuls zurückgeführt wird; weiterführende Angaben finden sich bei Delbrueck 1929, S. 95-99, dort ist das Diptychon unter der Nr. 4 gelistet. 71 Siehe Cameron 2012, S. 522-523. 72 Siehe Volbach 1976, S.36-37, dort unter der Nr. 21. 73 Siehe Cameron 2012, S. 522-523. 74 Siehe Delbrueck 1929, S. 103-106 unter der Nr. 7. 75 Siehe hierzu Fuhrmann 2009, S. 10. 76 Siehe Volbach 1976, S. 28 zu den wesentlichen drei Varianten von Konsulardiptychen, zum Diptychon von Halberstadt sei abermals auf S. 42-43 verwiesen. 77 Eine ausführliche Beschreibung des großfigurigen sowie des Tribunaltypus findet sich bei Delbrueck 1929, S. 11-12. 14 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung zu sehen.78 Das Diptychon von Halberstadt hat Affinitäten zu beiden Typen und ist weder dem großfigurigen Typ noch dem Tribunaltypus klar zuzuschreiben.79 Möglicherweise lässt sich bei der Bevorzugung entweder des Tribunal- oder des großfigurigen Typs eine Unterscheidung zwischen Ost- und Westrom treffen. Zumeist wird eine Herkunft des Tribunaltypus aus dem Ostreich angenommen,80 während im Westreich der großfigurige Typ dominiert hätte, sowie auch Mischformen zwischen den beiden Typen bislang nur aus dem Westen bekannt seien.81 Auch die beide Bildtafeln übergreifende Komposition und Gestaltung kann Hinweise auf die Herkunft eines Objektes geben. Die Tafeln östlicher Arbeiten sind durchgehend relativ ähnlich bis sogar identisch (vgl. Abb. 07). Bei westlichen Diptychen sind die Motive beider Tafeln meist klar voneinander abgesetzt (vgl. Abb. 06).82 Entgegen der gängigen Meinung findet sich allerdings bei weströmischen Exemplaren ebenfalls häufig eine gewisse Symmetrie zwischen den Tafeln, auch wenn die Darstellungen unterschiedlich sind. Zudem existiert eine größere Anzahl östlicher Arbeiten, bei welchen die Symmetrie speziell bei den Zirkusszenen unterhalb des Hauptfeldes mit dem Konsul fehlt.83 Somit kann eine zueinander symmetrische Ausgestaltung der Tafeln zwar als Indiz für eine östliche Herkunft herangezogen werden, diese sollte jedoch angesichts der Abweichungen von der Norm nicht als definitiver Beweis genutzt werden. Cameron kritisiert zudem die Festschreibung vermeintlicher Merkmale östlicher und westlicher Arbeiten aufgrund des problematischen Materialbestandes. Cameron merkte hierbei insbesondere an, dass nur etwa fünf Exemplare definitiv westlichen Ursprungs seien, seiner Ansicht nach also kein ausreichendes Vergleichsmaterial vorliegen würde. Ein weiteres Problem sieht er darin, dass, wie bereits zuvor erwähnt, alle bekannten östlichen Diptychen nach 506 datieren und dort somit im Gegensatz zum Westreich keine Objekte des fünften Jahrhunderts vorliegen.84 Camerons Kritik blieb nicht lange unwidersprochen. Engemann bezeichnete Camerons Argumentation gar als mehr oder weniger unzulässiges „Argumentum e silentio“.85 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass auch frühere Bearbeiter dieser 78 Siehe abermals Volbach 1976, S.36-37. Siehe hierzu auch Delbrueck 1929, S. 12. 80 Siehe hierzu zum Beispiel Volbach 1976, S. 28. 81 Siehe hierzu Delbrueck 1929, S. 11-12. 82 Siehe Cameron 2012, S. 523. 83 Siehe Engemann 1998, S. 112-113 zu diesen vom Schema abweichenden Bildelementen. 84 Zu diesem Problem mit dem erhalten gebliebenen Bestand siehe Cameron 1998, S. 391. 85 Siehe Engemann 1999, S. 160. 79 15 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Thematik eine Umdeutung der definierenden regionalen Merkmale wegen des Fehlens oströmischer Gegenstücke des fünften Jahrhunderts als rein chronologische Unterschiede für verfrüht hielten.86 Ich persönlich bin geneigt, mich Engemanns Urteil anzuschließen. Betrachtet man das westliche Diptychon des Boethius aus dem Jahr 487, so entspricht es in jeder Hinsicht dem angenommenen Gestaltungsmuster der Diptychen des Westreiches. Die Inschrift beginnt links, das Bildnis des Boethius ist auf beiden Tafeln von der jeweils gegenüberliegenden Darstellung abgegrenzt, links steht der Konsul, rechts thront er.87 Die nur wenig später herausgegebenen Konsulardiptychen des Areobindus aus dem Jahr 506, bei denen es sich auch tatsächlich um die ältesten Exemplare aus dem Ostreich handelt, scheinen hingegen klar dem östlichen Typ zu entsprechen. Als Beispiel sei hier auf das im Landesmuseum in Zürich aufbewahrte Exemplar (Abb. 08) verwiesen. Nicht nur entsprechen sich die linke und rechte Tafel im Bildnis des Areobindus bis ins Detail, der Konsul ist zudem im klassischen Tribunaltyp oberhalb von in den unteren Registern stattfindenden Zirkusszenen dargestellt. Die Inschrift beginnt, wie für ein Diptychon eines östlichen Konsuls zu erwarten auf der rechten Tafel.88 Mit dem Diptychon des Boethius und jenem des Areobindus liegen somit zwei jeweils klar dem West- und Osttypus zuzuordnende Stücke vor, die jedoch keine zwanzig Jahre voneinander zeitlich getrennt entstanden sind. Dieser Umstand macht meiner Ansicht nach eine rein chronologische Entwicklung vom einen zum anderen Typ eher unwahrscheinlich. Von einer reinen Modeerscheinung gemäß Cameron ist also nicht auszugehen.89 Wenn auch unter Vorbehalt und im Wissen, dass Ausnahmen von der Regel existieren, denke ich, dass die gemeinhin für eine geographische Einordnung eines Diptychons herangezogenen Eigenschaften weiterhin ihre Gültigkeit behalten sollten. Sollte es sich beim Diptychon von Halberstadt um eine östliche Arbeit handeln, stünden alle diese Merkmale wieder zur Diskussion.90 86 Siehe zum Beispiel Volbach 1976, S. 28. Eine genaue Beschreibung des Boethiusdiptychons findet sich unter anderem bei Delbrueck 1929, S. 103-106. 88 Zu diesem Diptychon siehe Volbach 1976, S. 32-33 unter der Nr. 8. 89 Zu dieser Ansicht Camerons siehe Cameron 1998, S. 403. 90 Siehe Bühl 2001, S. 196. 87 16 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung III.2. Objektbeschreibung III.2.a. Einleitende Anmerkungen Bevor die Zuschreibung des Halberstädter Diptychons diskutiert werden kann, muss zunächst das Objekt an sich eingehend betrachtet werden. Hierbei bietet es sich aufgrund der Teilung der Tafeln in je drei Register an, eine Beschreibung getrennt nach Bildfeldern vorzunehmen. Diese Vorgehensweise wurde auch von der Mehrzahl der Bearbeiter gewählt,91 auch in den einschlägigen Katalogbeiträgen dominiert dieser Ansatz.92 Aus diesem Grund soll auch hier folgend auf einen kurzen Abschnitt zur allgemeinen Komposition der Tafeln beginnend bei den oberen Registern und endend bei den unteren Registern nach diesem Schema verfahren werden. Da die Bildfelder meiner Ansicht nach nicht in einem klaren Handlungszusammenhang aufeinander Bezug nehmen und zunächst für sich stehen,93 erscheint der besagte Ansatz mir als angemessene Methode. III.2.b. Tafelübergreifende Komposition Sowohl die Haupt- (Abb. 01) wie auch die Nebentafel (Abb. 02) ist in je drei Zonen aufgeteilt. Bei einer Gesamtlänge von etwa 28 cm nimmt das mittlere Bildfeld auf beiden Seiten mit einer Länge von etwa 14,5 cm, gemessen ohne die die Bildfelder teilenden Leisten, klar die dominierende Position ein. Das untere Register erreicht im Vergleich nur eine Maximalhöhe von 6 bis 6,5 cm, das obere Register kommt durchgehend auf etwa 6 cm.94 An dieser Stelle sei allerdings darauf hingewiesen, dass beide Tafeln an Unter- und Oberseite stark verkürzt sind und auf der 91 Delbrueck 1929, S. 88-91 geht nach diesem Schema vor, seine Objektbeschreibung gehört zu den ausführlichsten und ist definitiv die brauchbarste; auch bei Mötefindt 1915, S. 63-84 findet sich eine sehr detaillierte Beschreibung, auch Mötefindt trennt die Bildfelder voneinander ab. 92 So zum Beispiel Olovsdotter 2008, S. 164, Richter 2009, S. 170 oder Janke 2009, S. 70. 93 An dieser Stelle sei angemerkt, dass ich mir durchaus bewusst bin, dass ein Verständnis des Bildprogrammes nur bei einer Betrachtung sämtlicher Bildzonen der Tafeln möglich ist; jedoch muss auch klar sein, dass es sich bei den Bildfeldern um mehr oder weniger abgeschlossene Einzelbilder handelt, diese sich aber selbstverständlich gegenseitig vervollständigen, was im Anschluss auch gezeigt werden soll. 94 Beim Bestimmen der Abmessungen wurde ein Abguss genutzt, hergestellt von der AbgussSammlung Antiker Plastik der Freien Universität Berlin; da ich mir der Problematik bei der Verwendung von Abgüssen zur Bestimmung genauer Längen- und Breitenverhältnisse bewusst bin, wurde der Abguss zunächst vermessen und mit der bei Volbach 1976, S. 42 und Delbrueck 1929, S. 88 zu findenden Angabe zur Gesamtlänge sowie der Gesamtbreite abgeglichen. 17 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Nebenseite zusätzlich auch die rechte Rahmenleiste und ein geringfügiger Teil des Bildfeldes beim Zuschnitt der Platte entfernt wurden.95 Die Breite der rechtseitig verkürzten Nebentafel beträgt etwa 13,5 cm, die Haupttafel ist etwa 14,5 cm breit. Ohne Rahmen hat das Bildfeld auf der Hauptseite eine Breite von circa 13 cm, das beschnittene Gegenstück misst abzüglich des linksseitig erhalten gebliebenen Rahmens 12 cm. Somit kann ausgehend von der gleichartigen Komposition der beiden Tafeln ein Verlust von etwa einem Zentimeter bei den Bildfeldern der Nebenseite angenommen werden.96 Schwieriger zu bestimmen als die Breite der Nebentafel ist die ursprüngliche Länge des Halberstädter Diptychons. Zu ergänzen sind mindestens eine Rahmenleiste, sowohl auf der Ober- wie auch der Unterseite. An der Oberseite befand sich zudem noch die Inschrift. Delbrueck geht von einer Länge von 34 cm im vollständigen Zustand aus und vermutet entsprechend dem Diptychon des Felix und des Probus einen Giebel als obere Begrenzung.97 Ausgehend von der Breite der seitlichen Rahmenleisten sowie der zu ergänzenden Inschrift erscheint Delbruecks Schätzung zur Länge durchaus vernünftig.98 Die starke Abnutzung der Randleisten lässt nur an der linken Seite der Haupttafel eine einigermaßen sichere Beurteilung des Dekors der Fassung zu. Hier ist neben dem Bildfeld eine schmale Leiste erkennbar, auf welche ein Eierstab folgt. Der Eierstab zeigt nach außen.99 Rechtsseitig ist auf der Haupttafel kein Dekor auf der Rahmenleiste erhalten, jedoch finden sich hier drei große Bohrlöcher. Bohrungen liegen auch auf der noch vorhandenen linken Rahmenleiste der Nebenseite vor. An diesen Vertiefungen war wohl das die Tafeln verbindende Scharnier befestigt, die Position der Löcher bestätigt zusätzlich die Annahme, dass es sich bei der Haupttafel um die wichtigere linke Seite und bei der Nebentafel um die rechte Seite des Diptychons handelt.100 Die horizontal verlaufenden Trennleisten sind besser erhalten. Diese Stege sind dreigeteilt, wobei, mit Ausnahme der Trennleiste zwischen dem mittleren Bildfeld und dem oberen Register der Haupttafel, der obere Wulst stets deutlich am breitesten gestaltet ist. Die beiden äußeren Wülste umschließen den 95 Siehe Volbach 1976, S. 42. Angaben zur Breite richten sich abermals nach dem zuvor bereits erwähnten Abguss. 97 Siehe hierzu Delbrueck 1929, S. 88. 98 Gemäß der zuvor bestimmten Maße machen die seitlichen Rahmenleisten auf der Haupttafel etwa 1,5 cm der Gesamtbreite aus, woraus man auf die Breite der Rahmung an der Ober- und Unterseite schließen kann; zusätzlich ist auch noch das obere Register um den Kopf der weiblichen Person sowie um den Abschluss der im Hintergrund aufsteigenden Architektur zu ergänzen . 99 Auch Delbrueck 1929, S. 88 erkannte in dem Ornament einen Eierstab. 100 Dies bestätigt auch Janke 2009. 96 18 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung inneren durch eine Verbindung an den Außenseiten des Steges (Abb. 09).101 Speziell bei den mittleren Bildfeldern wird durch die Breite des oberen Wulstes die Trennung zwischen Rahmung und eigentlichem Bildnis aufgehoben, da der oberste Teil des Steges auch als die Standleiste der Figuren genutzt wird. Die Füße der Figuren überschneiden den zum Bildfeld hin abgeschrägten obersten Wulst, durch die Schräge dieser „Standleiste“ wird sogar ein schwacher Eindruck von Tiefe erzeugt. Hart erscheint im Gegenzug der Übergang der Trennstege zu den Rahmenleisten, diese stoßen ohne vermittelndes Element aneinander. Dieser abrupte Übergang muss jedoch beabsichtigt gewesen sein, da die Querstege zwischen dem mittleren und dem unteren Register teils den vor dem Eierstab liegenden Steg der Rahmenleiste in der Art eines leicht in den Bildraum des Mittelfeldes hinein gekippten, rechteckigen Körpers überschneiden. Besonders deutlich wird dies am linken Ende der besagten Querleiste auf der Nebentafel (Abb. 10). Die Trennstege zum oberen Register zeigen im Übergang zum Rahmen eine ähnliche Gestaltung, allerdings in entgegengesetzter Richtung, da auch sie anstatt in Richtung des oberen Registers zum Mittelfeld hin gekippt erscheinen (Abb. 11). Hierdurch wird der zuvor schon erwähnte Eindruck von Tiefe insbesondere in der mittleren Bildzone nochmals verstärkt. Das Kompositionsschema ist somit auf eine dreifache Unterteilung des Bildraumes ausgelegt, der mittleren Zone des Bildes kommt das größte Gewicht zu. Während das obere und untere Register als schmale Rechtecke gestaltet sind, ist das mittlere Bildfeld der Haupttafel wie auch ursprünglich der Nebenseite annähernd quadratisch gestaltet. Während die Rahmenleiste tatsächlich nur die Funktion einer Umrandung einnimmt, werden die Trennstege ins Bildprogramm mit einbezogen. Durch die Gestaltung dieser Trennstege wird zudem ein gewisser Eindruck von Tiefe vermittelt. Abschließend muss jedoch festgehalten werden, dass ein eingehendes Verständnis des Kompositionsschemas durch das Fehlen des oberen wie unteren Endes des Diptychons behindert wird. III.2.c. Obere Register Im Gegensatz zu den mittleren Bildfeldern und den unteren Registern sind die oberen Register auf Haupttafel (Abb. 12) und Nebenseite (Abb. 13) identisch und 101 Delbrueck 1929, S. 88 spricht hier gar von einem einzigen „Wulst mit umlaufendem Steg“, 19 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung unterscheiden sich nur im Grad ihrer Abnutzung. Das obere Bildfeld zeigt jeweils insgesamt sieben Personen, vier der Figuren sitzen auf einer Bank, neben der Bank steht links und rechts je eine Gestalt, ebenso steht ungefähr mittig hinter der Bank eine Person. Unterschieden wird das obere Bildregister von den anderen Zonen auch dadurch, dass es als einziges Feld eine architektonische Rahmung aufweist. Zudem sind nicht nur die oberen Bildzonen beider Tafeln gleich, sondern die Bildfelder an sich sind grob achsensymmetrisch aufgebaut. So entfallen auf jede Registerhälfte zwei sitzende Gestalten mitsamt einer seitlich stehenden Begleitfigur, in der Mitte wird das Bild durch die hinter der Bank stehende Person getrennt. Die Figur hinter der Bank sowie die beiden äußeren sitzenden Figuren sind durch erkennbar hervortretende Brüste bereits als weiblich zu identifizieren, die stehenden Begleiter und die inneren sitzenden Figuren sind hingegen männlich. Außerdem ist noch anzumerken, dass die oberen Register im Vergleich zum Mittelfeld besonders stark abgenutzt sind, insbesondere die Köpfe beziehungsweise die Gesichter aller Figuren sind kaum noch erhalten. Zentral auf der Bank sitzen zwei mit Chlamys bekleidete Männer.102 Sie sind dem Betrachter frontal zugewandt. Der rechte Arm ist bei beiden Männern abgewinkelt und die rechte Hand im Redegestus vor die Brust geführt.103 Der linke Arm ist unter der Chlamys zu erkennen, die linke Hand ruht wahrscheinlich im Schoß. Die Knie haben einen deutlichen Abstand zueinander, die nach außen gedrehten Füße stehen nah beieinander. Der vom Betrachter aus linke Mann ist klar größer als der rechte.104 Die Chlamys hat jeweils große rechteckige Auflagen und wird an der rechten Schulter durch eine Fibel zusammengehalten.105 Der Dekorbesatz besteht aus einander umschließenden Rechtecken. Der Besatz unterscheidet sich auf Haupt- und Nebentafel. So trägt die mittlere Zone beim größeren Kaiser auf der Hauptseite eine Verzierung, die wohl in Analogie zu den Besatzstücken auf der Chlamys des Konsuls und seiner Begleiter auf der Nebenseite, auf welche später noch näher eingegangen werden soll, wahrscheinlich als Lorbeerzweig anzusehen ist.106 Auf der Nebenseite zeigt der Besatz des gleichen Kaisers allerdings eine Kreuzschraffur. Unter der 102 Das Gewand wird zum Beispiel auch von Volbach 1976, S. 42 als Chlamys identifiziert. Dass es sich hierbei um einen Redegestus handelt, bestätigt zum Beispiel auch o. A. 1983, S. 648 und Olovsdotter 2011, S. 111. 104 Dieser Größenunterschied ist klar ersichtlich und findet in der Diskussion um die Zuschreibung des Diptychons immer wieder Erwähnung, so zum Beispiel bei Cameron 1998 insbesondere auf S. 385389. 105 Die Fibel wird bei o. A. 1983, S. 648 als Bogenfibel identifiziert. 106 Dass es sich beim besagten Dekorband der Auflagen um Lorbeeren handelt, vermutet Delbrueck 1929, S. 89. 103 20 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Chlamys sind die Männer mit langärmligen Tuniken bekleidet.107 An der rechten Schulter ist ein kreuzschraffiertes Aufsatzteil mit glatter Borte zu erkennen, auch auf den Ärmeln findet sich in geringer Entfernung zum Saum eine umlaufende Borte. Seitlich des linken Unterschenkels tritt ein länglicher Gegenstand hervor, der folgend auf zwei horizontal verlaufende Balken in einem aus drei kugelförmigen Elementen bestehenden Endstück ausläuft. Gemäß Delbruecks Einschätzung dürfte es sich hierbei um Schwertscheiden handeln. Undeutlich ist das Schuhwerk, Delbrueck geht hier von Campagi aus.108 Für eine eingehende Beurteilung der Physiognomie sind sowohl die Gesichter auf der Haupttafel wie auf der Nebenseite zu stark zerstört, wobei auf der Haupttafel bei beiden Männern das rechte Auge noch gut erkennbar ist. Ein Perlendiadem mit einem zentralen Juwel ziert den Kopf. Gemäß ihrer hervorgehobenen Position im Tribunal und anhand ihrer sonstigen Attribute, wie etwa den Diademen, sind diese Männer als Kaiser zu identifizieren.109 Interessant ist dieser Verweis auf das Herrscherhaus beziehungsweise die Herrscher des Reiches insbesondere in Zusammenhang mit der Submissio der Barbaren im unteren Register, da diese somit eine kaiserliche Legitimation erhält.110 Zwischen den beiden Kaisern steht eine weibliche Figur. Ihr Körper wird unterhalb der Brust durch die Lehne der Bank verdeckt. Auffallend ist auch ihre Größe, welche in etwa der des größeren der beiden Kaiser entsprechen dürfte.111 Auf der Haupttafel ist etwas mehr als die Hälfte ihres Kopfes abgeschnitten, auf der Nebentafel fehlt die Stirnpartie. In beiden Fällen ist eine Beurteilung des Gesichtes aufgrund der Abnutzung nicht möglich, wobei der Grad der Beschädigung auf der Nebenseite sogar wesentlich stärker als auf der Haupttafel ausfällt. Delbrueck gibt an, das Haar der Frau sei vermutlich in einer doppelt geflochtenen Frisur organisiert gewesen und geht zudem davon aus, dass auch im Urzustand ein Diadem fehlte.112 Da die Form der Frisur trotz der extrem abgegriffenen Oberfläche auf der Nebenseite noch deutlich auszumachen ist und nur der Verlauf der Frisur zu sehen ist, aber keine Einschnürung der Haare durch ein Diadem, ist Delbrueck bei seiner Einschätzung bezüglich des Fehlens eines Diadems meines Erachtens zuzustimmen. Um den Hals 107 Diese Benennung als Tunika bestätigen sowohl o. A. 1983, S. 648 wie auch Delbrueck 1929, S. 89. Zu Schuhwerk und Schwertern siehe abermals Delbrueck 1929, S. 89. 109 Die beiden Männer sind sicherlich als Kaiser zu identifizieren, siehe zum Beispiel Volbach 1976, S. 42, Delbrueck 1929, S. 88-89, Janke 2009, S. 70, Fuhrmann 2009, S. 10 und Richter 2009, S. 170; das zentrale Juwel des Diadems ist nur schwer erkennbar, am Original jedoch auszumachen, auch Delbrueck 1929 sah an dieser Stelle ein „kreisrundes Stirnjuwel“ (S. 89). 110 Diese Vermutung äußert auch Olovsdotter 2011, S. 116. 111 Auf diesen Umstand verweist abermals Olovsdotter 2011, S. 111. 112 Siehe Delbrueck 1929, S. 89. 108 21 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung trägt die weibliche Gestalt ein Schmuckstück, dieses besteht aus drei Reihen von Perlen. Zwischen den Brüsten ist eine Falte im Gewand zu sehen, zudem treten die Brüste auf der Haupttafel leicht hervor, sodass kein Zweifel am Geschlecht der Person bestehen kann.113 Um die Schultern trägt sie ein Übergewand, die Palla.114 Aus der Tracht kann erschlossen werden, dass es sich nicht um eine Kaiserin und auch um keine Gottheit handelt.115 Eine Kaiserin würde wohl ebenso wie die Kaiser mit der Chlamys bekleidet dargestellt werden, auch wäre ein Diadem zu erwarten.116 Es stellt sich die Frage, wer außer einer Augusta eine so hervorstechende und, wenn auch im Bildraum zurückgesetzte, die Kaiser sogar überragende Position zugewiesen bekommen sollte. Es muss sich jedenfalls, was auch durch den reichen Schmuck betont wird, um eine am Hof bedeutende Persönlichkeit handeln.117 Möglicherweise bietet diese Gestalt somit eine Möglichkeit zur Datierung und Zuweisung des Halberstädter Konsulardiptychons, da nur eine relativ beschränkte Anzahl von Personen in Betracht zu ziehen sein dürfte.118 Links und rechts von den beiden Kaisern sitzen zwei weibliche Gestalten, welche Stadtgöttinnen oder beziehungsweise –personifikationen darstellen.119 Von der Frau hinter der Thronbank sind sie bereits durch den bei beiden Göttinnen hinter dem Kopf zu sehenden kreisrunden Nimbus abgegrenzt. Die Haltung der Beine entspricht jener der Kaiser, die Knie werden weit auseinander gehalten und die Füße mit nach außen gedrehten Fußspitzen stehen eng zusammen. Der rechte Arm der vom Betrachter aus linken Stadtgöttin ist erhoben und hält einen ballförmigen Globus in der flach abgewinkelten Hand, auch ihren linken Arm hält sie nach oben, dieser umklammert eine Lanze. Der Unterarm liegt am Schaft der Lanze an und die Hand greift den Schaft mit eng zusammen gehaltenen Fingern, mit Ausnahme des 113 Tatsächlich weicht hier eigentlich auch kein Autor in der Zuschreibung des Geschlechtes ab, siehe zum Beispiel Richter 2009, S. 170, Olovsdotter 2008, S. 164 oder Volbach 1976, S. 42; nur in älteren Publikationen finden sich allein schon aufgrund der Kleidung als Fehldeutung zu sehende Interpretationen als männliche Gestalt, siehe Augustin 1846, S. 68, hier wird die Frau als der Kaiser angesehen, die beiden Kaiser hingegen als zwei Konsuln. 114 Eine Identifikation des Übergewandes als Palla findet sich ebenfalls bei Delbrueck 1929, S. 89. 115 Dies merkt zum Beispiel Olovsdotter 2011, S. 111 an. 116 Delbrueck 1929, S. 89 verweist auf diese Abweichung von der normalerweise zu erwartenden Tracht einer Kaiserin; allerdings verweist Cameron 1998, S. 389 auf die abweichende Tracht der Kaiserin Ariadne auf den Diptychen des Anastasius (517) und die Tatsache, dass die Kaiserin dort ein gleichartiges Schmuckstück um den Hals trägt, letztendlich kommt Cameron jedoch zum Schluss, dass wegen des Fehlens von Hinweisen auf die Darstellung eine Kaiserin beim Halberstädter Diptychon als Arbeitshypothese weiterhin nicht von der Abbildung einer Augusta auszugehen ist. 117 Siehe hierzu Olovsdotter 2011, S. 111-112, hier wird genau dieser Schluss gezogen. 118 Auch für Cameron 1998 (siehe S. 389 für seine Identifikation der Gestalt), Engemann 1999 (seine Zuschreibung findet sich auf S. 164-168) und Bühl 2001 (siehe hier vor allem S. 201) ist ebendiese weibliche Gestalt und ihre Identifikation mit einer historischen Persönlichkeit von zentraler Bedeutung. 119 Siehe zum Beispiel Volbach 1976, S. 42 oder Richter 2009, S. 170. 22 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung abgestreckten Zeigefingers. Delbrueck gibt an, die Lanze habe eine breite Spitze und einen kugelförmigen Knauf.120 Zwar verdickt sich die Lanze am unteren Ende auf der Nebenseite, jedoch ist der von Delbrueck beschriebene Kugelknauf für mich weder an Original noch Abguss erkennbar. Die breite Spitze der Lanze ist wenn überhaupt nur auf der Haupttafel sichtbar und auch dort unsicher, da der obere Teil der Lanze auf beiden Tafeln stark beschädigt ist. Auch wenn das Gesicht beinahe komplett abgetragen ist, ist durch den vom Betrachter aus links zum Kopf stehenden Kamm des attischen Helmes sowie das noch zu erkennende linke Auge auf der Nebentafel die Blickrichtung dieser Göttin ersichtlich. Ihr Kopf erscheint im Halbprofil, ihr Blick war beinahe völlig seitwärts auf den neben ihr sitzenden größeren der beiden Kaiser gerichtet.121 Ihr Gewand, ein armfreier Chiton, lässt die rechte Brust frei. Knapp unterhalb der Brust ist die Gürtung des Chitons zu sehen, diese wird auf der rechten Körperseite durch den unterhalb der unbekleideten Brust herunterhängenden Stoff verdeckt.122 Über ihre rechte Schulter verläuft ein Schwertband, oberhalb ihres linken Knies ist der als Kopf eines Adlers gestaltete Knauf des zugehörigen Schwertes zu sehen.123 Ihre linke Schulter wird durch einen Mantel mit runder Fibel verhüllt, dieser Mantel tritt neben der rechten Hüfte wieder hervor und ist über den Schoß geschwungen. Unterhalb des linken Knies tritt der Chiton unter dem Mantel wieder hervor. Als Schuhwerk hat sie Stiefel, die Schnürung verläuft über die Füße und den ganzen sichtbaren Teil der Unterschenkel.124 Den Attributen nach muss es sich bei der Göttin um Roma handeln.125 Die vom Betrachter aus rechte Stadtpersonifikation neben dem kleineren Kaiser ist durch Gewand, Attribute und Haltung klar von der linken Göttin zu unterscheiden.126 Ihr rechter Arm greift in Richtung ihres Kaisers aus, ihre Hand liegt auf seiner Schulter. Die Hand ist nur sanft aufgelegt, erkennbar am locker gehaltenen Arm mit deutlicher Biegung des Ellenbogens, am deutlichsten sichtbar auf der Haupttafel. Ihr linker Arm ist nicht erhoben, die linke Hand ruht im Schoß und hält einen linsenförmigen Gegenstand.127 Ihr Kopf ist zwar stark 120 Delbruecks Beschreibung der Lanze findet sich bei Delbrueck 1929, S. 89. Die starke Kopfdrehung dieser Personifikation fiel auch Engemann 1999, S. 164-165 auf, er argumentiert hier aber vor allem mit der Verteilung der Haare. 122 Als „langen, hochgegürteten Chiton ohne Ärmel“ (S. 89) deutet auch Delbrueck 1929 das Gewand. 123 Dass es sich hierbei um ein Schwert handeln muss merkt auch Bühl 1995, S. 151 an. 124 Siehe Delbrueck 1929, S. 89, er bezeichnet das runde Objekt als Fibel und die Schuhe als Stiefel. 125 So identifiziert auch Bühl 1995 die Göttin als „behelmte Roma in Amazonentracht“ (S.151). 126 Auf die gute Unterscheidbarkeit verweist auch Olovsdotter, 2011, S. 106. 127 Der Gegenstand wurde von mehreren Autoren unterschiedlich gedeutet, so etwa bei Delbrueck 1929 als „buschiger Lorbeerzweig“ (S. 89), Bühl 1995 stellte hingegen eine Ähnlichkeit mit der „Bekrönung eines Thyrsos-Szepters“ (S. 154) fest, Engemann 1999 gibt an, der Gegenstand sei „so untypisch, daß er nicht bestimmbar ist“ (S. 164). 121 23 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung abgenutzt, aber auch hier ist die Ausrichtung des Blickes zu erkennen. Während das erhaltene linke Auge der zuvor beschriebenen Stadtgöttin auf der Nebenseite direkt am Profil liegt, ist vor dem noch erhaltenen rechten Auge der rechten Personifikation auf der Haupttafel noch ein kleiner Teil der Schläfe erkennbar. Auch das Kinn ist zwar in Richtung des neben ihr sitzenden Kaisers verschoben, liegt jedoch mittiger als jenes der Göttin mit der Lanze. Der Kopf der vom Betrachter aus rechten Göttin ist somit einerseits ebenfalls gedreht, zeigt andererseits jedoch mehr Frontalität als bei Roma.128 Auf dem Kopf trägt sie zudem keinen Helm, sondern einen Strahlenkranz. Delbrueck meint den Kranz unterhalb der Spitzen als Blumenkranz identifizieren zu können,129 Bühl hingegen erkennt einen Reif mit glatter Oberfläche.130 Ich stimme hier Bühl zu. Bekleidet ist die Frau mit einer mit Ärmeln versehenen Tunika, über dieser trägt sie eine bis zu den Ellenbogen reichende Dalmatica.131 Ihr Mantel ist ähnlich einer Toga um den Körper geschlungen. Dieser Togabezug wird vor allem deutlich an dem dreieckig umgeschlagenen Streifen, welcher über ihre linke Schulter verläuft und an den Balteus einer spätantiken Toga erinnert.132 Wie die Frau hinter der Bank trägt sie ein aus drei Perlenreihen bestehendes Schmuckstück um den Hals.133 Ihre Zehen sind freiliegend und treten unter dem Gewand hervor, darunter ist die Front einer Sohle zu sehen, sie trägt also Sandalen.134 Auffallend ist auch, dass sie wie ihr Kaiser etwas kleiner zu sein scheint als die Personifikation zur Linken. 135 In Analogie zur anderen Gottheit ist die eben beschriebene Personifikation wohl Constantinopolis, auch wenn ihre Attribute ungewöhnlich erscheinen.136 Die beiden Stadtgöttinnen sind in der Diskussion um die Herkunft des Halberstädter Diptychons von herausragender Bedeutung.137 Ihre Identifizierung, Haltung und vor allem ihre Beziehung zu dem jeweils neben ihnen 128 Engemann 1999 schreibt gar, sie sei „ohne Kopfwendung“ (S. 164) dargestellt; zwar stimme ich ihm zu, dass die Drehung des Kopfes bei der anderen Stadtgöttin ausgeprägter ist, jedoch ist auch hier klar eine Kopfwendung zu erkennen, was aus meiner Beschreibung hervorgeht. 129 Siehe Delbrueck 1929, S. 89. 130 Siehe Bühl 1995, S. 154; Bühls Annahme basiert im Gegensatz zur Deutung bei Delbrueck 1929, S. 89 auf dem sichtbaren Bestand und ist meiner Ansicht nach die korrektere Interpretation. 131 Als Tunika und Dalmatica wird das Gewand auch bei o. A. 1983, S. 648 beschrieben. 132 Die Ähnlichkeit zu einer Toga ist frappierend, Delbrueck 1929, S. 89 verweist ebenfalls auf diesen Umstand, zum Balteus spätantiker Togen siehe S. 45. 133 O. A. 1983 spricht von einem „breiten Juwelenkragen“ (S. 648). 134 Sandalen nennt auch Delbrueck 1929, S. 89 das Schuhwerk der Frau. 135 Gemessen (abermals am zuvor schon eingeführten Abguss) von der Fußsohle bis zum Scheitel ist die vom Betrachter aus rechte Personifikation etwa 4,3 cm hoch (ohne die Spitzen des Strahlenkranzes), die linke Göttin mit der Lanze hat hingegen eine Höhe von etwa 4,5 cm (ohne den Kamm des Helmes); da die Größe auf beiden Platten exakt gleich bleibt ist hier kaum von einem Zufall oder Willkür des Schnitzers auszugehen; siehe auch Bühl 2001, S. 200. 136 Zur ungewöhnlichen Erscheinung siehe auch Bühl 1995, S. 155. 137 Siehe Cameron 1998, S. 391-393, Engemann 1999, S. 163-164 und Bühl 2001, S. 199-201. 24 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung sitzenden Kaiser kann vermutlich tatsächlich wichtige Hinweise zur Zuschreibung des Diptychons geben, weshalb auch noch an späterer Stelle intensiver auf die Personifikation eingegangen werden soll. Der Großteil des Körpers der beiden stehenden Leibwächter wird durch einen ovalen Schild verdeckt. Unterhalb des Schilds treten die Fußspitzen hervor, oberhalb ist die Schulterpartie mitsamt den Armen sichtbar. Die Unterarme verschwinden knapp unterhalb des Ellenbogens hinter dem Schild. Die Blickrichtung der Männer ist aufgrund der starken Abnutzung der Köpfe nur schwer zu bestimmen. Einen Hinweis geben jedoch das Kinn und die Verteilung der Haare. Das Kinn ist bei beiden Leibwächtern leicht in Richtung der Bank versetzt, sodass wohl von im Halbprofil den Kaisern und Stadtgöttinnen zugewandten Köpfen auszugehen ist. Alle Wächterfiguren sind mit Speeren bewaffnet. Die beiden, wiederum vom Betrachter aus gesehen, rechten Leibwächter tragen den Speer an ihrer rechten Körperhälfte, der linke Leibwächter auf der Haupttafel und jener auf der Rückseite führen ihre Waffe links. Alle Männer sind gemäß ihrer bis zum Nacken reichenden längeren Haartracht von Delbrueck als Germanen identifiziert worden, klar barbarisch erschienen ihm auch die Torques mit Bulla.138 Jüngst widersprach jedoch von Rummel einer solchen ethnischen Identifizierung nur über das Vorhandensein von Attributen wie etwa Torques.139 Bekleidet sind sie mit langärmligen Tuniken,140 diese haben jeweils Besätze auf den Schultern. Der Schulterbesatz ist rund mit einer dünnen glatten Außenborte, das innere Feld ist kreuzschraffiert. Der Schild hat umlaufend einen abgesetzten Rand, auch ist durchgehend, wenn auch in abweichender Deutlichkeit, trotz der Abtragung noch ein Schildbuckel erkennbar. Zuletzt ist noch die architektonische Rahmung der Szene zu beschreiben. Diese schließt die Säulenarchitektur im Hintergrund und die vor ebendieser liegende Sitzbank mit ein. Vier Säulen sind zu sehen, wobei jeweils Säulen hinter den beiden Leibwächtern in geringem Abstand zur Rahmenleiste und desweiteren zwischen den Kaisern und ihren Stadtgöttinnen angebracht ist. Eine Abweichung findet sich lediglich bei der Säule zwischen dem größeren Kaiser und der Göttin mit der Lanze auf der Haupttafel, da hier die Säule mit Ausnahme eines kleinen Teils des Kapitells 138 Delbrueck 1929, S. 89 bezeichnet die Frisur als germanisch und weist auch gesondert auf die um den Hals getragenen Torques hin. 139 Siehe von Rummel 2007, wo es heißt „Halsringe von Männern traten […] in militärischen wie auch in privaten Zusammenhängen auf. Hinweise darauf, daß diese Halsringe barbarische Attribute waren, können […] nicht gewonnen werden.“ (S. 229). 140 Als Tunika auch bezeichnet bei o. A. 1983, S. 648. 25 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung abweichend von der sonst durchgehenden guten Sichtbarkeit dieser Säulen hinter dem Nimbus der Göttin verschwindet. Die Säulen und ihre Kapitelle sind korinthischer Ordnung, erkennbar an den speziell im Fall der mittleren Säulen auf der Nebenseite gut erhaltenen je zwei Akanthusblättern. Die Akanthusblätter schließen jeweils Blüten ein.141 Das Kapitell ist von der ansonsten glatten Säule durch je drei kräftige Wülste abgesetzt, wobei der unterste Wulst nur bei den zwei mittleren Säulen der Nebentafel klar erkennbar ist. Allerdings ist er auch bei den anderen Säulen vorhanden. Die äußeren Säulenjoche sind mit durchhängenden Girlanden geschmückt, Delbrueck vermutet hier zudem Scherwände, eine Annahme die sich nicht bestätigen lässt. Für das mittlere Joch ergänzt er einen Bogen,142 angesichts der Position des Kopfes der Frau hinter der Bank, welcher wohl etwas oberhalb der ihn flankierenden Kapitelle endete, erscheint diese Annahme vernünftig. Bestätigt wird diese Ergänzung auch durch die auf der Nebenseite sichtbare durchhängende Girlande zwischen der Frau und der linken Säule, woraus auf eine mittige Befestigung der mittleren Girlande im Bereich oberhalb des Kopfes der Frau geschlossen werden kann. Ein gerader Architrav würde wohl kaum genügend Platz für eine derartige Aufhängung lassen. Die Bank mit Lehne steht auf einem Podest. Das Podest entspricht in seiner Form auf der Haupttafel einem gezogenen sechsseitigen Prisma, auf der Nebenseite ist diese Form ebenfalls auszumachen. Die Kanten sind von den Flächen dazwischen durch einen Wulst getrennt, die Front ist mit einer Perlenreihe dekoriert. Die Sitzfläche der Bank tritt rundlich hervor, vermutlich liegt hier ein die Bank auf voller Länge abdeckendes Sitzkissen.143 Die Rückenlehne ist glatt mit einer umlaufenden Perlenreihe, diese wird durch zwei Wülste eingefasst. Auf der Nebentafel sind zudem an den Ecken der Sitzfläche Pfosten vorhanden, diese sind glatt und ebenfalls durch einen Wulst gerahmt. Durch das Fehlen des Perlendekors sind die Pfosten gut von der Rahmung der Lehne zu unterscheiden. Abschließend ist zum oberen Register anzumerken, dass die Mehrzahl der Autoren in diesem Abschnitt zusammen mit dem unteren Register die größten Chancen sah, 141 Siehe Delbrueck 1929, S. 88, der zusätzlich auf die ähnlich gestalteten Kapitelle auf dem Diptychon des Probianus verweist. 142 Zu den angeblich vorhandenen Scherwänden sowie zur Ergänzung des Bogens siehe Delbrueck 1929, S. 88; Delbrück meint eventuell die auf der Haupttafel horizontal unterhalb der Girlande verlaufende Einkerbung, wenn er von Scherwänden spricht, allerdings ist diese nicht durchgehend und auch im mittleren Joch auf gleicher Höhe vorhanden, meiner Ansicht nach handelt es sich um eine beim Abschneiden des oberen Endes der Tafel entstandene Beschädigung. 143 Als Sitzkissen zum Beispiel gedeutet bei Delbrueck 1929, S. 88. 26 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung zu einer Identifizierung des Auftraggebers und somit auch einer sicheren Datierung zu gelangen.144 Durch die vielfältigen Feinheiten im Bildprogramm des oberen Registers, seien es Größenverhältnisse, die durch Gestik und Blickrichtung vermittelten Beziehungen zwischen den einzelnen Figuren oder die Anbringung der mysteriösen Hofdame hinter der Bank, erscheint dieser Weg wohl auch mitunter am vielversprechendsten. III.2.d. Mittlere Bildfelder Im mittleren Bildfeld finden sich auf beiden Tafeln jeweils drei stehende männliche Figuren, der Hintergrund ist glatt und komplett unverziert. Die mittlere, etwas größer dargestellte Gestalt ist als der Konsul zu identifizieren,145 links- und rechtsseitig vom Konsul befindet sich je ein Beamter von senatorischem Rang.146 Die Haupttafel (Abb. 14) und die Nebenseite (Abb. 15) des Diptychons unterscheiden sich im Mittelfeld trotz der auf beiden Tafeln ähnlichen Positionierung der Figuren erheblich in Kleidung und Gestik der abgebildeten Männer. Auf der Haupttafel sind der Konsul und seine Begleiter in Togatracht dargestellt, auf der Nebenseite sind sie alle drei mit einem Mantel beziehungsweise der Chlamys bekleidet. Vermutlich soll die Darstellung auf der Nebentafel den Konsul in der Funktion eines „Patricius“, jene auf der Hauptseite in seinem ihm von Amtswegen her zustehenden Triumphalgewand zeigen.147 Das Gesicht und die Frisur des Konsuls entsprechen sich auf beiden Tafeln genau. Das Haar ist zur Stirn hin gekämmt und weist eine deutliche Welle auf, ansonsten sind die Haare glatt.148 Ein kurzer Halsbart ist kaum noch erkennbar, aber vorhanden.149 Der Kopf ist langgestreckt, die Augen ungewöhnlich groß, der Mund 144 Man denke hier unter anderem nochmals an die Ausführungen zu den Stadtgöttinnen bei Cameron 1998, S. 391-393, Engemann 1999, S. 163-164 und Bühl 2001, S. 199-201. 145 Sowohl Delbrueck 1929, S. 88, wie auch Volbach 1976, S. 42 identifizieren die mittlere Gestalt als Konsul. 146 Bei Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 248 werden die Begleiter als Senatoren identifiziert; die neutrale Bezeichnung als Beamte findet sich in einer Vielzahl von Publikationen, so etwa bei Richter 2009, S. 170 und Olovsdotter 2008, S. 164. 147 Diese Interpretation der Gesten und der Kleidung wird zumeist vertreten, so identifizieren zum Beispiel o. A. 1983, S. 647 und Olovsdotter 2008, S. 164 den Konsul auf der Nebenseite als Patricius; auf den Triumphalaspekt verweist bereits Delbrueck 1929, S. 88-90. 148 Siehe abermals o. A. 1983, S. 647. 149 Siehe Delbrueck 1929, S. 89; bei Betrachtung des Originales ist der Bart, wenn auch schwach, tatsächlich erkennbar. 27 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung schmal und gerade.150 Der Blick des Konsuls ist kaum merklich nach, vom Betrachter aus gesehen, links gewendet. Die begleitenden Beamten sind ihrer Physiognomie und ihren Attributen nach zu urteilen auf Haupt- und Nebenseite nicht dieselben Männer. So trägt zum Beispiel der auf der Nebenseite vom Betrachter aus links des Konsuls stehende Mann einen sich so beim entsprechenden Begleiter auf der Haupttafel nicht wiederholenden Vollbart, welcher unterhalb des Kinns in klar definierte vertikale Strähnen unterteilt ist. Beim für den Betrachter linken Begleiter der Haupttafel ist der Bart wegen der starken Abnutzung kaum noch zu erkennen und nur oberhalb des Mundes noch einigermaßen erhalten. Da die Form der Kinnpartie aber deutlich erkennbar ist, kann sein Bart nicht dieselbe Dichte wie bei seinem Konterpart erreicht haben. Der vom Betrachter aus rechte Beamte hingegen erscheint auf den ersten Blick auf beiden Tafeln bartlos. Jedoch handelt es sich auch hier jeweils um einen anderen Mann, während der Beamte auf der Haupttafel ein extrem breites und gerades Kinn aufweist, hat sein Gegenstück auf der Nebenseite ein eher rundliches und bei Weitem nicht so wuchtiges Kinn, welches zudem durch ein kleines Grübchen von der Wange abgesetzt erscheint.151 Die Haartracht der Beamten entspricht jener des Konsuls weitestgehend, nur zeigt das Haar oberhalb der Welle anstelle glatter Strähnen eine Unterteilung durch Pickung.152 Die Hauptseite zeigt den Konsul und seine Begleiter als stehende Togati.153 Der Konsul und seine Begleiter stehen auf der Oberseite des Trennstegs zum unteren Register, ihre Füße sitzen auf diesem vollständig auf. Eigenartig erscheint hier lediglich der vorgerückte linke Fuß des Konsuls, dessen Spitze beinahe bis ins untere Register reicht. Der rechte Arm des vom Betrachter aus linken Begleiters ist abgewinkelt, die Hand ist unter den Ellenbogen des Konsuls geführt, die Finger sind ausgestreckt, der Daumen leicht abgespreizt, sein linker Arm ist nicht sichtbar.154 150 Bei Flemming/Lehmann/Schubert 1990 schreibt man ihm gar einen „energischen Mund“ (S. 249) zu, Delbrueck 1929, S. 89 verweist auf die Höhe des Kopfes und die Größe der Augen. 151 Auch Delbrueck 1929, S. 89-91 kommt zu dem Schluss, dass das Personal auf Haupt- und Nebenseite nicht dieselben Männer darstellen kann; bezüglich des Bartes des vom Betrachter aus linken Beamten auf der Hauttafel ist anzumerken, dass auch Delbrueck anscheinend Probleme mit dem Erkennen der Bärtig- oder Bartlosigkeit der Beamten hatte, da er nur auf den klar auszumachenden Bart des linken Beamten der Nebenseite eingeht (S. 91) und mit Ausnahme des bartlosen rechten Beamten auf dieser Tafel den Begleitern lediglich „verschiedene Bärte“ (S. 89) zuschreibt. 152 Auf diesen Umstand wird auch bei o. A. 1983, S. 647 hingewiesen. 153 Zum Gewand des Konsuls auf der Haupttafel als Toga siehe Volbach 1976, S. 42 und Richter 2009, S.170; dass das Gewand der Begleiter ebenfalls als Toga zu denken ist merkt zum Beispiel Delbrueck 1929, S. 88 und Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 249 an. 154 Delbrueck 1929, S. 88 vermutet, dass der Beamte dem Konsul durch das Anstoßen mit dem Finger signalisieren wolle, dass „der Augenblick zum Abwurf der Mappa (…) gekommen“ sei. 28 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Der Konsul steht im Vordergrund, er überschneidet mit seinem erhobenen rechten Arm den Schulterbereich des vom Betrachter aus gesehen links von ihm stehenden Beamten. Sein auf Hüfthöhe seitwärts ausgreifender linker Arm mit herabfallendem Gewand verdeckt zum Teil die rechte Körperhälfte des anderen Beamten von der Brust abwärts. Die hochgehaltene rechte Hand des Konsuls umklammert einen länglichen, durch seine gerundeten Kanten weich erscheinenden Gegenstand. Der Griff ist fest, die Finger schließen dicht aneinander an, der Daumen berührt die Spitze des Zeigefingers, der Gegenstand scheint der Umklammerung leicht nachzugeben und knickt über dem Daumen leicht ab. Bei dem Objekt handelt es sich um die Mappa circensis, ein Stofftuch mit welchem der Konsul das Zeichen für den Beginn der Spiele gab.155 Der linke Arm des Konsuls ist ebenfalls abgewinkelt, jedoch nicht erhoben, die linke Hand befindet sich etwa im Bereich der Hüfte. Auch hier hält der Konsul einen Gegenstand. Es handelt sich um ein Szepter,156 etwas länger als der Oberkörper des Konsuls. Dieses Szepter besteht aus einem nach unten hin spitz zulaufenden glatten Stab, der an seiner Oberseite auf zwei Ringe folgend von einem kugelförmigen Aufsatz bekrönt wird. Auf diesen folgt wiederum ein rechteckiger Abschluss, verziert durch eine Reihe von Perlen. Auf dem Rechteck sitzen zwei Kaiserbüsten,157 deren stark abgenutzte Gesichter den Betrachter frontal anblicken, unterhalb des Halses ist bei ihnen der Ausschnitt ihres Gewandes erkennbar. Die Frisur der Büsten auf dem Szepter war wohl bei beiden Köpfen identisch gestaltet, erkennbar am stellenweise noch erhaltenen Haaransatz, ist jedoch in beiden Fällen zu stark zerstört um eine genauere Beurteilung zuzulassen. Wahrscheinlich ist die vom Betrachter aus gesehen rechte Büste kleiner angelegt als die linke, der Unterschied ist jedoch minimal und wird durch die stärkere Abtragung der rechten Büste im Stirnbereich noch abweichend vom ursprünglichen Zustand betont.158 Die Hand des Konsuls umgreift das Szepter in der unteren Hälfte des glatten Stabes wiederum sehr fest, alle Finger berühren sich und das Areal der Handfläche unterhalb des Daumens tritt deutlich hervor. Der rechte Arm des vom Betrachter aus rechten Begleiters ist erhoben, die Hand ist neben die Schulter des 155 Zur Interpretation des Gegenstandes als Mappa siehe zum Beispiel Delbrueck 1929, S. 88-91, Volbach 1976, S. 42. Janke 2009, S. 70 und Olovsdotter 2008, S. 164; Olovsdotter und Janke äußern sich an den betreffenden Stellen auch zur Funktion der Mappa. 156 Siehe zum Beispiel Volbach 1976, S. 42. 157 Siehe zum Beispiel o. A. 1983, S. 647. 158 Wenn Delbrueck 1929 schreibt, die Büste sei „deutlich kleiner, entsprechend den Kaisern im oberen Abschnitt“ (S. 90), erscheint mir dies übertrieben, da der kleinere Kaiser im oberen Register beinahe einen halben Kopf kleiner ist, auch wenn ein Größenunterschied bei den Büsten auf dem Szepter doch wahrscheinlich ist. 29 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Konsuls geführt. Die Haltung der Finger ist deutlich entspannter als beim Konsul, tiefe Einkerbungen zwischen den Fingern vermitteln einen gewissen Abstand, der auf eine ohne jede Anspannung gehaltene Hand hindeutet. Auch der Daumen berührt die anderen Finger nicht und zeigt sogar von diesen weg. Zumeist wird diese Armbeziehungsweise Handhaltung als ehrerweisende Geste, gerichtet an den Konsul, interpretiert.159 Die linke Hand dieses Mannes ist extrem schlecht erhalten, sie ist fast auf die Ebene des Gewandes herunter abgenutzt, Finger sind nicht mehr auszumachen. Die Hand ruht im Schoß des Togati, der Arm ist schräg zum Schoß hin gesenkt. Die Gewandung des Konsuls und seiner Begleiter ist ähnlich, Unterschiede finden sich hauptsächlich nur in der Verzierung und der Drapierung. Die Schuhe der Männer sind sogar durchgehend gleich, sie tragen Stiefel mit seitlicher Kerbung, die oben in Wülsten, welche die Riemen andeuten, enden. Es handelt sich um Calcei.160 Der Konsul ist mit Abstand am reichsten bekleidet.161 Am erhobenen rechten Arm ist die langärmlige, an den Armen enganliegende Tunika162 zu sehen. Am Handgelenk hat sie eine doppelt umlaufende Borte. Auf einen unverzierten Bereich folgt mittig am Unterarm ein kreuzschraffiertes Feld, das wiederum zu beiden Seiten von einer doppelten Borte eingefasst wird. Über der Tunika trägt der Konsul ein bis zum Ansatz des Schuhwerkes reichendes Colobium.163 Der den Unterkörper verhüllende Teil des Colobiums ist ohne Schmuck, während am Oberkörper, erkennbar unterhalb des geschwungenen Halsausschnittes, eine aufwändige Verzierung zum Vorschein kommt. Der Halsausschnitt des Colobiums wird von einer beidseitig durch glatte Borten begrenzten Lorbeerleiste164 eingefasst. Darauf folgt ein viereckiger Besatz mit umlaufender glatter Rahmung. In dem Viereck sitzt eine Raute, diese hat ebenfalls eine Borte. An den Seiten der Raute sitzen Blätter, welche die durch das Einsetzen der Raute entstandenen dreieckigen Flächen innerhalb des Viereckes ausfüllen. In der Raute befindet sich zudem ein Quadrat. Das Dekor unter dem eben beschriebenen Besatz ist nicht 159 Delbrueck 1929 gibt an, der Mann erhebe „huldigend die rechte Hand“ (S. 88); auch Olovsdotter 2008 interpretiert die Gesten der Begleiter, ohne jedoch auf eine bestimmte Figur zu verweisen, als Zeichen der „Ehrerbietung und Würdigung“ (S. 164); o. A. 1983, S. 647 sieht hier ebenfalls ein akklamierendes Element. 160 Delbrueck 1929, S. 90, geht hier als einziger Autor ausführlicher auf das Schuhwerk ein, er spricht auch von Calcei. 161 Im Bezug auf das Muster der Toga schreibt zum Beispiel Flemming/Lehmann/Schubert 1990, es sei „ungewöhnlich reich“ (S. 249). 162 Als Tunika identifiziert bei Delbrueck 1929, S. 89-90 163 Zur Identifizierung als Colobium siehe nochmals Delbrueck 1929, S. 90. 164 So spricht hier zum Beispiel auch Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 649 von Lorbeerzweigen; Delbrueck 1929 nennt das Band am Halsausschnitt „eine breite Lorbeerzweigborte“ (S. 90). 30 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung sicher zu identifizieren, jedoch dürfte es sich um ein vegetabiles Motiv handeln. Im Bauchbereich der rechten Körperhälfte scheint unter der Toga ebenfalls ein dreieckiges Stück des Colobiums durch. Mittig ist hier ein vermutlich sechseckiges Besatzstück angebracht in welches von den Winkeln ausgehend vier Bögen eingespannt sind. Die vom Betrachter aus rechte Hälfte des Sechseckes wird vom Hängestreifen größtenteils verdeckt. Im Inneren des Sechseckes ist ein gerahmtes Quadrat eingelassen. Ober- und unterhalb des Sechseckes sind jeweils gerahmte Medaillons mit Blütenmotiven165 auszumachen, die jedoch in beiden Fällen größtenteils von der Drapierung der Toga verdeckt werden. Am linken Oberarm ist ebenfalls ein Teil des Colobiums zu sehen, abermals verziert mit einem gerahmten Quadrat mit einer Raute im Inneren, in der Raute ist eine Blüte dargestellt. Über dem Colobium ist die triumphale Toga, die sogenannte Trabea, zu sehen.166 Von der linken Schulter hängt der lange Hängestreifen herab, an der rechten Hüfte setzt der bis unterhalb des rechten Knies herunterschwingende Schoß der Toga an, dieser ist über das linke Handgelenk geschwungen. Die rechte Schulter ist durch die Brücke bedeckt, der sichtbare Teil der Brücke schwingt konkav ein und endet etwa halbrund. Am oberen Ansatz des Schoßes, also deutlich unterhalb der Achsel, beginnt der Balteus, welcher über die linke Schulter geführt ist. Im Hüftbereich ist der Balteus extrem schmal, verdickt sich jedoch zur linken Schulter hin auf etwa vierfache Breite, sodass er beinahe dreieckig erscheint.167 Die Verzierung der Toga ist ein komplexes Triumphalmuster.168 Balteus, Hängestreifen und Brücke werden jeweils am Rand durch eine glatte Borte begrenzt. Interessant ist vor allem die Verzierung des Hängestreifens. Direkt unterhalb des Balteus ist eine Feldtrennung in Form einer glatten Borte erkennbar. Der zum Großteil verdeckte Bereich oberhalb dieser Leiste ist scheinbar geometrisch verziert, unterhalb davon ist ein glatt gerahmtes Medaillon auszumachen. In dem Medaillon ist eine stehende, in ihrem Gewand, soweit durch die Abnutzung noch erkennbar, dem Konsul entsprechend gekleidete Figur 165 Der Ausdruck „Medaillon mit Blütenmotiv“ erscheint mir passender als der zum Beispiel bei Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 249 verwendete Begriff „Rosette“, da hierdurch eine bessere Unterscheidung von ebenfalls in dem Triumphalmuster zu findenden sternförmigen Motiven möglich ist. 166 Zum Beispiel bei Steenbock 1965, S. 68 als Trabea identifiziert. 167 Siehe Delbrueck 1929, S. 90 zur Wicklung der Trabea des Konsuls; auf S. 44-51 äußert sich Delbrueck allgemein zur Drapierung spätantiker Togen. 168 Als „Triumphalmuster“ (S. 249) bezeichnet unter anderem Flemming/Lehmann/Schubert 1990 die Verzierung der Toga. 31 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung abgebildet, die in ihrer erhobenen Rechten eine Mappa hält (Abb. 16).169 Unterhalb des Medaillons mit dem Konsul ist ein weiteres Medaillon vorhanden, welches jedoch mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der Rahmenleiste vom Schoß verdeckt wird. Der unter dem Schoß hervortretende Teil des Hängestreifens trägt ebenfalls ein Medaillon mit glattem Rahmen, in diesem findet sich allerdings ein florales Motiv. Auf dem Balteus sind aufeinanderfolgend mehrere florale und geometrische Verzierungen vorhanden. Die Schulter trägt ein Rundmedaillon mit einem an einen Stern erinnernden geometrischen Motiv in seinem Inneren. Auf diesen kreisförmigen Besatz folgt eine stark abgegriffene Raute, in der Raute befand sich ein zum besagten Rundmedaillon passendes Blütenmotiv. An die Raute schließt sich ein quadratisches Zierfeld an. Die Brücke trägt ebenso wie der Balteus ein kreisrundes Schulterstück. Eine doppelte Borte umschließt hier ein kreuzschraffiertes Feld, in welchem sich ein weiteres, nun glattes, Feld mit doppelt umlaufender Rahmung befindet. Darunter liegt abermals eine Vielzahl geometrischer und vegetabiler Motive, am auffälligsten sind glatte Querstreben und gerahmte Halbkreise. Der Schoß trägt selbst auf seinem Inneren Verzierungen, sichtbar zum Beispiel auf dem umgeschlagenen Teil an der Oberseite.170 Zwar ist dieser Bereich abermals sehr abgenutzt, ein Medaillon mit Blüte hat sich jedoch an der rechten Hüfte erhalten. Mittig ist ein Medaillon auf dem Schoß angebracht, in diesem ist eine geometrische Form, vermutlich ein Oktagramm, erkennbar. Sowohl das Medaillon selbst wie das mutmaßliche Oktagramm in seinem Inneren haben eine glatte Borte als Abgrenzung. Delbrueck gibt an, in dem Medaillon sei eine Münzbildern entsprechende Kaiserbüste zu sehen (Abb. 17).171 Bei genauer Betrachtung ist ebendiese Büste innerhalb des Oktagramms gut erkennbar. Zum Vergleich sei hier auf verschiedene Solidusprägungen mit dem Bildnis des Honorius verwiesen, die den Kaiser mit Helm und Schild im Halbprofil zeigen (Abb. 18).172 Etwas oberhalb der Mitte des Oktagramms ist eine Struktur vorhanden, die das Stirnornament eines Diadems darstellen dürfte. Vom Betrachter aus links verläuft an dieses Element anschließend ein Bogen, das eigentliche Diadem, über dem Diadem verläuft ein Halbkreis, ehemals wohl der Helm. Der Helm trägt wahrscheinlich einen Helmbusch. In der rechten unteren Bildhälfte im Inneren des Oktagramms ist eine von einem Wulst 169 Einen Konsul erkennen hier mehrere Autoren, etwa Delbrueck 1929, S. 90 und Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 249 170 Die Verzierung auf der Innenseite streicht auch Delbrueck 1929, S. 90 heraus. 171 Siehe Delbrueck 1929, S. 90. 172 Siehe zum Beispiel Kent 1994, S. 240, dort Nr. 8, geprägt zwischen dem Jahr 397 und 402. 32 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung gerahmte halbrunde Struktur zu sehen, diese stellt den Schild dar. Schwach erkennbar sind der Hals und die rechte Schulter, nur am Original sichtbar sind Augen, Nase, Mund und das rechte Ohr. Das Kaiserbildnis kann somit als gesichert gelten und ist vor allem im Zusammenhang mit der Darstellung der Submissio im unteren Register zu betrachten, da hierdurch eine weitere Entschärfung dieses eigentlich nur dem Kaiser zustehenden Unterwerfungsbildnisses erfolgt. Dies passt zu anderen Konsulardiptychen, auf denen Darstellungen konsulärer Macht ebenfalls nur gerahmt durch kaiserliche Insignien auftreten173. Im Bereich des rechten Oberschenkels, seitlich des Kaisermedaillons, sind abermals ein quadratisches und darunter ein eher abgerundet erscheinendes Zierfeld vorhanden. Beide sind glatt gerahmt, wobei die Rahmung des unteren Zierfeldes nicht schließt und am Rand des Kaisermedaillons endet. Im quadratischen Feld sitzt eine Blüte, im abgerundeten ein Quadrat mit davon ausgehenden Linien. Unterhalb dieser beiden Zierstücke, also etwa am rechten Knie, ist ein weiteres Medaillon angebracht, dieses wird jedoch mit Ausnahme eines Teils der Rahmung von dem von unten aufgerafften Stoff des Schoßes verdeckt. Beim linken Oberschenkel des Konsuls, seitlich und leicht oberhalb des Kaisermedaillons gelegen, findet sich ein weiteres Quadrat innerhalb einer geometrischen Form. Diese Form ist wahrscheinlich eine Raute, ist aber nicht komplett sichtbar. Der untere Rand des Schoßes ist durch eine Ranke gefasst. Auf dem unter der linken Hand mit dem Szepter herabhängenden Stoff sind ein doppelt gerahmtes Blütenmedaillon und eine Raute mit einem Quadrat im Inneren vorhanden. Die inneren Winkel der Raute sind mit Bögen überspannt, das einfach gerahmte und kreuzschraffierte Quadrat bildet ihr Kernstück. Zwischen dem Medaillon und dem Quadrat mit der Raute ist eine Lorbeerleiste angebracht. Auch unterhalb der Raute folgt ein Lorbeerzweig, darunter ein nicht näher auszumachendes Zierband. Die Tunika des vom Betrachter aus rechten Begleiters entspricht bis auf kleine Abweichungen jener des Konsuls.174 So wird der Ärmel am Handgelenk ebenfalls durch eine doppelte Borte begrenzt und mittig am Unterarm liegt ein kreuzschraffiertes Feld an. Der schraffierte Bereich wird jedoch nicht beidseitig von zwei Borten eingerahmt, sondern nur von einem Wulst auf jeder Seite begrenzt. Das 173 Siehe hierzu Olovsdotter 2011, S. 115-116; Olovsdotter verweist hier zwar insbesondere auf Diptychen des sechsten Jahrhunderts, sieht aber auch beim Halberstädter Diptychon einen Legitimationsversuch durch die Kaiser in den oberen Registern; meiner Ansicht nach ist dem zuzustimmen und das von Olovsdotter nicht erwähnte Kaisermedaillon als zusätzlicher Verweis dieser Art zu sehen. 174 Siehe Delbrueck 1929, er merkt hier an dass das Gewand dieses Mannes „bis auf das Muster dem des Consuls“ (S. 90) entspräche. 33 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Colobium ist im Gegensatz zu jenem des Konsuls unverziert, auch ist die brustseitige Begrenzung des Halsausschnittes im Vergleich zu jener des Konsuls eher gerade als geschwungen. Die Drapierung der Toga entspricht auch der Trageweise des Konsuls. Der Schoß schwingt bis über die Mitte des rechten Unterschenkels herunter und ist über den linken Arm gezogen, der obere Teil des Schoßes ist umgeschlagen. Der Balteus setzt weit unterhalb der rechten Achsel an und verdickt sich zur linken Schulter hin deutlich, wenn auch nicht im selben Ausmaß wie beim Konsul. Über der rechten Schulter hängt die Brücke, diese scheint ähnlich konkav geformt zu sein wie bei der Tracht des Konsuls, allerdings wird die rechte Seite der Brücke vom Szepter verdeckt, sodass eine abschließende Bewertung hier nicht möglich ist. Die Toga dürfte aufgrund ihrer Gleichartigkeit zur konsulären Triumphaltoga ebenfalls eine Trabea sein,175 ist jedoch mit Ausnahme von Borten am Rand des Hängestreifens, des Balteus und der Brücke unverziert. Möglicherweise war jedoch ursprünglich Dekor aufgemalt.176 Das Gewand des vom Betrachter aus gesehen linken Beamten weicht deutlicher ab. Die Tunika scheint am Saum keine Borte aufzuweisen, die beidseitig glatt gefasste kreuzschraffierte Zone am Unterarm ist aber vorhanden. Sein rechter Oberarm wird durch den weiten Ärmel des unverzierten Colobiums bedeckt. Balteus und Hängestreifen haben wie im Fall des rechten Beamten je eine Borte an den Rändern. Der oben umgeschlagene Schoß reicht tief nach unten. Ansonsten ist seine Toga wiederum schmucklos. Zwei Eigenschaften seiner Toga stechen ins Auge. Der Balteus führt nur knapp unter der rechten Achsel hindurch, sitzt also wesentlich höher als beim Konsul und dem rechten Begleiter. Auffallend ist neben der geringeren Verdickung des Balteus im Bereich der linken Schulter auch seine abweichende Form, er wirkt eher konkav als dreieckig. Der größte Unterschied liegt allerdings in der fehlenden Brücke an der rechten Schulter. Dort ist der Blick auf das Colobium frei. Vermuten lässt sich hier möglicherweise ein niedrigerer Rang oder niedrigeres Amt, da dem Beamten das Tragen der Trabea offensichtlich nicht zustand.177 Bedeutend erscheint diese Darstellung von Amts- und Rangunterschieden vor allem in Kombination mit den differenzierten Gesichtern der 175 Dies vermutet auch Delbrueck 1929, S. 90. Man denke hier an die Äußerungen bei Connor 1998, S. 16-17 zur Farbigkeit von Konsulardiptychen. 177 Zu diesen Auffälligkeiten siehe auch Delbrueck 1929, S. 90, er vermutet hier ebenfalls einen hierarchisch tiefer stehenden Beamten. 176 34 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Beamten, da sie vielleicht einen Hinweis auf die Abbildung konkreter Personen geben könnte.178 Auf der Nebentafel sind alle Personen in bis zu den Füßen reichende Mäntel gehüllt. Der Konsul in der Mitte nimmt abermals die vorderste Position ein, sein rechter Arm überschneidet die Schulter des vom Betrachter aus links von ihm stehenden Mannes. Der vom Betrachter aus rechte Begleiter ist ebenfalls zum Teil durch den Konsul verdeckt, sein kompletter Ellenbogen verschwindet hinter ihm. Die Chlamys wird jeweils bei der rechten Schulter durch eine Fibel zusammengehalten.179 Beim vom Betrachter aus linken Beamten und dem Konsul zeichnet sich unter dem Mantel der längs neben dem Körper gehaltene linke Arm ab,180 beim rechten Beamten ist dieser Bereich abgeschnitten und dadurch nicht beurteilbar. Der rechte, nicht vom Mantel bedeckte Arm ist abgewinkelt und bei allen drei Männern leicht erhöht vor die Brust geführt. Die Beamten legen ihre Hand mit leicht abgespreizten Daumen so auf die Brust, dass alle Finger sichtbar sind. Der Konsul hält seine Hand hingegen im Redegestus,181 der Daumen ist nicht sichtbar, kleiner Finger und Ringfinger sind gebogen, Mittel- und Zeigefinger sind ausgestreckt. Der Ellbogen des vom Betrachter aus linken Begleiters überschneidet leicht die Rahmenleiste und bezieht diese somit ins Bildprogramm mit ein. Unter der Chlamys tragen die Männer gegürtete Tuniken, erkennbar beim Konsul und seinem bärtigen Begleiter.182 Die nach außen gedrehten Fußspitzen setzen jeweils auf dem Trennsteg zum unteren Register auf, die Fersen und ein Großteil der Fußsohle hingegen schweben im Bildraum. Auch das Schuhwerk ist noch zu erkennen, klar sichtbar ist ein Riemen an der Spitze des linken Schuhs des vom Betrachter aus linken Beamten sowie am Ansatz des rechten Fußes des Konsuls. Delbrueck bezeichnet die Schuhe als Campagi, als Beinkleid nimmt Delbrueck Strümpfe an, diese sind sinngemäß zu ergänzen, aber nicht erkennbar.183 Die Chlamys ist auf ihrer Vorderseite, beim Konsul und seinem vom Betrachter aus linken Begleiter auch auf der Rückseite, auf Hüfthöhe mit einem 178 Olovsdotter 2011, S. 105 vermutet die Darstellung tatsächlicher Persönlichkeiten, welche wohl eine besondere Bedeutung für den Konsul hatten. 179 Bei o. A. 1983, S. 647 werden die besagten Fibeln korrekt als Zwiebelknopffibeln identifiziert. 180 Abermals bei o. A. 1983, S. 647 wird angegeben, die linke Hand würde die Chlamys raffen (S. 648), was angesichts der sich klar abzeichnenden Hände wahrscheinlich auch der Fall ist; Mötefindt 1915, S. 71 geht hingegen davon aus, die Hand würde in ruhender Position gehalten. 181 Eine Interpretation dieser Handhaltung als Redegestus findet sich schon bei Delbrueck 1929, er schreibt der Konsul erhebe „redend die Hand“ (S. 88); o. A. 1983, S. 648 bestätigt dies. 182 Auch bei, um nur ein Beispiel zu nennen, o. A. 1983, S.647-648 wird das Untergewand als Tunika mit Gürtel identifiziert. 183 Zur Identifizierung des Schuhwerks und den wahrscheinlich vorhanden Strümpfen siehe Delbrueck 1929, S. 90. 35 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung großen gemusterten Zierfeld versehen. Dieses Zierfeld ist durch dünne Borten in drei sich umschließende Zonen geteilt. Die Borten sind glatt, der äußerste Bereich trägt ein Lorbeermuster.184 Das mittlere der drei Felder ist beim Konsul mit einer Kreuzschraffur versehen, bei den Beamten hingegen ist dieser Bereich unverziert. Die innerste Zone des Zierfeldes ist bei allen drei Männern verschieden gemustert. Auf den Schultern der Dargestellten ist die Tunika je mit einem Besatz versehen, beim Konsul ist dieser rund, bei seinen Begleitern scheinbar eckig. Der Besatz ist beim Konsul durch eine Borte in zwei Bereiche unterteilt und in den Feldern mit Kreuzschraffur verziert. Diese Kreuzschraffur findet sich auch auf dem Besatz des vom Betrachter aus rechten Beamten, jedoch ist dessen Schulterstück im Gegensatz zu jenem des Konsuls einzonig mit einer umlaufenden Borte. Beim vom Betrachter aus gesehen linken Begleiter entspricht das Besatzstück jenem des rechten Beamten, jedoch ist hier die das Schraffurfeld eingrenzende Borte zweifach. Auf Höhe des Oberschenkels ist die Tunika des Konsuls mit einer weiteren runden Auflage geschmückt, diese ist wie sein Schulterbesatz durch unverzierte Borten in zwei Zonen unterteilt und kreuzschraffiert. Die Ärmel der Tunika tragen bei den Begleitern etwas abgesetzt vom Saum je ein kreuzschraffiertes Zierband, beim Konsul ist dieses gedoppelt. Die Mittelzone ist trotz der dort zu findenden Darstellung des Konsuls jenes Bildfeld, welches im Bezug auf die Frage nach Auftraggeber und Datierung generell am wenigsten Beachtung erfährt.185 Dies ist im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurückzuführen. Zwar würde es sich auf den ersten Blick anbieten, die differenzierte Gestaltung der mittleren Abschnitte auf Haupttafel und Nebentafel als Argument für eine geographische Einordnung des Halberstädter Diptychons in das Westreich heranzuziehen, jedoch gehört ebendieses Diptychon zu den meist als für die Eigenschaften westlicher Diptychen als definierend angeführten Objekten.186 Damit wäre eine derartige Argumentation mehr oder weniger als Zirkelschluss zu bewerten, fänden sich in den anderen Registern keine Hinweise auf die Richtigkeit der Zuweisung an einen westlichen Auftraggeber.187 Auf der anderen Seite spielt wohl auch der Faktor eine Rolle, dass die Darstellungen von Würdenträgern auf 184 Delbrueck 1929, S.90 spricht hier von einem Lorbeermuster. Mit Ausnahme des Verweises auf die differenzierte Gestaltung des Mittelfeldes auf beiden Tafeln, siehe zum Beispiel Engemann 1999, S. 160-161; die genaue Gestaltung und Ikonographie der beiden Mittelfelder spielt hier keine Rolle. 186 Siehe zum Beispiel Engemann 1998, S. 114-115. 187 Siehe auch die Kritik an der Zuschreibung an einen westlichen Konsul rein über die differenzierte Gestaltung von Haupt- und Rückseite bei Cameron 1998, S. 391. 185 36 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung spätantiken Elfenbeinarbeiten häufig stark generalisiert und somit nur schwer identifizierbar sind.188 Ein Vergleich mit zum Beispiel Münzbildern von Flavius Constantius erscheint somit ebenfalls wenig vielversprechend. Generell bleibt festzuhalten, dass die Motive des mittleren Bildfeldes zwar ebenfalls Hinweise geben können, aber bei diesen mehr Vorsicht geboten sein dürfte als bei jenen des oberen und unteren Registers. III.2.e. Untere Register Die unteren Register sind auf beiden Tafeln (Haupttafel Abb. 19, Nebentafel Abb. 20) ebenso differenziert voneinander wie die Darstellungen des Mittelfeldes. Abgebildet sind hier besiegte Barbaren.189 Eine derartige Motivik ist singulär unter den Konsulardiptychen und wurde deshalb häufig als Hinweis auf einen geschichtlich fassbaren militärischen Erfolg des Halberstädter Konsuls interpretiert.190 Andere Autoren gehen davon aus, es müsse sich nicht zwingend um eine Bezugnahme auf ein historisches Ereignis handeln.191 Auch die Zugehörigkeit der Barbaren zu einer bestimmten Völkerschaft ist umstritten,192 auf diese Fragestellung sowie die eventuell gegebene Historizität soll allerdings erst im Abschnitt zur Zuschreibung des Diptychons näher eingegangen werden. Der generelle Aufbau der beiden unteren Register ist ähnlich, es sind jeweils vier erwachsene Personen zu sehen. Je zwei erwachsene Personen auf der jeweils linken und auf der rechten Seite sind durch ihre Blickrichtung und Überschneidungen sowohl auf Haupt- wie auch Nebentafel als Paar ausgewiesen.193 Hinzu kommt auf der Haupttafel ein zum vom Betrachter aus linken Paar gehörendes Kind, das vom Betrachter aus rechte Paar auf der Nebenseite wird ebenfalls durch zwei Kinder 188 Zur generell wenig individuellen Gestaltung von Gesichtern auf Konsulardiptychen siehe Olovsdotter 2011, S. 101-102; auf S. 105 verweist Olovsdotter allerdings darauf, dass gerade das Diptychon von Halberstadt starke physiognomische Unterschiede bei den Gesichtern aufweist. 189 Siehe zum Bespiel Volbach 1976, S. 42. 190 Siehe hierzu insbesondere Olovsdotter 2011, S. 116, dort wird auf die Einzigartigkeit des Barbarenmotivs verwiesen und daraus der Schluss gezogen, die Szene verweise auf einen militärischen Sieg. 191 So zum Beispiel Engemann 1999, S. 165. 192 So sieht Cameron 1998, S. 391 eine östliche Herkunft der Barbaren als am wahrscheinlichsten an, Delbrueck 1929 sieht hingegen „vier germanische Paare“ (S. 91), Volbach 1976, S. 42 legt sich nicht fest und spricht die Barbaren hingegen als Alanen oder Vandalen oder möglicherweise sogar als Darstellung von Vertretern beider Völkerschaften an. 193 Dies erkannte auch Delbrueck 1929, verwiesen sei hier abermals auf die Ansprache als „germanische Paare“ (S. 91). 37 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung ergänzt. Auf beiden Tafeln finden sich außerdem Darstellungen unterschiedlichen Rüstzeugs. Durch einen Vollbart ist die Gestalt vom Betrachter aus links außen auf der Haupttafel eindeutig als männlich identifiziert. Er sitzt auf einem rundlichen Schild, dieser hat zwei umlaufende Wülste und ist ansonsten unverziert. Sein Rücken ist dem Betrachter zugewandt. Seine Handgelenke überkreuzen sich etwa auf Nierenhöhe, ein zweifach umlaufender Wulst mit unter der rechten Hand herunterhängender Kette gibt an, dass der Mann als gefesselt zu denken ist.194 Der Oberkörper ist insgesamt leicht nach vorne gebeugt, der Kopf vom Betrachter aus gesehen nach rechts gedreht. Betrachtet man die Haupttafel rechts von der Seite wird die hohe Plastizität des Gesichtes erkennbar, da unterhalb der bei frontaler Betrachtung das Profil bildenden Nase noch das linke Auge mitsamt einem Teil der linken Gesichtshälfte zu erkennen ist (Abb. 21). Sein rechtes Bein ist abgewinkelt und vom Betrachter aus nach rechts gestreckt, der rechte Fuß wird allerdings durch jenen der vom Betrachter aus zweiten Gestalt von rechts verdeckt. Unterhalb des vom rechten Bein gebildeten Bogens ist die Sohle des linken Fußes zu sehen. Die Haare sind umlaufend beschnitten,195 wie bereits zuvor erwähnt trägt er zudem einen Vollbart. Sein Oberkörper ist nackt, seine lange Hose endet knapp vor dem Knöchel der bereits erwähnten zweiten Gestalt von rechts, am linken Fuß ist sichtbar, dass der Mann barfüßig ist. Ihm zugewandt sitzt eine Figur mit deutlich gebeugtem Rücken. Ihre Beine sind angezogen, das Knie wird vom Oberschenkel des zuvor beschriebenen Mannes verdeckt. Unter dem Gewand zeichnet sich entlang des Unterschenkels des Mannes die Wade dieser Figur ab. Der Bereich des Beckens wird durch die Beine der zweiten Gestalt von rechts überschnitten. Der linke Arm ist leicht gebogen nach vorne gestreckt, die Hand verschwindet hinter dem Knie der schon beschriebenen männlichen Gestalt. Der Kopf ist mit gesenktem Blick im Profil zu sehen, jedoch wird bei seitlicher Betrachtung der Tafel abermals ein Teil der zunächst scheinbar verdeckten rechten Gesichtshälfte sichtbar. Die Gestalt ist bartlos und hat langes auf die Schultern herabhängendes Haar, welches von einem Haarband um den Kopf bekrönt wird. Ihr Gewand, ein Chiton,196 lässt den Arm frei, 194 Zur Fesselung siehe o. A. 1983, S. 648, von Rummel 2007, S. 245 und Delbrueck 1929, S. 91. Siehe hierzu von Rummel 2007, S. 245 er besteht sogar auf der Bezeichnung als rundum abgeschnitten, die Ansprache als helmartig lehnt er wohl korrekterweise ab. 196 Zur Deutung als Chiton siehe Delbrueck 1929, S. 91; von Rummel 2007, S. 45 spricht die Gewänder der Frauen ebenfalls als Chitone an, bezeichnet die Kleidungsstücke teils aber auch als „chitonartige Gewänder“ (S. 248). 195 38 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung unterhalb der Achsel ist klar der Ansatz der Brust zu sehen. Die Gestalt ist somit eindeutig weiblich. Hinter ihrem Rücken weht ein Stück eines Mantels hervor, das Ende, welches als Bogen erscheint, trägt Fransen. Zusammen mit dem Mann zu ihrer linken bildet die Frau ein Paar, ihre Köpfe sind einander zugewandt und angenähert. Zwischen den Beiden erscheint der Oberkörper eines kleinen Kindes, die Hände sind zum Kinn der Frau erhoben, in der Seitenansicht lässt sich wiederum auch die linke Gesichtshälfte erkennen. Das Kind ist unbekleidet, die Frisur entspricht jener des Mannes. Die vom Betrachter aus zweite Gestalt von rechts trägt den gleichen ärmellosen Chiton197 wie die Frau links von ihr, über ihren Unterkörper hat sie einen ebenfalls mit Fransen versehenen Mantel geschwungen. Da sie zusätzlich zu ihrer der anderen Frau entsprechenden Kleidung ein Schmuckstück aus zwei Perlenreihen trägt und bartlos ist, erscheint auch hier eine Identifikation als weiblich gesichert. Diese Frau sitzt im Gegensatz zu ihrem Gegenstück aufrecht. Ihr Oberkörper ist über das eigentlich anatomisch mögliche Ausmaß hinaus nach vom Betrachter aus rechts gedreht, der rechte Arm ist abgewinkelt und berührt nur mit den Fingern die Schulter der rechts von ihr sitzenden Gestalt. Ihre linke Hand liegt oben auf der Schulter der besagten Figur auf. Die Beine sind abgewinkelt, der linke Fuß tritt unter dem Gewand hervor. Die Frau sitzt wie der Mann links auf einem Schild, dieser ist spitzoval198 und hat abermals einen zweifach umlaufenden Wulst. Der Kopf ist im Profil dargestellt, die in Frontalansicht nicht sichtbare linke Gesichtshälfte ist bei dieser Frau mitunter am aufwändigsten gestaltet (Abb. 22). Betonte Wangenknochen und das ohne jede Verzerrung gearbeitete linke Auge geben ihrem Kopf ein hohes Maß an Plastizität. Ihre rechte, dem Betrachter zugewandte Gesichtshälfte ist stark abgenutzt, ihr Haar trägt sie nicht offen, ihr Stirnhaar ist buschig nach oben toupiert. Unterhalb dieses Busches ist ein als doppelter Wulst angelegter Zopf oder möglicherweise ein Haarband auszumachen.199 Die letzte Gestalt im unteren Register der Haupttafel, also vom Betrachter aus gesehen rechts außen, ist im Bereich des Gesichtes beinahe komplett abgetragen. Durch die Kopfform ist noch ein spitzer Bart erhalten, die Gestalt ist also ein Mann. Die Frisur entsprach ursprünglich, was sich durch die am Scheitel 197 Siehe abermals Delbrueck 1929, S. 91 zu dem Gewand; an dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass andere Beschreibungen der Barbaren zumeist eine Identifikation des Gewandes der Frauen auf der Haupttafel komplett umgehen, so zum Beispiel o. A. 1983, S. 648 oder Fuhrmann 2009, S. 10. 198 Als spitzoval wird der Schild bei von Rummel 2007, S. 245 bezeichnet. 199 Siehe hierzu Delbrueck 1929, S. 91; Delbrueck sieht hier eine Ähnlichkeit zu Frisuren aus flavischtrajanischer Zeit. 39 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung vorhandenen Strähnen belegen lässt, jener des Mannes zur Linken. Sein Oberkörper und Gesicht sind annähernd frontal abgebildet, seine Hände befinden sich hinter dem Rücken, die Ellenbogen zeigen seitlich heraus. Er ist somit ebenfalls gefesselt.200 Sein linkes Knie setzt er auf dem Boden auf, das rechte Knie ist angezogen und knapp unter die Brust geführt. Seine kurze, wahrscheinlich gegürtete Tunika oder Ärmelrock hat einen weit nach unten reichenden v-förmigen Ausschnitt, dieser ist von einem Saum umgeben.201 Der Saum besteht aus drei Wülsten, der innere hat die Struktur einer Kordel. Im Gegensatz zum Mann links trägt er spitz zulaufende Schuhe. Er hat eine Hose an, vor allem ersichtlich an der leichten Stofffältelung am rechten Oberschenkel. Zusammen mit der Frau neben ihm bildet auch er ein Paar, was durch die Kopfwendung der Frau in seine Richtung und die seine Schulter berührenden Hände der Frau betont wird. Im Hintergrund der Szene ist oberhalb der Köpfe des linken Barbarenpaares ein an beiden Enden und etwas eingerückt vom rechten Ende mit jeweils zwei Wülsten verzierter Köcher vorhanden, aus welchem drei Pfeile ragen. Hinter der linken Frau steht ein vermutlich sechseckiger Schild. Der Schild trägt an seinem Rand ein durch zwei Rahmenleisten begrenztes schlangenlinienförmiges Ornament. Das Motiv in der Mitte des Schildes besteht aus zwei voneinander wegzeigenden Voluten mit einer dazwischen angebrachten Spitze, nicht unähnlich einer Fleur-de-Lis. Über dem rechten Paar ist ein Schwert zu sehen. Dieses hat einen langen Griff, welcher in mehrere Bänder unterteilt ist, die Parierstange ist rechteckig und trägt in einer Aussparung eine Perlenreihe. Das Schwert steckt wahrscheinlich in der Scheide, da keine scharfen Kanten und ein Zikadenornament im Bereich der Klinge auffallen, die Spitze befindet sich außerhalb des Bildfeldes hinter der Rahmenleiste. Die hinter der Szene mit den Barbaren und dem Rüstzeug liegende Fläche ist glatt und unverziert. Die vom Betrachter aus linke Figur auf der Nebenseite des Diptychons entspricht in der Haltung der Beine der entsprechenden Gestalt auf der Haupttafel. Das rechte Bein ist abgewinkelt, im Bogen darunter ruht der linke Fuß. Allerdings trägt die Figur Schuhe und der rechte Fuß ist nicht verdeckt. Das Gewand stellt einen Bezug zum vom Betrachter aus gesehen rechten Mann der Haupttafel her, nur scheint die Tunika, 200 Zur Fesselung dieses Mannes siehe Delbrueck 1929, S. 91, o. A. 1983, S. 648 und von Rummel 2007, S. 245. 201 Zum v-förmigen Halsauschnitt äußert sich von Rummel 2007, S. 248-249; von Rummel weist auch darauf hin, dass sich derartige Halsauschnitte auch auf anderen Barbarendarstellungen sowie auch in nicht barbarischem Kontext finden. 40 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung welche einen gleichartigen Halsausschnitt mit identischer Verzierung hat,202 nicht gegürtet zu sein. Durch den Vollbart und die abgeschnittenen Haare ist auch diese Gestalt klar männlich. Seine Arme streckt er empor, die rechte Hand greift mit abgestrecktem Daumen einen spitzovalen Schild, oberhalb der rechten Hand fassen auch die Finger der linken Hand den Rand des Schildes. Der Schild hat einen abgesetzten Rand und um den Schildbuckel sind nach vier Seiten abgerundet dreieckige Bereiche durch einen Wulst abgegrenzt. Am erhaltenen rechten Auge ist erkennbar, dass sein Blick nach oben gerichtet ist, bei ihm ist wiederum auch die linke Gesichtshälfte ausgestaltet. Interessanterweise zeigen somit sowohl sein Blick wie auch das obere Ende des Schildes auf den Konsul. Die neben dem soeben beschriebenen Mann lagernde Gestalt ist wiederum weiblich und trägt denselben ärmellosen Chiton wie die bereits zuvor beschriebenen Frauen, auffallend ist jedoch die hohe Gürtung des Chitons,203 da bei den anderen Frauen keine Gürtung auszumachen ist. Das Schmuckstück um ihren Hals besteht wie das der rechten Frau auf der Haupttafel aus zwei Perlenreihen. Ihr Unterkörper wird komplett durch den vom Betrachter aus gesehen links neben ihr sitzenden Mann und einem sechseckigen Schild verdeckt, nur oberhalb des Knies des Mannes wird die obere Hälfte ihres durch den Chiton verhüllten Oberschenkels sichtbar. Unterhalb des linken Fußes der männlichen Gestalt ist ebenfalls ein Teil ihres Gewandes zu erkennen. Der Schild ist mit identischem Ornament versehen wie jener Sechseckschild auf der Haupttafel, jedoch ist hier ein größerer Teil des Schildes zu sehen. Nach allen vier Seiten laufen vom auf der Haupttafel fehlenden Schildbuckel die bereits zuvor beschriebenen Fleur-de-Lis-Formen aus. Die vom Betrachter rechte Kante des Schilds ist stark verkürzt, der darüber liegende Teil der Spitze dementsprechend verlängert. Hierdurch wird der Eindruck erzeugt, das Objekt sei in das Bildfeld hinein gekippt. Der Oberkörper der Frau neigt sich, abermals vom Betrachter aus gesehen, nach rechts, ihr rechter Arm ist abgewinkelt über die Brust geführt und berührt mit den Fingern den oberen Rand des Sechseckschildes. Ihr linker Arm befindet sich hinter dem Schild, die linke Schulter ist durch den Ansatz eines Mantels bedeckt. Ihr Kopf ist etwas stärker zur Seite geneigt als der restliche Oberkörper, das Gesicht ist wiederum mehr oder weniger komplett abgetragen, bis auf einen kleinen Teil des linken Auges. Gemäß der Position des linken Auges sowie der relativ ausgewogenen Verteilung der Haare zu beiden Seiten des Gesichtes ist 202 203 Zum v-förmigen Halsausschnitt siehe abermals von Rummel 2007, S. 248-249. Zu den Chitonen der Frauen siehe nochmals Delbrueck 1929, S. 91. 41 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung von einer annähernd frontalen Darstellung mit leichter Wendung des Blickes nach vom Betrachter aus rechts auszugehen. Das flachovale Objekt im Bereich ihres Scheitels ist nach Delbrueck als Doppelflechte zu interpretieren,204 dieser Deutung ist mit einiger Sicherheit auch zuzustimmen. Augustin hingegen glaubte hier eine Krone zu sehen.205 Durch die extreme Überschneidung der Unterkörper sowie den geringen Abstand zwischen den Oberkörpern sind der vom Betrachter aus linke Mann und die Frau ebenfalls als Paar anzusehen, auch wenn in diesem Fall keinerlei Bezug durch die Blickrichtung eines oder beider Partner hergestellt wird. Neben dem Paar lagert eine weitere durch Kleidung, Haar und sekundäre Geschlechtsmerkmale als weiblich zu identifizierende Figur auf einem runden Schild mit doppelt umlaufendem Wulst. Die Knie, die sich deutlich unter dem Chiton206 dieser Gestalt abzeichnen, stehen weit auseinander, während die Füße wesentlich enger zusammen gerückt sind. Der rechte Unterschenkel, der parallel zur vom Betrachter aus rechten Seite der Spitze des Sechseckschildes verläuft, steht fast aufrecht. Der rechte Fuß ist, wiederum vom Betrachter aus, nach links gedreht. Der linke Oberschenkel ist hingegen nach rechts gekippt, der linke Fuß zeigt gerade nach unten. Die Figur trägt Schuhe. Der rechte Oberschenkel steht in annähernd rechten Winkel zum rechten Unterschenkel. Der Oberkörper ist, vom Betrachter aus, nach rechts gewandt. Der Chiton lässt die linke Brust frei, der rechte Arm ist abgewinkelt, die Hand an die freiliegende Brust geführt. Mit dem linken Arm greift sie um das neben ihr stehende Kind, ihre linke Hand liegt auf dem Rücken des Kindes. Das nackte Kind ist stehend mit zur Brust der Frau empor gerecktem Mund und zur rechten Hand seiner Mutter geführter linker Hand dargestellt. Sein rechtes Bein ist gebeugt, das linke hingegen durchgesteckt. Die Frisur entspricht wie beim Kind auf der Haupttafel jener der Männer, das sichtbare Glied weist das Kind als männlich aus. Die Frau blickt auf das Gesicht ihres Kindes. Ihre Haare trägt sie offen, um den Kopf liegt ein Haarband. Oberhalb ihres rechten Oberschenkels ist ein weiteres Kind abgebildet. Nur der Oberkörper ist sichtbar, der Unterarm und die Hand des rechten Armes liegen auf dem Oberschenkel der Frau, der linke Arm ist durch den Oberarm der Frau verdeckt. Das Kind ist ebenfalls nackt und die Frisur gleicht der des anderen Kindes. Das rundliche Gesicht blickt zum Kopf der Mutter. Rechts von der Frau kniet eine weitere Figur mit Vollbart. Das rechte Knie dieses Mannes setzt auf dem Boden auf, daneben steht der linke Fuß, das linke Knie 204 Siehe Delbrueck 1929, S. 91. Siehe Augustin 1846, S. 75. 206 Siehe abermals Delbrueck 1929, S. 91 und von Rummel 2007, S. 45. 205 42 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung ist unterhalb des Kinns platziert. Die linke Hand ist auf das hochragende Knie gelegt, die rechte Hand ruht wiederum auf der linken Hand. Der Ellbogen des rechten Armes hängt herunter. Das Kinn ist auf den Rücken der rechten Hand gestützt. Insgesamt ist der Mann vom Betrachter aus nach links gedreht, sein linkes Bein und der linke Arm sind in Seitenansicht dargestellt und verdecken den Großteil der rechten Körperhälfte. Er blickt auch in Richtung links. Auch bei diesem Mann ist die eigentlich bei frontaler Betrachtung verdeckte gegenüberliegende Gesichtshälfte teilweise ausgestaltet. Der Bereich des Rückens und des Gesäßes ist nicht nur stark abgegriffen, ein wesentliches Stück dieser Partie ist zudem abgeschnitten. Auffallend ist zunächst die Kopfbedeckung des Mannes, er trägt eine phrygische Mütze. Delbrueck bezeichnet die Kopfbedeckung zwar als Tiara, Volbach und von Rummel stimmen jedoch einer Identifikation als phrygische Kappe zu.207 An der Stirn tritt das Haar unter der Kappe hervor. Singulär ist auch die Hose mit einer zur Zierde angebrachten Nietenreihe.208 Sein Ärmelrock ist zum Teil verdeckt, sodass sich der Halsausschnitt bei ihm nicht beurteilen lässt. Er hat Schuhe, über der linken Schulter ist ein Streifen eines Mantels erkennbar. Sein Blick ist auf das Gesicht der Frau mit den beiden Kindern gerichtet. Zusätzlich wird durch die Neigung des Kopfes der Frau in seine Richtung und die vorspringende Spitze der Mütze auch ein räumlicher Bezug zwischen den Beiden hergestellt. Somit kann man hier von einem vierten Paar sprechen. Der Hintergrund ist wie auf der Haupttafel glatt und ohne Schmuck. Wie das obere Register ist auch das untere Bildfeld ein zentraler Aspekt der Diskussion um die Zuschreibung des Diptychons.209 Nicht nur gäbe die Submissio im Fall, dass es sich um einen Verweis auf einen tatsächlichen militärischen Erfolg des betreffenden Konsuls handelt, einen Hinweis darauf, dass der gesuchte Würdenträger ein erfolgreicher General gewesen sein dürfte.210 Eine Identifikation der Stammeszugehörigkeit der Barbaren würde zudem eventuell eine Zuordnung zu einem bestimmten historischen Ereignis ermöglichen.211 Hierauf soll nochmals im Abschnitt zur Zuschreibung eingegangen werden. 207 Zur Interpretation als Tiara siehe Delbrueck 1929, S.91; die Ansprache als phrygische Mütze bei Volbach 1976, S. 42 und von Rummel 2007, S 247. 208 Delbrück 1929, S. 91 bezeichnet die Nieten als Zierknöpfe; von Rummel 2007 spricht von „Niethosen“ (S. 247). 209 Siehe zum Beispiel Cameron 1998, S. 391 oder Bühl 2001, S. 198-199. 210 Siehe hierzu Olovsdotter 2011, S.116, hier wird gemutmaßt, dass es sich definitiv um einen tatsächlichen militärischen Erfolg handeln müsse, da sonst kein Grund für eine derart von der Norm abweichende Darstellung gegeben wäre. 211 So ist für Delbrueck 1929, S. 91-92 die Ansprache der Barbaren als Germanen mitunter entscheidend für die Zuschreibung an Flavius Constantius, da er hier einen Bezug zu dessen 43 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung III.2.f. Inschriftfragmente Auf dem Rückdeckel des Antiphonars, rechts neben der dort angebrachten ursprünglich rechten Tafel mit der Patriciusdarstellung, verläuft längs zur Platte eine Aussparung im Einband, in welche drei Fragmente einer Inschrift eingepasst sind (vgl. Abb. 03 und Abb. 23). Diese Bruchstücke tragen die Buchstaben „[.]I[.] // C[I]AE // NA“.212 Bislang war es nicht möglich diese Fragmente in einen sinnvollen Zusammenhang zu stellen.213 Allgemein wurden die Inschriftteile von der Mehrzahl der Autoren nicht einmal erwähnt.214 Dies dürfte vor Allem dem Umstand geschuldet sein, dass sowohl zur Herkunft der Fragmente wie auch zu deren Zugehörigkeit zum Halberstädter Diptychon kaum verlässliche Informationen vorliegen. Selbst in der Stückakte des Diptychons beziehungsweise des Antiphonars findet sich kein Hinweis.215 Die im Band „Dom und Domschatz zu Halberstadt“ aus dem Jahr 1990 zu findende vage Angabe, dass nach Kriegsende 1945 ein Fragment entdeckt und ergänzend neben einem weiteren Bruchstück angebracht worden sei, ist nicht wirklich korrekt.216 Auch auf einigen vor dem zweiten Weltkrieg entstandenen Fotographien sind alle Bruchstücke zu sehen, allerdings waren diese im Vergleich zum heutigen Zustand anders montiert (Abb. 24).217 Der Irrtum in dem Katalogbeitrag fußt wohl in einer Notiz aus dem Nachlass Friedrich Bellmanns. Bellmann erwähnte hier, dass sich im Zuge der Auslagerung des Halberstädter Diptychons im Zweiten Weltkrieg die Befestigung eines der Fragmente abgelöst hätte und es anschließend wieder am Rückdeckel angebracht worden wäre. Hierdurch ergab sich wohl der Eindruck einer „Wiederentdeckung“ des Bruchstückes.218 Allerdings müssen die beiden durch einen Messingbeschlag verbundenen Stücke der Inschrift tatsächlich Militäraktionen gegen die Vandalen sieht; im Gegenzug lehnt Cameron 1998, S. 391 diese historische Einordnung ab, da er die Barbaren als Vertreter östlicher Völkerschaften einordnet. 212 Inschrift zitiert nach Fuhrmann 2009, S. 10. 213 Siehe hierzu Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 248. 214 Von allen im Literaturverzeichnis gelisteten Arbeiten enthalten nur Fuhrmann 2009, S. 10-12 und der eben zitierte Beitrag bei Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 248 überhaupt einen Hinweis auf die Fragmente. 215 Diese Information erbrachte eine Anfrage bei Fr. Dr. Katrin Tille von der „Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt“ (die Stiftung ist Eigentümer des Domschatzes und somit auch des Konsulardiptychons), verwiesen sei an dieser Stelle auf die E-Mail-Korrespondenz mit Fr. Dr. Tille, Nachricht erhalten am 14.08.2014. 216 Vergleiche abermals Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 248. 217 Fuhrmann 2009, S. 11-12 verweist an dieser Stelle auf eine 1936 entstandene Fotografie aus dem Marburger Lichtbildarchiv, welche zwar sämtliche Fragmente abbildet, aber diese „kopfständig, in umgekehrter Schreibrichtung“ (S. 11) zeigt. 218 Die Angaben zu der Notiz von Friedrich Bellmann entstammen abermals meiner E-MailKorrespondenz mit Fr. Dr. Tille, die freundlicherweise diese Informationen für mich beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie einholte, Nachricht vom 05.08.2014. 44 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung verloren und zu einem späteren Zeitpunkt aufgefunden worden sein, da noch ältere Fotografien nur das kleine „NA“-Fragment zeigen (Abb. 25).219 Fuhrmann vermutet aufgrund der andersartigen Maserung im Material eine ursprüngliche Zugehörigkeit der Fragmente zu einer anderen Elfenbeinarbeit als dem Diptychon. Auch kommt er über den Vergleich mit Inschriften auf Elfenbeinobjekten des 10. Jahrhunderts zu dem Schluss, die Inschriftfragmente stammten ebenfalls aus ottonischer Zeit.220 Ihm ist hier sicherlich beizupflichten, da nicht nur die Maserung sondern auch die Farbe der Fragmente bei direkter Betrachtung wesentlich von der der Elfenbeintafeln abweicht.221 Dennoch sind die Fragmente möglicherweise hilfreich bei der Frage nach dem Ursprungsort des Diptychons. Eine ottonische Inschrift, ihrer Position nach angebracht als Ersatz für die fehlende Rahmenleiste der rechten Tafel, spricht deutlich gegen eine Überführung des Objektes aus Konstantinopel im 13. Jahrhundert und deutet darauf hin, dass sich das Objekt schon in früherer Zeit im „Westen“ befand.222 III.3. Zuschreibung Delbruecks Vorschlag, das anonyme Diptychon von Halberstadt dem Feldherrn, dreifachen westlichen Konsul und späteren Kaiser Flavius Constantius oder beziehungsweise Constantius III. zuzuweisen,223 wurde über mehr als ein halbes Jahrhundert hinweg kaum angezweifelt.224 Delbrueck favorisierte hierbei als Anlass der Fertigung das zweite Konsulat von Constantius im Jahr 417.225 Die Zustimmung für diese Einordnung geht teils sogar soweit, dass Autoren wie Engemann die Identifikation des Auftraggebers als Constantius als „communis opinio“226 bezeichnen. Es verwundert somit nicht im Geringsten, dass Camerons Umwidmungsversuch des 219 Vergleiche hierzu zum Beispiel die Abbildung bei Mötefindt 1915, Tafel IV; Fuhrmann 2009, S. 11 weist ebenfalls auf diesen Umstand hin. 220 Siehe Fuhrmann 2009, S. 11. 221 Die dunklere Farbe der Fragmente ist zwar auf den meisten Fotographien nicht erkennbar, wohl aber bei in Augenscheinnahme des Originales. 222 Dies schlägt auch Fuhrmann 2009, S. 11 vor. 223 Siehe Delbrueck 1929, S. 91-92 im Abschnitt zur Zuweisung; zu Constantius dreifachen Konsulat in den Jahren 414, 417 sowie 420 und seiner Erhebung zum weströmischen Kaiser siehe Seeck 1900, Sp. 1099. 224 Neben der Aufnahme des Vorschlags in Volbach 1976, S. 42 sind hier auch die zahlreichen Katalogbeiträge anzuführen, welche Delbruecks Zuweisung übernehmen, so zum Beispiel Richter 2009, S. 170 oder auch Janke 2009, S. 70. 225 Siehe Delbrueck 1929 insbesondere S. 92. 226 Engemann 1999, S. 158. 45 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Stückes an Flavius Constans, Konsul im Osten im Jahr 414,227 umgehend auf energischen Widerstand stieß.228 Bereits die Tatsache, dass es sich bei Cameron um einen der bedeutendsten Forscher im Bereich der Konsulardiptychen handelt, reicht aus um ein schlichtes Ignorieren seines Vorschlags unmöglich zu machen. Zudem war neben Cameron auch Cutler, ebenfalls eine Größe der spätantiken Kunstwissenschaft, an dieser Umdeutung beteiligt.229 Wohl auch aufgrund der hohen Bedeutung dieser beiden Wissenschaftler stiftete die Zuschreibung an Flavius Constans einiges an Verwirrung,230 wodurch eine Überprüfung von Camerons Argumenten unerlässlich erscheint. Bevor man sich jedoch Camerons Artikel und den darin vertretenen Positionen zuwenden kann, ist es nötig, Delbruecks Gründe für seine Zuweisung näher zu betrachten. Für Delbrueck erschien die Darstellung des Konsuls in der Trabea auf der linken Tafel des Diptychons als ausreichend um diese Seite als die Haupttafel zu identifizieren und gemäß der von ihm aufgestellten Regeln zur Unterscheidung westlicher und östlicher Konsulardiptychen eine Herkunft aus dem weströmischen Reichsteil plausibel machen zu können.231 Zusätzlich erkannte er richtigerweise, dass der dargestellte Konsul auf der untergeordneten rechten Tafel wohl wegen der Ähnlichkeit der hier zu sehenden Chlamystracht mit jener auf der entsprechenden Tafel des Felix-Diptychons als Patricius zu identifizieren sein dürfte.232 Aus dem reichen Schmuck des Gewandes sowie dem kaiserlichen Personal in den oberen Registern schloss Delbrueck darauf, dass es sich bei dem Konsul um einen Mann von extrem hoher Bedeutung handeln müsste. Einer der Kaiser erscheint minderjährig, was sich aus seiner im Vergleich zum anderen Kaiser kleineren 227 Siehe Cameron 1998, S. 385; siehe auch PLRE 2, S. 311 unter Constans 3, hier wird angegeben, Constans sei 412 magister militum per Thracias gewesen, 414 dann als Konsul angetreten, interessant erscheint auch der Verweis auf eine mögliche Verwandtschaft mit Constantius III.; Olympiodor berichtet Constans habe sein Konsulat in Konstantinopel zeitgleich mit Constantius‘ erstem Konsulat im Westen angetreten, siehe Olymp. fr. Bl. 23 (griech. Originaltext auf S. 186, engl. Übersetzung auf S. 187). 228 Siehe hierzu die beiden auf Cameron 1998 bezugnehmenden Erwiderungen Bühl 2001 und Engemann 1999. 229 Zur Beteiligung Cutlers siehe Cameron 1998, S. 385; Engemann 1999, S. 159 verweist auf die Wichtigkeit dieser beiden Forscher, auch Bühl 2001, S. 193 gesteht die Bedeutung von Camerons und Cutlers Arbeit ein. 230 Siehe zum Beispiel Fuhrmann 2009, der gar angibt die bisherige Lehrmeinung sei „jüngst durch eine Arbeit von Alan Cameron erschüttert worden“ (S. 11); zudem sei an dieser Stelle auch auf von Rummel 2007, S. 245-249 verwiesen, der eine Reaktion beziehungsweise Erwiderung auf Cameron ebenfalls für nötig hielt. 231 Siehe Delbrueck 1929, S. 91. 232 Siehe abermals Delbrueck 1929, S. 91; die Tafel mit der Patriciusdarstellung des Felix ist leider verschollen, aber als Abbildung erhalten, siehe hierzu zum Beispiel Volbach 1976, S. 30, dort ist das Felixdiptychon unter der Nummer 2 im Katalog aufgeführt, oder auch Delbrueck 1929, S. 93-95 unter der Nummer 3. 46 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Darstellung ablesen lässt. Da die neben dem kleineren Kaiser sitzende Stadtgöttin mit dem Strahlenkranz Constantinopolis darstellen dürfte, käme nur das aus dem während der Anfangsphase seiner Regierung noch nicht erwachsenen Theodosius II. und Honorius bestehende Kaiserpaar in Betracht.233 Delbrueck nimmt somit den Zeitraum zwischen 408 und 421 als Entstehungszeitraum des Diptychons an, was er auch dadurch bestätigt sieht, dass es sich bei der Frau hinter dem Thron wahrscheinlich um keine Augusta handelt, was ihn folgern lässt, die beiden Kaiser hätten im Entstehungszeitraum keine Ehefrauen zur Seite gehabt, was sowohl auf Theodosius II. wie Honorius in den Jahren von 408 bis 421 zutrifft. Die Frau zwischen den Kaisern hält Delbrueck für Galla Placidia, da sie minimal näher an den größeren der beiden Kaiser, ihren Bruder Honorius, herangerückt ist, woraus er weiterführend folgert, der Zeitraum sei, da Galla Placidia erst 416 aus der gotischen Gefangenschaft heimkehrte, auf 417 bis 421 einzugrenzen.234 Da Delbrueck sich entsprechend seiner bereits zuvor vorgenommenen geografischen Bestimmung auf westliche Konsuln der Jahre 408 bis 421 beschränkte235 und es sich um wegen der Submissio im unteren Register um einen erfolgreichen Feldherrn handeln müsste, kam er im Ausschlussverfahren auf Constantius.236 Den einzigen anderen Kandidaten, Heraclian, verwarf Delbrueck, da dieser keine militärischen Erfolge gegen Germanen errungen habe und die dargestellten Barbaren Germanen seien.237 Constantius zweites Konsulat ab 417 passte auch gut zu der Interpretation der Frau hinter der Thronbank als Galla Placidia, da Constantius diese im selben Jahr heiratete. Zusätzlich hatte er erst kurz zuvor den König der Vandalen, Fredbal, in Gefangenschaft gebracht, was wiederum die Darstellung gefangener Germanen auf einem von ihm herausgegebenen Konsulardiptychon erklären würde. Das erste Konsulat 414 hielt Delbrueck auch deshalb für unwahrscheinlich, da Constantius zu 233 Zur am Gewand des Konsuls ersichtlichen hohen Bedeutung sowie zur Identifikation der Kaiser und der Stadtgöttinnen im oberen Register siehe Delbrueck 1929, S. 91-92; diese Zuschreibung erscheint schlüssig, ja beinahe zwingend, sodass auch Cameron 1998 keine Zweifel an Delbruecks Deutung zu den Kaisern und den Personifikationen hegt, siehe zum Beispiel S. 385-389. 234 Zur aus der Ehelosigkeit beider Kaiser folgenden Identifikation der Frau als Galla Placidia siehe Delbrueck 1929, S. 92; zum historischen Hintergrund der Rückkehr Galla Placidias aus der Gefangenschaft bei den Westgoten siehe unter anderem O’Flynn 1983, S. 66. 235 Siehe Delbrueck 1929, S. 91-92 und dazu auch die Kritik an ebendiesem Vorgehen bei Cameron 1998, S. 387. 236 Siehe Delbrueck 1929, S. 92; die Vermutung, es handle sich um einen Feldherrn, untermauert auch Olovsdotter 2011, S. 116. 237 Abermals Delbrueck 1929, S. 92; Cameron 1998, S. 391 widerspricht hier jedoch vehement, da die Barbaren eher östlich erscheinen würden; an dieser Stelle sei aber auch auf von Rummel 2007, S. 247 verwiesen, wo er im Bezug auf die Waffen empfiehlt, sie nicht als einem bestimmten Volksstamm zuweisbar anzusehen, sondern als generellen Darstellungstopos. 47 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung diesem Zeitpunkt noch kein Patricius war.238 Auch stilistisch ordnete Delbrueck das Diptychon dem frühen fünften Jahrhundert zu, wobei seine Ausführungen hier eher vage bleiben. Als Vergleichsstücke nannte er hier das Probus- und Felixdiptychon, auch wenn er eingestand, dass gewisse Unterschiede zu diesen westlichen Arbeiten bestehen würden. Allerdings stünde der Stil auch zeitgleichen östlichen Elfenbeinarbeiten fern.239 Delbruecks Ausführungen waren so umfangreich und erschienen so überzeugend, dass, wie bereits zuvor erwähnt, bis zur Publikation von Camerons Artikel „Consular diptychs in their social context: new eastern evidence“ im Journal of Roman Archaeology 1998 kein nennenswerter Widerspruch aufkam.240 Im Folgenden sollen Camerons Argumente sowie die dagegen vorgebrachten Einwände einerseits vorgestellt, andererseits aber auch auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden. Zudem sollen auch einige zusätzliche bislang in der Diskussion nicht oder nur am Rande berücksichtigte Faktoren mit einbezogen werden. Die beiden Kaiser bestimmt Cameron wie Delbrueck als Honorius und Theodosius II., auch die den kleineren Theodosius begleitende Stadtgöttin sieht Cameron als Constantinopolis, die Personifikation mit Helm und Lanze neben dem größeren Honorius gibt auch Cameron als Roma an. Aus der kleineren Darstellung des Theodosius schließt Cameron ebenfalls in Übereinstimmung mit Delbrueck auf dessen Minderjährigkeit. Trotz der Tatsache, dass kein gesetzlich festgelegtes Alter für die Volljährigkeit von Kaisern existierte, wurden gemäß Cameron unter 15 Jahre alte Regenten im Vergleich zu ihren Mitkaisern kleiner dargestellt. Kaiser hingegen, die das 15. Lebensjahr vollendet hatten, wären grundsätzlich auf der gleichen Größe wie ihr Konterpart abgebildet worden. Zum Beleg führt Cameron etwa ein Dutzend Objekte an, die seine Vermutung unterstützen sollen.241 So verweist Cameron auf das Diptychon des Stilicho, da der hier abgebildete Schild zwei ungleich große Büsten für den 19-jährigen Arcadius und den 12-jährigen Honorius zeigt.242 Sein 238 Siehe Delbrueck 1929, S. 92; zur Heirat mit Galla Placidia siehe zum Beispiel Börm 2013, S. 61, die Gefangennahme Fredbals erwähnt Seeck 1900, Sp. 1101; Patricius wurde Constantius entweder 415 oder 416, siehe hierzu O’Flynn 1983, S. 66. 239 Delbrueck 1929 gibt an, die „Schnittigkeit der Silhouette“ (S. 92) sei eher östlich als italisch, sieht jedoch auch zu wenig Bezug zu östlichen Arbeiten der Zeit. 240 Man denke hier abermals an Engemann 1999, S. 159. 241 Zu den Übereinstimmungen mit Delbrueck sowie zu den angeführten Vergleichsstücken siehe Cameron 1998, S. 385-386. 242 Siehe Cameron 1998, S. 385; zum Diptychon des Stillicho siehe Volbach 1976, S. 55 unter der Nummer 63, wobei sich hier keine Angabe zum Größenverhältnis der Büsten auf dem Schild findet und Delbrueck 1929, S. 242-248, ebenfalls unter der Nummer 63, Delbrueck äußert sich im Gegensatz zu Volbach auf S. 245 zum von Cameron angeführten Größenunterschied. 48 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Hauptaugenmerk liegt jedoch auf dem Missorium des Aspar, welches die Bildnisse von gleich drei östlichen Konsulen zeigt, da Aspar außer sich selbst ebenso seinen Vater Ardabur und den vermutlich ebenfalls mit ihm verwandten Plinta abbilden ließ. Tatsächlich scheint dieses Objekt Camerons Regel zu bestätigen. Plinta, Konsul im Jahr 419 hat zwei gleich große Büsten auf seinem Szepter, welche den 36-jährigen Honorius und den zu dieser Zeit 18-jährigen Theodosius II. zeigen. Aspars Vater Ardabur, Konsul im Jahr 427, hat eine größere Büste für den nun schon 26 Jahre alten Theodosius II. und eine kleinere Büste für den damals erst achtjährigen Valentinian III. auf dem Szepter. Aspar schließlich hält als Konsul des Jahres 434 ein Szepter mit zwei ebenfalls ungleich großen Büsten in der Hand, die den 33-jährigen Theodosius II. und den 15-jährigen Valentinian III. abbilden.243 Cameron schließt hier mit dem Hinweis, dass kein Kaiser über der postulierten Altersgrenze von 15 Jahren kleiner dargestellt sei als sein Amtskollege, was seiner Ansicht nach den Rahmen der Herstellung im Gegensatz zu Delbruecks Schätzung auf 408 bis 416 einschränke, da Theodosius 417 im Januar bereits beinahe 17 Jahre alt gewesen sei.244 Bühl gibt in ihrer Erwiderung auf Camerons Argument an, dass es sich hierbei wohl um ein zunächst kaum zu widerlegendes Argument handelt. Darauf folgend weist sie jedoch auf einen für einen so bedeutenden Forscher wie Cameron erstaunlichen Fehler hin. Theodosius war im Januar 417 nicht beinahe 17, da er erst im April des Jahres 401 geboren wurde. Somit war er im Januar 417 erst 15 Jahre alt und somit für sein Alter entsprechend der von Cameron selbst anhand des Asparmissoriums aufgestellten Regel absolut korrekt dargestellt. Zudem fehlen Darstellungen von 16- oder 17jährigen Kaisern, womit das Argument Camerons an Problematik gewinnt. Bühl geht sogar so weit, Camerons eigene Vergleichsbeispiele gegen ihn zu verwenden.245 Unter den Stücken, die Cameron aufzählt, befindet sich auch das Diptychon des Felix aus dem Jahr 428. Dieses zeigt Valentinian III. im Alter von neun Jahren genau so groß wie den 26 Jahre alten Theodosius II., was Cameron zu der Aussage verleitet, es habe eine generelle Tendenz zur Angleichung des jeweils eigenen Kaisers im West- und im Ostreich gegeben.246 Für Bühl stellt sich somit zu Recht die Frage, weshalb Theodosius im Fall einer Fertigung im Osten nicht in der Größe an 243 Siehe Cameron 1998, S. 386 zum Missorium des Aspar; bei Delbrueck 1929, S. 154-156 unter der Nummer 35 findet sich ebenfalls ein Eintrag zu dem Missorium, von hier stammt auch die Information zur wahrscheinlichen Verwandtschaft des Aspar mit Plinta, siehe S. 154. 244 Siehe Cameron 1998, S. 386-389. 245 Zu Bühls Erwiderung auf dieses Argument siehe Bühl 2001, S. 197-198. 246 Siehe Cameron 1998, S. 386; zum Felixdiptychon siehe wiederum Delbrueck 1929, S. 93-95, auch Delbrueck gibt auf S. 94 an, die Büsten seien gleich groß. 49 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Honorius angenähert wurde.247 Meiner Ansicht nach ist Camerons Altersargument somit in keiner Form haltbar und nach Bühl sogar eher als Argument gegen seine eigene Theorie zu sehen. Engemann, der sich zwar in seiner Erwiderung an Cameron wie Delbrueck für eine Zuschreibung des Diptychons an Flavius Constantius ausspricht, übernimmt im Gegensatz zu Bühl dieses Argument Camerons und argumentiert ebenfalls mit dem angeblich zu hohen Alter von Theodosius II. um eine von ihm favorisierte Entstehung des Halberstädter Diptychons anlässlich des ersten Konsulats 414 zu belegen.248 Hier kann jedoch von keinem ernsthaften Kritikpunkt an Delbruecks Hypothese die Rede sein, zumal Camerons Argument auf einem Rechenfehler basiert, der schlichtweg von Engemann übernommen wird. Cameron macht zudem eine weitere problematische Aussage, auf welche an dieser Stelle nur kurz eingegangen werden soll. Er behauptet, es wäre wegen der fehlenden Inschrift nicht möglich die Haupttafel zu bestimmen. Dass die Hauptseite immer jene Seite sei, die den Konsul in der Triumphaltoga zeige, sei nur anhand der Inschrift für die mit Namensbeischrift erhaltenen westlichen Diptychen belegbar und müsste nicht zwingend auch bei den im Bestand fehlenden östlichen Diptychen des fünften Jahrhunderts gelten.249 Engemann hat dieses Argument meiner Ansicht nach missverstanden und ging davon aus, Cameron denke, die Seite auf welcher die Scharniere angebracht waren sei nicht sicher auszumachen und hält Cameron die klar erkennbaren Bohrlöcher entgegen.250 Auch Bühl meint, Cameron habe hier schlichtweg eine Beobachtungsschwäche und verweist auf die Bohrungen.251 Das ist jedoch nicht was Cameron gemeint hat und ein so gravierender Fehler ist einem erfahrenen Wissenschaftler wie Cameron auch kaum zuzutrauen. Cameron wollte wohl eher darauf hinaus, dass theoretisch auch die Seite mit der Darstellung als Patricius die Haupttafel des Stückes sein könnte. Dies halte ich jedoch einerseits für unlogisch, da ja der Amtsantritt als Konsul und nicht die Verleihung des Titels eines Patricius kommemoriert werden sollte. Also wird auch jene Tafel, die den Konsul in seiner Amtstracht zeigt, die Haupttafel darstellen. Auf der anderen Seite ist Camerons Vermutung zudem hochgradig spekulativ und durch keinen Beleg abgesichert. 247 Siehe Bühl 2001, S. 198. Siehe Engemann 1999, S. 165-166. 249 Siehe Cameron 1998, S. 391. 250 Siehe Engemann 1999, S. 160. 251 Siehe Bühl 2001, S.202. 248 50 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Das nächste Argument Camerons zielt auf die Submissio im unteren Register ab. Er stimmt hier zunächst der Vermutung Delbruecks zu und gibt an, es sei vernünftig, den dargestellten Konsul als erfolgreichen Feldherrn anzusehen. Vor Allem verweist Cameron auf die Einzigartigkeit der Darstellung im sonstigen Bestand der Konsulardiptychen, deren untere Register im Normalfall mit Motiven dekoriert seien, die einen Bezug zum Amtsantritt des Würdenträgers hätten, wie etwa Zirkusszenen oder Geschenke. Auch für Cameron ist ein historisches Ereignis somit der wahrscheinlichste Grund für diese außergewöhnliche Darstellung.252 Hier besteht auch meiner Ansicht nach kein Anlass, Cameron zu widersprechen.253 Delbrueck hatte die Barbaren als Germanen betrachtet.254 Cameron schließt Germanen jedoch aus, insbesondere irritiert ihn der unter den auf der Haupttafel vorhandenen Beutewaffen zu sehende Köcher. Nach Cameron wären germanische Bogenschützen in der Spätantike keine Bedrohung für die römischen Truppen gewesen, während östliche Barbaren wie Perser hier durchaus ein Problem für die Soldaten Roms dargestellt hätten. Das Schwert lässt Cameron an sarmatische Völkerschaften denken. Klar östlich ist für ihn auch die Nietenhose des vom Betrachter aus rechten Mannes auf der rechten Tafel des Diptychons, er beschreibt die Hose als anaxyrides.255 An dieser Stelle sei auch darauf verwiesen, dass Delbrueck bei dem betreffenden Mann selbst von einem Häuptling in iranischer Tracht sprach.256 Engemann merkt zur Identifikation der Barbaren als östlich zuerst an, dass selbst wenn es sich um tatsächliche Sarmaten handeln sollte, hierdurch noch lange kein Beleg für eine östliche Entstehung des Diptychons vorliegen würde, da die Sarmaten im fünften Jahrhundert bereits auch Westrom bedrohten. Zudem betont Engemann, dass Barbarendarstellungen in der Spätantike nicht zwingend nur die in jüngerer Vergangenheit bezwungenen Stämme zeigen müssen, sondern eher als generalisierte oder sogar universale Bildnisse römischen Triumphes über die Feinde des Reiches anzusehen sind.257 Bühl stimmt Engemann hier ebenfalls zu.258 Auch von Rummel hat sich mit Camerons Behauptung, die Barbaren wären klar als östlich zu identifizieren, auseinandergesetzt. Im Bezug auf das laut Cameron 252 Die Singularität des Motives einer Submissio sowie den vermutlichen historischen Hintergrund betont Cameron 1998, S. 386-387. 253 Man denke hier abermals an Olovsdotter 2011, S. 116. 254 Delbrueck 1929, S.91-92. 255 Zu den Barbaren siehe Cameron 1998, S. 391. 256 Siehe Delbrueck 1929, S. 91. 257 Zu diesen beiden Einwänden siehe Engemann 1999, S. 163. 258 Siehe Bühl 2001, S. 198-199. 51 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Sarmaten zuzuweisende Schwert kommt von Rummel zu dem Schluss, dass dieses ebenso im Westreich auftretenden Spathen ähnelt. Den Köcher betrachtet er auch nicht als geeignet um den dargestellten Barbaren eine Herkunft aus dem Osten nachzuweisen, da Bögen zur Ausstattung römischer Truppen gehörten und somit keinen Hinweis auf die Abstammung der Barbaren geben könnten. Allgemein legt er nahe, die Waffen nicht zur Identifikation der Barbaren heranzuziehen, da derartiges Gerät auch in anderen Kontext ohne barbarische Elemente auftreten würde. Ähnlich äußert sich von Rummel zur Kleidung. Die Gewänder der weiblichen Barbaren, die mit Chitonen bekleidet sind, würden auch bei Römerinnen nicht verwundern. Die Tuniken mit V-Ausschnitt der Männer kommen ebenfalls in nicht barbarischem Kontext vor, etwa auf Öllampen und Mosaiken im nordafrikanischen Raum. Von Rummel sieht hier jedenfalls keine Möglichkeit über die Kleidung irgendwelche Rückschlüsse auf die gentes der Gefangenen Barbaren zu ziehen.259 Cameron mag somit zwar eventuell richtig liegen, was östliche Elemente im Rahmen der Submissio im unteren Register betrifft, jedoch vermag wegen der allgemein gehaltenen Darstellung der Barbaren auch in diesem Fall seine Argumentation nicht wirklich zu überzeugen. Zwar ist auch Delbruecks Deutung der Gefangenen als Germanen kritisch gegenüber zu stehen, aber man muss eingestehen, dass neben der Tatsache, dass niemand außer einem siegreichen Feldherrn sein Konsulardiptychon mit einer Submissio verziert hätte, keine weiteren Aussagen getroffen werden können. Somit sind Camerons Folgerungen zu der Barbarendarstellung entkräftet. Cameron ist außerdem der Ansicht, dass die Mappa in der Hand des Halberstädter Konsuls auf Zirkusspiele hindeuten würde. Hierin sieht Cameron einen Widerspruch zur Abbildung des Konsuls als consul ordinarius. Da in Rom die Spiele hauptsächlich von Trägern niedrigerer Ämter wie etwa Quästoren, Prätoren oder auch Suffektkonsulen abgehalten wurden, macht für ihn die Darstellung des Konsuls mit der Mappa nur im Fall einer Zuschreibung an einen östlichen Konsul Sinn.260 Dagegen führt Engemann an, dass schon allein wegen des Fehlens einer Zirkusszene im unteren Register der Haupttafel wohl eher der Schluss auf die Mappa als generelles Würdenzeichen gezogen werden sollte. Er verweist hier auf die ehemals am Sockel der Arcadiussäule befindliche Abbildung des Arcadius und des Honorius, welche die beiden Brüder mit hochgehaltener Mappa zeigt. Auch hier ist 259 Siehe von Rummel 2007, S. 247-249 zu seiner Einschätzung bezüglich der Beutewaffen und der Kleidung der Barbaren. 260 Siehe Cameron 1998, S. 391 sowie S. 400-402. 52 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung kein Anzeichen zu finden, das auf Spiele hindeutet. Zudem erwähnt Engemann die auch im Westreich zu findende Mappamotivik auf Münzen.261 Bühl sieht insbesondere in der Münzprägung ebenfalls einen Beleg für die Verwendung der Mappa als Amtsinsignie ohne Bezug zu Zirkusspielen.262 Als besonders gutes Vergleichsstück erscheint hier ein von Engemann angeführter Solidus Valentinians I., geprägt zwischen dem Jahr 367 und 375, der wie das Halberstädter Diptychon die Mappa in Kombination mit Gefangenen zeigt (Abb. 26).263 Engemann ist zudem befremdet von Camerons Vergleichsstücken.264 Cameron führt mehrere Diptychen westlicher Konsuln der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts an, auf welchen die Darstellungen der Mappa fehlt. Er nennt hier die Diptychen des Probus, des Felix und des Asturius, sowie ein vermutlich Constantius III. zuzuschreibendes Diptychon.265 Für Engemann bildet hier nur das Diptychon des Felix einen tatsächlichen Vergleichspunkt. Die anderen Diptychen trügen Motive, die keine Möglichkeit zur Darstellung der Mappa bieten würden, so ist zum Beispiel bei Probus der Kaiser in Rüstung und militärischen Ornat anstelle eines zivilen Konsuls dargestellt. Bei Constantius‘ Diptychon fehle sogar die Darstellung einer realen Person, die durch photographische Aufnahmen bekannte Tafel dieses Stückes zeigt eine Muse, sodass die gegenüberliegende Tafel wohl das Bild eines Philosophen zeigte. Auch hier würde die Mappa nicht passen. Bei Asturius würden die Attribute der Begleiter des Konsuls einem Bild mit Mappa zuwider laufen. Nur das Diptychon von Felix hätte überhaupt den Konsul mit Mappa zeigen können, ein Exemplar reiche aber nicht aus um die Darstellung des Halberstädter Konsuls als ungewöhnlich aus dem sonstigen Bestand abzugrenzen.266 Der von Cameron angeführte Punkt, dass es sich für den Fall, dass das Diptychon westlich sei, um die früheste Darstellung eines nicht aus der Kaiserfamilie stammenden Konsuls mit Mappa handeln würde,267 erscheint mir absolut unverständlich, da dies auch der Fall wäre, wenn das Diptychon östlichen Ursprungs wäre. Engemann verweist zudem darauf, dass das ansonsten früheste westliche Beispiel eines Konsuls mit Mappa auf einem Diptychon, das Boethius-Diptychon aus dem Jahr 487, immer noch früher datiere als das früheste 261 Zu dem Einwand, es handle sich bei der Mappa um ein generelles Würdenzeichen, sowie zu den genannten Vergleichsbeispielen siehe Engemann 1999, S. 162. 262 Siehe Bühl 2001, S. 198. 263 Siehe Pearce 1951, S. 278, dort Nr. 23 (a), auf S. 275 findet sich die Datierung; Engemann weist auf dieses Stück auf S. 162 hin. 264 Siehe Engemann 1999, S. 161. 265 Siehe Cameron 1998, S. 401. 266 Siehe Engemann 1999, S. 161-162 zur Kritik an Camerons Vergleichsstücken. 267 Siehe Cameron 1998, S. 401. 53 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Vergleichsstück aus dem Ostreich, das Diptychon von Areobindus von 506.268 Camerons Versuch, die Mappa als Indiz für einen östlichen Konsul als Auftraggeber zu identifizieren, scheitert somit einerseits daran, dass die Mappa wohl bereits in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts als generelles Würdenzeichen etabliert war. Andererseits sind gemäß Engemann die von ihm aufgezählten Vergleichsstücke kaum brauchbar in diesem Zusammenhang. Das für Cameron bedeutendste Argument liegt in der Beziehung der Kaiser im oberen Register zu ihren Städtepersonifikationen. Nach Cameron zeige Constantinopolis durch das Auflegen ihrer Hand auf Theodosius‘ Schulter ein deutlich größeres Interesse an ihrem Kaiser als Roma an Honorius.269 Diese Behauptung ist allerdings wie bereits im Abschnitt zum oberen Register in der Objektbeschreibung dieser Arbeit gezeigt wurde keineswegs korrekt. Engemann merkte in seiner Erwiderung bereits richtigerweise an, dass bei Roma eine Wendung des Kopfes in Richtung von Honorius erkennbar ist, während Constantinopolis Theodosius nicht ansieht, sondern geradeaus blickt. Engemann macht zudem klar, dass es sich hierbei nicht um Willkür des Schnitzers gehandelt haben kann, da die beiden Beamten im mittleren Register beider Tafeln jeweils ihre Augen auf den Konsul richten, wodurch ersichtlich wird, dass die fehlende Kopfdrehung der östlichen Stadtpersonifikation eine tiefere Bedeutung besitzen muss.270 Bühl hält dieses Detail wie Engemann für einen bedeutenden Faktor, sie ist ebenfalls der Ansicht, dass Roma durch ihre Blickrichtung ein bei Constantinopolis nicht zu findendes Interesse an Honorius bekundet.271 Während ich zwar den Eindruck Engemanns in puncto der geradeaus blickenden Constantinopolis nicht komplett bestätigen möchte, da auch sie eine, wenn auch minimale, Drehung des Kopfes aufzuweisen scheint, ist Engemanns Einwand dennoch stichhaltig. Durch die Blickrichtung der Constantinopolis wird zudem die Symmetrie des oberen Bildfeldes beeinträchtigt, sodass sich mir hier keinen Zufall oder ein Versehen als Ursache vorstellen kann, zumal sich die Darstellung auf beiden Tafeln des Diptychons entspricht. Bühl weist auf ein weiteres Problem von Camerons Argumentation mit den Städtepersonifikationen hin. Einerseits wird Roma mit den zu erwartenden Attributen dargestellt, wo hingegen die Darstellung der Constantinopolis keinem 268 Siehe hierzu Engemann 1999, S. 162-163. Siehe Cameron 1998, S. 391. 270 Zu Engemanns Ausführungen bezüglich der Kopfdrehung Romas zu Honorius siehe Engemann 1999, S.164. 271 Siehe Bühl 2001, S. 199. 269 54 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung gängigen Typus zuzuordnen ist.272 Genauso irritiert ist Engemann von der ungewöhnlichen Personifikation Konstantinopels, vor allem der Strahlenkranz anstelle einer Mauerkrone stellt eine Abweichung von jedweder sonstigen Ikonographie einer Städtepersonifikation dar. Auch der nicht eindeutig identifizierbare Gegenstand, welchen sie in ihrer Linken hält und auf dessen Problematik bereits in der Objektbeschreibung eingegangen wurde, bereitet Engemann hier Kopfzerbrechen.273 Bühl stellt die Frage, warum ein östlicher Auftraggeber einer klassische Romadarstellung eine nicht im Geringsten der normalerweise üblichen Bildtradition entsprechende Abbildung seiner eigenen Stadt gegenüberstellen sollte.274 Für Engemann stellt die aufgelegte Hand der Constantinopolis auf Theodosius‘ Schulter somit allenfalls einen Ausgleichsversuch dar, die Göttin Konstantinopels nicht gänzlich von einer allzu dominanten Roma in den Hintergrund drängen zu lassen. Außerdem hätte es wohl kaum eine Möglichkeit gegeben, die mit allen Attributen ihrer Macht versehene Roma nach Honorius Schulter ausgreifen zu lassen, sie hat keine Hand frei.275 Sollte das Diptychon tatsächlich östlich sein, ließe sich andererseits auch ein weiterer von Bühl richtig erkannter Umstand wohl kaum schlüssig erklären. Roma ist nach Bühl etwas größer als ihr Konterpart,276 was sich bei meiner Messung im Rahmen der Objektbeschreibung bestätigte. Zudem hält Engemann es für eigenartig, dass Constantinopolis in ihrer Tracht nicht wie zu Beginn des frühen fünften Jahrhunderts gängig, Roma angenähert wurde, wie zum Beispiel auf der Arcadiussäule, bei der es sich ja um ein östliches Bildwerk handelt. Dass ein Konsul des Ostens seine eigene Städtepersonifikation in dieser Art der Machtattribute berauben sollte, ist für ihn nicht denkbar.277 Die Göttinnen als Argument für eine östliche Herkunft des Diptychons sind somit ebenfalls hinfällig und die Größe und die Attribute der Roma machen einen westlichen Auftraggeber sogar noch wahrscheinlicher. Desweiteren ist Cameron überzeugt, bei der Frau hinter der Bank handle es sich um Aelia Pulcheria, die Schwester von Theodosius II.. Dies passt besser zu Camerons Umdatierung auf das Jahr 414, da Galla Placidia zu dieser Zeit noch von den Goten gefangen gehalten wurde. Pulcheria war 414 noch keine Augusta und könnte somit 272 Siehe Bühl 2001, S. 199 und insbesondere auch Bühl 1995, wo es unter anderem heißt, „daß das Bild der Constantinopolis keinem festgeschriebenen, kanonischen Typus“ (S. 155) zuzuordnen sei. 273 Siehe hierzu Engemann 1999, S. 164. 274 Siehe Bühl 2001, S. 199. 275 Siehe Engemann 1999, S. 164. 276 Siehe Bühl 2001, S. 200. 277 Siehe Engemann 1999, S. 163-164. 55 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung prinzipiell eine Option für die Identifikation der Frau darstellen.278 Dieser Hypothese sind insbesondere zwei Kritikpunkte entgegenzuhalten. Camerons Umdatierung auf 414 basiert, wie von Bühl gezeigt, lediglich auf einer falschen Berechnung des Alters von Theodosius im Jahr 417 und ist somit nicht als verbindlich und im Gegenzug eventuell sogar als komplett hinfällig anzusehen.279 Ein weiteres Problem besteht Engemann zufolge darin, dass der Abstand der Frau zu Honorius geringer sei als jener zu Theodosius II., zudem zeigt der Kopf eine leichte Wendung in Richtung des Honorius. Dementsprechend muss die Dame in engerer Beziehung zu Honorius gestanden haben.280 Pulcheria scheidet also aus und es erscheint mir am Vernünftigsten, es gemäß Delbrueck bei der Deutung der weiblichen Gestalt als Galla Placidia zu belassen. Cameron gesteht ein, dass das Halberstädter Diptychon in vielen Punkten mit definitiv westlichen Arbeiten des frühen fünften Jahrhunderts übereinstimmt.281 Anzuführen ist hier etwa die unterschiedliche Gestaltung der Tafeln,282 da der Konsul auf der Rückseite als Patricius und auf der Haupttafel im Triumphalkostüm erscheint.283 Cameron fährt allerdings damit fort zu behaupten, da keine östlichen Diptychen vor 506 vorlägen, könne man nicht sicher sein, dass die bei den Diptychen des sechsten Jahrhunderts auftretenden Gestaltungsprinzipien in Ost- und Westrom bereits im fünften Jahrhundert gegolten hätten. Da durch das Gesetz von 384 die Herstellung von Konsulardiptychen in Ostrom bereits über 20 Jahre vor den ersten überlieferten westlichen Diptychen belegt sei, könnten Ähnlichkeiten des Diptychons von Halberstadt mit westlichen Exemplaren chronologisch und nicht durch regionale Unterschiede bedingt sein.284 Engemann hält es nicht für nötig, auf dieses Argument näher einzugehen, da der „Wert jedes Argumentum e silentio“285 nicht hoch sei. Ich stimme Engemann hier zu, möchte aber nochmals auf den im Exkurs zur Gestaltung östlicher und westlicher Diptychen angeführten geringen zeitlichen Abstand zwischen 278 Siehe hierzu Cameron 1998, S. 389 Vergleiche hier nochmals Bühl 2001, S. 197-198. 280 Siehe Engemann 1999, S. 164-166. 281 Siehe Cameron 1998, S. 389. 282 Siehe Engemann 1998, S. 114-115. 283 Siehe Volbach 1976, S. 42. 284 Zum Fehlen von erhaltenen Diptychen im Osten vor 506 siehe Cameron 1998, S. 389, zum Gesetz von 384 als Beleg für die Fertigung von Konsulardiptychen in Ostrom vor 506 und der chronologischen Erklärung der Unterschiede zwischen den bekannten ost- und weströmischen Diptychen siehe S. 402-403. 285 Siehe Engemann 1998, S. 160. 279 56 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung dem Diptychon des Boethius286 und jenem des Areobindus287 verweisen, die trotzdessen perfekt in das von Cameron kritisierte geographische Schema passen. Nach Auswertung der vorliegenden Literatur wird ersichtlich, dass keines von Camerons Hauptargumenten einer näheren Überprüfung standhält und es sich somit empfiehlt, bei Delbruecks Zuschreibung an Constantius III. zu verbleiben. Meiner Ansicht nach spricht auch die gemäß Fuhrmann als ottonisch anzusehende Inschrift288 gegen eine östliche Herkunft des Halberstädter Diptychons und für eine Zuschreibung an Constantius III.. Delbrueck hatte, zwar unter Vorbehalt, Augustin folgend gemutmaßt, das Diptychon habe zu den von Konrad von Krosigk aus Konstantinopel oder Rom überführten Schätzen gehört,289 worauf ich an dieser Stelle jedoch wegen der bereits ausführlichen Besprechung von Augustins Hypothese im Rahmen der Forschungsgeschichte nicht noch einmal genauer eingehen möchte. Fuhrmann vermutet, dass die als Ersatz für den fehlenden rechten Rand angestückte Inschrift aus ottonischer Zeit für eine frühere Überführung des Diptychons nach Halberstadt spräche.290 Effenberger nahm ohnehin schon 1993 an, das Diptychon sei von Otto I. oder Otto II. aus Ravenna mitgebracht worden.291 Auch findet sich das Diptychon nicht in der Auflistung der von Bischof Konrad überbrachten Heiligtümer.292 In Kombination mit Fuhrmanns Bestimmung der Inschrift als ottonisch erscheint mir Effenbergers Vorschlag glaubhaft. Somit befand sich das Diptychon nie nachweislich in Konstantinopel und stammt aller Wahrscheinlichkeit nach aus Ravenna. Dort hatte auch Constantius sein Amt angetreten,293 möglicherweise haben die Tafeln Ravenna also bis zum Zeitpunkt ihrer Überbringung nach Halberstadt nie verlassen. An dieser Stelle möchte ich nochmals kurz auf Engemanns Vorschlag einer Umdatierung des Diptychons auf das Jahr 414 eingehen. Ein wesentliches Argument, nämlich das Alter von Theodosius wurde bereits im Abschnitt zu Camerons Ausführungen zur Größe und dem daraus abzuleitenden Alter des Theodosius widerlegt. Engemann erklärt die von ihm weiterhin akzeptierte Darstellung Galla 286 Zum Boethiusdiptychon siehe unter anderem bei Delbrueck 1929, S. 103-106. Zum Diptychon des Areobindus siehe Volbach 1976, S. 32-33. 288 Siehe Fuhrmann 2009, S. 10. 289 Siehe Augustin 1846, S. 82-84 und Delbrueck 1929, S. 92-93. 290 Siehe Fuhrmann 2009, S. 11. 291 Siehe Effenberger 1993 a, S. 157. 292 Siehe hierzu Delbrueck 1929, S. 93; siehe zudem abermals die im Literaturverzeichnis gelistete Ausgabe des Chronicon Halberstadense im Abschnitt zu Konrad auf S. 69-79, hier wird das Diptychon nicht erwähnt. 293 Siehe Seeck 1900, Sp. 1101. 287 57 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Placidias hinter der Thronbank mit der angeblich bereits 413 und 414 bestehenden Absicht des Constantius Galla Placidia aus der Gefangenschaft zurückzuholen.294 Für das Jahr 414 greifen allerdings zwei Einwände Camerons. Einerseits war Galla Placidia bis zu ihrer Gefangennahme 410 nur von marginaler Bedeutung. Andererseits hat Cameron recht, wenn er vermutet, dass Galla Placidia, sollte das Diptychon tatsächlich im Jahr 414 entstanden sein, wegen der Peinlichkeit der Gefangennahme einer römischen Prinzessin durch germanische Barbaren wohl eher eine schlechte Wahl für eine die Macht des Konsuls legitimierende Kaiserdarstellung wäre.295 Da Engemann die weibliche Gestalt als Galla Placidia identifiziert, spricht ihre Anwesenheit gegen seinen Datierungsvorschlag. Ein letztes Detail schließt das Jahr 414 meiner Ansicht nach endgültig aus, denn wie bereits Delbrueck bemerkte war Constantius im Jahr 414 noch kein Patricius.296 Erst 415 oder 416 wurde Constantius mit diesem Titel ausgezeichnet.297 Da die Darstellung auf der Rückseite ihn aber als Patricius zeigt298 scheidet 414 als Zeitpunkt der Entstehung mit einiger Sicherheit aus. Engemanns Umdatierung kann somit ebenfalls ausgeschlossen werden. III.4. Exkurs 2: Biographie Im Anschluss an die nun abermals untermauerte Zuschreibung an Flavius Constantius beziehungsweise Constantius III. erscheint es vernünftig, sich in einem kurzen Abschnitt der Biographie dieser Persönlichkeit zuzuwenden. Eine Betrachtung seines Lebens hilft beim Verständnis der herausragenden Bedeutung dieses Konsuls und späteren Kaisers und ermöglicht somit eine genauere Einordnung des Halberstädter Diptychons in den historischen Kontext. Im Folgenden soll deshalb auf Constantius‘ Bedeutung für die römische Geschichte etwas näher eingegangen werden. Im Wesentlichen fällt die Tätigkeit von Constantius in die Jahre 410 bis 421.299 Das Datum seiner Geburt ist nicht bekannt, jedoch ist überliefert, dass er aus Naissus in 294 Siehe Engemann 1999, S. 166-167. Diese beiden Einwände finden sich bei Cameron 1998, S. 389. 296 Siehe Delbrueck 1929, S. 92. 297 Siehe O’Flynn 1983, S. 66. 298 Siehe Volbach 1976, S. 42. 299 Siehe Lütkenhaus 1998, S. 3. 295 58 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung der Provinz Dakien stammte.300 Während der Regierungszeit von Theodosius I. hatte Constantius, der trotz seiner Herkunft rein römischer Abstammung war, sich dem Militär angeschlossen und an einer großen Anzahl von Kampagnen teilgenommen.301 Ansonsten ist die Quellenlage zum Leben des Constantius vor dem Jahr 410 schlecht, sodass man hier zu weiten Teilen auf Spekulation angewiesen ist.302 Die Tatsache, dass er bereits kurze Zeit nach der Beseitigung des Feldherrn Stilicho hochrangige militärische Ämter bekleidete, lässt O’Flynn darauf schließen, dass Constantius bereits unter Stilicho eine gewisse Bedeutung besessen haben muss und möglicherweise ein Günstling Stilichos war.303 Börm stimmt O’Flynn hier zu.304 Eine geschichtlich abgesicherte Bedeutung kommt Constantius jedenfalls zum ersten Mal im Rahmen der Militäraktion gegen Constantin III. zu.305 Wahrscheinlich im späten Jahr 410 wurde Constantius zum magister peditum, also zum Oberbefehlshaber der römischen Infanterieeinheiten.306 Zusammen mit seinem magister equitum, respektive Kavalleriekommandeur, Ulfilas zog er 411 gegen den Usurpator Constantin III. aus.307 Constantin III. war zu diesem Zeitpunkt bereits in Arles von seinem eigenen aufständischen Feldherrn Gerontius eingekesselt.308 Constantius besiegte das Heer des Gerontius, große Teile der Truppen von Constantins ehemaligen Feldherrn liefen zudem zu Constantius über. Gerontius wählte hieraufhin in Spanien den Freitod.309 Constantin III. wurde nun durch die Armee des Constantius belagert.310 Die germanischen Truppen des Edobich, die 300 Siehe O’Flynn 1983, S. 64 oder auch Seeck 1900, Sp. 1099; diese Information findet sich bei Olympiodor, laut Lütkenhaus 1998, S. 2 die wesentliche Quelle zu Constantius, siehe Olymp. fr. 37 Bl. (griech. Originaltext auf S. 200, engl. Übersetzung auf S. 201 der hier zitierten Ausgabe von Blockley). 301 Siehe Seeck 1900, Sp. 1099; siehe auch zur Karriere des Constantius unter Theodosius I. Olymp. fr. 37 Bl. (griech. Originaltext auf S. 200, engl. Übersetzung auf S. 201), hier wird allerdings angegeben, Constantius sei gebürtiger Illyrer. 302 Lütkenhaus 1998, S. 31 betont die dürftige Quellenlage vor 410. 303 Siehe hierzu O’Flynn 1983, S. 64 und zur näheren Begründung auch S. 170. 304 Siehe Börm 2013, S. 58. 305 Siehe hierzu Lütkenhaus 1998, S. 31. 306 Siehe Börm 2013, S. 58. 307 Siehe O’Flynn 1983, S. 64. 308 Siehe Seeck 1900, Sp.1100; Olymp. fr. 17,2 Bl. (griech. Originaltext auf S. 178 u. S. 180, engl. Übersetzung auf S. 179 u. 181) gibt als Grund für den Abfall des Gerontius an, dieser habe seinen eigenen Sohn Maximus auf den Thron setzen wollen. 309 Siehe Börm 2013, S. 58; Lütkenhaus 1998, S. 46 vermutet, die Soldaten des Gerontius wären einerseits deshalb zu Constantius übergelaufen, weil sie die übermäßige Strenge des Gerontius nicht mehr ertrugen, andererseits aber wohl auch deshalb, weil Gerontius vorgegeben hatte, im Sinne Ravennas zu handeln und durch die Entsendung des Constantius gegen ihn seine Legitimation verlor; Olymp. fr. 17,2 Bl. (griech. Originaltext auf S. 178 u. S. 180, engl. Übersetzung auf S. 179 u. 181) beschreibt den Selbstmord des Gerontius ausführlich, erst habe er sich mit seinem Schwert verwundet und danach, da die Verletzung nicht tödlich war, sich seinen Dolch ins Herz gerammt. 310 Siehe Seeck 1900, Sp. 1100. 59 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Constantin zu Hilfe eilten, wurden von Ulfilas aufgerieben.311 Constantin sah keinen anderen Ausweg als sich der Priesterweihe zu unterziehen und aufzugeben, seinen Soldaten wurde Straffreiheit garantiert. Constantin III. wurde nach der Übergabe an Honorius hingerichtet.312 Decimius Rusticus, der Prätorianerpräfekt Constantins, probte dennoch abermals den Aufstand, als er noch im selben Jahr Jovinus durch die rheinischen Grenzsoldaten zum Augustus erklären ließ. Zunächst hatte er die Unterstützung des Gotenkönigs Athaulf, welcher ab 412 Jovinus in seinem Anspruch auf den Kaiserthron unterstützte. Bereits 413 übergab Athaulf Jovinus und Decimius Rusticus allerdings an Dardanus, der die beiden Aufständischen wohl mit Erlaubnis von Constantius töten ließ.313 Das Strafgericht über die Unterstützer des Usurpators hielt ebenfalls Constantius ab.314 Einen anderen Usurpator, den in der Provinz Africa herrschenden Heraclian, besiegte und tötete Constantius 413, nachdem Heraclian zuvor einen Invasionsversuch in Italien unternommen hatte.315 Heraclian war der Mann, der Jahre zuvor Stilicho getötet hatte. Möglicherweise hatte sich Heraclian deshalb von Honorius losgesagt, weil er den Aufstieg eines ehemaligen Anhängers des Stilicho, namentlich Constantius, fürchtete. Zuvor war Heraclian jedenfalls ein loyaler Gefährte von Honorius gewesen. Dass Heraclians Befürchtungen keineswegs unbegründet waren, zeigt die grausame Rache des Constantius an Olympius, der ebenfalls an Stilichos Beseitigung beteiligt gewesen war. Tatsächlich war die Exekution des Olympius ungewöhnlich grausam, Constantius hatte im die Ohren abtrennen und ihn danach totschlagen lassen.316 414 wurde Constantius erstmals Konsul, auch als Belohnung für seine Erfolge gegen die Konkurrenten des Honorius, welcher Constantius zudem die beschlagnahmten finanziellen Mittel von Heraclian schenkte. Bereits vor seinem Amtsantritt als Konsul hatte Constantius Anstrengungen unternommen, Galla Placidia aus der gotischen 311 Siehe Börm 2013, S. 59 und Lütkenhaus 1998, S. 47-48. Siehe Seeck 1900, Sp. 1100; Olymp. fr. 17,1 Bl. (griech. Originaltext auf S. 176 u. 178, engl. Übersetzung auf S. 177 u. 179) berichtet, es sei Constantin III. bei Eid versichert worden, es würde ihm nichts geschehen, wenn er sich ergibt, jedoch habe Honorius ihn aus persönlichem Gram trotzdem exekutieren lassen. 313 Zu Decimius Rusticus und Jovinus siehe Börm 2013, S. 59; gemäß Olymp. fr. 20,1 Bl. (griech. Originaltext auf S. 182 u. S. 184, engl. Übersetzung auf S. 183 u. 185) sollte der Präfekt Dardanus den Usurpator Jovinus an Honorius überbringen, habe ihn aber eigenmächtig getötet, was wohl auch Börm zu der Vermutung verleitet, Constantius habe dieser Aktion zugestimmt. 314 Siehe Seeck 1900, Sp. 1100. 315 Siehe Lütkenhaus 1998, S. 67-68. 316 Zu Heraclians Beweggründen siehe O’Flynn 1983, S. 70; die grausame Bestrafung des Olympius beschreibt Olymp. fr. 8,2 Bl. (griech. Originaltext auf S. 162, engl. Übersetzung auf S. 163), mir erscheint ein Zusammenhang der Härte der Strafe mit dem Tod des Stilicho klar, da Olympiodor hier zunächst auf Olympius‘ Beteiligung an den Intrigen gegen Stilicho verweist. 312 60 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Gefangenschaft heimzuholen.317 Bislang waren die Verhandlungen aber ohne Erfolg geblieben, wobei die Gespräche mit dem Gotenkönig Athaulf wohl auch wegen einem Scharmützel gotischer Truppenteile unter Athaulfs Führung mit römischen Soldaten und wegen nicht erbrachter Sachleistungen durch Ravenna gescheitert sein dürften.318 Athaulf heiratete die gefangene Prinzessin in der Folge im Jahr 414 selbst,319 wodurch er wahrscheinlich versuchte, eine kaiserliche Legitimation für seine eigene Herrschaft zu erhalten. Zur Hochzeit erschien er jedenfalls in einer römischen Feldherrenuniform.320 Athaulfs Goten unterstützten nun zudem den Gegenkaiser Attalus, sodass Constantius abermals gegen einen Usurpator ins Feld ziehen musste.321 Erst nach der Ermordung Athaulfs im Jahr 415 in Barcelona, wohin Constantius Athaulf und Attalus zurückgedrängt hatte, erschienen neue Verhandlungen möglich. Constantius kommt prinzipiell sogar als der Auftraggeber des Anschlags auf Athaulf in Betracht. Der neue gotische Herrscher Vallia erklärte sich auf Constantius‘ Drängen hin im Jahr 416 bereit, sowohl Attalus auszuliefern wie auch die nunmehr zur Witwe gewordene Galla Placidia an Ravenna zurückzugeben.322 415 oder 416 erhielt Constantius entweder wegen der Rückführung der seit 410 von den Goten gefangen gehaltenen Galla Placidia323 oder auch wegen des Sieges über Attalus den Titel eines Patricius.324 Dieser Titel war den engsten Vertrauten des Kaisers vorbehalten und Constantius wurde damit eine ungewöhnliche Ehre zuteil.325 416 gelang es Constantius zudem, den König der Vandalen, Fredbal, in seine Gewalt zu bringen. Wegen seiner herausragenden 317 Siehe Seeck 1900, Sp. 1100-1101; Olymp. fr. 23 Bl. (griech. Originaltext auf S. 186, engl. Übersetzung auf S. 187) berichtet, Constantius habe Honorius um das Vermögen von Heraclian gebeten, um die mit dem Amt verbundenen Kosten zu decken. 318 Siehe hierzu Börm 2013, S. 59; siehe auch Olymp. fr. 22,1-2 Bl. (griech. Originaltext auf S. 184 u. S. 186, engl. Übersetzung auf S. 185 u. 187), hier werden sowohl nicht erbrachte Getreidelieferungen sowie das Gefecht bei Marseilles als Grund für das Scheitern von Constantius‘ Verhandlungen angeführt. 319 Siehe Seeck 1900, Sp. 1101. 320 Siehe Börm 2013, S. 59; Lütkenhaus 1998, S. 80 verweist an dieser Stelle nicht nur auf Athaulfs Kleidung, sondern auch auf die von Athaulf auf der Hochzeit getätigten Aussagen zur Möglichkeit eines Zusammenschlusses der Römer und der Goten unter seiner Führung; Olympiodor gibt an, Athaulf habe einen römischen Feldherrenmantel nebst anderer römischer Kleidung getragen und auch der Saal sei römisch dekoriert gewesen, siehe Olymp. fr. 24 Bl. (griech. Originaltext auf S. 186 u. 188, engl. Übersetzung auf S. 187 u. 189). 321 Siehe Seeck 1900, Sp. 1101. 322 Siehe Börm 2013, S. 61; Olymp. fr. 26,1-2 Bl. (griech. Originaltext auf S. 188 u. 190, engl. Übersetzung auf S. 189 u. 191) zufolge wurde Athaulf von einem Mann namens Dubius getötet, der in Athaulfs eigenen Diensten stand. In dem Vertrag bezüglich der Rückgabe Galla Placidias hatten die Goten wohl auch ein Gebiet in Gallien und Getreidelieferungen erhalten. 323 Dies vermutet O’Flynn 1983, S. 66. 324 Seeck 1900, Sp. 1101 sieht im Gegensatz zu O’Flynn den militärischen Erfolg gegen den Usurpator als ausschlaggebend für die Verleihung des Titels an. 325 Siehe O’Flynn 1983, S. 65-66. 61 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Leistungen wurde Constantius 417 von Honorius abermals zum Konsul ernannt,326 wobei es eine besondere Ehre dargestellt haben muss, dass Honorius selbst in diesem Jahr als sein Amtskollege mit antrat.327 Zudem heiratete Constantius am selben Tag Galla Placidia, die von ihrem Bruder Honorius zu dieser Vermählung gedrängt wurde und der die Heirat mit Constantius eigentlich widerstrebt zu haben scheint.328 Gemäß Lütkenhaus könnte Constantius sogar ein mehrfaches Interesse an der Verbindung mit der Kaiserschwester gehabt haben. Einerseits wurde er als Schwager des Honorius zum Mitglied der Kaiserfamilie, worüber auch Honorius nicht unglücklich gewesen sein dürfte, da er nun von Constantius nichts mehr zu befürchten hatte. Andererseits hatte Constantius mit der Heirat eine potentielle Rivalin in der Gestalt von Galla Placidia ausgeschaltet. Zudem dürfte Galla Placidia neben ihren Verbindungen zur römischen möglicherweise auch, durch ihre Ehe mit Athaulf, zur gotischen Adelsschicht besessen haben. Die Heirat war für Constantius also durchaus erstrebenswert.329 Wie wichtig die Ehe mit Galla Placidia Constantius war, wird daraus ersichtlich, dass sie eine mögliche Scheidung bei Meinungsverschiedenheiten als Druckmittel gegen ihn einsetzte.330 Zwei Kinder gingen aus dieser Ehe hervor, zunächst eine Tochter namens Honoria und danach im Jahr 419 ein Sohn, der spätere Regent Valentinian III..331 Da Honorius selbst keine Kinder hatte, dürfte der Sohn des Constantius bereits zu einem frühen Zeitpunkt als Nachfolger auserkoren worden sein, was auch durch die Verleihung eines besonderen Titels an den kleinen Valentinian deutlich wird.332 Er wurde als „nobilissimus puer“ bezeichnet, als der nobelste aller Knaben. Sivan sieht hierin 326 Siehe Seeck 1900, Sp. 1101. Siehe O’Flynn 1983, S. 67; Olymp. fr. 33,1 Bl. (griech. Originaltext auf S. 196, engl. Übersetzung auf S. 197) zufolge trat Honorius an der Seite des Constantius sein elftes Konsulat an. 328 Siehe Seeck 1900, Sp. 1101. 329 Diese Vorteile listet Lütkenhaus 1998, S. 135-136, auf. 330 Siehe hierzu Sivan 2011, S. 85 in Bezug auf die von Galla Placidia gewünschte Exekution des Magiers Libanius; Olymp. fr. 36 Bl. (griech. Originaltext auf S. 200, engl. Übersetzung auf S. 201) erzählt diese eher obskure Geschichte: Libanius war wohl der Ansicht, den Sieg über Barbaren „herbeizaubern“ zu können und bot sich den Kaisern Honorius und Constantius als Hilfe an, worüber Galla Placidia alles andere als erfreut war und die Hinrichtung des Hexers verlangte. Constantius musste wohl zustimmen, da Galla Placidia sich sonst scheiden hätte lassen. 331 Siehe hierzu Lütkenhaus 1998, S. 156-157, er betont hier auch in Bezug auf Valentinian III. die auf dessen Großvater mütterlicherseits, den Kaiser Valentinian I., verweisende Namenswahl. 332 Siehe O’Flynn 1983, S. 67. 327 62 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung einen bedeutenden Schritt Valentinians zum Thron.333 Constantius war somit nun auch der Vater des voraussichtlichen Thronerben. Bedeutend ist in Constantius‘ zweitem Konsulat auch ein Vertrag über die Ansiedlung der Goten in Aquitanien mit König Vallia.334 O’Flynn sieht unter anderem in diesem Vertrag ein deutliches Zeichen für die Schläue und das Geschick des Constantius im Umgang mit den barbarischen Völkern. Constantius erkannte in ihnen die militärische Macht, die sie auch zweifelsohne darstellten, weshalb er sie nicht wie andere Zeitgenossen schlichtweg zu ignorieren versuchte.335 Im Jahr 419 war Constantius bereits mehr oder weniger als Mitherrscher des Honorius tätig, was seine Korrespondenz beweist.336 Nachdem Constantius 420 sein drittes Konsulat angetreten hatte, ernannte Honorius Constantius letztendlich im Februar des Jahres 421 zu seinem Mitkaiser.337 Das Ostreich war hierüber wohl verstimmt, da Theodosius II. seine Anerkennung als Augustus verweigerte.338 Nur durch den Tod des Constantius, nun Kaiser als Constantius III., im September desselben Jahres wurde eine Ausweitung des Konfliktes mit Ostrom wegen der Kaisererhebung verhindert. Kurz vor seinem Tod soll er angeblich sogar einen Kriegszug gegen das Ostreich vorbereitet haben.339 Lütkenhaus hält dies allerdings für hochgradig unwahrscheinlich, da Constantius für ein solches Vorgehen keine Zustimmung von Honorius erhalten hätte und außerdem mit dem Widerstand des Senates hätte rechnen müssen.340 Eventuell kann die Biographie des Constantius in ihrer Gesamtschau ebenfalls als Indiz für die Zuschreibung des Halberstädter Diptychons herangezogen werden. Das Diptychon ist mit seiner Submissio eine Ausnahmeerscheinung im Bestand der erhaltenen Konsulardiptychen341 und ebenso stellt Constantius eine Ausnahme unter 333 Siehe Sivan 2011, S. 86 und 92 zu dem Titel Valentinians; Olymp. fr. 33,2 Bl. (griech. Originaltext auf S. 198, engl. Übersetzung auf S. 199) erwähnt den Titel. 334 Siehe hierzu Seeck 1900, Sp. 1101. 335 Siehe O’Flynn 1983, S. 71-72. 336 Siehe Seeck 1900, Sp. 1101. 337 Siehe Börm 2013, S. 62-63; Lütkenhaus 1998, S. 167 sieht im dritten Konsulat des Constantius nur einen Aufschub seiner Erhebung zum Kaiser, möglicherweise wegen bereits erwartetem Widerstand Ostroms. 338 Siehe Seeck 1900, Sp.1102; siehe unter anderem auch Olymp. fr. 33,2 Bl. (griech. Originaltext auf S. 198, engl. Übersetzung auf S. 199) zur Verweigerung der Anerkennung durch Theodosius II.. 339 Zum Tod des Constantius und den angeblichen Kriegsvorbereitungen siehe Börm 2013, S. 63; Olymp. fr. 33,1 Bl. (griech. Originaltext auf S. 196, engl. Übersetzung auf S. 197) berichtet, Constantius sei an Pleuritis, also einer Brustfellentzündung, gestorben, in diesem Zusammenhang erwähnt Olympiodor auch, dass Constantius wohl zur Zeit seines Todes eine Unternehmung gegen das Ostreich geplant hätte. 340 Siehe Lütkenhaus 1998, S. 168-169. 341 Siehe nochmals Olovsdotter 2011, S. 116 zur Einzigartigkeit der Motivik in den unteren Registern. 63 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung den spätantiken Konsuln dar.342 Um das untere Register mit den militärischen Leistungen von Constantius in Beziehung zu setzen bedarf es nicht einmal der noch von Delbrueck versuchten Identifikation der Barbaren als Germanen.343 Gerade wenn man die Darstellung als generalisiertes und universales Zeichen des Triumphes Roms über seine äußeren Feinde betrachtet344 erscheint der Feldherr Constantius als gute Wahl für den Auftraggeber des Stückes. Dass in der Submissio möglicherweise auch auf seine Siege über Feinde innerhalb des Reiches verwiesen werden könnte, macht eine Betrachtung des Konstantinsbogens klar.345 Eine herausragende Persönlichkeit wie Constantius kommt jedenfalls eher in Betracht als andere Konsuln, von denen in vielen Fällen nur Namen und Titel überliefert sind und welche somit wahrscheinlich schon zu Lebzeiten keine große Bedeutung hatten.346 IV. Fazit Nach wie vor empfiehlt es sich also, das Diptychon von Halberstadt Constantius III. zuzuordnen. Somit ist und bleibt dieses Objekt ein westliches Diptychon. Desweiteren besteht auch kein Grund, eine Entstehung anlässlich des zweiten Konsulats von Constantius im Jahr 417 anzuzweifeln. Camerons Argumente für eine östliche Herkunft sind durchgehend widerlegbar und basieren zum Teil sogar auf Fehlannahmen. Engemanns Umdatierung auf 414 scheitert bereits daran, dass sein Hauptargument diesbezüglich in der Übernahme eines ebensolchen Fehlers von Cameron besteht. Delbruecks Ansatz behält also seine Gültigkeit. Wenn Bühl in ihrer Erwiderung an Cameron, die zum gleichen Schluss kommt wie die vorliegende Arbeit, schreibt, dieses Ergebnis wäre enttäuschend, da hierdurch die im Ostreich des fünften Jahrhunderts bestehende Lücke in der Überlieferung von Konsulardiptychen 342 Man denke hier an die Aussage bei Lütkenhaus 1998, S. 4, wo betont wird, dass er in der Zeit seines Wirkens der eigentliche Herrscher des Westreiches war. 343 Zu dieser Germanenhypothese siehe Delbrueck 1929, S. 91-92. 344 Siehe Bühl 2001, S. 198-199. 345 Diefenbach 2007, S. 126-127 verweist auf den irritierenden Umstand, dass der für Konstantin anlässlich seines Sieges über Maxentius, also einen innerrömischen Feind, errichtete Bogen Barbaren zeigt; wie Zanker 2007 schreibt, stehen die am Konstantinsbogen spolierten dakischen Barbaren als „Zeugen der Unbesiegbarkeit der Kaiser“ (S. 54); ähnliches wäre auch für die Barbaren auf dem Diptychon mit Bezug auf die zahlreichen Siege des Constantius über Usurpatoren denkbar. 346 Hier möchte ich auf den von Cameron vorgeschlagenen Flavius Constans verweisen, der, wie Cameron selbst zugibt, nur in wenigen Quellen erwähnt wird, Cameron erwähnt in diesem Zusammenhang auch, dass viele Konsuln nur durch die Namensinschriften auf ihren Diptychen bekannt seien, siehe hierzu Cameron 1998, S. 397. 64 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung erhalten bliebe,347 möchte ich ihr durchaus zustimmen. Jedoch hätte eine Umwidmung des Halberstädter Diptychons sämtliche akzeptierten Meinungen über Konsulardiptychen ins Wanken gebracht und eine umgehende Überarbeitung des Corpus notwendig gemacht. Künftige Forschung sollte sich weniger auf die Frage nach der Herkunft und der Datierung fixieren, da mir diese Frage nach Auswertung der Literatur und dem Einbezug einiger weiterer Gesichtspunkte gelöst zu sein scheint. Interessant wären zum Beispiel Pigmentanalysen, um die ursprüngliche Farbigkeit des Stückes zu ermitteln. Hierdurch könnte nochmals zu einem tiefergehenden Verständnis dieses einzigartigen Objektes beigetragen werden. Ein weiterer möglicher Ansatz wäre ein Abgleich der Inschriftfragmente mit bekannten Inschriften, welche auf Constantius Bezug nehmen. Eventuell wurden Teile des ursprünglichen Textes in die ottonische Inschrift übernommen, sodass sich dieser im besten Fall anhand anderer Inschriften vervollständigen lässt.348 347 Siehe Bühl 2001, S. 202. Man denke hier an das zweite Diptychon, welches Flavius Constantius zugeschrieben wird, von diesem ist nur die Nebentafel erhalten, siehe Volbach 1976, S. 42, dort unter der Nr. 34; Delbrueck 1929, S. 156-158 listet das Stück unter der Nr. 36 und rekonstruiert über den Vergleich mit der Trierer Constantiusinschrift sogar den Text der Haupttafel; möglicherweise würde sich der Versuch auch beim Halberstädter Diptychon lohnen. 348 65 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung V. Literaturverzeichnis Schriftquellen: Autorenkollektiv (unter Anweisung von Theodosius II. und Valentinian III.): Codicis Theodosiani libros sex posteriores. In: Jus civile antejustinianeum. Codicum et optimarum editionum ope a societate jurisconsultorum curatum. Tomus posterior. Hrsg. von Gustav Hugo, Berlin 1815, S. 785-1215. Olympiodorus: Fragmenta. In: The fragmentary classicising historians of the late Roman Empire. Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus. 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Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle 2001, S. 23) 72 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 02: Halberstädter Diptychon, Nebentafel (Bühl 1995, S. 153) 73 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 03: Der Einband des Chorbuches mit den beiden Tafeln (Kostbarkeiten aus dem Domschatz zu Halberstadt. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle 2001, S. 22) Abb. 04: Das Gregor-David-Diptychon (Conti, Roberto: Il Tesoro. Monza 1983, S. 27) 74 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 05: Das Diptychon des Probus (Volbach 1976, Taf. 1) Abb. 06: Das Diptychon des Boethius (Volbach 1976, Taf. 3) 75 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 07: Ein Diptychon des Anastasius (Volbach 1976, Taf. 9) Abb. 08: Ein Diptychon des Areobindus (Volbach 1976, Taf. 4) 76 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 09: Linkes Ende des Trennsteges zum oberen Register der Haupttafel (Detail aus „Bühl 1995, S. 152“) Abb. 10: Linkes Ende des Trennsteges zum unteren Register der Nebentafel (Detail aus „Bühl 1995, S. 153“) 77 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 11: Rechtes Ende des Trennsteges zum oberen Register der Haupttafel (Detail aus „Bühl 1995, S. 152“) Abb. 12: Oberes Register der Haupttafel (Detail aus „Kostbarkeiten aus dem Domschatz zu Halberstadt. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle 2001, S. 23“) 78 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 13: Oberes Register der Nebentafel (Detail aus „Bühl 1995, S. 153“) 79 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 14: Mittleres Bildfeld der Haupttafel (Detail aus „Kostbarkeiten aus dem Domschatz zu Halberstadt. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle 2001, S. 23“) 80 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 15: Mittleres Bildfeld der Nebentafel (Detail aus „Bühl 1995, S. 153“) 81 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 16: Das Medaillon mit dem Konsul auf dem Hängestreifen (Detail aus „Kostbarkeiten aus dem Domschatz zu Halberstadt. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle 2001, S. 23“) Abb. 17: Das Kaiser-Medaillon auf dem Schoß (Detail aus „Kostbarkeiten aus dem Domschatz zu Halberstadt. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle 2001, S. 23“) 82 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 18: Vorderseite eines Solidus mit Büste des Honorius, siehe Kent 1994, S. 240, unter der Nr. 8 (vollständige Abbildung mit Rückseite verfügbar unter http://wildwinds.com/coins/ric/honorius/RIC_0008.5.jpg, abgerufen am 22.09.2014) Abb. 19: Unteres Register der Haupttafel (Detail aus „Kostbarkeiten aus dem Domschatz zu Halberstadt. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle 2001, S. 23“) 83 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 20: Unteres Register der Nebentafel (Detail aus „Bühl 1995, S. 153“) Abb. 21: Das Gesicht des vom Betrachter aus linken Barbaren im unteren Register der Haupttafel, schräg betrachtet (eigenes Werk, genutzt wurde der in Fußnote 94 eingeführte Abguss) 84 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 22: Das Gesicht der vom Betrachter aus rechten Frau im unteren Register der Haupttafel, schräg betrachtet (eigenes Werk, genutzt wurde der in Fußnote 94 eingeführte Abguss) Abb. 23: Die Inschriftfragmente auf dem Rückdeckel (Detail aus „Olovsdotter 2008, S. 165“) 85 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 24: Die Inschriftfragmente, noch kopfständig (Detail aus „Volbach, Wolfgang: Diptychon (Elfenbein). In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte. Bd. 4. Hrsg. vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte München 1955, Abb. 1, Sp. 53-54“) Abb. 25: Die Abbildung aus Mötefindts Abhandlung, hier ist nur das „NA“-Fragment zu sehen (Mötefindt 1915, Tafel IV) 86 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Abb. 26: Rückseite eines Solidus des Valentinian mit die Mappa haltenden Kaisern, links und rechts Gefangene, siehe Pearce 1951, S. 217, unter der Nr. 29 (a) (vollständige Abbildung mit Vorderseite verfügbar unter http://www.wildwinds.com/coins/ric/valentinian_I/_constantinople_RIC_029a.jpg, abgerufen am 24.09.2014) 87 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Anmerkung des Verfassers: In einigen Fällen wurden keine eigenen Scans von Abbildungen aus fremden Werken genutzt, sondern bereits bestehende Digitalisate, dies betrifft - Abb. 01 und alle Details aus ebendieser Graphik, also Abb. 12, 14, 16, 17 sowie 19 (verfügbar unter http://prometheus.unikoeln.de/pandora/image/large/dadawebe7764dbce03921192ec812ea918f15f577037789, zuletzt abgerufen am 26.09.2014) - Abb. 03 (verfügbar unter http://prometheus.unikoeln.de/pandora/image/large/dadaweb0fac91909357711998762b34ebc790ee1d959c0d, zuletzt abgerufen am 15.09.2014) - Abb. 04 (verfügbar unter http://prometheus.unikoeln.de/pandora/image/large/dadawebec6070ff774932acc6e5e0d2456ab760dbaadd01, zuletzt abgerufen am 19.09.2014) - Abb. 24 (verfügbar unter http://rdk.zikg.net/rdkdaten/abb/04/04-0053-1.jpg, zuletzt abgerufen am 09.09.2014) - Abb. 25 (verfügbar unter https://ia600309.us.archive.org/BookReader/BookReaderImages.php?zip=/19/ items/abhandlungenundb311915muse/abhandlungenundb311915muse_jp2.zi p&file=abhandlungenundb311915muse_jp2/abhandlungenundb311915muse_ 0111.jp2&scale=2&rotate=0, zuletzt abgerufen am 09.09.2014) 88 Das Diptychon von Halberstadt: Herkunft und Datierung Wahrheitsgemäße Erklärung Ich erkläre hiermit wahrheitsgemäß, dass ich - die eingereichte Arbeit selbständig und ohne unerlaubte Hilfe angefertigt habe, außer den im Literaturverzeichnis angegebenen Hilfsmitteln keine weiteren benutzt habe und alle Stellen, die aus dem Schrifttum ganz oder annähernd entnommen sind, als solche kenntlich gemacht und einzeln nach ihrer Herkunft unter Bezeichnung der Ausgabe (Auflage und Jahr des Erscheinens), des Bandes und der Seite des benutzten Werkes in der Abhandlung nachgewiesen habe, - alle Stellen und Personen, welche mich bei der Vorbereitung und Abfertigung der Abhandlung unterstützten, genannt habe, und - die Abhandlung noch keiner anderen Stelle zur Prüfung vorgelegt habe und dass dieselbe noch nicht anderen Zwecken auch nicht teilweise gedient hat. ____________________ Ort, Datum ____________________ Unterschrift 89